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Landtag

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Plenarprotokoll

Nordrhein-Westfalen

17/11

17. Wahlperiode

15.11.2017

 

11. Sitzung

Düsseldorf, Mittwoch, 15. November 2017

Mitteilungen des Präsidenten. 5

Vor Eintritt in die Tagesordnung. 5

Änderung der Tagesordnung. 5

Ergebnis. 5

1   Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nord­rhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2018 (Haushaltsgesetz 2018)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/800

erste Lesung

In Verbindung mit:

     Finanzplanung 2017 – 2021

Drucksache 17/801

In Verbindung mit:

     Gesetz zur Änderung haushalts­wirksamer Landesgesetze und zur Überleitung der vorhandenen Konrek­torinnen und Konrektoren von Grund­schulen und Hauptschulen (Haus­haltsbegleitgesetz 2018)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1111

erste Lesung

In Verbindung mit:

     Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeinde­ver­bände im Haushaltsjahr 2018 (Ge­meinde­finanzierungsgesetz 2018 – GFG 2018) und zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/802

erste Lesung. 5

Haushaltsgesetz 2018
Haushaltsbegleitgesetz 2018
Finanzplanung

Minister Lutz Lienenkämper 5

Norbert Römer (SPD) 13

Bodo Löttgen (CDU) 18

Monika Düker (GRÜNE) 24

Christof Rasche (FDP) 32

Markus Wagner (AfD) 37

Minister Lutz Lienenkämper 46

Stefan Zimkeit (SPD) 47

Helmut Seifen (AfD) 49

Gemeindefinanzierungsgesetz 2018
Änderung Stärkungspaktgesetz 2018

Ministerin Ina Scharrenbach. 50

Sven Wolf (SPD) 52

Bernhard Hoppe-Biermeyer (CDU) 54

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE) 56

Henning Höne (FDP) 58

Christian Loose (AfD) 60

Ministerin Ina Scharrenbach. 62

Ergebnis. 64

2   Strukturbruch in der Windindustrie vorbeugen – für eine Bürgerenergie, die diesen Namen verdient

Antrag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1125

Entschließungsantrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1209 – Neudruck. 64

Frank Sundermann (SPD) 64

Dr. Christian Untrieser (CDU) 65

Dietmar Brockes (FDP) 66

Wibke Brems (GRÜNE) 67

Dr. Christian Blex (AfD) 68

Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart 69

Ergebnis. 71

3   Wirksamkeit der Mietpreisbremse erhöhen – Kein Kahlschlag beim Schutz von Mieterinnen und Mietern

Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1118. 71

Arndt Klocke (GRÜNE) 72

Fabian Schrumpf (CDU) 73

Sarah Philipp (SPD) 74

Stephen Paul (FDP) 75

Roger Beckamp (AfD) 77

Ministerin Ina Scharrenbach. 78

Ergebnis. 79

4   Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes in Nordrhein-Westfalen – Stärkung des Industriestandorts in Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1128

erste Lesung. 80

Christian Loose (AfD) 80

Romina Plonsker (CDU) 80

Guido van den Berg (SPD) 82

Dietmar Brockes (FDP) 85

Wibke Brems (GRÜNE) 86

Ministerin Christina Schulze Föcking. 88


Dr. Ralf Nolten (CDU) 89

Dr. Christian Blex (AfD) 91

Ergebnis. 91

5   Wer Zukunftschancen schafft, hat Zukunftschancen verdient – Das nordrhein-westfälische Handwerk bei seinem Weg im digitalen Zeitalter unterstützen

Antrag
der Fraktion der CDU und
der Fraktion der FDP
Drucksache 17/1115

Entschließungsantrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Drucksache 17/1210. 92

Matthias Goeken (CDU) 92

Ralph Bombis (FDP) 93

Georg Fortmeier (SPD) 94

Horst Becker (GRÜNE) 95

Herbert Strotebeck (AfD) 96

Minister Karl-Josef Laumann. 97

Ergebnis. 98

6   Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und des Fraktionsgesetzes

Gesetzentwurf
der Fraktion der CDU
der Fraktion der SPD
der Fraktion der FDP und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1117

erste Lesung. 98

Dr. Marcus Optendrenk (CDU) 98

Roger Beckamp (AfD) 99

Ergebnis. 99

7   Wahl der Mitglieder für die Ausschüsse zur Wahl der ehrenamtlichen Richterinnen/­ehren­amt­lichen Richter bei dem Oberverwaltungsgericht und den Verwaltungsgerichten des Landes Nordrhein-Westfalen

Wahlvorschlag
der Fraktion der CDU
Drucksache 17/1015

Wahlvorschlag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1130

Wahlvorschlag
der Fraktion der FDP
Drucksache 17/1208. 100

Ergebnis. 100

8   Nachwahl eines Mitglieds des Kontrollgremiums gemäß § 23 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen

Wahlvorschlag
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1136. 100

Ergebnis. 100

9   Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des Kontrollgremiums gemäß § 23 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen

Wahlvorschlag
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1137. 100

Ergebnis. 100

10 Nachwahl zur Umbesetzung der Mitglieder des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses I („Fall Amri“)

Wahlvorschlag
Der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1135. 100

Ergebnis. 101

11 Bestätigung einer Vertreterliste (Nachwahl) für das Versorgungswerk der Mit­glieder des Landtags Nordrhein-West­falen und Brandenburg

Drucksache 17/1154. 101

Ergebnis. 101

12 Nachwahl eines stellvertretenden Mitglieds des Landtags in den Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunk Köln

Wahlvorschlag
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1155. 101

Ergebnis. 101

13 Aufhebung der Immunität eines Mitglieds des Landtags

Beschlussempfehlung
des Rechtsausschusses
Drucksache 17/1131 – Neudruck –. 101

Ergebnis. 101

14 Beschlüsse zu Petitionen

Übersicht 17/5. 101

Ergebnis. 101

Entschuldigt waren:

Minister Dr. Joachim Stamp

Martin Börschel (SPD)
(ab 17:30 Uhr)

Michael Hübner (SPD)

Sigrid Beer (Grüne)

Barbara Steffens (Grüne)
(bis 14 Uhr und ab 17.30 Uhr)

 

 

 

 

 

Beginn: 10:02 Uhr

Präsident André Kuper: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, 11. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien sowie all den Menschen, die diese Sitzung im Internet und an den Medien generell mitverfolgen.

Für die heutige Sitzung haben sich drei Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Geburtstag feiert heute Frau Dr. Patricia Peill von der Fraktion der CDU.

(Allgemeiner Beifall – Beifall von der Regierungsbank)

Herzliche Glückwünsche und alles Gute im Namen der Kolleginnen und Kollegen dieses Landtags­plenums!

Vor Eintritt in die Tagesordnung:

Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, die heutige Tagesordnung um den Tagesordnungspunkt 11 „Bestätigung einer Vertreterliste (Nachwahl) für das Versorgungswerk der Mitglieder des Landtags Nordrhein-Westfalen und Brandenburg“ Drucksache 17/1154, Vorschlagsliste, zu ergänzen.

Alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich zudem zwischenzeitlich darauf verständigt, die heutige Tagesordnung um Tagesordnungspunkt 12 „Nachwahl eines stellvertretenden Mitglieds des Landtags in den Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks Köln“ Drucksache 17/1155, Wahlvorschlag der Fraktion der AfD, zu ergänzen.

Ich sehe, dass es dagegen keinen Widerspruch gibt. Dann verfahren wir so.

Wir treten nunmehr in die heutige Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1  Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2018 (Haushaltsgesetz 2018)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/800

erste Lesung

In Verbindung mit:

   
Finanzplanung 2017 – 2021

Drucksache 17/801

In Verbindung mit:

    Gesetz zur Änderung haushaltswirksamer Landesgesetze und zur Überleitung der vorhandenen Konrektorinnen und Konrektoren von Grundschulen und Hauptschulen (Haushaltsbegleitgesetz 2018)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1111

erste Lesung

In Verbindung mit:

    Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindever¬bände im Haushaltsjahr 2018 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2018 – GFG 2018) und zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/802

erste Lesung

Zur Einbringung des Entwurfs des Haushaltsgesetzes 2018 und des Haushaltsbegleitgesetzes 2018 sowie der Finanzplanung erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Lienenkämper das Wort.

Lutz Lienenkämper, Minister der Finanzen: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Vor Ihnen liegt der erste Haushaltsentwurf der neuen Landesregierung, der Entwurf für das Jahr 2018. Die Botschaft direkt vorweg: Zum ersten Mal seit 44 Jahren kann dieser Landtag heute über einen Haushalt beraten, der keine neuen Schulden mehr vorsieht,

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

und zwar geplant, verlässlich und ehrlich.

So wird diese Landesregierung den politischen Aufbruch für Nordrhein-Westfalen finanzpolitisch flankieren. Wir werden das dauerhaft machen, meine Damen und Herren. Denn wir wollen die erste Landesregierung in Nordrhein-Westfalen sein, die bei allen regulären Haushalten der gesamten Legislaturperiode keine neuen Schulden mehr macht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das ist unser Anspruch. Ihm gerecht zu werden, wird nicht einfach. Aber die Nordrhein-Westfalen-Koalition aus Christdemokraten und Freien Demokraten will ein altes nordrhein-westfälisches Versprechen einlösen – eines, das in Vergessenheit geraten ist; eines, das aber heute wieder selbstverständlich werden sollte.

Denn jedes heute in unserem Land geborene Kind sollte selbstverständlich wieder folgendes Versprechen erfüllt bekommen: Egal, woher du kommst; wenn du viel lernst, wenn du arbeitest, dann wird es dir in Nordrhein-Westfalen gut gehen.

Das ist eine Kernbotschaft der sozialen Marktwirtschaft, meine Damen und Herren – jenes immer noch unschlagbaren Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells, das der gebürtige Essener Alfred Müller-Armack einst miterdacht hat; jenes rheinischen Kapitalismus, den Konrad Adenauer für die Bonner Republik und Karl Arnold für unser Land Nordrhein-Westfalen maßgeblich politisch umgesetzt haben.

In einer sozialen Marktwirtschaft werden vermeintliche Gegensätze miteinander versöhnt und zum Wohle des Zusammenhaltes genutzt: Mensch und Markt, sozialer Ausgleich und wirtschaftliches Wachstum, ökologische Nachhaltigkeit und industrieller Fortschritt. Ganz wichtig ist dabei aber stets, dass all dies ordnungspolitisch von einer berechenbaren, verlässlichen und seriösen Finanzpolitik flankiert wird.

Gerade Nordrhein-Westfalen lieferte in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik die Blaupause für die funktionierende soziale Marktwirtschaft in Deutschland. Bei uns wurde mit harter Arbeit der Grundstock dafür gelegt, dass es mit der gesamten Republik wieder aufwärtsging.

Fleißige Menschen in Nordrhein-Westfalen, viele davon übrigens aus Schlesien, Pommern, Italien und der Türkei, bauten unser Land auf. Bei uns lebten schon immer die Menschen, die zupacken konnten. Umgekehrt konnten sie sich aber auch auf eines verlassen, nämlich darauf, dass sie selbst und ihre Kinder eines Tages die Früchte der eigenen Arbeit ernten würden, dass sie im Land Nordrhein-Westfalen aufsteigen würden.

Denn an Rhein, Ruhr und Lippe ging es viele Jahre aufwärts: Neue Universitäten entstanden, Schulen erhielten mehr Lehrer, die Polizei wurde personell ordentlich ausgestattet, die Menschen erhielten neue Perspektiven für gut bezahlte Arbeit und für wirtschaftlichen Aufstieg. All das war möglich, weil die Finanzpolitik die Entwicklung mit Augenmaß begleitete. Sie achtete über Jahre darauf, dass einerseits genügend Mittel für nachhaltige Modernisierung und Investitionen bereitstanden, aber andererseits Einnahmen und Ausgaben über die Jahre ausgewogen blieben.

Meine Damen und Herren, dieses Verständnis von Finanzpolitik ist wichtig, damit eine soziale Marktwirtschaft auf Dauer funktionieren kann – gestern wie heute. Denn Ausgabendisziplin verursacht Fokussierung. Sie ist ein Anreiz dafür, staatliche Investitionen stets mit Bedacht vorzunehmen, das zu tun, was verantwortungsethisch geboten ist, und nicht das, was gesinnungsethisch gewollt ist, sowie sinnvoll zu gestalten statt fantasielos zu verwalten.

Fokussierung auf das Wesentliche hilft nicht nur bei den Finanzen, sondern zum Beispiel auch beim Städtebau. Der frühe Soziologe Max Weber wusste schon vor über 100 Jahren, dass die Lebensqualität in einer Stadt nicht von ihrer Größe, sondern von ihrer Mischung abhängt.

Ein guter Stadtplaner wird sich deshalb frühzeitig darauf konzentrieren, dass Räume der Begegnung für Jung und Alt, für Ärmere und Reichere, für Alteingesessene und Zuwanderer entstehen. Er wird darauf achten, dass eine Stadt reizvoll, lebendig und lebenswert wird. Er wird die Plätze, Häuser, Straßen und Grünflächen so anlegen, dass die Proportionen gewahrt bleiben und Flächen sinnvoll genutzt werden. Kurzum: Er wird darauf achten, dass durch kluge Planung sanfte Anreize für mehr Lebensqualität geschaffen werden, ohne dabei endliche Ressourcen zu verschwenden und strukturelle Probleme zu verursachen.

Das gilt ganz genauso auch für die staatliche Finanzpolitik. Ein Finanzminister, der von vornherein mit immer neuen Schulden überkommene Strukturen finanziert, handelt wie ein Stadtplaner, der fantasielos eine monotone Plattenbausiedlung an die nächste reiht. Meine Damen und Herren, das ist mir nicht genug für Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Der letzte nordrhein-westfälische Finanzminister, der ohne geplante Schulden auskam, war der Sozialdemokrat Hans Wertz. In der Haushaltsdebatte 1973 mahnte er noch dazu, bitte mit finanzpolitischem Augenmaß voranzugehen.

Dieser Ruf verhallte in Nordrhein-Westfalen jedoch schnell. Denn die rot-grüne Vorgängerregierung erhob Verschuldung wortreich und unter Zuhilfenahme eigens bezahlter Gutachten zu ihrem finanzpolitischen Kernprogramm.

Dabei war eigentlich stets klar: Wer so munter neue Schulden plant, löst kein Problem – erst recht nicht vorbeugend. Im Gegenteil: Er verschärft damit sogar die Probleme im Land Nordrhein-Westfalen.

Das Ergebnis sind 144 Milliarden € Schulden, mehr als 21 Milliarden € davon übrigens aus den letzten sieben Jahren. Allein für die Zinsen mussten die heimischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler fast denselben Betrag noch einmal ausgeben, nämlich 139 Milliarden €, also fast 140 Milliarden € nur für Zinszahlungen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Was hat das mit diesem Haushalt zu tun?)

Das ist eine unvorstellbar hohe Geldsumme. Bei einer maßvollen Finanzpolitik hätte das Geld in die Bildung, in die innere Sicherheit, in den Straßenbau oder in zukunftsfeste Arbeitsplätze investiert werden können.

Meine Damen und Herren, vielleicht hätten dann mehr Menschen das Versprechen vom Aufstieg in Nordrhein-Westfalen erlebt. In Wirklichkeit wurde dieses Versprechen immer häufiger gebrochen. Das ist leider bis heute so.

Deshalb sage ich aus voller Überzeugung heraus heute: Wir machen mit dieser gescheiterten Politik Schluss. Wir wollen eine nachhaltige Finanzarchitektur für unser Land Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir wollen konsolidieren, modernisieren und investieren. Unser politischer Anspruch liegt darin, Ausgaben und Einnahmen in Balance zu halten, und trotzdem gleichzeitig dafür zu sorgen, dass unser Land mit klugen Investitionen nachhaltig modernisiert wird.

Der diesjährige Nobelpreis für den Verhaltensökonomen Richard Thaler erinnert uns daran, dass dabei immer der echte Mensch Ausgangspunkt aller Überlegungen sein sollte, nicht ein fiktives Wesen, Studien oder eine abstrakte Ideologie.

Was nützt es zum Beispiel einer alleinerziehenden arbeitslosen Mutter, wenn ihr ein Arbeitsplatz angeboten wird, gleichzeitig aber kein Betreuungsplatz für ihr Kind zur Verfügung steht? So gelingt jedenfalls kein Aufstieg.

Staatliche Investitionen müssen deswegen die Lebenswirklichkeit im Blick behalten und überkommene Strukturen nachhaltig modernisieren. Ein Stein muss auf dem anderen aufbauen.

Klar ist: Ohne neue Investitionen geht das nicht. Eine funktionierende soziale Marktwirtschaft braucht auch finanzielle Impulse. Anders sind Aufstieg und Wachstum überhaupt nicht möglich.

Sparen an sich ist kein Selbstzweck. Deswegen werden wir maßvoll Geld in die Hand nehmen. Das Aufsteigerland Nordrhein-Westfalen wird es nicht umsonst geben. Das war übrigens in der Gründungsphase unseres Landes auch nicht der Fall.

Angesichts der enormen Herausforderungen in unserer Welt ist das heute erst recht nicht anders. Ich nenne nur die Digitalisierung mit ihren riesigen Chancen für unsere heimische Wirtschaft, für Industrie, für Start-ups und für eine noch viel bessere Verwaltung, die Energiewende mit all den strukturpolitischen Folgen für Nordrhein-Westfalen oder die Globalisierung mit ihren Möglichkeiten für Handel und Logistik, aber eben auch mit ihren humanitären Herausforderungen.

Alle diese Entwicklungen erfordern eine ganzheitliche Sichtweise. So wie im nachhaltigen Städtebau nicht einzelne Gebäude oder Straßen, sondern ihre Mischung im Vordergrund stehen, sollte auch die Haushalts- und Finanzpolitik derart gestaltet werden, dass staatliche Gelder in der Summe auf das übergeordnete Ziel konzentriert bleiben.

Unser übergeordnetes Ziel ist das Aufsteigerland Nordrhein-Westfalen. Wir wollen mit einer maßvollen und klugen Planung die richtigen Anreize und die richtigen Impulse setzen – wie ein guter Stadtplaner.

Meine Damen und Herren, deshalb möchte ich als Finanzminister das notwendige Geld zur Verfügung stellen, damit dieses Land modernisiert und weiter nach vorne gebracht werden kann.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Mit dem dauerhaften Verzicht auf neue Schulden beschränken wir unsere finanzpolitischen Spielräume auf den dringend gebotenen Konsolidierungskurs. Das tun wir zwei Jahre vor der Schuldenbremse.

Diese freiwillige Selbstbeschränkung zwingt allerdings auch dazu, genau zu überlegen, wo Einsparungen möglich sind und wo nicht. Sparsames Wirtschaften wird zur DNA dieser Landesregierung gehören.

Deshalb will ich bei der Einbringung auch gerne etwas zu den Einsparungen sagen.

(Martin Börschel [SPD]: 139 Stellen! 139 Stellen!)

Ich sage übrigens auch einmal etwas zu den Einsparungen der Vorgängerregierung. Sie hat als Erstes einmal fast 2 Millionen € in die Hand genommen und dann ein Effizienzteam gegründet.

Für die jungen Unternehmensberater, die da die Chance bekommen haben, nach ihrem Studienabschluss zu Stundensätzen zwischen 150 € und 270 € den fachlich zuständigen Beamten und Beamtinnen Ratschläge zu geben, war das sicherlich ausgesprochen gut.

Es ist auch schön, dass das gründlich gemacht worden ist: drei Jahre; da hat dann ja auch jeder etwas davon gehabt.

(Heiterkeit von Matthias Kerkhoff [CDU] und Bodo Löttgen [CDU])

Analysen, Workshops, Gutachten – das gesamte Programm der Beraterwelt fand in Nordrhein-Westfalen statt. Das Ganze war so gründlich, dass dabei nicht nur neun Monate Verspätung herauskamen, sondern auch ein Abschlussbericht – übrigens mit Benchmark-Analyse; ohne eine solche Analyse wäre es auch nicht vollständig gewesen.

(Heiterkeit von der CDU)

Die Bilanz fiel allerdings mehr als ernüchternd aus. Die Consultants haben in diesen drei Jahren ein Einsparvolumen in Höhe von rund 200 Millionen € ermittelt.

Für eines bin ich dankbar: Sie haben uns eine Erkenntnis gebracht. Ohne diese Arbeit von drei Jahren wäre das nicht möglich gewesen. Diese Erkenntnis will ich Ihnen nicht vorenthalten. Zitat aus dem Abschlussbericht:

„Wer erwartet hat …, dass das Effizienzteam unabhängig von der politischen Richtlinienkompetenz eigenmächtig politische Prioritäten verschiebt und so Milliarden an Einsparmöglichkeiten vorschlägt, verkennt, dass die Setzung von Zielen und Schwerpunkten Sache der Politik ist und bleibt.“

Ja, meine Damen und Herren, für diese dreijährige Arbeit bin ich enorm dankbar. Ohne sie hätten wir das in diesem Lande nicht gewusst.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Mit anderen Worten: 2 Millionen € für nichts und wieder nichts! Es wurde nicht ernsthaft geprüft, weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte. Der politische Wille zum Sparen fehlte schlichtweg.

Dieser Wille ist bei uns vorhanden. Deswegen haben wir einen ganz anderen Ansatz. Mit unseren Beamtinnen und Beamten haben wir in den ersten vier Monaten ein Einsparvolumen von bereits 131 Millionen € gehoben. Wir haben sie dem Haushalt zur Verfügung gestellt. Dafür bin ich allen Beamtinnen und Beamten, die da kreativ und klug mitgeholfen haben, ausgesprochen dankbar, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das zeigt mir eines: Die schwarze Null fällt einem nicht in den Schoß. Man muss die schwarze Null wollen. Und wir wollen sie, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Deshalb planen wir ab 2019 bereits mit einem Überschuss in Höhe von 30 Millionen €. Ab 2020 sieht die mittelfristige Finanzplanung Überschüsse von etwas über 1 Milliarde € vor.

Wir lassen zudem Vorsicht bei den Steuereinnahmen walten. Mit 58 Milliarden € liegen wir knapp 300 Millionen € unter den Zahlen, die mein Amtsvorgänger uns für die Koalitionsverhandlungen zur Verfügung gestellt hat.

Wir wollen keinen Haushalt, der auf Kante genäht ist. Deswegen haben wir auch die Einsparungen bereits im Haushaltsplan verortet.

Meine Damen und Herren, ohne diese Einsparungen wäre der geplante ausgeglichene Haushalt nicht möglich gewesen. Denn wir verzichten auf Buchungstricks, wie sie im angeblich plötzlich schuldenfreien Haushalt 2016 vor der Landtagswahl – um jeder Legendenbildung vorzugreifen – in einer Größenordnung von damals fast 600 Millionen € vorzufinden waren.

Die Wahrheit ist im Übrigen: Rot-Grün plante auch für 2018 fast 400 Millionen € neue Schulden in der mittelfristigen Finanzplanung.

Meine Damen und Herren, deswegen ist dieser Sparbeitrag, den wir jetzt geliefert haben, richtig. Wir haben Selbstbewirtschaftungsmittel als ungenutzte Gelder gekürzt. Wir haben Reste von Deckungsmitteln gekürzt. Außerdem sehen wir uns die Landesförderprogramme an.

Auch dazu kann ich Ihnen ein Commitment dieser Landesregierung abgeben. Wir sind bei der Landtagswahl mit dem Angebot an die Bürgerinnen und Bürger von Nordrhein-Westfalen angetreten, eine andere Politik für dieses Land zu machen und andere Schwerpunkte zu setzen, um dieses Land wieder nach vorne zu bringen und zum Aufsteigerland zu entwickeln. Seien Sie ganz gewiss: Diese politische Schwerpunktsetzung werden Sie auch in unserem Umgang mit den Förderprogrammen sehr deutlich sehen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Martin Börschel [SPD]: Das werden wir sehen!)

Teure Lieblingsprojekte für einzelne politische Akteure sind weder legitim noch bezahlbar. Für uns gilt eine einfache Grundregel: Für Ideologie gibt es zukünftig kein Geld mehr.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Jeder investierte Euro hat seinen festen Platz – und der ist begrenzt. Ich sage das noch einmal deutlich. Der Raum für neue Wünsche ist nicht endlos, auch in Zeiten steigender Steuereinnahmen und guter Konjunkturprognosen nicht. Hier wollen wir das gleiche Augenmaß walten lassen wie ein mittelständisches Unternehmen, das in guten Zeiten Vorsorge für schlechtere Zeiten betreiben muss.

