20. März 2024 - Die Neuregelung der Grundsteuer hat erneut den Landtag beschäftigt. Hintergrund
ist die Sorge vor einer Schieflage zu Lasten von Wohneigentümerinnen und -eigentümern.
In einer Aktuellen Stunde debattierten die Abgeordneten u. a. über mögliche Unterschiede bei
der Besteuerung von Wohn- und Gewerbegrundstücken.
Der Bund hatte aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts
eine Neuregelung der
Grundsteuer beschlossen, die ab 2025 in den
Kommunen zum Tragen kommt. "Im Zuge der
Berechnungen wurde nun festgestellt, dass das
Messbetragsvolumen für Wohngrundstücke deutlich
angestiegen ist, während es für Nichtwohngrundstücke
stark gefallen ist", heißt es im Antrag
der Fraktionen von CDU und Grünen (Drs. 18/8521).
Eine Mehrheit der Finanzministerinnen und Finanzminister
der Länder fordere daher eine bundesgesetzliche
Regelung, wonach die Kommunen
künftig bei den Grundsteuerhebesätzen für Wohnen
und Gewerbe differenzieren könnten.
Die FDP-Fraktion bemängelt (Drs. 18/8522),
dass die Landesregierung trotz der anhaltenden
Kritik der Liberalen das Grundsteuermodell
des Bundes übernommen und nicht, wie
andere Bundesländer, die Öffnungsklausel für
eigene Lösungen genutzt habe. Die Probleme
des Modells seien unübersehbar gewesen. Nun
entziehe sich die Landesregierung mit der Forderung
nach einer bundesgesetzlichen Regelung
ihrer Verantwortung und riskiere "vor Ort einen
Flickenteppich von Regelungen, die selbst in
direkten Nachbarstädten keiner einheitlichen
Handlungslogik mehr folgen".
Die AfD kritisiert (Drs. 18/8523), dass differenzierte
Hebesätze für Wohn- und Gewerbeimmobilien "das Risiko einer erheblichen Unübersichtlichkeit
und Inhomogenität der Steuerbelastung innerhalb
des Landes Nordrhein-Westfalen" berge. Sie
warnt vor der Gefahr eines "Flickenteppichs in
der Besteuerungslandschaft". Daher müsse sich
der Landtag eingehend mit dem Thema befassen.
Klaus Voussem (CDU) sagte, eine überproportionale
Belastungsverschiebung zu Ungunsten
von Wohnungseigentum müsse verhindert werden.
Das Wohnen solle nach Möglichkeit nicht
verteuert werden. Nach Einschätzung des Städte-
und Gemeindebundes sei davon auszugehen,
dass Gewerbegrundstücke um bis zu 50 Prozent
entlastet würden bei einer Zusatzbelastung von
Wohngrundstücken von 20 Prozent. Allerdings
variierten die Zahlen sehr stark in den Kommunen.
Daher sei das Ziel der Landesregierung,
den Kommunen Handlungsspielraum zu geben.
Sie würden die Gegebenheiten vor Ort am besten
kennen. Es handele sich auch um eine Ermöglichung
und nicht um eine Verpflichtung.
"Kritik weggewischt"
Auch Simon Rock (Grüne) verwies auf die unterschiedlichen
Gegebenheiten in den Kommunen.
In vielen, aber nicht in allen werde von einer
Lastverschiebung zu Ungunsten von Wohngrundstücken
ausgegangen. Eine landeseinheitliche
Lösung werde nicht allen Städten und
Gemeinden gerecht. Daher wolle die Landesregierung
differenzierte Hebesätze ermöglichen,
um kommunalindividuelle Anpassungen vornehmen
zu können. Zugleich gehe es um eine
bundeseinheitliche Lösung. Die Kritik der FDP
wies Rock zurück. Die Entscheidung zur Übernahme
des Bundesmodells bei der Grundsteuer
sei unter der Vorgängerregierung getroffen worden,
an der die FDP beteiligt gewesen sei.
Die "Lastenverschiebung zwischen Wohnund
Geschäftsgrundstücken" sei seit Jahren bekannt,
sagte FDP-Fraktionschef Henning Höne.
Allerdings habe die schwarz-grüne Landesregierung
die Kritik "weggewischt". Seine Fraktion
habe vor dem "viel zu komplizierten Modell"
gewarnt und im Landtag einen Gesetzentwurf
eingebracht. CDU, SPD und Grüne hätten ihn
jedoch "in Bausch und Bogen abgelehnt". Nun
werde den Kommunen der "schwarz-grüne
Scherbenhaufen vor die Tür gekippt". Der Landesregierung
fehle es an Mut und Gestaltungsanspruch.
"Nichtstun ist Machtmissbrauch",
sagte Höne.
Ob unterschiedliche Hebesätze verfassungskonform
seien, stehe in den Sternen, sagte
Dr. Hartmut Beucker (AfD). Für Städte und Gemeinden
jedenfalls werde es nun organisatorisch
"sehr eng". Innerhalb weniger Monate müssten
sie ihre komplexen Computersysteme für die
Neuberechnung umstellen und "eine nicht geringe
Anzahl von ausgebildeten oder noch zu
schulenden Mitarbeitern aus dem Boden stampfen".
Dies sei eine "enorme Belastung". Die AfD
setze sich für eine Abschaffung der Grundsteuer
ein, sagte Beucker. Ein Aufschlag auf die Einkommensteuer
solle sie ersetzen.
"Wohnen in NRW ist zu teuer", sagte
Alexander Baer (SPD). NRW sei bundesweit das
"Höchststeuerland bei der Grundsteuer", da es
hier die höchsten Hebesätze gebe. "Ursache dafür
ist die Landesregierung." Die hohe Grundsteuer
sei eine "Wüst-Steuer". Die Landesregierung
schiebe das Problem auf Städte und Gemeinden
ab. Das sei "sehr enttäuschend". Das Land solle
über "Steuermesszahlen die höhere Belastung
von Wohneigentum abwenden" und "Entlastungen
von Gewerbeimmobilien" verhindern. Sachsen
und das Saarland machten vor, wie dies gelinge.
Es sei einfach, Stellschrauben zu Gunsten
von Bürgerinnen und Bürgern neu zu justieren.
Über die Grundsteuer werde diskutiert,
weil Bund, Länder und Gemeinden eine Anpassung
von Bewertungsmaßstäben über Jahrzehnte
nicht ernst genommen hätten, sagte Finanzminister
Dr. Marcus Optendrenk (CDU). Das
Bundesverfassungsgericht habe die Bemessung
der Grundsteuer im Jahr 2018 für verfassungswidrig
erklärt. Das nun von Nordrhein-Westfalen
und weiteren zehn Ländern vorgesehene
Verfahren entspreche dem Grundsatz der
kommunalen Selbstverwaltung. Optendrenk:
"Am Ende brauchen wir eine Lösung, in der
die Bürgerinnen und Bürger verstehen, was wir
tun, und die Kommunen auch ihre Steuerbasis
weiter haben."
wib, zab, tob
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