Im Rahmen des Haushaltsvollzugs haben wir bereits in diesem Jahr seit Regierungsübernahme sparsam gewirtschaftet. Wir drehen jeden Euro zweimal um, bevor wir ihn ausgeben. Deshalb können wir auch jetzt schon eine Summe in Höhe von rund 120 Millionen € dem Pensionsfonds für 2017 zur Verfügung stellen. Im weiteren Haushaltsvollzug werden wir versuchen, weiter frei werdende Mittel auch in dieser Weise zu verwenden.

Wir werden übrigens nicht nur investieren und konsolidieren, sondern auch modernisieren.

Meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist unser erster Gestaltungshaushalt. Er folgt einer klaren politischen Priorisierung. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen wünschen sich ein moderneres Land – und keine medienwirksame Symbolpolitik mehr. Teure Blitzmarathons, Videotagebücher und andere kurzfristige Werbegags bringen den Menschen in Nordrhein-Westfalen überhaupt nichts.

Modernisierung bedeutet für uns: Wir müssen die dicken Bretter bohren, also Strukturen verändern, und zwar so, dass auch die nachfolgenden Generationen davon profitieren.

Das gilt übrigens zuallererst für den Staat selber. Deswegen brauchen wir auch da eine Fokussierung. Wir wollen staatliche Ausgaben künftig nicht mehr an der Höhe der dafür verwendeten Steuergelder messen, sondern allein an deren Wirkung und an dem erzielten Nutzen.

Dafür wollen wir die notwendigen organisatorischen Voraussetzungen schaffen. Dazu gehören Digitalisierung und neue Steuerungsinstrumente in der Verwaltung.

Im Übrigen lohnt sich ein Blick nach Europa. Wieso schaffen es zum Beispiel die estnischen Behörden, komplett auf Papier zu verzichten und den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern digital zu führen?

Wir wollen das auch für Nordrhein-Westfalen erreichen. Unser Ziel ist die vollständige Digitalisierung der Landesverwaltung, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Das hilft übrigens nicht nur den Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch den Beschäftigten in der Verwaltung selber und ist damit eine echte Win-win-Situation.

Dezentrale Einheiten sind auch in der Stadtplanung von hoher Bedeutung. Eine Stadt ist nur so modern wie ihre einzelnen Viertel. Auf den Landeshaushalt übertragen bedeutet das: Ein guter Haushalt stärkt auch die Kommunen.

Genau das geschieht durch diesen Etat für 2018. Die Kommunen in Nordrhein-Westfalen erhalten im nächsten Jahr rund 1 Milliarde € zusätzlich vom Land.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das sind ungefähr 10 % mehr Mittel als in diesem Jahr, nämlich insgesamt 11,7 Milliarden €.

Unsere Kommunen werden finanziell an vielen anderen Stellen entlastet: bei der Unterbringung von abgelehnten Asylbewerbern in Einrichtungen des Landes, bei den Kitas, bei den Kosten der Unterkunft für anerkannte Flüchtlinge, beim Kommunalinvestitionsförderungsgesetz.

Meine Damen und Herren, alle Zuweisungen an die Kommunen im Haushalt zusammen betragen sage und schreibe 26,5 Milliarden €. Damit liegt der kommunale Anteil an den Gesamtausgaben des Landes bei über einem Drittel; genau sind es 35,6 %.

Das ist ein gutes Zeichen für die Kommunen und für den Zusammenhalt im Land Nordrhein-Westfalen. Davon bin ich fest überzeugt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Eine andere Stelle, an der Sie sehen, was passiert, wenn fantasielos verwaltet wird, ist die Verkehrsinfrastruktur. Wir brauchen endlich wieder ein gutes, ein funktionierendes Verkehrsnetz.

Deshalb ändern wir die Art und Weise, wie in Nordrhein-Westfalen Straßen gebaut werden. Um wichtige Straßenbauprojekte kümmert sich künftig eine eigene Stabsstelle für Baustellenmanagement.

Allein 38,35 Millionen € fließen zusätzlich in den Erhalt und den Ausbau von Landesstraßen. Bis zum Jahr 2021 sollen die Mittel dafür auf fast 260 Millionen € anwachsen.

Nachhaltige Modernisierung bedeutet übrigens auch, dass wir es den Pendlern erleichtern, auf das Fahrrad umzusteigen. Deswegen werden wir die Radwegeförderung allein im nächsten Jahr um 50 % erhöhen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Einen echten Modernisierungsschub wollen wir ins Ruhrgebiet bringen. Der jahrzehntealte Strukturwandel im Ruhrgebiet darf keine politische Entschuldigung mehr für das Versäumnis sein, Strukturen nachhaltig zu modernisieren. Dort wollen wir ansetzen, um gemeinsam mit der Europäischen Union und dem Bund eine Strategie zu entwerfen, damit das Ruhrgebiet endgültig den Anschluss an den Rest des Landes schafft. Den Startschuss wird eine große Ruhr-Konferenz im nächsten Jahr geben. Die zupackenden Menschen zwischen Hagen, Herne und Hamm haben jedenfalls Besseres verdient als das, was sie in den letzten sieben Jahren erlebt haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Keine der großen Herausforderungen – von der Digitalisierung über die Energiewende bis hin zur Globalisierung – endet an der Porta Westfalica oder am Aachener Dom. Deshalb ist es wichtig, dass Nordrhein-Westfalen eine wahrnehmbare Rolle spielt, wenn in Brüssel oder in Berlin Weichenstellungen für unser Land vorgenommen werden.

Nordrhein-westfälische Unternehmen sind beispielsweise unmittelbar betroffen, wenn in Brüssel über die Digitalisierungsstrategie der EU verhandelt wird. Massive nordrhein-westfälische Interessen sind auch berührt, wenn in Brüssel über die neue Förderperiode europäischer Strukturfonds ab 2021 gesprochen wird.

Kurzum: Es bringt nichts, dass eine Landesregierung in Düsseldorf ständig mit dem Finger nach Berlin zeigt, wenn es um finanzielle Verantwortung geht,

(Zuruf: Weiß Herr Laschet das?)

dort und in Brüssel aber auf Tauchstation geht, wenn strukturelle Veränderungen verhandelt werden. Unser Anspruch ist, das starke Land Nordrhein-Westfalen mit einer starken Stimme in Berlin und in Brüssel sichtbar zu machen, meine Damen und Herren. Unsere Interessen müssen dort kraftvoll vertreten werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vor uns liegt eine Menge Arbeit, damit die Schwerpunkte im Landeshaushalt wieder so fokussiert werden, dass das Versprechen vom Aufstieg in Nordrhein-Westfalen wieder einlösbar ist. Um im Bild der Stadtplanung zu bleiben: Im Haushalt, den wir bei der Regierungsübernahme vorgefunden haben, waren zentrale Bauten nahezu baufällig, und die wichtigsten Plätze waren verwahrlost. Wir beginnen mit dem Haushalt 2018 damit, endlich wieder zu restaurieren und umzubauen.

Ein besonders eindrückliches Beispiel dafür ist der Bereich der inneren Sicherheit. In den letzten Jahren haben mehr und mehr Menschen Angst um ihre Sicherheit und ihre körperliche Unversehrtheit bei uns in Nordrhein Westfalen. Wir sagen hier ganz klipp und klar: Ein Kind, das heute bei uns geboren wird, soll sicher leben, denn ein sicheres Leben gehört zum Aufstiegsversprechen, das wir für Nordrhein-Westfalen wieder einlösen möchten.

Die Polizistinnen und Polizisten in unserem Land halten dabei für uns ständig ihren Kopf hin. Wir wollen deswegen ihre Ausrüstung verbessern, die Zahl der Polizistinnen und Polizisten verbessern und die Ausstattung durch Verwaltungsassistenten so neu organisieren, dass sie noch mehr Zeit auf der Straße verbringen können. Unsere innere Sicherheit ist zentrales Anliegen dieser Landesregierung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Deshalb haben wir alleine für 2018 für die innere Sicherheit 58,2 Millionen € mehr vorgesehen als noch im Vorjahr. Wir werden statt bislang 2.000 künftig Jahr für Jahr 2.300 neue Polizistinnen und Polizisten in den Polizeidienst unseres Landes einstellen. Hinzu kommen noch einmal 500 Verwaltungsassistenten. Wir schaffen mit zusätzlichen 650 Planstellen die Voraussetzung dafür, dass geprüfte Kommissar-anwärterinnen und anwärter auch übernommen werden können. Das sind alles gute Beiträge für die innere Sicherheit in unserem Land.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir werden uns auch um die Bekämpfung organisierter Kriminalität, krimineller Clans und die Finanzierung des internationalen Terrorismus kümmern. Wir haben zum ersten Mal in der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen zwischen Finanzministerium, Innenministerium und Justizministerium vereinbart, dass wir bei der Zusammenarbeit nicht mehr als Erstes über unsere Kompetenzen und Grenzen sprechen, sondern über unsere Gemeinsamkeiten, und dass wir das miteinander austauschen, was wir austauschen können, um diesem Terrorismus endlich entgegenzutreten mit einer eigenen Taskforce, für die wir über 50 neue Stellen schaffen. Ich will nicht, dass am zweitgrößten Finanzplatz Nordrhein-Westfalen die Finanzierung von internationalem Terrorismus, internationaler Steuerhinterziehung und organisierter Kriminalität stattfindet. Es müssen Experten eingestellt werden, die das wirksam bekämpfen. Wir haben uns auf den Weg gemacht, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ein sicheres Leben gibt es nur in einem Rechtsstaat. Funktionierende Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justiz sind unverzichtbar, um jedem Einzelfall im Wortsinn gerecht zu werden und Willkür auszuschließen. In Nordrhein-Westfalen wurde die Justiz über Jahre hinweg finanziell so stark vernachlässigt, dass die Grenzen des Rechtsstaates allein durch personelle Überforderung fast erreicht gewesen wären. Schon heute dauert ein zivilrechtliches Verfahren oft länger als ein halbes Jahr – neue Herausforderungen wie die immer größeren Klagewellen in den vielen Asylverfahren einmal ganz beiseitegelassen.

Justitia hält in Nordrhein-Westfalen allzu oft keine Waage und kein Richtschwert mehr in den Händen, sondern stattdessen ein prall gefülltes Überstundenkonto, und über ihr kreist der Pleitegeier. Wir wollen Justitia Waage und Richtschwert zurückgeben und schaffen deshalb 1.135 neue Stellen in der Justiz; fast 200 davon sind für neue Richter und Staatsanwälte.

Deshalb, meine Damen und Herren, ist es nicht mehr und nicht weniger als Folgendes: Mit dem Haushalt 2018 leiten wir eine drastische Kehrtwende für mehr Gerechtigkeit in unserem Land ein.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Um aufsteigen zu können, bedarf es einer frühen helfenden Hand. Das sind natürlich vor allem liebevolle Eltern. Die gibt es allerdings leider nicht per Gesetz, auch wenn das wirklich zu wünschen wäre. Was es aber mit diesem Haushalt geben wird, ist eine deutliche Verbesserung für die Situation unserer Kleinsten, für die Kitabetreuung, für Schulen, für Familien und für die Integration.

Ein Kind, das heute in Nordrhein Westfalen geboren wird, soll die besten Startbedingungen für ein selbstbestimmtes Leben erhalten – egal übrigens, ob es in Detmold, in Duisburg oder in Düren lebt, egal ob die Eltern gemeinsam oder alleine erziehen oder ob die familiären Wurzeln in andere Teile unserer Welt reichen. Deshalb führen wir die Förderung der kommunalen Integrationszentren fort und stellen für sie beispielsweise über 15 Millionen € bereit. Die Vorgängerregierung hatte übrigens die Einstellung dieses Programms vorgesehen.

In einem Satz, meine Damen und Herren: Aufstieg durch Bildung darf bei uns in Nordrhein Westfalen nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das Kitarettungsprogramm war dringend notwendig. Es wird weiter am dicken Brett zu bohren sein. Deswegen werden wir die strukturelle Unterfinanzierung der Kinderbetreuung in Nordrhein-Westfalen schrittweise beseitigen. In einem ersten Schritt erhöhen wir dafür die Mittel für frühkindliche Bildung mit diesem Haushaltsgesetz um 177 Millionen € gegenüber dem Vorjahr. Das entspricht über 19.000 zusätzlichen Betreuungsplätzen und 150 Familienzentren in Nordrhein-Westfalen. In einem weiteren Schritt werden wir das System grundlegend modernisieren, indem wir das bestehende Finanzierungssystem vereinfachen.

Das Herzstück dieses Aufstiegs durch Bildung, meine Damen und Herren, sind aber natürlich nach wie vor die Schulen. Sie wurden in den letzten Jahren gleich doppelt gebeutelt. Einerseits gab es zu wenig Lehrer und zu wenig Geld für Gebäude und die technische Ausstattung, andererseits sollten die Schulen auch noch zum Experimentierfeld bei der mangelhaft vorbereiteten und unterfinanzierten Inklusion werden.

Wie soll das nordrhein-westfälische Versprechen vom Aufstieg eigentlich gelingen, wenn in der Schule dauernd der Unterricht ausfällt, wenn die notwendigen Fachpädagogen fehlen oder die Klassen so groß sind, dass eine individuelle Förderung eigentlich gar nicht mehr möglich ist? Die Antwort ist einfach: gar nicht.

Deswegen ändern wir diesen Zustand. Klar ist, dass die Änderung des Zustands eine breite Kraftanstrengung erfordern wird, an der Bund, Länder und Kommunen zukünftig gemeinsam mitwirken müssen. Mit dem Haushaltsgesetz 2018 gehen wir in Nordrhein-Westfalen in Vorleistung und schaffen allein für das nächste Jahr 2.048 neue Lehrerstellen. Die Vorgängerregierung wollte hier im Übrigen einen anderen Weg einschlagen. Rund 3.300 Stellen von Lehrerinnen und Lehrern waren als sogenannte kw-Stellen vorgesehen und sollten bald gestrichen werden. Gestrichen haben wir auch etwas, wir haben diese Beschränkung nämlich aufgehoben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Gegenüber der Vorgängerregierung schaffen wir so über 5.300 Lehrerstellen für unser Land, davon übrigens 926 allein im Bereich der Inklusion, die wir im Interesse aller davon Betroffenen sorgfältig planen und umsetzen wollen. Gerade der Bereich der Inklusion eignet sich nicht als Experimentierfeld.

Im Übrigen werden wir auch unser Versprechen einlösen, endlich eine schulscharfe und flächendeckende Erhebung des Unterrichtsausfalls in Nordrhein-Westfalen anzugehen. Dafür sind allein im Haushalt des nächsten Jahres 183 neue Stellen vorgesehen. Es entstehen 8.000 zusätzliche Plätze im offenen Ganztag in nordrhein-westfälischen Grundschulen. Wir werden auch die Lehrerinnen und Lehrer nicht vergessen. Die Konrektoren an den Grund- und Hauptschulen werden künftig auch besoldungsmäßig in ihrer wichtigen Arbeit stärker anerkannt, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Der andere zentrale Bestandteil unseres Aufstiegsversprechens lautet: Wenn du in Nordrhein-Westfalen hart arbeitest, dann hast du alle Chancen, dass es dir gutgeht. – Das heißt im Grundsatz, eine soziale Marktwirtschaft funktioniert nur dann, wenn es viele gut bezahlte Arbeitsplätze mit Zukunft gibt. Diese gibt es nur mit einer gut funktionierenden Wirtschaft.

Wäre Nordrhein-Westfalen ein souveränes Land, dann läge es im weltweiten wirtschaftlichen Vergleich auf Rang 19, noch vor der Schweiz, vor Schweden, Polen oder Belgien. Die Menschen an Rhein und Ruhr erwirtschaften immerhin 4,5 % der Wirtschaftsleistung aller 28 EU-Mitgliedstaaten zusammen.

Bei all den Problemen, die unser Land hat, deutet die schiere Größe der Wirtschaft auf ihr großes Potenzial hin. Meine Damen und Herren, wir wollen dieses Potenzial nutzen, und zwar mit zwei konkreten Ansätzen.

Der eine Ansatz ist unter dem Thema „Bürokratieabbau“ zu subsumieren. Wir brauchen endlich wieder den Freiraum für eine dynamische Wirtschaft. Deswegen hat Andreas Pinkwart bereits sehr früh das erste Entfesselungspaket auf den Weg gebracht. Weitere Entfesselungspakete werden folgen. Sie werden sehen, in diesen fünf Jahren decken wir die Potenziale auf, die dieses Land schon lange hatte, indem wir den Menschen sagen: Ihr könnt im Zweifel einfach machen. Wir schauen euch dabei zu und helfen euch. Ihr könnt es besser als wir. – Das ist unser zentrales Versprechen für die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Der andere Ansatz besteht darin, gezielt zu investieren. So, wie ein guter Stadtplaner darauf achtet, mit einer intelligenten Raum- und Verkehrsplanung die richtigen Anreize für eine gute soziale Mischung zu schaffen, wollen wir mit klugen Investitionen die richtigen Anreize setzen. Jeder ab jetzt investierte Euro soll die größtmögliche Hebelwirkung für die Wirtschaft in unserem Land entfalten.

Ein wichtiges Beispiel dafür ist die Digitalisierung. Es steht außer Zweifel, dass das eine große Aufgabe ist. Ein so dicht besiedeltes Land wie Nordrhein-Westfalen mit einer einmaligen Mischung aus ländlichen Räumen und großen Städten, mit einer Dichte an Forschungseinrichtungen und Universitäten, hat potenziell die besten Rahmenbedingungen für das Zeitalter der Digitalisierung.

Mut und frische Ideen haben die Menschen in Nordrhein-Westfalen. Um sie heute in ein funktionierendes Unternehmen umzuwandeln, muss sich der Staat auf die richtigen Rahmenbedingungen konzentrieren. Dazu gehört eine erstklassige digitale Infrastruktur. Deswegen sind nicht die Kupferleitungen mit 50 Mbit/s unser Ziel. Unser Ziel ist eine flächendeckende gigabitfähige Infrastruktur für unser Land Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Allein für die Breitbandförderung sind im Haushaltsentwurf 2018 Landesmittel in Höhe von 220 Millionen € vorgesehen. Das sind 56 Millionen € mehr als im Vorjahr. Bis 2025 wollen wir insgesamt 7 Milliarden € in diesem Bereich an Investitionen mit EU-Geldern, mit Bundesgeldern und mit Landesgeldern heben, damit unser Land nachhaltig modernisiert wird.

Ich könnte jetzt noch sehr viele weitere Schwerpunkte benennen, die wir mit diesem Haushaltsgesetz stärken werden, zum Beispiel die Denkmalpflege und die Heimat, die Stärkung nichtakademischer Gesundheitsberufe oder den Hochwasserschutz.

Ein Thema liegt mir aber besonders am Herzen. Das ist die Kultur. Eine Stadt ohne Kultur ist nicht lebenswert. Kein guter Stadtplaner wird je darauf verzichten, Orte zu schaffen, an denen die unterschiedlichsten Menschen zusammenkommen können, an denen gemeinsame Identität wurzelt und gleichzeitig immer wieder neu hinterfragt werden kann und an denen man auch einmal die Seele baumeln lässt. Gerade in unserer schnellen Zeit, in unserer immer vielschichtigeren Gesellschaft und der vielerorts drohenden Anonymisierung wird das von Tag zu Tag wichtiger.

Wenn in einem Bauwerk Risse drohen, dann braucht man Kitt, der die Teile zusammenhält. Kultur fördert Gemeinschaft statt Entfremdung. Kultur ist der Kitt, der unsere Gesellschaft zusammenhält. Deswegen stärken wir diesen Kitt und werden den Kulturetat über diese Legislaturperiode insgesamt um 50 % erhöhen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir beginnen im Haushalt 2018 mit rund 20 Millionen € und steigern diesen Betrag bis 2022 auf 100 Millionen €; denn finanzielle Planungssicherheit ist gerade für die kulturellen Begegnungsstätten entscheidend. Ob Literaturfestival, Orchester oder Musikschule – dort geht es nicht um Gewinnmaximierung, sondern um eine nachhaltige Bereicherung für uns alle.

Ein Kind, das in Nordrhein-Westfalen aufwächst, soll wissen, welch tolle Theater, Museen und Kunst es hier gibt und wie spannend und vielfältig die Geschichte unseres Landes ist. Es soll aber auch wissen, welche besondere Verantwortung wir durch unsere Geschichte haben. Kultur und politische Bildung müssen deshalb wieder eine prägende Rolle spielen, die gerade ein Land der Aufsteiger so dringend braucht, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Aufstieg und gesellschaftlicher Zusammenhalt gehören zur Kernmarke Nordrhein-Westfalen, auch wenn sie in den letzten Jahren immer schwerer zu verwirklichen waren. Diese Ziele vereint das Konzept der sozialen Marktwirtschaft. Alle wichtigen Akteure, die Bürgerinnen und Bürger, der Staat und die Wirtschaft müssen bestimmte Rollen ausfüllen, damit die verschiedenen Kräfte so zusammenwirken können, dass so etwas wie der einst von Wilhelm Röpke beschriebene ökonomische Humanismus entstehen kann, damit sich individuelles Streben und sozialer Ausgleich zum Wohle aller zusammenfügen.

Dabei spielt die staatliche Finanzpolitik eine prägende und zentrale Rolle. Sie muss mit besonderem Augenmaß die wirtschaftlichen und sozialen Entwicklungen begleiten. Meine Damen und Herren, Augenmaß bedeutet das Gegenteil von Ideologie. Augenmaß bedeutet Voraussicht. Kein Theoriekonstrukt sollte das notwendige Augenmaß benebeln, sei es die antizyklische Konjunkturpolitik oder eine wie auch immer begründete angeblich vorsorgende Sozialpolitik.

Die hemmungslose Verschuldung der öffentlichen Hand, wie wir sie in Nordrhein-Westfalen über Jahrzehnte erlebt haben, lähmt uns alle. Ein Planer, der mit dem nachhaltigen Umbau einer Stadt beauftragt ist, sollte sich überlegen, wie er eine ausgewogene Mischung erreichen kann und die Lebensqualität nachhaltig steigert, wie er Bausünden möglichst geordnet zurückbaut und stattdessen neue, schöne, lebenswerte Orte des Miteinanders schafft.

Deshalb folgt unsere Haushalts- und Finanzpolitik dem Dreiklang: konsolidieren, modernisieren und investieren. Wir machen mit diesem Haushaltsgesetz Schluss mit immer neuen Schulden und legen uns auch für die weiteren regulären Haushaltsgesetze für diese Legislaturperiode fest.

Meine Damen und Herren, vergessen wir bitte nie mehr: Eine verlässliche, seriöse Finanzpolitik ist ein Eckpfeiler der sozialen Marktwirtschaft. Das gilt gerade in unserer heutigen vernetzten, schnelllebigen und technologiegetriebenen Welt und in unserer immer vielschichtigeren Gesellschaft.

Ein Kind, das heute in Nordrhein-Westfalen geboren wird, hat mit einer Wahrscheinlichkeit von rund 30 % familiäre Wurzeln außerhalb von Deutschland. Mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 20 % wird es von nur einem Elternteil erzogen. Seine Eltern arbeiten mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit in einem Unternehmen, das nicht mehr nur in Konkurrenz zu anderen deutschen Firmen steht, sondern das immer stärker mit Unternehmen in der ganzen Welt konkurriert.

Unsere Nordrhein-Westfalen-Koalition hat sich vorgenommen, dass dieses Kind in seinem Leben wieder das erfährt, was unser Land in seiner Gründerzeit auszeichnete: das Versprechen, durch gute Bildung und harte Arbeit aufsteigen zu können, egal woher das Kind kommt. Deswegen wollen wir die staatlichen Ressourcen so einsetzen, dass ein Kind aus Nordrhein-Westfalen sicher leben kann, die beste Betreuung findet, auf die besten Schulen gehen kann und später die besten Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.

Der Haushaltsplanentwurf 2018 setzt hier die richtigen Schwerpunkte. Ich freue mich auf die anstehenden Beratungen. Ich sage abschließend: Das Ziel dieser Nordrhein-Westfalen-Koalition, das Ziel dieser Landesregierung ist im Kern in einem Satz zusammenzufassen, meine Damen und Herren: Wir wollen, dass Nordrhein-Westfalen wieder erstklassig wird.

(Lang anhaltender Beifall von der CDU und der FDP – Martin Börschel [SPD]: Dafür haben Sie eine Dreiviertelstunde gebraucht! Das gibt es doch nicht!)

Präsident André Kuper: Danke, Herr Finanzminister Lienenkämper. – Ich eröffne die Aussprache und erteile hiermit für die SPD Herrn Abgeordneten Römer das Wort.

Norbert Römer (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Regierungsverantwortung zu übernehmen bedeutet immer auch, ein Erbe anzutreten. Wir wissen das.

(Bodo Löttgen [CDU]: Ja! – Unruhe von der CDU)

Erbe kann eine Belastung sein, auch eine Befreiung, aber zu erben ist in keinem Fall eine Leistung und erst recht keine Tugend, wie uns der Finanzminister das 43 Minuten lang weismachen wollte, meine Damen und Herren. Das ist es nicht.

(Beifall von der SPD)

Die neue Mitte-rechts-Koalition von CDU und FDP

(Zuruf: Oh! – Unruhe bei der CDU)

hat von ihrer rot-grünen Vorgängerregierung

(Bernd Krückel [CDU]: Ganz hilflos! – Weitere Zurufe von der CDU)

ein robustes Wirtschaftswachstum und solide Finanzen, Steuereinnahmen auf Rekordniveau und die niedrigste Arbeitslosigkeit seit 25 Jahren geerbt. Hinzu kommt das historisch niedrige Zinsniveau, auch nicht Ihr Verdienst, Herr Minister. Das sind die Gründe, warum Sie, Herr Lienenkämper, der zweite Finanzminister seit 1973 sind, der aller Voraussicht nach ein Haushaltsjahr ohne neue Kredite abschließen wird. Der erste war Norbert Walter-Borjans.

(Beifall von der SPD)

Dass Sie Ihrem Vorgänger nacheifern, das ist gut, das ist richtig. Dass Sie sich mit seinen Erfolgen schmücken können, ist unser Pech, Ihr Glück, aber mit Sicherheit nicht Ihre Leistung, Herr Lienenkämper, mit Sicherheit nicht Ihre Leistung.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU)

Weil Sie immer wieder dazwischenrufen, will ich eine grundsätzliche Bemerkung dazu machen. Jetzt kommen Sie mir wieder mit Ihrer Wahlkampfgeschichte: Unsere Wirtschaftspolitik sei erfolglos gewesen, weil sich schlechte Wirtschaftspolitik – na klar! – schon immer durch sinkende Arbeitslosenzahlen, durch sinkende Haushaltsdefizite und durch stetig steigende Steuereinnahmen ausgezeichnet hat. Das ist Volkswirtschaftslehre auf allerhöchstem Niveau, meine Damen und Herren, auf allerhöchstem Niveau.

Dass man Ihnen für diese Theorie noch nicht zu einem Nobelpreis verholfen hat, ist wahrlich ungerecht. Bewerben Sie sich doch einfach mal mit Ihrer Theorie ganz proaktiv bei der schwedischen Reichsbank. Da wird man beeindruckt sein. Also im Ernst: Mit diesem Unsinn blamieren Sie sich bis auf die Knochen. Lassen Sie es sein, das hilft Ihnen, hilft allen. Lassen Sie es sein!

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, ich will ausdrücklich anerkennen: Uns wurde ein Haushaltsentwurf ohne neue Kreditermächtigung vorgelegt. Und selbstverständlich hat auch der Finanzminister seinen Anteil an der Null. Immerhin hat er Ausgabenkürzungen in Höhe von sage und schreibe 131 Millionen € in seinem Entwurf vorgesehen, 131 Millionen € in einem Gesamtetat von 75 Milliarden €. Damit lässt sich der Beitrag des Ministers für den ausgeglichenen Haushalt 2018 bis auf die Nachkommastellen berechnen.

(Zuruf von der SPD: Super!)

Es sind 0,1759 % oder 1,76 Promille – ein beeindruckender Wert, aber nur bei einer Alkoholkontrolle, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und Norwich Rüße [GRÜNE])

„Mancher unterschätzt seine Leistungen, weil er seine Fähigkeiten überschätzt.“ Das schrieb einst der Allianz-Manager Maximilian Eichbaum. Bei Herrn Lienenkämper besteht da keine Gefahr; er überschätzt seine Fähigkeiten nicht. Er hat gerade für sich und für seine 0,176 % Eigenleistung eine vor Selbstrührung triefende Messe gelesen.

(Zuruf von der SPD: Das kann man wohl sagen!)

Dieses für Ihre Regierung typische Größenverhältnis zwischen Eigenleistung und Eigenlob verrät im Übrigen viel über Ihren haushaltspolitischen Ehrgeiz.

Tatsächlich plant der Finanzminister mittelfristig mit deutlich geringeren Haushaltsüberschüssen als sein Vorgänger. Allein für die Jahre 2019 und 2020 rechnet er mit fast 3 Milliarden € weniger – und das, obwohl er von gleich hohen Steuereinnahmen ausgeht wie Norbert Walter-Borjans, dem Sie, Herr Minister, übrigens noch vor einem Jahr vorgeworfen haben, er rechne sich die Einnahmen schön.

Was sollen wir jetzt davon halten? Rechnet sich der neue Finanzminister auch die Einnahmen schön? Und wenn nicht, warum streben Sie dann geringere Haushaltsüberschüsse an als die rot-grüne Vorgängerregierung? Entweder erwarten Sie deutlich weniger Steuereinnahmen, weil Sie insgeheim nicht an den Erfolg Ihrer Wirtschaftspolitik glauben. Oder Sie glauben nicht an den Konsolidierungswillen Ihrer Kolleginnen und Kollegen und planen deshalb mit deutlich höheren Ausgaben.

Aber das sind Fragen, die ja nur dann relevant wären, wenn Sie tatsächlich den haushaltspolitischen Ehrgeiz hätten, den Sie uns jahrelang vorgespielt haben. Und jetzt halten Sie schon das Nötigste für eine herausragende Leistung.

So hielt der Ministerpräsident, meine Damen und Herren, seine Ankündigung, Schwarz-Gelb werde in den kommenden Jahren die Verfassung beachten, für eine derart sensationelle Nachricht, dass man glauben konnte, er rechne ernsthaft mit Sondersendungen auf allen Kanälen.

(Beifall von der SPD)

Diese jähe Ehrgeizlosigkeit dieser Regierung lässt sich ja auch an Ihren Forderungen nach mehr Geld aus Berlin ablesen.

Noch in seiner Regierungserklärung hatte der Ministerpräsident verkündet, Landespolitik besteht – Zitat – „nicht darin, immer dann, wenn es schlecht ist, nach Geld beim Bund zu rufen“. Wenige Wochen später reist er dann zu den Sondierungsverhandlungen nach Berlin, im Gepäck nicht weniger als 42 Wünsche seiner Ministerien nach mehr Bundesgeld, unter anderem für die Kitabetreuung, für die Sozialarbeit an Schulen, für die Ganztagsschulen, für Schulen im Allgemeinen, für die Integration von Geflüchteten, für den sozialen Wohnungsbau usw.

Die Forderungen dieser Landesregierung sind so hoch und vielseitig, dass seinem Parteifreund Eckhardt Rehberg, dem haushaltspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, der Kragen platzte. Der nannte nämlich die Forderungen des NRW-Ministerpräsi-denten eine Dreistigkeit, einen Affront und eine Realitätsverweigerung.

Lassen wir einmal, meine Damen und Herren, die Frage beiseite, ob diese Forderungen gerechtfertigt sind oder nicht. Wer von den Ankündigungen des Ministerpräsidenten zum Boden seines Handelns gelangen will, der braucht nicht weniger als ein Tiefsee-U-Boot, nicht weniger als ein Tiefsee-U-Boot.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, ich würde Ihnen gern meinen kostbaren Spott vorenthalten. Aber das kann ich nicht machen; dafür haben Sie ihn sich einfach zu redlich verdient.

Was haben Sie uns zu Ihrer Oppositionszeit nicht alles vorgeworfen? Von strukturellen Haushaltsdefiziten in Milliardenhöhe war da die Rede. Ein Sparpaket in Höhe von mindestens 2 Milliarden € müsse her. Herr Laschet forderte globale Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst in Höhe von 1,5 % jedes Jahr. Herr Optendrenk wollte allein 300 Millionen € im Schuletat streichen. Das wären 6.000 Lehrerstellen gewesen. Und in jedem Fall – so hieß es im CDU-Wahlprogramm – werde man neue Aufgaben konsequent durch Kürzungen an anderer Stelle ausgleichen. Das sei auch kein Problem; denn die CDU habe ja durchgerechnete Sparvorschläge in der Schublade, 140 an der Zahl.

Und nun? Was ist denn aus all Ihren Anträgen, Beschlüssen und Positionspapieren geworden? Das Letzte, was man von Ihren Finanzkonzepten gehört hat, war die Toilettenspülung im Büro des Finanzministers, und zwar am Tag seiner Amtsübernahme, meine Damen und Herren.

(Heiterkeit und Beifall von der SPD)

Nur, damit Sie mich nicht falsch verstehen: Dass Ihre Oppositionskonzepte den Weg in die Kanalisation nehmen mussten, ist nicht weiter schlimm; die gehören da auch hin. Notwendige Zukunftsinvestitionen müssen immer Vorrang haben vor unnötig hohen Überschüssen. Das war immer unsere Überzeugung. Das bleibt auch so. Ich freue mich, dass es langsam auch Ihre Überzeugung zu werden scheint.

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Aber trotzdem gilt doch, eines festzuhalten: Durch den Haushaltsentwurf der neuen Regierung werden die Finanzkonzepte der alten Opposition der Lächerlichkeit preisgegeben, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und Norwich Rüße [GRÜNE])

Ja, Sie geben sie der Lächerlichkeit preis. Denn im Hinblick – das wurde gerade in der Rede des Finanzministers deutlich – auf die Haushaltskonsolidierung tun Sie nichts von dem, was Sie jahrelang von uns gefordert haben, nichts. Das allein wäre kein Problem – im Gegenteil: In den meisten Fällen ist das auch besser so.

Ihr Problem ist, dass Sie vor der Wahl so hohe Erwartungen geweckt und so viele Versprechen abgegeben haben,

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: So ist das!)

von denen Sie wussten, dass Sie die niemals einhalten können. Meine Damen und Herren, das ist Ihr Problem!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ein Beispiel ist die Pauschale des Bundes zur Integration von Flüchtlingen, die Integrationspauschale.

(Zustimmung von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Es war Armin Laschet, der als Oppositionsführer immer und immer wieder forderte, jeder Cent der 434 Millionen € müsse an die Kommunen weitergeleitet werden; alles andere sei unverantwortlich. Jetzt sind Sie in der Verantwortung. Und was tun Sie? Wie viele Euro leiten Sie an die Kommunen weiter? – Keinen einzigen!

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Im Gegenteil: Sie kürzen sogar 17 Millionen € bei der sozialen Flüchtlingsberatung. „Versprochen – gebrochen“.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Nadja Lüders [SPD]: So viel zu „Demut haben“!)

Ein zweites Beispiel ist der Pensionsfonds für die Beamtinnen und Beamten des Landes. Wir hatten die Zuweisungen aus dem Landesetat auf 200 Millionen € pro Jahr festgesetzt. Was haben Sie getobt und gezetert! Es müssten mindestens 700 Millionen € pro Jahr mehr sein! Was die rot-grüne Regierung da mache, sei eine unverantwortliche Trickserei, schimpfte Armin Laschet in der Debatte zum Haushalt 2016.

Und an dieser Stelle vermerkten die Protokollanten dann einen Zwischenruf des Abgeordneten Lienenkämper. „So ist es!“, hat er gerufen. „So ist es!“ – Tatsächlich, Herr Lienenkämper? Ist das so? Dann schauen wir doch mal, wie hoch Ihre Zuweisungen an den Pensionsfonds sind. Es sind gerade mal 80 Millionen €, die Sie überweisen wollen. Rechnet man schon getätigte Vorauszahlungen großzügig hinzu, dann landen Sie wieder bei den 200 Millionen € Ihres Vorgängers.

Jetzt würde mich mal interessieren, wie Sie diese 200 Millionen € heute nennen. Für Ihren Ministerpräsidenten ist das eine „verantwortungslose Trickserei“.

(Marc Herter [SPD]: So ist es!)

Und welche Bezeichnung bevorzugen Sie, Herr Finanzminister? Ich bin mal gespannt auf Ihre Antwort!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Mein drittes Beispiel ist die Hochschullehre.

(Martin Börschel [SPD]: Immerhin wird er rot! – Heiterkeit von der SPD)

Herr Laschet hat als Oppositionsführer vollmundig versprochen, als Ministerpräsident würde er für die beste Betreuungsquote aller Bundesländer sorgen – also für die geringste Anzahl an Studierenden pro Dozent. Wir erwarten ja gar nicht, dass Sie dieses ehrgeizige Ziel innerhalb von einem oder zwei Jahren erreichen. Was wir nach Ihren vollmundigen Versprechungen aber erwarten, ist ein Konzept. Was wir erwarten, sind erste Schritte, die sich auch in den Haushaltsmitteln niederschlagen.

Doch all das gibt es nicht – weder ein Konzept noch erste Schritte. Ihre Ministerin verweist lediglich auf die Mittel des Hochschulpakts und setzt ansonsten alle Hoffnungen auf die Hochschulvereinbarungen der rot-grünen Vorgängerregierung: 250 Millionen € mehr Grundmittel für bessere Lehre bis 2021.

Also: Rot-Grün soll es im Nachhinein noch richten. Das ist Ihre Hoffnung – und das war es dann auch.

Ach ja! Eines will ich nicht vergessen: Dann soll es ja noch Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer geben, was im Grunde nichts anderes ist als eine Strafsteuer für international vernetzte Universitäten und ein Gebührenzaun gegen zukünftige Fachkräfte.

(Marc Herter [SPD]: So ist das! – Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ihr Vorbild ist Baden-Württemberg. Erst hieß es, die zu erwartenden Einnahmen – 100 Millionen € sollten es sein – würden in die Verbesserung der Lehre fließen. Dann hieß es: Vielleicht investieren wir das Geld doch lieber in die Digitalisierung.

Mittlerweile ist völlig unklar, ob diese Gebühren überhaupt kommen; denn der Wissenschaftsministerin ist das Projekt ein wenig peinlich. Sie will diese Gebühren mittlerweile nur noch dann einführen, wenn es in Baden-Württemberg nicht zu einem Einbruch der Studierendenzahlen und der Gebühreneinnahmen kommt. Doch genau das ist dort nun eingetreten. Die Anzahl ausländischer Studierender ist um 26 % gesunken, und statt 35 Millionen € wird man in Baden-Württemberg über die Gebühren nur noch 14 Millionen € einnehmen. Das sind 60 % weniger als geplant.

Schon jetzt ist doch klar: Die 100 Millionen €, die Sie den Universitäten versprochen haben, sind eine reine Fantasiezahl. Gestehen Sie es endlich ein: Studiengebühren sind gescheitert – ganz gleich, in welcher Form!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich füge hinzu: Das ist auch gut so! Denn Studiengebühren sind ungerecht. Sie sind unvernünftig. Also begraben Sie Ihr Lieblingsprojekt. Dann hätten sie tatsächlich endlich etwas für die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen getan.

Meine Damen und Herren, das waren jetzt nur drei Beispiele für enttäuschte Erwartungen und gebrochene Versprechen dieser Koalition. Es gibt noch viele andere – zum Beispiel Ihr Versprechen, die Erhöhung der Grunderwerbsteuer zurückzunehmen. Stattdessen stecken Sie sich das Geld klammheimlich in Ihre Tasche. „Versprochen – gebrochen“.

Oder Ihr Versprechen „Mehr Bewegung. Weniger Stau“ innerhalb der nächsten fünf Jahre: Nichts dergleichen wird passieren, und das wussten Sie doch auch schon vor den Wahlen. Schon wieder: „Versprochen – gebrochen“.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Oder Ihr Versprechen, Sie würden durch eine grundlegende Reform des Gemeindefinanzierungsgesetzes für niedrigere Grund- und Gewerbesteuerhebesätze sorgen: Auch das wird nicht passieren. Auch hier gilt: „Versprochen – gebrochen“.

Meine Damen und Herren, dieser Koalition mangelt es nicht an Geld. Es mangelt ihr an Glaubwürdigkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ihr Hauptdefizit ist ja auch kein finanzielles. Ihr Hauptdefizit ist ein Mangel an Wahrhaftigkeit.

Dabei ist ja nicht alles grundfalsch, was Sie tun. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren über 7.000 neue Lehrerstellen geschaffen. Sie schaffen nun weitere 2.000 Stellen. Das ist gut und schön. Wo aber ist Ihr Plan für mehr Bildungsgerechtigkeit, für Chancengleichheit im Bildungssystem oder für eine bessere Inklusion? – Es gibt ihn nicht. Wir haben noch nichts davon gehört.

Im Nachtragshaushalt 2017 haben Sie 250 Millionen € für die Krankenhausfinanzierung bereitgestellt. Das ist gut und schön. Doch leider war das nur ein einmaliges Prestigeobjekt ohne dauerhafte Wirkung.

(Minister Karl-Josef Laumann: Das ist doch nicht wahr!)

Im Haushalt 2018 ist davon nichts zu sehen. Nein, Sie lassen die Kommunen dafür 100 Millionen € nachzahlen. Wo ist denn Ihr Konzept, die Investitionslücke von 1 Milliarde € tatsächlich zu schließen? – Es gibt keines. Sie haben keines. Auch das ist hier wieder deutlich geworden.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wo ist Ihr Zukunftskonzept für den Industriestandort Nordrhein-Westfalen, das sogenannte Entfesselungspaket? Ihre Antworten auf die Herausforderungen der digitalen Ökonomie sind mehr verkaufsoffene Sonntage und die Abschaffung der Hygieneampel? Da könnte man eigentlich lauthals lachen, wäre Ihr unnötiger und unnützer Aktionismus nicht so bitter für die vielen Beschäftigten im Einzelhandel, nicht so bitter für die vielen Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Also: Es ist genauso gekommen, wie es vor der Wahl zu befürchten gewesen ist. Wenn diese Mitte-rechts-Koalition von Bürokratieabbau spricht, dann meint sie in Wahrheit die Absenkung von Standards im Verbraucherschutz und im Umweltschutz, ein Ende der Frauenförderung und nicht zuletzt die Beschneidung von Arbeitnehmerrechten.

(Zurufe von der CDU: Oh! – Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ihr Angriff auf das Arbeitszeitgesetz ist ja schon in Arbeit, meine Damen und Herren.

Dafür wissen wir allerdings jetzt etwas genauer, was Ihnen alles nicht wichtig ist. Gute und bezahlbare Wohnungen haben für diese Koalition keine Priorität. Stattdessen plant sie ein Marktentfesselungsgesetz für den Wohnungsmarkt. Sie plant also – um das zu übersetzen – eine Entrechtung von mehr als 11 Millionen Menschen, die in Nordrhein-Westfalen zur Miete wohnen und schon bald noch höhere Mieten bezahlen müssen als bisher. Die werden entrechtet durch Ihr sogenanntes Entfesselungsgesetz.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sozialpolitik, die benachteiligten Menschen dienen und die für gerechte Lebenschancen sorgen soll, hat keine Priorität.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: So ist das!)

Das ist ja der einzige relevante Bereich, in dem es keinen Stellenzuwachs geben soll. Auch die Arbeitsmarktpolitik hat für diese Regierung keine Priorität. Anstatt noch mehr Langzeitarbeitslosen neue Chancen auf einem sozialen Arbeitsmarkt zu geben, wird hier drastisch gekürzt.

Schwarz-Gelb ist nicht nur eine Koalition gebrochener Wahlversprechen und enttäuschter Hoffnungen; Sie ist – Sie müssen sich das auch immer wieder selbst vor Augen führen – immer noch die Koalition der kalten „Privat vor Staat“-Ideologie.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Der Ministerpräsident hat immer wieder betont, welch große wirtschaftspolitische Herausforderung der Brexit für Nordrhein-Westfalen darstelle. Deshalb hat er einen Brexit-Beauftragten berufen, über den er sagte – ich zitiere –:

„Nur eine erfahrene, gut vernetzte und durchsetzungsstarke Persönlichkeit mit ausgeprägter … Expertise kam für dieses Amt in Betracht.“

Aber offensichtlich niemand aus Ihrem Kabinett, Herr Ministerpräsident,

(Lachen von der SPD)

obwohl das doch eigentlich naheliegend wäre. Ist das denn keine Aufgabe für den Wirtschaftsminister oder für den Europaminister? Gibt es in Ihrer Regierung wirklich niemanden, der den Ansprüchen des Ministerpräsidenten genügt hätte, der also über ausreichend Erfahrung, Durchsetzungsstärke und Expertise verfügt? Da hätte ich Ihnen eigentlich ein bisschen mehr Selbstvertrauen unterstellt, Herr Ministerpräsident.

Aber noch überraschender war dann, wen der Ministerpräsident für kompetent genug hält: Friedrich Merz, den König der Finanzlobbyisten. Wir werden das alles in der Aktuellen Stunde am Freitag noch ausführlich beleuchten. Aber so viel will ich heute schon feststellen: Ausgerechnet dieser Friedrich Merz, der als Abgeordneter bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen ist, weil er seine finanziellen Abhängigkeiten nicht offenlegen wollte, ist nun der Wirtschaftsbotschafter Nordrhein-Westfalens in Großbritannien. Stramme Leistung, meine Damen und Herren!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Merz soll nun alles – so habe ich den Ministerpräsidenten verstanden –, was er an Tatkraft und Zeit aufbringen kann, in den Dienst des Landes stellen – also alles, was noch übrig ist nach seiner Tätigkeit als deutscher Cheflobbyist von BlackRock, einer der größten Schattenbanken der Welt, nach seinen Tätigkeiten als Aufsichtsratsmitglied und Lobbyist der AXA AG, der DBV Winterthur Holding AG, der Deutsche Börse AG, der IVG Immobilien AG, der Wepa Industrieholding SE, der BASF Antwerpen NV, der Stadler Rail AG, der Geschäftsbank HSBC Trinkaus & Burkhardt und der Commerzbank AG.

Nicht vergessen wollen wir seine zukünftige Tätigkeit als Aufsichtsratsvorsitzender des Flughafens Köln/Bonn, zu dem ihn der Ministerpräsident ja auch noch machen will. Meine Damen und Herren, wer bezweifelt ernsthaft, dass Friedrich Merz ein unabhängiger und vertrauenswürdiger Partner für alle Unternehmen sein kann, die ihn nicht bezahlen?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Außer dem Ministerpräsidenten wahrscheinlich jeder.

Nun gut. Ich will mal einräumen: Vielleicht haben ja auch diejenigen recht, die mir sagen: Mensch, das ist alles halb so schlimm. Das ist ja alles nur eine PR-Nummer. Der Merz hat ein weiteres Pöstchen für seine Sammlung, wird aber nicht viel tun, geschweige denn erreichen, aber eben auch keinen Schaden anrichten.

Er bekommt ja – wie der Ministerpräsident selbst betont – noch nicht einmal ein eigenes Büro. Herr Laschet brauchte einfach nur einen Namen – so wird mir gesagt –, mit dem er den rechten Jens-Spahn-Fanclub in seiner Partei beeindrucken kann. Es mag ja sein, dass dem so ist.

(Heiterkeit)

Und doch ist die Personalie Merz für den Politikstil dieser Regierung bezeichnend.

Sie passt zu einer Regierung, in der man viel zu lange nicht begriffen hat, dass ein Medienunternehmer nicht Medienminister sein kann, weil er für politische Entscheidungen verantwortlich wäre, die sein privates Vermögen mindern oder vermehren können.

Sie passt zu einer Regierung, deren Umweltministerin sich als Cheflobbyistin der konventionellen Agrarwirtschaft versteht, die die Eigentumsverhältnisse beim Familienbetrieb zur Privatsache erklärt, die aber gleichzeitig das eigene Ministerium in Anspruch nimmt, um die zweifelhaften Zustände in eben diesem Betrieb zu rechtfertigen.

Sie passt zu einer Regierung, deren Justizminister erst dann sein kommunales Mandat niederlegt, nachdem man ihm mühsam hat klarmachen müssen, dass er andernfalls ein Fall für den Verfassungsgerichtshof wäre.

Schließlich passt die Personalie Merz auch zu einer Regierung, die mit 7 Millionen € den teuersten und auch eitelsten Regierungswechsel der Landesgeschichte zu verantworten hat – eine Regierung, die sich den historischen Rekord von 139 neuen Stellen auf den Leitungsebenen aller Ministerien genehmigt hat.

(Minister Karl-Josef Laumann: Das ist doch nicht wahr!)

Warum? Weil sie nicht akzeptieren will, dass eine deutsche Ministerialbürokratie keine Beute für erfolgreiche Wahlkämpfer sein darf.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich weiß, Sie glauben, die ungeschriebenen Regeln parteipolitischer Zurückhaltung und politischer Redlichkeit würden für Sie nur eingeschränkt gelten. Sie schweben über diesen Dingen. Herr Laschet, ich will Ihnen mal eines dazu sagen: Ihren Vorgängern hat die damalige Opposition gelegentlich eine Arroganz der Macht vorgeworfen – vielleicht nicht immer zu Unrecht. Allerdings: Wir haben uns diesen Ruf in Jahren und Jahrzehnten mühsam erarbeiten müssen.

(Heiterkeit von der SPD und den GRÜNEN)

Sie hingegen haben das mit sagenhafter Leichtigkeit in nur fünf Monaten geschafft. Das war bisher die einzige beeindruckende Leistung in Ihrer Regierungszeit, Herr Kollege Laschet.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, zu dieser einzigen beeindruckenden Leistung gratuliere ich Ihnen ganz herzlich. – Vielen Dank fürs Zuhören.

(Langanhaltender Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Löttgen.

Bodo Löttgen (CDU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Römer, ich bin froh, dass Sie am Ende Ihres knappen Vortrags tatsächlich auch noch mal zum Haushalt gesprochen haben.

(Zurufe von der SPD)

Ansonsten stand Ihnen die anhaltende Überraschung über Ihre neue Oppositionsrolle auch heute geradezu ins Gesicht geschrieben –

(Zurufe von der SPD)

und, nebenbei gesagt, auch eine gewisse Verzweiflung. Sie können sich einfach nicht entscheiden, was Sie in der Sache kritisieren sollen, ohne die eigene Politik der letzten sieben Jahre in die Pfanne zu hauen. Deshalb haben Sie es heute an Sachkritik fehlen lassen.

(Zurufe von der SPD: Zuhören wäre gut gewesen! Sie haben nicht zugehört!)

Ersparen Sie uns und denjenigen, die uns häufiger zuhören, Ihre ermüdende Spiegelfechterei. Bei Ihrer heutigen Rede herrschte am Rednerpult Windstärke null, und in dieser Flaute sind die paar Knallerbsen, die Sie eingestreut haben, schlicht und einfach verpufft.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Drei Wochen vor dem Parteitag Ihrer Partei in Berlin haben Sie sich erfolglos daran versucht,

(Stefan Zimkeit [SPD]: Zum Landeshaushalt!)

Ihrer zerrissenen Partei vom Landtag in Nordrhein-Westfalen aus wieder ein wenig Leben einzuhauchen.

Aber, sehr geehrter Herr Römer, es sind nicht die Existenzsorgen der SPD, die im Landtag auf der Tagesordnung und im Mittelpunkt zu stehen haben. Es sind die Sorgen, insbesondere aber auch die Chancen der Menschen unseres Landes, mit denen wir uns hier beschäftigen wollen.

Meine Damen und Herren, wir wollen unser Land wieder zu einem Aufsteigerland machen und haben das, was den Aufstieg für die Menschen unseres Landes und für Nordrhein-Westfalen selbst bedeutet, mit unserer Politik – mit diesem vorgelegten Haushaltsentwurf – fest im Blick. Unser Land dort, wo es in Ländervergleichen hinten liegt, wo wir trotz guter Voraussetzungen in Vergleichen unter dem Bundesdurchschnitt liegen, wieder in die Spitzengruppe zu führen, ist zugleich Anspruch und Ziel der NRW-Koalition.

Aber es ist eben auch nur ein feststellbares Ergebnis – ein Ergebnis, das wir erreichen können, wenn wir die Lebens- und Arbeitsbedingungen für möglichst viele, von Kita, Schule und Ausbildung über Mobilität und Sicherheit im Alltag bis zu qualitativ guten und flächendeckenden Angeboten im Gesundheits- und Pflegebereich, ständig verbessern und verträglich an eine schnelle, teils sprunghafte Entwicklung in vielen Lebensbereichen anpassen.

Das ist ein Ergebnis, das wir nur erreichen können, wenn Fleiß und Verantwortung, Hartnäckigkeit und Geschäftssinn wieder belohnt werden und nicht durch Bürokratie im Keim erstickt werden, wenn wir für unsere Unternehmen, für Handwerk, Handel und Industrie, und für Gründerinnen und Gründer in Nordrhein-Westfalen beste Standortbedingungen schaffen und Rechtssicherheit für Zukunftsplanungen gewährleisten.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Am 7. November dieses Jahres hat Finanzminister Lutz Lienenkämper den ersten Gestaltungshaushalt der neuen Landesregierung vorgestellt. Das Landeskabinett hat den Entwurf des Haushaltsgesetzes 2018 verabschiedet. Heute beschäftigen wir uns in erster Lesung damit. Dieser Haushalt setzt finanz- und haushaltspolitische Leitplanken, innerhalb derer eine günstige Entwicklung stattfinden kann.

Die Kennzeichen dieses Haushaltsentwurfs sind: Konzentration auf und Priorisierung der Themen, die nach Auffassung vieler Mitbürgerinnen und Mitbürger wieder in den Mittelpunkt von Landespolitik rücken müssen, Investitionen in Bereiche, die für eine gute Zukunft unseres Landes entscheidend sind, und Mut, diese Investitionen auch auf Dauer und ohne weitere Neuverschuldung und Belastung künftiger Generationen zu stemmen.

Wir bekräftigen mit diesem Haushalt unseren Anspruch, Nordrhein-Westfalen wieder zu einem Aufsteigerland zu machen. Zu dem erfolgreichen Weg der Haushaltskonsolidierung haben gute und stabile Steuereinnahmen, aber auch Einsparerfolge der ersten 138 Tage in Regierungsverantwortung in den einzelnen Ressorts und eine umsichtige Ausgabenpolitik beigetragen.

Trotzdem – so hat es der Finanzminister auch gesagt – ist diese schwarze Null, also der Verzicht auf eine weitere Neuverschuldung des Landes, nicht urplötzlich vom Himmel gefallen. Sie ist das Ergebnis einer verantwortungsbewussten und maßvollen Haushaltspolitik der NRW-Koalition, umgesetzt von Finanzminister Lutz Lienenkämper.

Bei aller Freude und bei allem berechtigten Stolz auf den ersten ausgeglichenen Haushalt in NRW seit 1973 ist diese schwarze Null kein Selbstzweck.

Trotz Konsolidierung des Landeshaushalts packen wir wichtige Zukunftsaufgaben an und unterlegen sie mit den notwendigen Haushaltsmitteln. Unter anderem haben wir Geld für 2.048 neue Stellen für Lehrerinnen und Lehrer, für 500 neue Polizeiverwaltungsassistenten und bessere Polizeiausstattung, für den Erhalt und den Ausbau von Landesstraßen, für eine Breitbandversorgung mit Glasfasernetzen, insbesondere in Schulen und Gewerbegebieten, für eine dauerhafte Finanzierung der Kommunalen Integrationszentren, für Kultur und Denkmalpflege und nicht zuletzt – in Rekordhöhe! – auch für die Kommunen bereitgestellt.

Gleichzeitig haben wir den Haushalt ausgeglichen und werden zugunsten der Kinder dieses Landes in den kommenden Jahren jeden Spielraum nutzen, den wir haben, um auch mit dem Abbau von Altschulden zu beginnen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Matthi Bolte-Richter [GRÜNE])

Sparen und die Zukunft aktiv gestalten – das geht zusammen! Diesen Nachweis hat die nordrhein-westfälische Landesregierung mit dem Gestaltungshaushalt 2018 erbracht.

Ebenso wichtig wie Konzentration, Priorisierung, Investitionen und Mut wird aber das Aufbringen der notwendigen Geduld sein, um auch ausgewogene und tragfähige Lösungen zu erreichen. „Demokratie ist auch eine Frage der Geduld“, sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vor Kurzem – eine Erkenntnis, die sich wohl nicht in die Reihen der SPD-Fraktion verirrt hat. Schon 76 Tage nach Vereidigung der Landesregierung polterte der Fraktionsvorsitzende Norbert Römer in seiner Erwiderung auf die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten: „Schwarz-Gelb ist eine Koalition der gebrochenen Wahlversprechen.“

Potzblitz, nach der für Sie anscheinend quälend langen Oppositionszeit von noch nicht einmal zwei Monaten wurden noch nicht alle Verabredungen des Koalitionsvertrages umgesetzt!

(Sven Wolf [SPD]: Teilweise schon zurückgenommen!)

Noch immer Stau, noch immer langsames Internet – das ist ja ein Skandal, meine Damen und Herren!

Mal im Ernst: So überraschend die Oppositionsrolle für Sie als SPD auch sein mag – mit solchen Sätzen erliegen Sie der durchaus durchschaubaren Versuchung, politisches Kapital aus der allgegenwärtigen Ungeduld der Menschen zu schlagen. Unser System der repräsentativen Demokratie ist darauf angelegt, Interessensunterschiede auszubalancieren und diesem Vorgang Zeit auch hier im Parlament einzuräumen.

(Marc Herter [SPD]: Erzählen Sie es den Leuten, dass sie Geduld haben müssen?)

Regierung und Parlament arbeiten für die Dauer einer Legislaturperiode, Herr Römer. Am Ende dieses Zeitraums ziehen die Wähler Bilanz über die Einhaltung von Wahlversprechen, und nicht Sie nach zwölf Wochen neuer Landesregierung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sehr geehrter Herr Römer, wer dieses Prinzip, das ich eben angesprochen habe, infrage stellt, der macht demokratische Entscheidungsprozesse zum Spielball der Ungeduldigen und gießt Wasser auf die Mühlen der Demokratiegegner.

(Dietmar Bell [SPD]: Frechheit!)

Und wenn wir schon bei den Themen „Wert der Demokratie“ und „Parlamentarismus“ sind, gestatten Sie mir hier einen Einschub.

(Marc Herter [SPD]: Niemand wird der SPD vorwerfen, dass sie sich an der Demokratie versündigt, auch Sie nicht!)

– Das habe ich Ihnen gar nicht vorgeworfen! Sie haben nicht zugehört, Herr Herter, aber das kommt ab und zu mal vor!

(Dietmar Bell [SPD]: Wir haben Ihnen sehr genau zugehört! – Weitere Zurufe von der SPD)

Immer häufiger gewinnt man hier im Plenum oder in den Ausschüssen den Eindruck, der neue Leitsatz – das war ja auch heute Leitlinie der Rede von Norbert Römer – von SPD und Grünen lautet: Wenn ich sachlich nicht durchkomme, dann werde ich halt persönlich.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Oder, um es für die Dortmund- und Schalke-Fans unter Ihnen einfacher zu sagen, frei nach Rolf Rüssmann:

„Wenn wir hier schon nicht gewinnen, dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt.“

Nichts gegen eine handfeste politische Auseinandersetzung – im Gegenteil! –, aber politische Gegnerschaft darf niemals mit persönlicher Feindschaft verwechselt werden.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Vielleicht ist es gerade in den ersten Wochen und Monaten nach einer Niederlage ein Zeichen innerer Stärke, ein Mindestmaß an Respekt und Toleranz einzuhalten. Ich sage Ihnen das heute, sehr geehrter Herr Kollege Römer, sehr geehrte Frau Kollegin Düker, sehr geehrter Herr Klocke, weil Sie nach meiner und auch nach der Auffassung vieler meiner Kolleginnen und Kollegen, nach dem Lesen einiger Anträge und Pressemeldungen, nach den Erfahrungen in Fragestunden und Debatten, dabei sind, Grenzen zu überschreiten, die der zweite Ministerpräsident unseres Landes Karl Arnold in seiner Regierungserklärung am 21. September 1950 treffend formuliert hat:

„Man kann den demokratischen Staat nicht verteidigen, wenn die Demokraten unter sich Krieg führen.“

Die Verteidigung des demokratischen Staates, der Spielregeln dieser Demokratie auch hier im Parlament – das muss doch zum Grundkonsens gehören,

(Dietmar Bell [SPD]: Peinlich! – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

das muss doch auch für Sie zum Grundkonsens gehören!

(Anhaltende Zurufe von der SPD und den GRÜNEN – Glocke des Präsidenten)

– Wenn Sie sich jetzt schon so aufregen, wie wollen Sie dann den Rest der Rede ertragen?

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD: Kann nur besser werden!)

Meine Damen und Herren, zurück zum Thema „Geduld“. Viel gefährlicher als die Ungeduldigen in den Reihen der Opposition sind allerdings diejenigen, die das Postfaktische zur Strategie erheben wollen und uns in Nordrhein-Westfalen etwas vorgaukeln. Da gibt es Verfechter einer neuen Zeitrechnung, die nicht mit „AD“, also Anno Domini, beginnt. Die wollen alles, was vor dem 14. Mai 2017 passiert ist – insbesondere aber die politische Verantwortung für bis dahin Geschehenes – einfach als nicht existent erklären.

Das sind diejenigen, die uns glauben machen wollen, das Prinzip der Kausalität gelte nur außerhalb Nordrhein-Westfalens, aber nicht hier. Hier gäbe es auch Wirkungen ohne Ursache. Falls heute ein negativer Effekt festgestellt würde, hätte dieser auf keinen Fall etwas mit rot-grünem Regierungshandeln in der Vergangenheit zu tun.

Meine Damen und Herren von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, bisher kannte ich niemanden, der von sich behaupten konnte, er könne duschen, ohne nass zu werden. Das hat sich geändert, seit Sie auf den Oppositionsbänken Platz genommen haben.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Ein Beispiel: Da stellt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Sarah Philipp, in einer Pressemeldung vom 6. November fest: Wir brauchen dringend mehr bezahlbaren Wohnraum in Nordrhein-Westfalen, und fordert die neue Landesregierung auf, dies zum Schwerpunkt ihrer Politik zu machen.

(Zuruf von der SPD: Gut so!)

Sehr geehrte Frau Kollegin Philipp – auch wenn Sie gerade nicht da sind –: Ihr Fraktionsvorsitzender Norbert Römer erklärte in seiner Rede zur Einbringung des letzten rot-grünen Haushalts am 15. September 2016 – Zitat –:

„In diesem Land ist eine gute und bezahlbare Wohnung wieder der Normalfall, kein Glücksfall.“

(Zurufe von der CDU: Oh! – Vereinzelt Heiterkeit)

Sehr geehrter Herr Römer, vielleicht können Sie mir bei der Interpretation dieser beiden Aussagen helfen. Es kann ja nur eine von beiden richtig sein.

(Marc Herter [SPD]: Wieder falsch zitiert! – Norbert Römer [SPD]: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil! Lesen Sie noch mal nach!)

Ich tendiere dazu, zu sagen: Die Aussage von Frau Philipp ist richtig. Dann allerdings, Herr Römer, war die Feststellung von Ihnen nichts anderes als das Schönreden einer damals bereits bestehenden prekären Situation auf dem Wohnungsmarkt.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Dann haben Sie selbst in rot-grüner Regierungsverantwortung die Ursache für diesen Mangel gesetzt.

Stellen Sie sich doch Ihren Fehlern aus der eigenen Regierungszeit,

(Zurufe von der SPD)

mit denen Sie die Ursachen für heutige Missstände selbst gesetzt haben, und hören Sie auf, die Verantwortung dafür der NRW-Koalition in die Schuhe zu schieben!

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich könnte Kollegin Christina Kampmann nennen, die in ihrer Pressemitteilung vom 6. November kritisiert – Zitat –:

„Die digitale Infrastruktur in unseren Schulen ist dramatisch unterfinanziert – die Landesregierung muss handeln.“

Sehr geehrte Frau Kampmann, wer hat denn in den vergangenen sieben Jahren Verantwortung für die zeitgerechte digitale Infrastruktur an unseren Schulen getragen und nichts getan? Das waren doch Sie und nicht wir!

(Beifall von der CDU)

Sie beklagen die Wirkung Ihrer eigenen Politik.

Oder Kollege Jochen Ott am 8. November zum Thema „Talentschulen“, „Brennpunktschulen“: „Es handelt sich hierbei aber um die gesonderte Förderung von lediglich 30 Schulen. Für ein Flächenland wie NRW ist das zu wenig.“

Sehr geehrter Herr Ott, wie viele Talent- und Brennpunktschulen haben Sie in Ihrer Regierungsverantwortung eingerichtet? Was berechtigt Sie angesichts der fehlenden Leistung in Ihrer eigenen Regierungszeit zu der Kritik, einen starken Aufschlag aus dem Schulministerium als zu wenig zu kennzeichnen?

Eher Unterhaltungswert, meine Damen und Herren, hat Kollege Stefan Zimkeit, der am 7. November in einer Pressemitteilung zum Haushalt 2018 verkündete: Verlierer sind auch die Kommunen.

Lieber Herr Zimkeit, das Sein ändert anscheinend bei Ihnen dramatisch das Bewusstsein. 10 % mehr Mittel als in diesem Jahr, insgesamt 11,7 Milliarden € – als Regierung hätten Sie einen solchen Zuwachs vermutlich in einem pompösen Festakt zusammen mit der kommunalen Familie gefeiert.

(Zuruf von der SPD: Das ist eine sportliche Höchstleistung!)

Schrauben Sie einfach mal einen Gang zurück! Freuen Sie sich mit uns, dass den Städten, Gemeinden und Kreisen substanziell mehr Mittel zur Verfügung stehen!

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Freuen Sie sich mit uns darüber, dass die ungerechte Verteilung von Lasten beim Unterhaltsvorschuss endlich beseitigt wurde, dass der bestehende Solidarausgleich im Gemeindefinanzierungsgesetz – etwas, was Sie nie verstanden haben – durch Abschaffung des Kommunal-Soli wieder aufgewertet wurde! Und stören Sie die weitere Veranstaltung nicht,

(Marc Herter [SPD]: Veranstaltung!)

indem Sie behaupten, Kommunen mit mehr Geld in der Tasche seien Verlierer!

„Hier fehlt etwas; dort ist etwas zu wenig. Wir brauchen, wir erwarten, die müssen.“ – Das ist Ihre armselige Oppositionspolitik in knappen zwei Sätzen. Die SPD war schon immer Meister des Wunschdenkens. Aber wer selbst keinen Kompass hat, meine Damen und Herren, der ist nicht in der Lage, anderen eine Richtung zu vermitteln.

Als Rot-Grün hätten Sie vieles machen können. Wirklich umgesetzt haben Sie wenig. Vieles von dem Wenigen war dann auch noch falsch, unwirksam oder gar kontraproduktiv. Ihre Lösungen haben doch zu Problemen geführt, die wir vorher gar nicht hatten. Heute fehlt Ihnen der Mumm, meine sehr geehrten Damen und Herren, für diesen Murks Verantwortung zu übernehmen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Und dann ist da noch der SPD-Kollege Dennis Maelzer, der am 23. Oktober als Reaktion auf die aktuelle Studie der Bertelsmann Stiftung zur Kinderarmut in Deutschland den bemerkenswerten Satz in seine Pressemeldung aufgenommen hat:

„Wir brauchen nun endlich den Mut, auf die erschreckenden Analysen mit einem Systemwechsel in der Familien- und Sozialpolitik zu reagieren, die endlich das Kind in den Fokus der Familien- und Sozialpolitik rückt.“

Sehr geehrter Herr Maelzer, nun endlich Systemwechsel? Endlich das Kind in den Mittelpunkt rücken? – Sie waren doch am 15. September 2010 dabei, als hier in diesem Plenum die ehemalige Ministerpräsidentin versprach: „Wir wollen kein Kind zurücklassen in Nordrhein-Westfalen“ – Ihr politisches Mantra, das über sieben Jahre ohne nennenswerte Wirkung blieb, verbunden mit der erschreckenden Feststellung einer stetig steigenden Kinderarmut. Soll das jetzt unser Problem werden? – Nein, Herr Maelzer, es ist unsere Aufgabe, dieses Problem zu lösen. Aber es bleibt ein Problem aus Ihrer Regierungszeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

In „ZEIT ONLINE“ vom 12. Mai 2017 ist die Bilanz – so wird es dort überschrieben – eines genialen unhaltbaren Versprechens nachzulesen. Dort steht:

„Wer herausfinden will, was aus Krafts großem Versprechen geworden ist, erlebt Merkwürdiges. Die vermeintliche politische Revolution schrumpft, wenn man sich ihr nähert, auf ein Bündel kleiner, ehrenwerter Projekte, zusammengehalten von großen Worten.“

Die Scheinriesenpolitik der SPD. Mit Abstand betrachtet sind dies respekteinflößende Vorhaben. Aber je näher man kommt, umso mehr schrumpfen sie.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Wo steht das im Haushalt?)

Manche sind ohne Distanz kaum noch erkennbar. Wenn Sie das, meine Damen und Herren, an den Scheinriesen Tur Tur aus dem Kinderbuch von Michael Ende erinnert, liegen Sie allerdings falsch.

(Marc Herter [SPD]: Guter Mann!)

Dort ist der Scheinriese aus der Ferne betrachtet erschreckend. Von Nahem erweist er sich als sympathisch.

(Zuruf von Marc Herter [SPD])

Bei Rot-Grün war es umgekehrt: eine Politik, die von Nahem betrachtet erschreckend war.

(Beifall von der CDU)

Das, meine Damen und Herren, werden wir als NRW-Koalition ändern. Wir wollen, dass die Menschen in unserem Land wieder genau hinschauen können, dass sich Politik auch aus der Nähe betrachtet als zuverlässig und belastbar erweist.

(Sven Wolf [SPD]: Der Ministerpräsident ein Scheinriese? Das finde ich nicht gut!)

Finanzminister Lutz Lienenkämper hat es gesagt: Wir werden Politik auch an der Wirkung auch von Finanzmitteln ausrichten.

In einem Interview mit dem SPD-Magazin „vorwärts“ zur NRW-Wahl vom 31. März 2017 – damit Sie auch das Ganze kennenlernen – wurde Hannelore Kraft eine Frage gestellt:

(Marc Herter [SPD]: Selbst das lesen Sie?)

„Warum sollen die Wähler bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai ihr Kreuz bei der SPD machen?“

(Marc Herter [SPD]: Der einzige Abonnent außerhalb der SPD!)

Sie hat diese wie folgt beantwortet:

„Seit der Regierungsübernahme arbeiten wir jeden Tag konsequent, vorausschauend und mit einer klaren Haltung für ein zukunftssicheres und gerechtes NRW. Unter der Überschrift ‚Kein Kind zurücklassen‘ haben wir seit 2010 unsere vorbeugende Politik auf den Weg gebracht. Jeder dritte Euro des Landeshaushaltes fließt in die Bereiche Kinder, Bildung und Familien. Aber auch um den Wirtschaftsstandort, die Erneuerung der Infrastruktur und die Innere Sicherheit haben wir uns intensiv gekümmert.“

Meine Damen und Herren, bis auf den dritten Euro im Landeshaushalt wird eine Scheinwelt dargestellt. Diese Bilanz der rot-grünen Landesregierung hatte an keiner Stelle mit der alltäglich wahrgenommenen Lebenswirklichkeit vieler Menschen zu tun.

Deshalb es ist Ziel der NRW-Koalition, im Laufe dieser Legislaturperiode Schritt für Schritt wieder unsere Politik erleb- und spürbar für unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger mit ihrem Lebensalltag zu verzahnen, ihre Probleme zu erkennen und ihnen mit nachvollziehbaren Entscheidungen neue Möglichkeiten zu eröffnen. Deshalb ist es Ziel unserer Politik, Sicherheit in allen Lebensbereichen und Sicherheit für die Lebensperspektiven der Menschen in Nordrhein-Westfalen wieder herzustellen.

Es sind daher gerade die Bereiche, liebe Kolleginnen und Kollegen, um die sich die Vorgängerregierung „so intensiv gekümmert hat“, die ich vor dem Hintergrund des vorliegenden Haushaltsentwurfs noch einmal etwas näher beleuchten möchte: „Wirtschaftsstandort“, „Sicherheit“ und „Erneuerung der Infrastruktur“.

„Sicherheit für den Wirtschaftsstandort“ heißt: Sicherheit für Arbeitnehmer und Unternehmer. Ein mit auskömmlichem Verdienst ausgestatteter und zukunftsfester Arbeitsplatz ist die beste Versicherung gegen Armut und insbesondere gegen Kinderarmut. Das ist ein gewichtiger Teil guter Sozialpolitik. Deshalb brauchen wir einen Wirtschaftsstandort, der attraktiv für Industrie, Handel, Handwerk und Dienstleister ist, damit diese Arbeitsplätze erhalten bleiben.

Wir müssen – so hat es einmal ein Präsident einer Fachhochschule gesagt – Bratenduft erzeugen, damit sich neue Unternehmen mit neuen Arbeitsplätzen ansiedeln. Die alltägliche Erfahrung der Menschen in Nordrhein-Westfalen war eine andere: Sie fühlten sich eher auf der Rückbank eines Fahrschulfahrzeugs gefangen, bei dem sich Wirtschaftsminister Duin und Umweltminister Remmel um das Lenkrad balgten und bei dem der eine auf dem Gaspedal stand, wenn der andere die Bremse drückte und umgekehrt.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Deshalb, meine Damen und Herren, bin ich Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart für dieses erste Entfesselungsgesetz dankbar. Bratenduft wird erzeugt, indem man unnötige oder unwirksame, aber für Unternehmer und Gründer belastende Regelungen abschafft.

Der Leitsatz von Artur Fischer, einem mit 1.100 Patenten und Gebrauchsmustern produktivsten Erfinder der Welt – jeder hat mindestens eine seiner Erfindungen im Haushalt –, lautete: Geht nicht, gibt‘s nicht. Es geht so nicht, das gibt‘s.

Wie es die Vorgängerregierung gemacht hat, war es für dieses starke Bundesland mit eigentlich besten Voraussetzungen nicht gut genug, um Anschluss an die Konkurrenten zu halten.

(Beifall von Britta Oellers [CDU])

Der Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen wird attraktiv, indem man Genehmigungsverfahren verkürzt, indem man sinnfreie belastende Regelungen wie den Spionageerlass aufhebt, indem man Gewerbeanmeldungen elektronisch möglich macht, indem man Gründerinnen und Gründer wie in diesem Haushalt mit der Gründerprämie am Start unbürokratisch einen Anschub gibt, indem man den Kommunen im Landesentwicklungsplan Freiraum für die Weiterentwicklung von Unternehmen auch und vielleicht gerade im ländlichen Raum gibt.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Nach 138 Tagen Regierungszeit – das sind im Übrigen etwa 5 % der Zeit, die Rot-Grün zwischen 2010 und 2017 zur Verfügung hatte – stelle ich fest: Die NRW-Koalition kämpft mit Leidenschaft um vorhandene Arbeitsplätze und schlägt die richtigen Pflöcke ein, um neue und zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen.

(Zuruf von der SPD: Schauen wir mal!)

„Sicherheit im Alltag“ heißt doch erst einmal, für diejenigen in Polizei und Justiz die besten Arbeitsbedingungen zu schaffen, damit sie ihren Auftrag auch erfüllen können und damit sie die Anforderungen, die tagtäglich an sie gestellt werden, auch umsetzen können. Mit der Abschaffung der Kennzeichnungspflicht haben wir eine in der Wirkung fatale Misstrauenskultur beseitigt und ein dringend notwendiges Signal für die Rückgewinnung gegenseitiger Achtung gegeben.

Meine Damen und Herren, ein Zuwachs von 58,2 Millionen € gegenüber dem Vorjahr bei der Ausstattung der Polizei ist ein erster Schritt, um rot-grüne Versäumnisse der Vergangenheit aufzuarbeiten und den Alltag derjenigen zu erleichtern, die tagtäglich den Kopf für unsere Sicherheit hinhalten.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Einstellung von 500 Verwaltungsassistenten und die zusätzlichen 650 Planstellen für Kommissaranwärterinnen und -anwärter sind ein erster, aber wichtiger Schritt, um die Personalknappheit abzufedern und mehr polizeiliches Gegenüber für die Menschen im Alltag zu schaffen.

1.135 Stellen für die Justiz, das heißt nicht nur, den derzeitigen Mangel an Richtern, Staatsanwälten und im nichtrichterlichen Dienst anzuerkennen, sondern das ist auch zeitgleich eine klare Botschaft, diesem Mangel entschieden zu begegnen. Die NRW-Koalition zeigt mit diesem Haushalt 2018 klare Kante gegen Terroristen, gegen Kriminelle, gegen Rechtsbruch und gegen Rechtsmissbrauch. Wir geben dem Rechtsstaat und denjenigen, die diesen Rechtsstaat alltäglich verteidigen, wieder mehr Gewicht und bringen klar zum Ausdruck: Die Menschen in unserem Land haben ein Anrecht darauf, dass wir uns mit allen verfügbaren Mitteln, an jedem Ort, zu jeder Zeit, ob Stadt oder ländlicher Raum, bestmöglich um ihre Sicherheit kümmern.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Und, meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch kurz ein Zukunftsthema erwähnen: den Breitbandausbau in unserem Land. Es ist eine Binsenwahrheit, dass nur dort auf Dauer erfolgreich gearbeitet, aber auch gelebt werden kann, wo man schnelles Internet hat.

Die Schlussbilanz der abgewählten rot-grünen Landesregierung war: „Wir haben uns intensiv gekümmert!“ – Meine Erfahrung – und die teile ich mit vielen Menschen und Unternehmen – war: Wir haben uns intensiv geärgert! Geärgert über das unambitionierte Ausbauziel von nur 50 Mbit/s der alten Landesregierung. Geärgert darüber, dass nur 7 % der Haushalte in Nordrhein-Westfalen über einen Glasfaseranschluss verfügen, und nur knapp 6 % der Unternehmen schon diesen Anschluss an die Zukunft gefunden haben.

Statt sich intensiv zu kümmern – bei diesem wichtigen Thema Breitbandversorgung, Digitalisierung –, hat Rot-Grün dieses Land, vor allem aber diejenigen, die auf einen schnellen und sicheren weltweiten Datenaustausch angewiesen sind, eher auf die Intensivstation gebracht.

Wir werden daher NRW schnellstmöglich flächendeckend, spätestens bis 2025, mit Glasfaser vernetzen, die Verbindungsgeschwindigkeiten im Gigabitbereich sicherstellen. Bereits heute stellen wir dafür in diesem Landeshaushalt 220 Millionen € Landesmittel zur Verfügung: ein Plus von 56 Millionen gegenüber dem Vorjahr. Uns leitet die Erkenntnis, dass Digitalisierung fundamental unser Wirtschaften und Arbeiten verändert. Bis vor wenigen Jahren kaum vorstellbare Technologien schaffen Chancen, fordern aber genauso heraus.

Diese neuen Potenziale für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen zugänglich zu machen, ist eine Herausforderung, der wir uns nicht nur stellen, sondern die wir in kurzer Zeit bewältigen müssen, um alte Wertschöpfungsketten zu erhalten und um neue Wertschöpfungsketten zu schaffen.

Ich will zum Schluss nicht unerwähnt lassen, meine Damen und Herren, dass uns – augenscheinlich anders als die Vorgängerregierung – auch die Sicherheit der Menschen jenseits des Arbeitsalltags bewegt und handeln lässt.

Die Erhöhung des Kulturetats um 50 % auf 300 Millionen € macht deutlich, dass wir die Arbeit der haupt- und ehrenamtlich Tätigen in diesem Bereich und die Bedeutung ihrer Arbeit für unsere Gesellschaft schätzen und würdigen. Das geht von der Denkmalpflege bis zu Theatern und Museen: ein Stück notwendige Sicherheit, damit die tägliche Arbeit nicht durch plötzlichen Geldmangel infrage gestellt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Gestaltungshaushalt 2018 der NRW-Koalition ist ein Haushalt des Einstiegs und der Aufstiegschancen, ein Haushalt, der dringende Notwendigkeiten für unser Land und seine Menschen wieder in den Mittelpunkt der Landespolitik rückt, ein Haushalt, der erste Rahmenbedingungen für eine gute Zukunft beschreibt, und ein Haushalt, der mit Augenmaß die heute vorhandenen Möglichkeiten voll nutzt, ein Haushalt, der unserem Ministerpräsidenten Armin Laschet und den Ministerinnen und Ministern in den einzelnen Ressorts erste Möglichkeiten eröffnet, auf einer verlässlichen finanziellen Grundlage die besten Voraussetzungen für eine gedeihliche Zukunft unseres Landes Nordrhein-Westfalen zu erarbeiten.

Wir freuen uns auf Verbesserungsvorschläge aus den Reihen der Opposition und auf die weiteren Beratungen dieses Haushaltes 2018.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Löttgen. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Düker.

Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Löttgen! In einem Großteil Ihrer Rede – das ist mir aufgefallen – haben Sie sich doch sehr arg vor allem an der SPD und der alten Regierung abgearbeitet. Die Vermutung liegt nahe, dass Sie da das eine oder andere Trauma noch nicht aufgearbeitet haben. Aber ich glaube, Sie haben da etwas mit diesem Regierungsauftrag falsch verstanden.

(Bodo Löttgen [CDU]: Ursache und Wirkung!)

Dafür sind Sie nämlich nicht gewählt worden, den Wahlkampf hier im Parlament fortzusetzen.

(Widerspruch von der CDU Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sondern, liebe Kolleginnen und Kollegen: Sie sind dafür gewählt worden, uns hier und heute mit Ihrem ersten Haushalt zu erzählen, wie Sie denn über den Tag hinaus für dieses Land gestalten wollen.

Sie machen es mir schwer, den Einstieg zu finden, weil ich eigentlich mit etwas Nettem, etwas Positivem anfangen wollte.

(Bodo Löttgen [CDU]: Dann machen Sie das doch!)

Denn wir wollen durchaus unseren Anspruch an eine konstruktive und kritische Oppositionsarbeit beibehalten.

(Bodo Löttgen [CDU]: Das war schon die nette Bemerkung!)

Deswegen möchte ich zuerst die Vorhaben erwähnen, bei denen Sie unsere Unterstützung haben, die wir richtig finden, die wir gut finden, die auch wir notwendig finden. Drei Beispiele:

Die Erhöhung der Zahl der Lehrerstellen, die Streichung der kw-Vermerke im Schulbereich – selbstverständlich ist das eine richtige, gute, notwendige Maßnahme. Und die unterstützen wir.

Zweitens: die Einstellungsermächtigung bei der Finanzverwaltung, Herr Lienenkämper. Ein ausdrückliches Dankeschön, dass Sie hier das gemeinsame interfraktionelle Projekt „Finanzverwaltung der Zukunft“ fortsetzen. Ich meine, das, was Sie in dieser Hinsicht tun, reicht nicht, um die demografischen Probleme, die in der Finanzverwaltung auf uns zukommen, beseitigen zu können. Aber es zeigt in die richtige Richtung.

Drittens: neue Stellen für die Justiz, insbesondere für die Verwaltungsgerichte, und betreffend die innere Sicherheit. – Ja, selbstverständlich notwendig und richtig.

Das alles zu finanzieren, Herr Finanzminister, und trotzdem einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, ist allerdings in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen und guter Konjunktur sehr einfach. Es wäre schon eine richtige Kunst gewesen, in diesen Zeiten eine Nettoneuverschuldung zu präsentieren.

(Christof Rasche [FDP]: Sie hätten das hingekriegt!)

Ja, passen Sie mal auf! Es kommentiert nämlich in der „WELT AM SONNTAG“ Till-Reimer Stoldt etwas zugespitzt – ich weiß nicht, wer es gelesen hat –, aber wie ich finde, ganz originell – ich zitiere –:

„Damit Schwarze und Gelbe nun aber nicht vom Jubilieren zum Delirieren übergehen, muss man eine ernüchternde Feststellung nachschieben: Zerreißen musste sich die Regierung wahrlich nicht für die schwarze Null. Angesichts permanent steigender Steuereinnahmen hätte womöglich selbst eine rot-rote Koalition unter einem Regierungschef der Linkspartei eine schwarze Null hingelegt.“

(Heiterkeit und Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Soweit der Kommentar. Und die „WELT AM SONNTAG“, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist nicht gerade eine linksalternative Milieuzeitung.

Ich würde selbst gar nicht so weit gehen wie hier der Redakteur Stoldt. Aber ich finde Ihre Selbstbeweihräucherung, Herr Minister, schon etwas peinlich. Heute schon wieder: So eine schwarze Null fällt einem nicht in den Schoß – lobt sich der Finanzminister heute mal wieder selber. Das muss er auch; denn es tut ja niemand anderes.

(Heiterkeit und Beifall von den GRÜNEN)

Herr Lienenkämper, Sie haben Unrecht. Ja, ich behaupte einmal – und das ist auch belegbar –, so eine schwarze Null fällt einem eben doch in den Schoß.

Neben dem überschwänglichen und etwas peinlichen Selbstlob allerorten ist hier heute wieder etwas von durchaus sinnvollen Mehrausgaben zu hören. Aber es gibt aus meiner Sicht zwei ernsthafte, durchaus relevante Probleme.

Erstens. Sie finanzieren die neuen Ausgaben zum überwiegenden Teil wie auch beim Nachtrag 2017 mit den Steuermehreinnahmen.

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, es sei hier noch einmal gesagt, und das werden wir auch immer wieder sagen, Herr Löttgen, wenn Sie wollen, dass wir Sie ernst nehmen, Sie respektieren: Das, was Sie vortragen, ist das genaue Gegenteil von dem, was Sie in Ihren Wahlprogrammen und in der Opposition versprochen haben, nämlich alle neuen Ausgaben –

(Christof Rasche [FDP]: Jetzt schauen Sie doch zurück!)

bei Ihnen in der FDP ganz besonders, Herr Kollege – mit Einsparungen gegenzufinanzieren.

Sie haben hier gerade Respekt eingefordert. – Ja, zu Respekt gehört aber auch, dass man den anderen ernst nimmt und dass man ihn an seinen eigenen Ansprüchen misst, und Sie werden wieder Ihren eigenen Ansprüchen eben nicht gerecht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das heißt, wir haben es hier mit irgendeiner Form des kollektiven Gedächtnisschwundes in Rekordzeit zu tun, die mir bislang so auch nach vielen Jahren in der Politik noch nicht untergekommen ist. Das ist so etwas wie eine Turboamnesie, und das ist Wählertäuschung. Das werden wir auch weiterhin thematisieren.

Zweitens. Bei allen Wohltaten tut man gut daran, gerade in solchen Zeiten eine Strategie der Nachhaltigkeit über den Tag hinaus zu entwickeln. – Herr Finanzminister, das machen Sie nicht, und das haben Sie heute hier auch nicht vorstellen können.

Was gehört denn zu einer solchen Nachhaltigkeitsstrategie dazu? – Da sagt man doch erst einmal, wohin die Reise gehen soll. Das macht man normalerweise in der fünfjährigen Finanzplanung. Da könnte man auf die Idee kommen, dass Sie der interessierten Öffentlichkeit und uns einmal in der Finanzplanung erklären, wie Sie das mit dieser ominösen Digitalisierungsdividende alles machen wollen. Da hat uns ja Christian Lindner eine Milliarde € versprochen. Die müsste man ja irgendwann in Ihrem Fünfjahresplan wiederfinden. Da steht jedoch nichts von Digitalisierungsdividende.

(Zuruf von den GRÜNEN: Die hat er mitgenommen!)

Oder was ist mit der von Ihnen versprochenen Aufgabenkritik, mit der Effizienzsteigerung, wenn Sie denn alles entfesselt haben und entbürokratisiert haben? Denn dann könnten wir auch Stellen abbauen, sagten Sie. – Wo ist das denn? Ich finde erst einmal nur Stellenaufbau. Nach den 139 Stellen in der Ministerialbürokratie, die Sie mit dem Nachtrag zum Haushaltsgesetz eingebracht haben, legen Sie noch einmal nach und schaffen noch einmal über 200 Stellen in den Ministerien. Wo sind denn hier die Effizienzgewinne mit Personalabbau? – In der Finanzplanung findet sich dazu nichts!

Auch beim sorgfältigen Lesen – Was im Übrigen nicht schwer ist, denn die Mittelfristige Finanzplanung umfasst sage und schreibe inklusive der Tabellen nur 74 Seiten. Nur zum Vergleich: Die letzte Finanzplanung der rot-grünen Regierung hatte noch 222 Seiten.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Inhalt!)

Da wird etwas sehr schnell zusammengestrickt. In dieser Finanzplanung und auch heute finde ich keine Aussagen über Schwerpunkte in der Finanzpolitik, die die Regierung in den nächsten Jahren setzen will. Da ist viel Status-quo-Beschreibung, was man im Nachtragshaushalt und darüber hinaus alles mehr ausgeben will, wie sich die Einnahmeseite entwickelt. Und bei der Einnahmeseite – das muss man auch sagen – wurde mit sehr üppigen Annahmen hinsichtlich der Entwicklung der Steuereinnahmen gearbeitet. Das abgezogen bleibt nicht mehr viel Text übrig. Zukunftsaussagen, Visionen, Schwerpunktsetzung – Fehlanzeige.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Eine Nachhaltigkeitsstrategie, liebe Kolleginnen und Kollegen, besteht eben nicht darin, zu sagen, dass die Steuern schon irgendwie weiter üppig sprudeln werden und dass ab jetzt auch alle Haushalte ausgeglichen sein sollen. Nein, man sagt auch etwas zur Vorsorge und wie diese Dinge über den Tag hinaus gehalten werden.

Zwei Beispiele dazu.

Erstens: Schuldenabbau. Ich habe das Wort heute weder in der Rede von Herrn Löttgen noch des Finanzministers gehört, meine ich.

(Christof Rasche [FDP]: Natürlich! Zuhören!)

– Vielleicht als Stichwort, aber wie das genau geschehen soll, habe ich heute nicht vernommen. In der Finanzplanung findet man dazu nichts. Man könnte meinen, mit den ziemlich sicheren Überschüssen – Sie planen 1,1 Milliarden € im Jahr 2020, wir haben 1,2 Milliarden € im Jahr 2021, und es geht weiter richtig hoch – könnte man wie in den meisten anderen Bundesländern doch endlich einmal etwas für den Schuldenabbau tun.

In dem Text zur Finanzplanung steht jedoch nur:

„Ab dem Jahr 2020 plant die Landesregierung mit Überschüssen, die zur Schuldentilgung eingesetzt werden können.“

Wohlgemerkt: Es ist offenbar nicht Ziel dieser Landesregierung, das dann auch zu tun. Denn dann könnte man ja schreiben, wir können und wir wollen das auch. – Fehlanzeige. Offenbar steht dieses Thema nicht mehr auf der Agenda.

Auch in der Pressekonferenz zur Vorstellung des Landeshaushalts fragten Journalisten nach, was denn mit dem Schuldenabbau sei. Herr Minister, da blieben Sie ziemlich schmallippig, wie ich das im Stream verfolgen konnte, und sagten in etwa: Wenn etwas übrig bleibt, dann kann man auch einmal über Entschuldung reden – oder so ähnlich.

Das ist ein ganz anderer Text als das, was Kollege Witzel für die FDP-Fraktion zu Oppositionszeiten noch gepredigt hat. Er hat nämlich versprochen, mit jedem Euro Mehreinnahmen nicht nur Ausgaben zu decken, sondern ihn in die Entschuldung zu stecken. – Okay.

Rechnen wir einmal zusammen: 1,26 Milliarden € in 2017, 1,8 Milliarden € Steuermehreinnahmen in 2018. Eigentlich hätten Sie uns heute einen Haushalt mit 3 Milliarden € Schuldentilgung vorlegen müssen. Das wäre es gewesen, wenn man das ernst nimmt, was Sie seinerzeit hier in der Opposition versprochen haben.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Auch hier eine Turboamnesie, wie ich sie noch nicht erlebt habe.

Zweitens. Nachhaltigkeitsstrategie. Wie geht es weiter mit den steigenden Versorgungsleistungen? – Das ist eine nicht unwesentliche Frage angesichts der Größenordnung der milliardenschweren Belastungen für den Haushalt, die kommen werden, wenn man jetzt nicht Vorsorge schafft.

Was steht im Koalitionsvertrag? Da versprechen Sie vollmundig: Wir wollen die Pensionsvorsorge stärken. – Dann schaut man in die Finanzplanung: Wie machen die das denn jetzt? Und was steht im Haushalt?

In der Finanzplanung steht erst einmal gar nichts. Da steht nämlich nur, dass man die Versorgungsrücklage und den Versorgungsfonds im Jahr 2017 zusammengelegt hat. Ja, das hat Rot-Grün gemacht, und das war auch richtig. Danach kommt aber nichts mehr.

Was steht dann im Haushalt? Da müssten eigentlich 200 Millionen € stehen. Das steht im Gesetz: 200 Millionen € Zuführung zum Pensionsfonds. Das steht da aber nicht. Da stehen nur 80 Millionen €.

Dann kommt auch wieder so eine kryptische Aussage, Herr Finanzminister, in Ihrer Pressekonferenz: Irgendwie würde man, wenn es denn Überschüsse im Vollzug gibt, das dann auch in den Pensionsfonds stecken.

Das klang in der Opposition noch ganz anders. Da haben Sie sich ja überboten mit Forderungen, was man jährlich alles hineinstecken soll. Ich glaube, die Fraktionen haben von 700 Millionen € jährlich gesprochen. Herr Laschet, Sie persönlich, meine ich, haben sogar 1 Milliarde € gefordert, die man dort hineinstecken muss.

Zwischen 1 Milliarde € und 80 Millionen € klafft doch eine gewisse Lücke, Herr Laschet. Also auch hier Amnesie im Vergleich zu dem, was Sie in der Opposition angekündigt haben, wie man es denn nun besser und anders machen soll! Aber Sie tun es nicht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das ist maximal intransparent und maximal unkonkret. Das ist für uns das Gegenteil von nachhaltiger und verbindlicher Vorsorge.

Ihr Leitsatz, den Sie heute auch mal wieder heruntergebetet haben, Herr Minister, lautet: Konsolidieren, modernisieren und investieren.

(Beifall von Christof Rasche [FDP])

– Ja, das hört sich klasse an, Herr Rasche.

(Christof Rasche [FDP]: Ist es auch!)

Das könnte man als Zielformulierung auch tatsächlich als den Anspruch an eine Nachhaltigkeitsstrategie verstehen. Nur: Um diesem Anspruch Genüge zu tun, müssten Sie das dann auch mit konkreten Konzepten hinterlegen und das dann auch einmal darstellen. Aber ich bin leider auch heute etwas enttäuscht von dem, was Sie dazu gesagt haben, wie Sie diese Ansprüche füllen wollen.

Fangen wir einmal mit dem Beispiel Investieren an. Hinter der minimalen Steigerung der Investitionsquote von doch 0,2 % verbirgt sich der eigentliche Offenbarungseid in Sachen Nachhaltigkeit im Bereich Investitionen.

Sie haben gerade den Bereich der inneren Sicherheit angesprochen – Herr Kollege Löttgen macht das auch immer gerne – und gesagt, was Sie da alles Tolles tun mit dem neuen Personal. Das finden wir auch alles richtig. Aber Sie verschweigen hier – wahrscheinlich wohl wissend –, dass sich hinter der Fassade der inneren Sicherheit ein riesiger Investitionsbedarf versteckt.

Minister Reul, der nicht da ist, hat es neulich auf einer Veranstaltung zur Einweihung einer Wache in Düsseldorf, bei der ich auch war, noch einmal bestätigt: Wir haben bei den Liegenschaften der Polizei einen riesigen Investitionsstau. Es gibt die Zahl, dass eigentlich ein Bedarf in Höhe von 850 Millionen € für die nächsten 15 Jahre vorhanden ist, um die Liegenschaften minimal zu sanieren, zu modernisieren und neu zu bauen, da zum Teil auch keine Arbeitsplatzsicherheit mehr gegeben ist.

Dazu sagt Arnold Plickert für die Gewerkschaft der Polizei in der „Rheinischen Post“ am 14. November 2017:

„Letztendlich bezahlen unsere Kollegen die Personalverstärkungen aus ihrem eigenen Etat. Das haben wir uns nicht unter den Ankündigungen der neuen Landesregierung vorgestellt, mehr für die Polizei zu tun.“

(Beifall von den GRÜNEN)

Recht hat er. Denn Sie sagen hier heute, die Polizisten sollten mehr Zeit und viel Zeit auf der Straße verbringen. Herr Minister, das werden sie auch müssen. Wenn Sie diesen Investitionsstau nicht abarbeiten, haben sie nämlich gar keinen Arbeitsplatz, den Sie ihnen zur Verfügung stellen können.

(Beifall von den GRÜNEN)

Man hört immer aus den Ressorts, dass der Finanzminister die angemeldeten Bedarfe grundsätzlich ablehnt. Herr Finanzminister, diese Strategie, hier die Investitionen zu vernachlässigen, wird sich bitter rächen. Das ist das Gegenteil von vorausschauender Politik. Das ist Fassadenpolitik. Das sind Potemkinsche Dörfer, die Sie hier aufbauen, wenn Sie mehr Personal in die Polizei bringen, das aber nachher überhaupt keinen Arbeitsplatz hat, um seine Aufgaben auch auszuführen.

Zweiter Punkt: Modernisieren. Was ist denn hier der Modernisierungsanspruch? Wir sind nun gerade Gastgeberland der Weltklimakonferenz. Herr Ministerpräsident hat ja fotowirksame Auftritte zum Beispiel mit Herrn Schwarzenegger hingelegt. Das sah auch klasse aus.

(Zuruf von Ministerpräsident Armin Laschet)

Aber was haben Sie denn auf der Konferenz dazu gesagt, dass bei uns in NRW mit den Standorten Neurath, Niederaußem und Weisweiler drei Braunkohlekraftwerke stehen, die zu den fünf dreckigsten Kohlekraftwerken der EU gehören? Allein die Verstromung von Braunkohle bei uns in NRW verursacht 10 % der bundesweiten Emissionen.

(Henning Höne [FDP]: Dafür haben wir die Leit­entscheidung!)

Jeder weiß: Wenn man das nicht angeht, ist der Klimaschutz nicht nachhaltig zu gewährleisten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir müssen hier in NRW anfangen, Herr Laschet. Ein Drittel der Treibhausgasemissionen in Deutschland fallen in NRW an.

(Dietmar Brockes [FDP]: Wer hat denn die Leitentscheidung beschlossen? – Ministerpräsident Armin Laschet: Wer hat die denn beschlossen?)

– Dazu komme ich gleich. – In einem von 16 Bundesländern, nämlich in NRW, fällt ein Drittel an. Das liegt inzwischen auch schwarz auf weiß vor. Der WWF hat sich Ihren Koalitionsvertrag angesehen und kommt zu dem Ergebnis, dass Deutschland die nationalen Ziele – Sie waren im Übrigen alle daran beteiligt, diese Klimaschutzziele aufzuschreiben – nicht erreichen kann, wenn Sie das umsetzen, was Sie dort hineingeschrieben haben,

(Bodo Löttgen [CDU]: Die Sie unterschrieben haben!)

mit dem Festhalten an der Braunkohle und der Fesselung der Windenergie.

Was hat es, bitte schön, mit Modernisieren zu tun, wenn man Braunkohle als Brückentechnologie bezeichnet und gleichzeitig die hocheffizienten Gaskraftwerke, die wir ja auch in NRW haben, stillliegen, weil die Braunkohle hier die Netze verstopft? Es hat doch nichts mit Modernisierung zu tun, dieser Politik weiterhin das Wort zu reden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es geht auch nicht darum, Herr Laschet, ob der Strukturwandel im Rheinischen Revier kommt, sondern darum, wie er gestaltet wird. Ihr Kampf gegen Windmühlen – Achtung, Wortwitz! – im wahrsten Sinne des Wortes ist doch geradezu eine Modernisierungsverweigerung,

(Zuruf von Henning Höne [FDP])

die Sie betreiben, anstatt sich um eine Gestaltung des Strukturwandels und um zukunftsfähige Arbeitsplätze zu kümmern. Verspielen Sie nicht die Zukunft einer ganzen Region mit dieser Verweigerungshaltung!

(Beifall von den GRÜNEN)

Alle wissen – es ist nachweisbar; das sind eben nicht die Fake News, die Sie und Christian Lindner in die Welt setzen –:

(Lachen von Andreas Keith [AfD])

Die Braunkohlekraftwerke laufen nur noch für den Stromexport und werden eigentlich künstlich am Leben erhalten.

(Ministerpräsident Armin Laschet: Unsinn!)

– Nein.

Sagen Sie den Menschen einmal ehrlich, dass Sie Ihre Politik – insbesondere bei den Verhandlungen in Berlin, die Sie hier vertreten – nicht für die vorgegebene Versorgungssicherheit der Bevölkerung machen. Nein, das machen Sie einzig und allein für die Gewinnmargen im Exportgeschäft von RWE und Co.

(Beifall von den GRÜNEN – Bodo Löttgen [CDU]: Daran hängen auch keine Arbeitsplätze, oder?)

– Herr Löttgen, wir können gerne einmal einen Faktencheck dazu machen, wer hier recht hat und wer nicht.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Bei dieser rückwärtsgewandten Politik habe ich immer Déjà-vus.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ich gehöre ja auch schon zu den Älteren hier im Landtag. Meine Déjà-vus dieser rückwärtsgewandten Politik erinnern mich fatal an die 90er-Jahre, als hier noch Wolfgang Clement stand und den unerbittlichen Kämpfer für den Erhalt der Kohleverstromung gegeben hat. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit einer Modernisierungsstrategie für unser Land zu tun.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich weiß auch nicht, was schlimmer wäre, Herr Löttgen. Es gibt diese merkwürdige Panikmache vom Ministerpräsidenten und Christian Lindner mit Behauptungen wie „Da gehen die Lichter aus“, „Dunkelflauten“ und „Dann gibt es keinen Strom mehr aus der Steckdose“ oder, wie Herr Laschet gesagt hat, „Dann müssen wir den bösen Atomstrom aus Frankreich oder Kohlestrom aus Polen kaufen, wenn wir aus der Kohle aussteigen“.

(Ministerpräsident Armin Laschet: So ist es!)

– Sie sind wirklich der Einzige, der das noch behauptet, Herr Laschet; wirklich der Einzige.

(Ministerpräsident Laschet: Gestern Abend wurde das noch vorgetragen! – Weitere Zurufe)

– Ganz ehrlich: Ich weiß nicht, ob Sie das wirklich selber noch glauben. Ich weiß auch nicht, was schlimmer ist: wenn Sie das wirklich selber glauben oder wenn Sie die Menschen wissentlich für dumm verkaufen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Alle namhaften Institute rechnen Ihnen vor,

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Das kann man bei Frau Kemfert nachlesen!)

Herr Laschet, dass die Lichter mit einem geordneten stufenweisen Kohleausstieg eben nicht ausgehen. Wir brauchen dafür auch nicht den bösen Kohlestrom aus Polen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben eben noch einmal Ihre Mär von dem angeblichen rot-grünen Braunkohleausstieg 2045 vorgetragen, den wir hier angeblich mit beschlossen haben. Es geht dabei um die Genehmigung des letzten Tagebaus, die 2045 endet. Armin Laschet setzt das mit einem angeblichen rot-grünen Beschluss für einen Kohleausstieg gleich.

(Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])

Herr Laschet, das ist nicht nur unredlich, sondern auch absurd.

(Ministerpräsident Armin Laschet: Ihr habt es genehmigt! Ihr habt das genehmigt!)

– Moment. Faktencheck! Jetzt kommt der Faktencheck:

Erstens. Die Leitentscheidungen für diesen Abbau stammen aus den Jahren 1987 und 1991. Herr Laschet, schön wäre es; aber damals waren wir noch nicht an der Regierung. Diese Entscheidungen sind vor der ersten rot-grünen Koalition getroffen worden.

Zweitens. Als wir dann mitregiert haben, haben wir das eben nicht bestätigt, sondern geändert. Das wissen Sie auch ganz genau. Mit einer neuen Leitentscheidung haben wir hier nämlich nachträglich das Abbaugebiet verkleinert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das war eine Änderung dieser Politik. 300 Millionen t Braunkohle bleiben in der Erde. 1.400 Menschen müssen nicht umgesiedelt werden.

Drittens. Diese Leitentscheidung inklusive der Verkleinerung legt eine räumliche Abbaumöglichkeit fest. Auch das verkennen Sie. Diese Möglichkeit eines räumlich festgelegten Abbaus von Braunkohle hat nichts mit einem verbindlichen und gesetzlichen stufenweisen Ausstieg aus der Kohleverstromung zu tun, Herr Laschet. Das sind nun einmal zwei verschiedene Paar Schuhe.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Henning Rehbaum [CDU])

Sie halten aber an diesen absurden Falschbehauptungen fest.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Die haben doch keine Ahnung!)

Gott sei Dank hört die Bundesregierung nicht auf Armin Laschet, zumindest nicht die amtierende Kanzlerin. Denn sie hat keinen Einspruch gegen die EU-Grenzwerte für Quecksilber und Stickoxide eingelegt. Die Frist ist ja am Wochenende abgelaufen.

Auch hier frage ich Sie, Herr Laschet: Was ist, bitte schön, modern daran, wenn man Grenzwerte nicht herabsetzen will und damit die Gesundheit der Bevölkerung aufs Spiel setzt? Was hat das mit Modernisierung zu tun?

(Beifall von den GRÜNEN)

Das Gleiche gilt, wenn man im Auftrag der Kohlelobby pflichtschuldigst Briefe schreibt, um notwendige Nachrüstungen der Kraftwerke zu verhindern. Es schadet ebenfalls dem Industriestandort, wenn man die Augen davor verschließt, Zukunft zu gestalten.

Kommen wir zum nächsten Punkt, der Konsolidierung. Uns wurde gerade noch einmal gesagt: Das ist ein hehrer Anspruch der neuen Landesregierung. Daran gehen wir richtig heran. – Dann kommt aber erst einmal nichts. In der Pressekonferenz lautete die Antwort des Finanzministers auf die Nachfrage, wo denn konkret in den Förderprogrammen gespart wird, genauso wie heute: Das ist alles noch nicht richtig entschieden; das müssen die Ressorts in den Einzelplänen festlegen.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Haushaltswahrheit!)

Warum haben Sie eigentlich nicht ein einziges Beispiel nennen können? Warum trauen Sie sich auch heute nicht, Herr Minister, hier einmal zu sagen, was Sie unter Ihrer Konsolidierungsstrategie verstehen?

Denn es gibt sehr wohl konkrete Beispiele. Diese Beispiele haben einen schwarz-gelben Faden. Sie setzen nämlich dabei an, bei den Schwächsten und Ärmsten zu sparen. Ich nenne drei Beispiele.

Erstes Beispiel: Sozialticket. Trotz steigender Nachfrage, die wir aus den Verkehrsverbünden immer wieder mitgeteilt bekommen, wird der Ansatz von 40 Millionen € auf 35 Millionen € gekürzt. Für 2019 ist offenbar geplant, wie uns gut unterrichtete Kreise aus den Verkehrsverbünden berichten, den Ansatz noch weiter auf 20 Millionen € zu reduzieren. – Sie können es gerne gleich dementieren, wenn diese Information nicht stimmt.

Wenn Sie den Ansatz von 40 Millionen € im Jahr 2017 auf 20 Millionen € im Jahr 2019 reduzieren, dann bedeutet das zweierlei:

Erstens. Wenn Sie gleichzeitig planen, das Azubi-Ticket mit 10 Millionen € einzuführen, spielen Sie eine Zielgruppe in infamer Art und Weise gegen die andere bedürftige Gruppe aus.

(Beifall von den GRÜNEN)

Klar ist, wer hier der Verlierer ist: Das sind die Hartz-IV-Empfänger.

Zweitens. Damit ist nämlich das Sozialticket gestorben. Das wissen Sie auch. Zumindest müsste Herr Wüst es wissen. Er ist gerade nicht im Raum, müsste es aber genau wissen.

Dann braucht man auch keinen Alibibetrag mehr im Haushalt. Dann sagen Sie es den Menschen ehrlich und ergänzen den Satz aus dem Koalitionsvertrag „Wir werden die Attraktivität des Öffentlichen Personennahverkehrs in der Stadt und auf dem Land erhöhen“ um „Das gilt ausdrücklich nicht für die Armen und Bedürftigen in unserer Gesellschaft“.

Sie handeln damit auch gegen die Interessen der Kommunen, die in den Verkehrsverbünden sehr wohl an dem Sozialticket festhalten wollen.

Zweites Beispiel: Flüchtlinge. Die soziale Beratung von Flüchtlingen wird von 42 Millionen € um 17 Millionen € gekürzt. Das sind 40 % des Ansatzes. Das ist ein konkretes Förderprogramm, das Sie kürzen. Warum sagen Sie es dann nicht, wenn Sie gefragt werden?

Das sind mindestens 200 Stellen in der regionalen Beratung. Was machen die? Die sind in den Kommunen dafür da, Menschen in ihren Verfahren zu beraten, aber auch für die Rückkehrberatung. Es ist ja auch in unserem Interesse, Menschen zu beraten, bevor sie abgeschoben werden, wie sie freiwillig und geordnet, vielleicht mit einer kleinen Anreizfinanzierung, in ihre Herkunftsländer zurückkehren können.

Das sind Stellen in den psychosozialen Zentren. Herr Lienenkämper, waren Sie einmal in einem psychosozialen Zentrum und haben gesehen, was dort stattfindet? Da gibt es immer noch Wartelisten von einigen Monaten, um überhaupt einen Termin zu bekommen. Da werden traumatisierte Menschen beraten, da werden Opfer von Folter beraten, weil sie in unserem Gesundheitssystem keine adäquate Versorgung finden. Auch das wird aus diesem Topf bezahlt.

Wissen Sie eigentlich, was für einen Scherbenhaufen Sie mit dieser 40%igen Kürzung anrichten? Eine inzwischen wirklich gut ausgebaute Infrastruktur wird zerschlagen. Es wird auf dem Rücken der Schwächsten in unserer Gesellschaft Haushaltskonsolidierung betrieben. Das ist auch ein Vertrauensbruch gegenüber den Verbänden, denen etwas ganz anderes versprochen wurde. Haben Sie wirklich diese Erbärmlichkeit nötig, in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen hier den Rotstift anzusetzen?

(Beifall von den GRÜNEN)

Was mich noch viel mehr aufregt, sind Ihre unverschämten Falschbehauptungen zur Begründung: Dafür sei ja kein Bedarf vorhanden; das Geld sei ja gar nicht verausgabt worden.

(Berivan Aymaz [GRÜNE]: Eine Lüge!)

Sie wissen ganz genau, dass durch die Steigerung von 2016 auf 2017 das Geld auch gar nicht verausgabt werden konnte, weil diese Stellen erst Mitte des Jahres besetzt werden konnten. Denn richtigerweise wurde erst ein Konzept erstellt, wie man diese Stellen in eine bedarfsgerechte Versorgung in der Fläche umsetzt, sodass die Bewilligungsbescheide erst im April vorlagen. Die Besetzungen fanden also erst ab Mitte des Jahres statt. Das waren einige. Rot-Grün hat hier ja ordentlich draufgesattelt, was ich nach wie vor richtig finde.

Das heißt: Denen jetzt vorzuwerfen, dass sie das Geld nicht verausgabt haben, und zu sagen, es gebe angeblich keinen Bedarf, obwohl die Grundlagen für die Besetzung der Stellen gar nicht vorhanden waren, finde ich zynisch und infam.

Auf Nachfrage haben wir erfahren, dass nach jetzigem Stand 98 % der Stellen besetzt sind. Und denen wollen Sie morgen ein Kündigungsschreiben ins Haus schicken? Ich finde das an Erbärmlichkeit nicht mehr zu überbieten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn man genau hinguckt, findet man in diesem Haushalt aber noch ein Beispiel, wo es zulasten der Schwächsten geht – Stichwort: Stärkungspakt Stadtfinanzen. Im Koalitionsvertrag haben Sie das schöne Versprechen abgegeben – als Düsseldorferin muss ich mich da ein bisschen zurückhalten; denn wir profitieren davon –, die Abundanzumlage in Höhe von 91 Millionen €, also den Soli der reichen Städte, abzuschaffen. Das haben Sie aber an ein Versprechen gekoppelt.

(Henning Höne [FDP]: Wissen Sie, wie viele Städte diese Umlage aus Krediten bezahlt haben? Aus Krediten mussten die das bezahlen! – Bodo Löttgen [CDU]: Das ist unglaublich!)

– Schöne Geschenke für die reichen Städte; das ist in Ordnung. Für Düsseldorf ist das ein Mitnahmeeffekt; dagegen will ich gar nicht reden. Aber jetzt kommt es: Sie haben daran ein Versprechen gekoppelt und schreiben im Koalitionsvertrag:

„Dadurch wird keine Kommune schlechter gestellt.“

Nun freuen sich alle über das Geschenk. Aber ich sehe nicht, dass Sie im Haushalt das zweite Versprechen auch einlösen, nämlich das Versprechen, dass diese 91 Millionen € durch Zuführung aus dem Landesetat kompensiert werden. Denn nur so könnten Sie dieses Versprechen einlösen, Frau Scharrenbach. Ich sehe es nicht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Lassen Sie uns das in der Haushaltsklausur recherchieren. Sie können ja gerne sagen, dass das Gegenteil der Fall ist. Ich finde die 91 Millionen € im Landesetat nicht.

Dahinter, ob Sie das Versprechen, dass keine Kommune dadurch schlechter gestellt wird, einlösen können, Frau Scharrenbach, mache ich ein dickes Fragezeichen. Dann wäre auch hier wieder klar, wer die Gewinner und wer die Verlierer Ihrer Politik sind. Verlierer sind nicht die Starken, sondern die Schwachen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das sind nur drei Beispiele.

Dann sagen Sie, Herr Lienenkämper – das finde ich auch eine Form von Zynismus – zum Thema „Konsolidierung“: Für Ideologien gibt es kein Geld mehr. – Menschen in Not eine Anlaufstelle für Beratung zu geben, ist Ideologie? Menschen ohne großes Einkommen, Hartz-IV-Empfängern, auch die Möglichkeit zu geben, mobil zu sein, ist Ideologie?

(Bodo Löttgen [CDU]: Das ist schon ziemlich unverschämt, was Sie da sagen!)

Das ist ein merkwürdiger Begriff von Ideologie, den Sie da haben.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann bin ich gerne Ideologin und Interessenvertreterin in diesem Parlament für diese Menschen, für die Sie offenbar keine Anlaufstelle mehr sind.

Zusammengefasst: Sie vernachlässigen in sträflicher Art und Weise Investitionen. Ihr großes Mantra „Investieren“ sehe ich nicht. Es wird massive Schäden in der Zukunft geben. Ihr Modernisierungsversprechen, das Sie hier abliefern, bleibt zumindest bei dem Anspruch auf einen zukunftssicheren Erhalt unseres Industriestandortes und unserer Lebensgrundlagen mit dem Festhalten an der Braunkohle ein Hohn. Ihre Konsolidierungsstrategie beschränkt sich, wie gerade dargestellt, darauf, bei denen zu kürzen, die sich am wenigsten wehren können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vom Einsatz für den Erhalt eines solidarischen Gemeinwesens ist da nicht viel zu spüren – aber auch nicht beim Umgang dieser Regierung mit den Enthüllungen rund um die Paradise Papers. Denn bei der Frage, wer Gewinner und wer Verlierer Ihrer Politik ist, und angesichts der enormen Herausforderungen, die insbesondere beim Investitionsbedarf vor uns liegen, entsetzt mich Ihre ambitionslose Haltung zur Ursachenbekämpfung.

Was die Steuerfahndung angeht, sind wir bei Ihnen. Sie muss gestärkt werden.

Aber was sind denn die Ursachen, und wie bekämpfen wir die Ursachen von aggressiver Steuervermeidung, die im Übrigen legal, vielleicht nicht legitim, aber eben auch nicht strafbar ist? Wie verhindern wir Gewinnverschiebungen von internationalen Unternehmen, die uns durch die Paradise Papers vor Augen geführt wurden?

13 Millionen geleakte Datensätze offenbaren, dass diese Form von aggressiver Steuervermeidung und Steuerflucht für große internationale Unternehmen nicht die Ausnahme, sondern wohl eher die Regel ist.

Deutschland verliert allein bei den Unternehmenssteuern durch Flucht in Steueroasen geschätzt 17 Milliarden € jährlich. Das würde für NRW einen Einnahmeverlust von 1,8 Milliarden € im Jahr bedeuten. Was heißt das umgerechnet? Damit könnte man jährlich 1.800 Kitas oder die Sanierung sämtlicher kommunaler Schwimmbäder in ganz Deutschland finanzieren.

Herr Lienenkämper, Sie können sich gar nicht leisten, darauf zu verzichten. Ich finde Ihre Haltung – Herr Laschet, das gilt auch für das, was Sie in Berlin machen; ich habe da noch nicht viel gehört – relativ ambitionslos.

30 % weniger Steuern zahlen international agierende Unternehmen gegenüber vergleichbaren nationalen Unternehmen. Sie entziehen sich ihrer Verantwortung für die Finanzierung des Gemeinwesens. Das verzerrt den Wettbewerb. Wenn in diesem Ausmaß die Steuern nicht mehr da bezahlt werden, wo die Wertschöpfung stattfindet, was logischerweise der Fall sein müsste, dann haben wir in Deutschland ein Gerechtigkeitsproblem immensen Ausmaßes und dringenden Handlungsbedarf.

Herr Laschet, Sie sagen in Ihrer Pressekonferenz – ich habe sie mir auch angesehen – dazu nichts, kein Wort. Was macht denn dieser Ministerpräsident bei den Verhandlungen in Berlin, um hier tatsächlich an den entsprechenden Gesetzen Veränderungen herbeizuführen, damit sich das nicht wiederholt? Wo ist da Ihre Aussage? Es ist offenbar nicht Ihr Thema.

Der Finanzminister gibt nur eine pflichtschuldige Erklärung ab – wir stimmen ja auch zu –, dass die NRW-Steuerfahnder ihre Dienste und ihre Erfahrung zur Verfügung stellen.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Das ist alles gut und schön. Aber seit Jahren liegen doch Vorschläge auf dem Tisch. Warum kommen sie denn nicht voran oder werden nur halbherzig umgesetzt?

Beispiel „Transparenz“: Was ist die Haltung der Landesregierung zu einem öffentlich einsehbaren Transparenzregister, in dem die Unternehmen genau das darlegen, bei dem das Problem liegt, nämlich, wie viel Wertschöpfung sie wo erwirtschaften und wie viel Steuern sie wo zahlen? Das wäre – als ein Beispiel von vielen – ein Instrument, um diese Steueroasen aus der Anonymität zu holen.

Ich habe das im Finanzausschuss gefragt. Herr Minister, Sie waren nicht da. Sie waren, glaube ich, bei der Finanzministerkonferenz. Ich hoffe, dass Sie dem Antrag, da an einigen Stellen anzusetzen, dort auch zugestimmt haben. Es gibt ja eine entsprechende Bundesratsinitiative. NRW macht dabei mit, nehme ich an. Ich hoffe es zumindest. Aber im Finanzausschuss konnte keine Antwort gegeben werden, wie man sich dazu verhält.

Denn inzwischen gibt es eine Fünfte EU-Geld-wäscherichtlinie, in der weitreichendere Transparenzregelungen als bisher vorgesehen sind. Im Übrigen frage ich mich auch, warum die vier bisherigen Richtlinien diese Transparenz nicht herstellen konnten.

Wie verhält sich NRW dazu? Herr Laschet, was machen Sie dazu in Berlin? Welche Vorschläge haben Sie denn, um diese Gewinnverschiebung und diese Steuerflucht zu vermeiden? Und wie verhält sich NRW zu dem Vorschlag, dass Bankenberater und Anwälte ihre Steuervermeidungsstrategien, die sie anbieten, offenlegen müssen und darstellen müssen, wie sie ihre Kunden beraten? – Kein Wort dazu!

Herr Laschet, wir sind nicht nur für das verantwortlich, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun – und das ist bei diesem wichtigen Thema in der Regierung leider sehr viel.

(Beifall von den GRÜNEN)

Hier reicht eben nicht „Maß und Mitte“. Hier muss beherzt vorangegangen werden.

Zum Schluss kommt dann ein Leitsatz – Herr Laschet, das haben Sie in diesem Parlament oft gesagt –, den ich aufgreifen will: Haushalt ist Politik in Zahlen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierung und den Fraktionen, wir haben konstruktive Oppositionsarbeit zugesichert. Dabei bleiben wir auch. Der Respekt, den Herr Löttgen eingefordert hat, heißt eben auch, den anderen ernst zu nehmen. Wenn ich Sie hier in dem ernst nehme, was Sie sagen und was Sie auch in der Opposition gesagt haben, muss ich resümieren: Diese Landesregierung ist in diesen aufwühlenden Zeiten leider ohne politischen Kompass unterwegs.

Der erste schwarz-gelbe Haushalt steht sinnbildlich dafür. Was Sie uns vorgehalten haben, ist eben kein Gestaltungsplan. Ich erkenne hier nicht den Gestaltungsanspruch. Es wird keine Vision von NRW in den nächsten Jahren formuliert.

Angesichts der gewaltigen Herausforderungen, denen sich die Politik stellen muss, verkommt das von Ihnen proklamierte „Maß und Mitte“ zu Mutlosigkeit, Rückschritt und Modernisierungsverweigerung. Ihre Wahlversprechen oder das, was Sie in Oppositionszeiten gefordert haben, sind eben nicht zur Leitlinie Ihrer Regierungsagenda geworden.

Herr Löttgen, sollen wir jetzt schulterzuckend sagen: „Diese Haltung nach dem Motto ,Was stört mich mein Geschwätz von gestern?‘ ist uns egal? „

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Das wäre respektlos. Es wäre respektlos, Sie hier nicht ernst zu nehmen.

Daher ganz zum Schluss noch ein paar sehr respektvolle Erinnerungen an das, was Sie versprochen haben und hier und heute nicht einlösen:

Ein Beispiel ist die Durchleitung der Integrationspauschale vom Bund in Höhe von 434 Millionen €.

(Bodo Löttgen [CDU]: Wo denn?)

Wie haben Sie sich aufgeführt! Herr Kuper – er leitet die Sitzung gerade nicht – hat damals als kommunalpolitischer Sprecher – ich glaube, es gab keine Kommune, in der keine Musterresolution verabschiedet wurde – gesagt: Wir fordern die Landesregierung auf, uns endlich dieses Geld zu geben.

(Bodo Löttgen [CDU]: Wann denn?)

Ich warte jetzt einmal auf die Resolutionen aus Ihren Kommunen und bin gespannt, ob Ihre schwarzen Bürgermeister das nicht nur von Rot-Grün erwartet haben, sondern es auch von Ihnen erwarten. Denn dann werden sie herb enttäuscht.

(Beifall von den GRÜNEN und Dietmar Bell [SPD])

Schauen wir uns Ihre Aussagen zum Investitionsstau bei den Krankenhäusern an. Wie haben Sie hier in der Opposition Zahlen in den Raum gestellt, was man bei den Krankenhäusern alles tun müsse! Dann gab es im Nachtrag für 2017 ein einmaliges Strohfeuer in Höhe von 250 Millionen €, das sehr schnell wieder erloschen ist.

Wo sind denn hier Ihre Nachhaltigkeitsstrategie und Ihre Versprechen, an diesem Investitionsstaus wirksam etwas zu verändern? Herr Minister, in der Finanzplanung habe ich nicht gefunden, ob Sie dieses Thema weiterverfolgen wollen oder nicht. Es scheint kein Politikschwerpunkt von Ihnen zu sein. Auch hier gilt also nichts mehr von dem, was Sie in der Opposition noch vollmundig versprochen haben.

Letztes Beispiel – es gibt noch sehr viel mehr; ich will das aber nicht überstrapazieren –: die Pkw-Maut. Herr Laschet, wie haben Sie sich darüber aufgeregt!

(Zuruf von Ministerpräsident Armin Laschet)

Sie ist auch völliger Murks, totaler Murks.

(Ministerpräsident Armin Laschet: Ja!)

Offenbar ist auch das nicht mehr Ihre Agenda.

(Beifall von den GRÜNEN – Ministerpräsident Armin Laschet: Doch!)

In Ihrem wunderbaren Papier, das ja in der Straßenbahn liegen geblieben ist und in dem man das finden konnte, was Sie jetzt in Berlin vortragen, gehört der Verzicht auf die Pkw-Maut nicht mehr dazu. Denn der Verkehrsminister sagt: Irgendwie können wir das Geld doch ganz gut gebrauchen.

(Ministerpräsident Armin Laschet: Nein!)

– Es steht genau so in diesen Papieren. Herr Ministerpräsident, Sie können das gerne gleich dementieren und sagen, dass Sie in Berlin der Gegenspieler von Herrn Dobrindt sind. Sie können sagen: Da werden wir mit dieser Pkw-Maut, mit diesem Murks, endlich Schluss machen. – Dann sagen Sie bitte gleich, dass Sie das da durchsetzen. Davon habe ich aber noch nichts gehört.

Lieber Herr Laschet, abschließend verweise ich auf die aktuell sprudelnden Steuereinnahmen. Das ist Ihr historisches Glück – darum kann man Sie durchaus beneiden –, aber mitnichten Ihr Verdienst. An der schwarzen Null konnten nicht einmal Sie scheitern.

(Beifall von den GRÜNEN und Norbert Römer [SPD])

Ihnen fällt da etwas in den Schoß, mit dem Sie – und das ist das Fatale – augenscheinlich nicht verantwortungsvoll genug umzugehen wissen. Sie nutzen die Spielräume – ohne Nachhaltigkeitsstrategie, ohne Modernisierungsanspruch. Sie sparen gleichzeitig ohne Not bei den Schwächsten. Es geht beim Sparen aber nicht um das Ob, sondern um das Wie. Es ist auch nicht so, dass Sie hier gegen eine Ideologie kämpfen würden. Nein, Sie sparen schlicht da, wo die Leute sich Ihrer Ansicht nach offenbar am wenigsten wehren können.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Ja!)

Es geht um Gerechtigkeit in diesem Land. Uns geht es um Gerechtigkeit in diesem Land. Uns geht es um Nachhaltigkeit in diesem Land. Zur Modernisierungsstrategie gehört auch dieser Aspekt der Nachhaltigkeit. Sonst ist es keine Modernisierungsstrategie.

Anscheinend – das kann ich nur bilanzieren – hat Ihnen, Herr Laschet, Ihr Koalitionspartner diese Werte erfolgreich ausgetrieben. Das bedauern wir ausdrücklich, aber das werden wir Ihnen in unserer konstruktiven und kritischen Oppositionsarbeit weiterhin nicht durchgehen lassen. Herr Minister und Herr Laschet, das versprechen wir Ihnen. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Düker. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der FDP der Fraktionsvorsitzende Christof Rasche das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Christof Rasche (FDP)*): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren nun seit zweieinhalb Stunden über den Haushalt, und jetzt, nachdem man die ganze Zeit zugehört hat, kann man schon ein erstes Fazit ziehen.

Ich habe den Eindruck: Der gelungene Start dieser Nordrhein-Westfalen-Koalition setzt sich auch in dieser Debatte uneinholbar fort.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Was ist denn mit der Kritik und mit den Botschaften aus der Opposition in dieser Debatte? Norbert Römer hat gesagt, Rot-Grün solle es richten; das sei die Hoffnung der neuen Koalition. Ich habe da so eine Ahnung, lieber Herr Römer, dass Sie mit dieser These die Menschen in Nordrhein-Westfalen nicht überzeugen.

Frau Düker begann sogar mit Lob zu verschiedenen Bereichen des Haushalts, den Lutz Lienenkämper heute vorgestellt hat und für den wir ihn ausdrücklich loben. Sie kritisierten dann die frühere Opposition und jetzige Regierung dafür, dass wir – natürlich! – unsere neue Politik mit Ihrer alten Politik vergleichen. Dieser Vergleich interessiert die Menschen in Nordrhein-Westfalen, und er ist auch ganz legitim.

Im weiteren Verlauf Ihrer Rede, Frau Düker, war es ein ständiger Rückblick in Oppositionszeiten von CDU und FDP. Das, was Sie vorher kritisiert haben, haben Sie in Ihrer Rede anschließend zu 90 % umgesetzt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Dabei gibt es sehr wohl Punkte, bei denen wir durchaus übereinstimmen. Ganz zuletzt haben Sie einen dieser Punkte genannt: die Pkw-Maut. Sie wird auch von der FDP abgelehnt. Ich bin gespannt, was in Berlin noch dazu passiert.

In einem Bereich, Frau Düker, bin ich aber heilfroh, dass wir große Unterschiede zu den Auffassungen der Grünen haben. Im Bereich der Energiepolitik und der Braunkohlepolitik bedarf es einer klaren Aussage für den Standort Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ich bin froh, dass Ministerpräsident Laschet und Energieminister Pinkwart in Berlin die Ziele und Forderungen Nordrhein-Westfalens konsequent vertreten.

Bei einer Person habe ich Positionen zur Energiepolitik heute vermisst: in der Rede des Vorsitzenden der SPD-Fraktion, Norbert Römer. Kein Wort zur Energiepolitik, kein Wort zur Standortpolitik für Nordrhein-Westfalen in diesem Bereich! Als müssten Sie, lieber Herr Römer, noch immer Ihren alten Koalitionspartner, die Grünen, decken. Das brauchen Sie gar nicht mehr! Sie müssen in der Opposition gar nicht mehr einheitlich auftreten – erst recht nicht, wenn Sie zu 100 % unterschiedliche Auffassungen haben, lieber Herr Römer.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, die Nordrhein-Westfalen-Koalition hat vom ersten Tag an deutlich gemacht, dass sie dieses Land gestalten und voranbringen will. Wir wollen Nordrhein-Westfalen sicherer, moderner und chancenreicher machen. In dem Haushalt, den Herr Lienenkämper heute eingebracht hat, erleben wir genau das: nämlich, wie die Koalition dieses Land gestaltet, sicherer, moderner und chancenreicher macht.

Die Menschen haben am 14. Mai für einen Politikwechsel gestimmt,

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Aber knapp!)

sowohl inhaltlich – dazu kommen wir gleich noch – wie auch in der Art und Weise, wie Politik in Nordrhein-Westfalen gemacht wird: konsequent in der Sache, gelassen statt aufgeregt und eben nicht abgehoben, sondern ehrlich. Wir wollen als Koalition von CDU und FDP die Menschen in unserem Land mit Argumenten überzeugen und nicht mit Lautstärke. Dazu gehört auch der Respekt vor den Menschen in unserem Land und vor deren Sorgen. Dazu gehört auch, zuzuhören und anschließend zu handeln.

Ein anderer Stil, liebe Kolleginnen und Kollegen, prägt die neue Koalition im Umgang untereinander und miteinander im Vergleich zur Koalition der Vorgängerregierung. Wir arbeiten gemeinsam an Lösungen. Natürlich gibt es in einzelnen Bereichen auch Unterschiede. Die diskutieren wir aus, einigen uns und vertreten dann im Sinne von Nordrhein-Westfalen unsere Ziele.

In der alten Koalition hat man sich gestritten. Da passt der Vergleich noch. Man hat sich aber nicht geeinigt – allenfalls oberflächlich – und sich hinterher untereinander und – das ist noch viel schlimmer – in der Öffentlichkeit sowie in Berlin und Brüssel gestritten, und man hat nicht mehr dort, wo es notwendig ist, eine einheitliche Position für Nordrhein-Westfalen vertreten.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir erleben den Politikwechsel – natürlich gerade heute – auch in der Haushaltspolitik. Darüber haben wir heute schon eine Menge gehört. Zum ersten Mal seit 1973 wird ein Haushalt vorgestellt, der ausgeglichen ist. Herr Zimkeit, unser Kollege von der SPD, sagte in der letzten Woche, der Haushalt sei dem Finanzminister vor die Füße gefallen. Was ist das für eine tolle Formulierung: „dem Finanzminister vor die Füße gefallen“! Um in dieser Wortwahl von Herrn Zimkeit zu bleiben: Wenn wirklich das die Ursache von Finanzpolitik ist, dann hätte die SPD seit 40 Jahren am falschen Ort gestanden. So viel Pech kann selbst die SPD nicht haben; denn dann hätte sie auch einen ausgeglichenen Haushalt erreicht.

Die Wahrheit ist, liebe Kolleginnen und Kollegen: Der Ball lag doch in Zeiten von Rekordsteuereinnahmen seit Jahren auf dem Elfmeterpunkt. Aber die alte Koalition hat sich in ihren Haushaltsbeschlüssen trotzdem immer wieder für neue Schulden entschieden. Der Widerstand der SPD gegen die Schuldenbremse in der vergangenen Legislaturperiode ist dafür bezeichnend und ein Beleg.

Die neue NRW-Koalition, liebe Damen und Herren, hat jetzt den Politikwechsel vollzogen und endlich diesen Elfmeter verwandelt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Nicht erst mit dem heutigen Haushalt haben wir für einen Politikwechsel in Nordrhein-Westfalen gesorgt. Es wurde viel über die 100-Tage-Bilanz diskutiert, die diesen Politikwechsel belegt. Ich möchte noch einmal sechs Beispiele nennen: Kita-Rettungspaket, Maßnahmen zum Erhalt der Förderschulen, Initiative zur Besetzung der Lehrerstellen, besondere Weichenstellung bei G8 und G9, der erste Entfesselungsimpuls und die Stärkung der Polizei hinsichtlich Personal und Ausstattung. Natürlich werden wir diesen Weg gemeinsam weitergehen.

Dieses erste Maßnahmenpaket wurde allerdings aus der Opposition kritisiert.

Herr Römer kritisierte vor allem das Kita-Rettungspaket. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das finde ich schon dreist. Die SPD hat die Kitas gerade im Ruhrgebiet, also in Nordrhein-Westfalen, im Stich gelassen. Die nordrhein-westfälische Koalition von CDU und FDP hat dementgegen die Kitas im Ruhrgebiet und in Nordrhein-Westfalen in einem ersten Schritt gerettet. Das ist der Unterschied.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Sie haben die Kindergärten im Stich gelassen, und wir haben gerettet. Krasser kann der Unterschied einer Landespolitik überhaupt nicht sein. Die SPD hat sieben Jahre lang auf eine grundlegende Reform der Kita-Finanzierung in Nordrhein-Westfalen verzichtet, aber regelmäßig über die Notwendigkeit geredet, regelmäßig in diesem Haus über die Notwendigkeit geredet. Ist das wirklich sozial? Die NRW-Koalition – Herr Römer, das verspreche ich Ihnen – wird diese Not wenden und die Kitafinanzierung neu ordnen.

Wo ich gerade bei Herrn Römer bin: Die SPD spricht in vielen Pressemitteilungen – und so auch eben in Ihrer Rede, lieber Herr Kollege Römer – von einer Mitte-rechts-Koalition in diesem Haus. Mitte-rechts-Koalition in diesem Haus! Was ist das für ein Sprachspiel? Die Rechten in diesem Haus sitzen dort, und die sitzen nur dort und nirgendwo anders.

(Der Abgeordnete zeigt auf die Fraktion der AfD. – Beifall von der FDP und der CDU)

Lieber Herr Römer, Sie sollten auf diese Spielchen verzichten. Die bringen uns nicht weiter.

Ihr Fazit zu dieser 100-Tage-Bilanz war, die neue Regierung sei anmaßend und selbstgerecht. Die Regierung sei anmaßend und selbstgerecht – lieber Herr Römer, Sie regieren doch überhaupt nicht mehr. Die Zeiten sind längst vorbei.

(Heiterkeit und Beifall von der FDP und der CDU)

Der Bürger hat Sie abgewählt. Ihr Auftritt heute zeigt nicht, dass Sie wesentlich dazugelernt hätten.

Eine wesentliche Veränderung in Nordrhein-Westfalen hat sich in der Wirtschaftspolitik vollzogen. Es geht nicht mehr darum, etwas zu verhindern, sondern es geht darum, etwas zu ermöglichen. Das ist ein ganz wesentlicher Unterschied zur Vorgängerregierung. Das Entfesselungspaket von Andreas Pinkwart hat das deutlich gemacht.

Die positiven Reaktionen in Nordrhein-Westfalen auf diese veränderte Wirtschaftspolitik sind enorm. Sie kommen von Industrie- und Handelskammern, aber auch von vielen Betrieben und übrigens auch von vielen Betriebsräten.

Vor der Wahl, liebe Kolleginnen und Kollegen, war das übrigens völlig anders. Da gab es ein vernichtendes Zeugnis von Thomas Rick, dem Landesvorsitzenden der Familienunternehmer. Er sagte – Zitat –:

„Insbesondere wirtschaftspolitisch ist NRW eines der am schlechtesten regierten Länder.“

Das ist nachzulesen in der „Rheinischen Post“ vom 4. März.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die neue Koalition wird dafür sorgen – das versprechen wir den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in diesem Land, den Betriebsräten, aber auch den Unternehmen, dem Mittelstand und dem Handwerk –, diese Regierung wird dafür sorgen, dass die rot-grüne Wirtschaftspolitik, diese Blockadepolitik, dieser ständige Stress zwischen den Koalitionspartnern im Sinne des Landes beendet wird. Wir schauen nach vorne und bringen auch in diesem wichtigen Bereich Nordrhein-Westfalen elementar voran. Das ist für dieses Land auch notwendig, damit wir den Anschluss an andere Bundesländer nicht in Gänze verlieren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Im Koalitionsvertrag haben wir festgelegt, Vorgaben von Bund und EU eins zu eins umzusetzen. Das ist auch etwas eigentlich Selbstverständliches und genauso Wichtiges. Es ist nur in Nordrhein-Westfalen früher nicht passiert. Das ist ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen der jetzigen Regierung und der Vorgängerregierung.

Denn in der alten Regierung setzte sich immer wieder der Umweltminister gegen den Wirtschaftsminister durch und setzte auf die Grundlagen aus Brüssel und auf die Grundlagen aus Berlin immer wieder Regelungen on top drauf. Rückendeckung für den Wirtschaftsminister gab es nicht, auch nicht für die Betriebsräte. Das war eine rein grüne Politik. Sozial war das sicherlich nicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich bin froh, dass insbesondere unsere Ministerin Schulze Föcking in diesem Laden von Vorschriften und überzogenen Regulierungen konsequent aufräumt

(Beifall von der FDP und der CDU)

und dadurch Nordrhein-Westfalen wieder wettbewerbsfähig macht. Denn es ist ein langer Weg, bei 16 Bundesländern wieder Platz eins zu erreichen. Aber wir müssen den Anspruch haben, uns mit viel Ausdauer von Platz zu Platz zu verbessern. Dazu gehört es eben, diese Regelungswut zu durchbrechen und die Politik zu verändern.

Wir brauchen also einen Ausgleich zwischen Ökologie und Ökonomie, auch in der Energiepolitik. Ich sagte es eingangs schon. Ich bin froh, dass sich die Herren Pinkwart und Laschet in Berlin für eine rationale Energiepolitik einsetzen, bei der es natürlich auch um Umweltpolitik und Klimaschutz geht. Darum geht es uns allen. Das ist doch kein Alleinstellungsmerkmal der Grünen in Nordrhein-Westfalen oder in Deutschland.

Aber uns geht es eben auch um Bezahlbarkeit und um Versorgungssicherheit, und diese Elemente spielen bei den Grünen leider überhaupt keine Rolle.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ein weiterer Punkt, wo wir Nordrhein-Westfalen in der Tendenz verändert haben – die Auswirkungen werden wir sicherlich in den nächsten Jahren spüren –, ist die Verkehrspolitik. Neben einer sicheren Energieversorgung ist eine bedarfsgerechte Infrastruktur extrem wichtig für den Wirtschaftsstandort und die Arbeitsplätze in unserem Land.

Minister Wüst hat hier eine Trendwende eingeleitet. Ich will mal zehn Beispiele nennen: 38 Millionen € mehr für Ausbau und Erhalt, 50 neue Planstellen bei Straßen.NRW, mehr Mittel für die Vergabe von Planungsleistungen. Selbst Radwege werden bei dieser Koalition mehr gefördert. Die Elektromobilität wird durch Minister Pinkwart gestärkt. Auch den grün-roten Stillstand im Bereich des ÖPNV werden wir durchbrechen. Sie sprechen seit sieben Jahren von landesweiten Tickets im ÖPNV. Ich verspreche Ihnen: Wir werden sie in den nächsten fünf Jahren einführen. Im Bereich Schieneninfrastruktur werden wir uns in Berlin für weitere notwendige Großprojekte in Nordrhein-Westfalen einsetzen. In der Luftverkehrspolitik werden wir gemeinsam und nicht gegeneinander agieren. Die neue Abteilung zur Zukunft der Mobilität – das ist der neunte Punkt – ist ein Meilenstein in unserem Land, und das neue Bündnis für Mobilität wird Maßstäbe für zukünftige Lösungen setzen.

Also, unterm Strich: Der Infrastrukturausbau, die Mobilität ist ein Schwerpunkt dieser Koalition.

Sieben Jahre Stillstand und Blockadepolitik der Grünen sind damit beendet.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir werden Nordrhein-Westfalen moderner und digitaler machen. Wir haben in der Modellregion OWL begonnen – eine starke Region von Nordrhein-Westfalen. Aber wir werden auch die anderen Regionen des Landes gezielt unterstützen, denn in jeder Region ist Nordrhein-Westfalen stark, und in jeder Region bedarf es einer optimalen digitalen Ausstattung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kollegen von der SPD-Fraktion hängen manchmal dem Glauben an, je öfter sie etwas sagten, desto richtiger sei es. Das stimmt leider nicht immer. Genauso falsch ist es, zu sagen, Sozialpolitik oder eine Politik für soziale Gerechtigkeit spielten für FDP und CDU keine Rolle. Norbert Römer hat das in der Tendenz vorhin wieder versucht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gegenteil ist die Wahrheit. Wir wollen für alle Bürgerinnen und Bürger echte Chancen für einen individuellen Aufstieg schaffen, und wir behandeln alle Menschen gleich und fördern alle Menschen in Nordrhein-Westfalen. Für uns ist die soziale Kompetenz in der Regierungspolitik wichtig und eine Selbstverständlichkeit. Das ist ein Credo unserer Politik.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wachstum und eine starke Wirtschaft schaffen Arbeitsplätze und sichern Wohlstand. Das haben Sie in den letzten sieben Jahren nicht wahrhaben wollen, und deshalb ist Nordrhein-Westfalen unter seinen Möglichkeiten geblieben, gerade in der wirtschaftlichen Entwicklung. Genau das wollen wir ändern.

Soziale Politik ist wichtig. Sie hängt wenig ab von lauter sozialer Kampfrhetorik. Das gilt gerade für die SPD-Bilanz in der Baupolitik. Unter Bauminister Groschek, dem heutigen Landesvorsitzenden der SPD, sind die Mieten in Nordrhein-Westfalen massiv gestiegen – in diesen fünf Jahren Regierungszeit vermutlich so stark wie noch nie zuvor in der Geschichte Nordrhein-Westfalens. Ist das soziale Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen?

Wir wollen das anders machen. Wir wollen erheblich mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen. Wenn zu wenige Wohnungen vorhanden sind, steigen die Mieten fast automatisch. Also werden wir die Rahmenbedingungen so ändern, dass in Nordrhein-Westfalen endlich wieder mehr gebaut wird.

Vier Fehler von SPD und Grünen, die wir beheben wollen, möchte ich kurz nennen:

Das Bauen in Nordrhein-Westfalen wurde durch überzogene Standards erheblich verteuert. Viel zu wenige Flächen wurden für Bauvorhaben zugelassen, insbesondere im ländlichen Raum. Für eine völlig unterdurchschnittliche Eigentumsquote haben Sie gesorgt. Und Sie haben Investoren verbal abgeschreckt, in Nordrhein-Westfalen zu investieren. Darunter leiden alle Menschen in diesem Land.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zur inneren Sicherheit und zum Bereich Kommunales hat der Kollege Löttgen eben schon einiges gesagt: 58 Millionen € für eine bessere Ausstattung der Polizei, 1.482 neue Stellen im Einzelplan Inneres, 1.135 neue Stellen in der Justiz, die Bündelung von Kompetenzen im Bereich Terrorismusbekämpfung. Also auch für die innere Sicherheit machen wir eine Menge.

Noch ein Wort zu dem Bereich Kommunales: Frau Düker, in der Debatte eben ging es um den Kommunal-Soli. Einige Kollegen haben recht kräftig reagiert, denn zahlreiche Städte in Nordrhein-Westfalen mussten diesen Kommunal-Soli über Kredite finanzieren. Kleinere und mittelgroße Städte mussten Kredite aufnehmen, damit dieses Geld dann an Städte fließt, zum Beispiel an Rhein und Ruhr, in denen die Grünen besonders stark sind.

(Monika Düker [GRÜNE]: Es ist doch Blödsinn, uns das zu unterstellen!)

So etwas verstehen wir nicht unter Kommunal-Soli, sondern das bedeutet das Gegenteil. Natürlich mussten wir in einem der ersten Schritte diese Ungerechtigkeit abschaffen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, die Bildung ist der Schlüssel für individuellen Aufstieg und deshalb ein Schwerpunkt der neuen Landespolitik. Für uns sind alle Schulen wichtig, und wir werden alle Schulen stärken. In Stadtteilen mit besonderen sozialen Herausforderungen wollen wir mit Talentschulen einen neuen Weg gehen. Unpolitische Beobachter im ganzen Land haben diesen Schritt gelobt; aus der Opposition kam natürlich Kritik, weil wir damit nicht alle Schulen gleich behandeln.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir fördern alle Schulen. Das sage ich noch einmal ganz deutlich. Aber diese Talentschulen an Standorten, wo es sozial besonders schwierig ist, sind uns – und das zeigt wieder unsere soziale Stärke – ein besonderes Anliegen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Eine zweite neue und gute Idee unserer Schulministerin Yvonne Gebauer war „Fit in Deutsch“, eine in den Herbstferien durchgeführte Sprachförderung. Auch das wurde von neutralen Beobachtern sehr gelobt. Es wird jetzt weiterentwickelt und ausgebaut, und außerdem ist es im Haushalt finanziell hinterlegt.

Wenn wir die Voraussetzungen für beste Bildung in unserem Land schaffen wollen, müssen wir an erster Stelle dafür sorgen, dass der Unterricht in Nordrhein-Westfalen an unseren Schulen auch stattfindet. Also brauchen wir genügend Lehrerinnen und Lehrer, und da hat uns die Vorgängerregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein verdammt schweres Erbe hinterlassen.

(Zuruf von der CDU)

Wir können diese vielen Stellen gar nicht von heute auf morgen besetzen. Wir haben kurzfristige pragmatische Maßnahmen getroffen und uns mittel- und langfristige Ziele gesetzt, denn jede besetzte Lehrerstelle bedeutet mehr Unterricht und mehr Chancen für unsere Schülerinnen und Schüler.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Frau Düker hat in ihrer Rede gerade ausdrücklich einen Ansatz im neuen Landeshaushalt gelobt, nämlich 2.000 neue Lehrerstellen und die Streichung von 3.000 kw-Vermerken. Das macht unter dem Strich 5.000 neue Lehrerstellen in Nordrhein-Westfalen – entgegen der vorherigen Planung von Rot-Grün. Da wir wissen, dass Stellen allein noch keinen Unterricht ergeben, wird es auch eine Kampagne zur Gewinnung weiterer Lehrkräfte geben, die mit zusätzlichen 2 Millionen € hinterlegt ist.

Finanzminister Lienenkämper sprach schon von Korrekturen bei den Konrektoren an Haupt- und Grundschulen, deren Wertschätzung wir jetzt daran ablesen können, dass sie sich ab dem 01.01.2018 in einer Besoldungsgruppe wiederfinden, die angemessen ist.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Eine zweite große Baustelle der Architektin in der Bildungspolitik, unserer Schulministerin, ist die Umstellung von G8 auf G9. Wir haben gestern die Eckpunkte dazu erfahren, konnten sie heute in der Presse lesen.

Unterm Strich kann man sagen: In den Bereich Bildung dieses Landeshaushalts fließen 29,6 Milliarden € und in den Einzelplan des Schulministeriums 229 Millionen € mehr als im Jahr davor. Wir wollen also die beste Bildung für unsere Schülerinnen und Schüler in Nordrhein-Westfalen. Wir von der FDP begreifen das übrigens auch als nationale Aufgabe und arbeiten in Berlin gerade mit Blick auf die Finanzierung auf eine vernünftige Einigung hin, was einen neuen Koalitionsvertrag betrifft.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Opposition tut in der Debatte so, als sei die schwarze Null keine besondere Leistung, sondern selbstverständlich. Ich kann mich gut an die Diskussionen und die Berichterstattung vor dem Tag der Bekanntgabe der Eckwerte des Haushaltes erinnern. Als diese Eckwerte bekanntgegeben wurden und preisgegeben wurde, dass wir eine schwarze Null erreichen, war doch ganz Nordrhein-Westfalen überrascht. Niemand, nicht einmal bei uns in der FDP-Fraktion – und wir denken immer recht weit –, hat mit dieser schwarzen Null gerechnet. Da hat Lutz Lienenkämper uns alle positiv überrascht.

Nun liegt uns ein Haushalt vor, auf den wir stolz sein können. Es sei noch einmal daran erinnert: Die alte Regierung von SPD und Grünen wollte in diesem Haushaltsjahr noch 400 Millionen € aufnehmen. Wir machen keine Schulden. Die alte Regierung hatte für das Jahr 2019 noch Schulden vorgesehen. Wir erarbeiten dann schon einen Überschuss. Wenn also eine Koalition für seriöse Finanzpolitik in Nordrhein-Westfalen steht, dann ist das die Koalition von CDU und FDP.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die Investitionsquote liegt bei 9,6 %. Ich gebe zu: Die war schon einmal höher. Aber in den Jahren 2013 bis 2017, also bei SPD und Grünen, war sie deutlich niedriger. Und trotzdem waren Kredite vorgesehen. Wir schaffen beides: investieren und die schwarze Null.

In der 100-Tage-Bilanz sprach Norbert Römer mit Blick auf die Regierung von „Wortbruch aus Überforderung“ und „Konzeptlosigkeit“.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Diesen Unsinn brauchen wir nicht weiter zu kommentieren. Auch damit werden Sie die Menschen in Nordrhein-Westfalen nicht – ich glaube, nicht einmal Ihre eigene SPD – erreichen. Gegenüber den Menschen in Nordrhein-Westfalen erwecken Sie immer noch den Eindruck, auch heute in Ihrer Rede, als gehöre das Land Nordrhein-Westfalen der SPD. Das war Ihre Auffassung in Ihrer jahrzehntelangen Regierungstätigkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Genau das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sahen die Menschen in Nordrhein-Westfalen am 14. Mai anders. Die waren auf einmal so frech und hatten die Auffassung, das Land gehöre ihnen und nicht der SPD. Dementsprechend haben sie gewählt, und dementsprechend haben wir eine neue Regierung in diesem Land. Ich glaube, Sie und Ihre Mannschaft müssen wieder von Ihrem hohen Ross herunterkommen, lieber Herr Römer, damit Sie wieder den Boden mit Ihren Füßen erreichen und den Menschen, vielleicht sogar den eigenen Parteimitgliedern, auf Augenhöhe begegnen, um für dieses Land wieder Gutes zu bewirken.

Ich komme zum Schluss. Heute war mehrfach von einem Kompass die Rede. Diese Koalition hat einen klaren Kompass. Der zeigt nach vorne, der zeigt auf Zukunft, und der zeigt auf Möglichmachen. Dieses starke Land, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat endlich wieder eine starke Regierung. Wir werden gemeinsam mit den Menschen in diesem Land das Land nach vorne bringen. Das Land wird auch von Familien, von kleinen Orten, von Menschen und deren Zusammenhalt getragen. Diesen wollen wir besonders unterstützen.

Dabei spielt das Ehrenamt in diesem Land eine herausragende Rolle, gerade im Sport und dort insbesondere im Breitensport. Die FDP-Fraktion und auch die Kollegen der CDU sind sich einig: Wir wollen und werden ein verlässlicher Partner der Sportfamilie Nordrhein-Westfalen sein.

Deshalb wird sich meine Fraktion, sicherlich gemeinsam mit den Kollegen der CDU, in den Haushaltsberatungen für weitere Mittel in diesem Bereich einsetzen. Sportvereine sollen ihr Profil in der Kinder- und Jugendarbeit schärfen können und ganz gezielt in dieser Arbeit gestärkt werden. Außerdem geht es um Stärkungen und Sicherung bei Sport im Ganztag und Integration durch den Sport. Alle drei Maßnahmen sind sehr wichtig, die von Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen getragen werden, indem sie ein Ehrenamt ausüben. Diese Tätigkeit wollen und müssen wir unterstützen.

Meine Damen und Herren, durch konsequentes und sachliches Handeln, das Probleme löst und Chancen schafft, wollen wir gemeinsam, also die FDP-Fraktion mit den Kollegen der CDU, Nordrhein-Westfalen nach vorne bringen. Wenn die SPD und die Grünen uns bei diesem Vorhaben sachlich begleiten wollen, sind sie dazu herzlich eingeladen. Ich freue mich auf die weitere Beratung in den Ausschüssen und demnächst hier im Plenum. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender lebhafter Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Kollege Rasche. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Wagner das Wort.

Markus Wagner (AfD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Nummer 069 13440 – Herr Laschet und Herr Lienenkämper, ist Ihnen diese Telefonnummer bekannt? – Offensichtlich nicht, was mich etwas wundert, denn ich hätte wirklich gedacht, Sie hätten sich bereits unter dieser Telefonnummer bei der EZB für Ihren ausgeglichenen Haushalt bedankt. Aber so, wie Sie sich bei Herrn Draghi bedanken können, so bedanken sich immer mehr Wähler, die nämlich gleichzeitig Sparer sind, bei Ihnen, und zwar an der Wahlurne mit ihrer Stimme für die AfD.

(Beifall von der AfD)

Die derzeitige Haushaltspolitik von Bund und Land lässt sich zugespitzt ganz einfach zusammenfassen: Für die schwarze Null nehmen Sie den Sparern ihr Geld weg und freuen sich auch noch darüber.

Ob Herr Schäuble oder Herr Lienenkämper – diese Herren feixen auch noch über die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die Sie mit Ihren Haushalten vergleichsweise gut dastehen lässt. Sie geben die schwarze Null auch noch als Ihr Werk aus, als hätten Sie wirklich gespart und nicht vor allem vom Niedrigzins profitiert.

Klar, wenn man als Finanzminister nicht über den Tellerrand hinausblickt oder blicken will, beschert die Nullzinspolitik natürlich erst einmal Entlastung für die Kasse, weil die Kredite und damit die Bedienung der Schulden weniger werden. Aber welche Folgen hat das? – Den Deutschen entgingen in den Jahren 2010 bis 2016 – und damit anteilig auch Nordrhein-Westfalen – Zinseinnahmen in Höhe von 344 Milliarden €. Das schreibt die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“.

In diesem Jahr würden nach Schätzungen der DZ Bank noch einmal 92 Milliarden € hinzukommen. Die insgesamt 436 Milliarden €, umgelegt auf die Deutschen, machen im Durchschnitt 5.317 € je Bundesbürger und damit auch je Bürger Nordrhein-Westfalens aus.

(Beifall von der AfD)

Die EZB-Politik führte andererseits auch zu niedrigeren Zinsen für Kredite. Diese Kreditersparnis, die die Deutschen zu ihren Gunsten verbuchen können, beziffert die DZ Bank für die Jahre 2010 bis 2017 auf 188 Milliarden €. Unter dem Strich bleibt damit immer noch eine Einbuße von 248 Milliarden € und damit im Schnitt 3.024 € je Bundesbürger und somit auch je Bürger in Nordrhein-Westfalen.

Meine Damen und Herren, Deutschlands Sparer zahlen einen üppigen Teil der Rechnung für die lockere Geldpolitik der EZB. Das sagte der Chefökonom der DZ Bank Stefan Bielmeier im Gespräch mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Ich füge hinzu: Deutschlands Sparer zahlen auch einen üppigen Teil der Rechnung für die schwarze Null im nordrhein-westfälischen Landeshaushalt.

(Beifall von der AfD)

Die politische Klasse – und mit ihr die Europäische Zentralbank EZB – will und kann nicht zugeben, was viele Volkswirte seit Langem feststellen: Dieser Euro ist eine Fehlkonstruktion. Um ihn am Leben zu erhalten, brechen sie munter die Verträge und das Recht und werfen das hart erarbeitete Geld der Menschen zum Fenster raus.

(Beifall von der AfD)

Sie opfern den deutschen Sparer auf dem Altar des Euro und nehmen den Nebeneffekt der billigeren Schulden für den Haushalt dabei gerne mit.

Diese Politik aber bestraft den Sparer. Sie bestraft die Inhaber von Lebensversicherungspolicen. Sie bestraft die Art, wie in Deutschland seit Jahrzenten für Alter und Wohlstand gespart wird. Wir waren nie ein Volk von reinen Konsumenten, sondern hatten immer eine hohe Sparquote. Auch dies hat unser Land so erfolgreich gemacht.

Und die FDP, die sich im Wahlkampf noch als „AfD light“ verkaufte, fällt im Bund auch in Sachen Eurorettung schon wieder um, nur um Frau Merkel und den Grünen zur Macht zu verhelfen. Dass Sie auch an dieser Stelle schon wieder das Klischee der Umfallerpartei bedienen, mutet geradezu selbstmörderisch an; denn so langsam müssten Sie doch wirklich kapiert haben, dass Sie der Wähler dafür bei der nächstbesten Gelegenheit wieder in die Wüste schicken wird.

(Beifall von der AfD)

Die Maastrichter Verträge sind Ihnen völlig egal. Dass es Vertragsgrundlage des Euro war und ist, dass wir nicht die Schulden anderer Staaten übernehmen, ist Ihnen hier im Hause mittlerweile durch die Bank weg egal. Lieber treiben Sie durch Ihre Politik die Menschen in andere Anlageformen, beispielsweise in Immobilien als sogenanntes Betongold.

Und was ist die Folge? – Die Immobilienpreise steigen und steigen, und mit ihnen die Mieten. In vielen Städten traut sich die Mittelschicht – von den ärmeren Menschen gar nicht zu sprechen – nicht einmal mehr umzuziehen, da das neue Mietobjekt für sie unbezahlbar wäre.

Und dann verschlimmern Sie die Lage auch noch, indem Sie massenhaft und ungesteuert die Zuwanderung in unsere Sozialsysteme und in den Wohnungsmarkt fördern.

(Beifall von der AfD)

Laut der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. explodieren aktuell die Zahlen der wohnungslosen Menschen in Deutschland. Diese stiegen seit 2014 um ganze 150 % auf 860.000 Personen. Da Nordrhein-Westfalen von Ballungsgebieten durchzogen ist, können Sie davon ausgehen, dass Nordrhein-Westfalen in besonderer Weise davon betroffen ist.

Die Zuwanderung ist demnach eine der Ursachen für Wohnungsnot und steigende Mietpreise, da seit 2015 zum bereits knappen Wohnungsmarkt die Last von weiteren 1,5 Millionen Migranten hinzukam. Meine Damen und Herren, das ist Ihre Verantwortung!

(Beifall von der AfD )

Es ist so ähnlich wie schon bei der Griechenland- und der Eurorettung: Ihre Gutmenschenideologie ist Ihnen wichtiger als das Wohl der Menschen. Damit meine ich insbesondere diejenigen, die hier schon länger leben, wie es Ihre Kanzlerin auszudrücken gedenkt. Das Wort „Deutsche“ kommt ihr dabei kaum noch über die Lippen. Jeder kann sich seinen Teil dabei denken und sich vielleicht auch die Frage stellen, auf wessen Wohl diese Dame eigentlich ihren Eid abgeleistet hat.

(Beifall von der AfD)

Aber zurück zum Haushalt, der untrennbar mit den Kosten der von Ihnen gewünschten Masseneinwanderung verbunden ist. Ihre Kanzlerin sagt ja, sie könne und wolle unsere Grenzen nicht schützen – sie will und kann also eine Kernaufgabe des Staates nicht wahrnehmen.

Aber Kosten kann sie produzieren: mehr Mitarbeiter beim BAMF, mehr Verwaltungsrichter, ein regelrechtes Beschäftigungsprogramm für Rechtsanwälte, mehr Hartz IV, neue Unterkünfte, Krankenversorgung, Verpflegung, Taschengeld.

Legt man die Kalkulation von Entwicklungshilfeminister Müller zugrunde, so kostet jeder Schutzsuchende in Deutschland 2.500 € pro Monat. Das entspricht der Steuerlast von zwölf Durchschnittsverdienern mit 3.000 € im Monat und Steuerklasse 3 oder der von fünf Singles der Steuerklasse 1 in dieser mittleren Einkommensklasse. Für einen unbegleiteten jugendlichen Migranten werden sogar bis zu 5.000 € im Monat veranschlagt.

Inzwischen behauptet kein Ökonom oder Manager mehr, dass die massenhafte Zuwanderung für den deutschen Staat ein Segen sei – im Gegenteil: Wegen des geringen Bildungsniveaus kalkulierte der Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen, dass jeder Flüchtling in seiner Lebenszeit per Saldo 450.000 € kostet. Das hat letztlich auch Auswirkungen auf den Haushalt in Nordrhein-Westfalen. Bei 2 Millionen Zugewanderten bis 2018 summiere sich das auf Gesamtkosten von 900 Milliarden €. Allerdings könnten die Zahlen auch noch höher sein.

Hans-Werner Sinn, der frühere Präsident des ifo Instituts, hält selbst diese horrende Summe von 900 Millionen € für zu niedrig. Raffelhüschen gehe davon aus, dass die Flüchtlinge bereits nach sechs Jahren einen vernünftig bezahlten Job hätten; Sinn hingegen sieht viele neue Langzeitarbeitslose und geht insgesamt von über 1 Billion € Kosten für den deutschen Steuerzahler aus.

(Zuruf von der AfD: Unglaublich!)

Selbst die den Grünen nahestehende Heinrich-Böll-Stiftung rechnet mit Kosten in Höhe von 400 Milliarden €, sollte die rasche Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt nicht gelingen. Nach den bisherigen Erfahrungen sind vorerst nur 13 % der Flüchtlinge erwerbstätig, meistens als Praktikanten, Auszubildende oder Hilfskräfte. Die Zahl der erhöht Erwerbstätigen liegt unter 10 %.

Dafür ist also Geld da. Dafür darf der Steuerzahler jetzt bezahlen. Es reicht ja nicht, dass Sie ihn schon als Sparer schröpfen. Es reicht ja nicht, dass sie den NRW-Kommunen 500 Millionen € vorenthalten. Unsere Straßen und Brücken verfallen. Menschen sind trotz lebenslanger Arbeit in der Rente arm. Schwimmbäder und Bibliotheken schließen. Polizisten wurden eingespart.

(Monika Düker [GRÜNE]: Wo wurden Polizisten eingespart?)

Für das deutsche Volk – dazu gehören selbstverständlich auch die hier gut integrierten Zuwanderer – hieß es: Für euch haben wir kein Geld. – Aber kaum hält sich die Bundesregierung unter dem Jubel des Ministerpräsidenten Laschet nicht mehr an die deutsche und europäische Asylgesetzgebung, schon ist Geld da; denn es soll ja alles so schön bunt werden.

(Beifall von der AfD)

Hier sitzen viele, bis tief in die Reihen der CDU, für die es gar nicht bunt genug sein kann. Wissen Sie: Ich habe nichts gegen bunt – aber wenn sich Frauen überlegen müssen, ob sie abends noch joggen gehen; wenn Weihnachtsmärkte, so sie denn überhaupt noch so heißen, mit Pollern, Lkw-Barrieren und bewaffneten Kräften gesichert werden, wenn unsere Bürger nachts in der S-Bahn Angst haben müssen, wenn es ganze Straßenzüge gibt, in denen man sehr gut und sogar besser ohne Deutsch auskommt, und wenn islamische Terroristen als angebliche Flüchtlinge unter uns leben – dann, meine Damen und Herren, wird es mir zu bunt!

(Beifall von der AfD)

Die katastrophale Verschlechterung beispielsweise der Kölner Sicherheitslage, insbesondere für Frauen, hat nun die WDR-Moderatorin Andrea Schönenborn aus ihrer eigenen Erfahrung geschildert. Sie spricht davon, dass es in Köln mittlerweile Angsträume gebe, in denen sie sich als Frau nicht mehr sicher fühle. Sie spricht davon, dass sich die Stadt Köln in den letzten zwei bis drei Jahren massiv verändert habe, und zwar nicht gerade massiv zum Guten, sondern massiv zum Schlechten.

Das sagt eine Frau, die es wissen muss. In über 15 Jahren intensiver Karnevalsaktivitäten fuhr sie stets mit der Straßenbahn nach Hause. Jetzt fährt sie lieber mit dem Taxi.

Aber was macht die Durchschnittsverdienerin, die sich Taxifahrten nicht leisten kann? Sie wird diesen Angsträumen ausgesetzt. Sie muss die S-Bahn nehmen. Sie ist nicht geschützt. Sie leidet unter diesen massiven Veränderungen, die in der Stadt Köln und auch in anderen Städten in Nordrhein-Westfalen in den letzten zwei bis drei Jahren vor sich gegangen sind.

(Beifall von der AfD)

Die Antwort der Landesregierung kann man eigentlich nur noch als erbärmlich bezeichnen. Nicht einmal eine Zielgröße für die nach Recht und Gesetz abzuschiebenden Ausländer will der FDP-Integrationsmi-nister Stamp nennen. Dabei gibt es rechtsstaatlich nur eine einzige Quote, nämlich 100 %. 100 % der vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer müssen abgeschoben werden oder freiwillig die Heimreise antreten.

(Beifall von der AfD)

Damit wir uns richtig verstehen: Kein vernünftiger Mensch hat etwas gegen eine begrenzte und gesteuerte Zuwanderung der besten Köpfe. Aber genau die kommen ja nicht.

Und natürlich hat auch niemand etwas gegen die ausländischstämmigen Menschen, die sich hier hervorragend integriert haben – ganz im Gegenteil. Darunter sind im Übrigen viele, die die AfD wählen und die zu Recht nicht wollen, dass ihr guter Ruf unter illegal nach Deutschland importierten Straftätern und Terroristen leidet.

(Beifall von der AfD)

Das alles geschieht nur, weil Sie die Grenzen nicht sichern wollen, obwohl Sie dazu verpflichtet wären, und weil Sie die Abschiebung nicht vollziehen, obwohl Sie auch dazu verpflichtet wären. Wozu haben die Bürger eigentlich Rot-Grün abgewählt? Doch nicht dafür, dass Sie praktisch genauso weitermachen!

Haben Sie uns nicht erzählt, welche tollen Fachkräfte wir durch die Politik des legal-illegalen Grenzübertritts bekommen und wie die all unsere demografischen Probleme lösen? Haben Sie nicht jeden, der sah, was zu sehen war, als rechts, als rechtspopulistisch, als rassistisch und als wer weiß nicht was tituliert? Und jetzt? Jetzt fegen Sie die Scherben Ihrer eigenen Politik auf und merken nicht, dass der Scherbenhaufen trotzdem Tag für Tag größer wird! Von Entschuldigung und Besserung keine Spur!

(Beifall von der AfD)

Stattdessen gibt es noch mehr Steuergelder für Sozialpädagogen, Jobcenter, Hartz IV etc. pp. Und auch das ist neu von Ihnen, liebe CDU und FDP: Von Ihnen gibt es jetzt Schaufensteranträge, beispielsweise zu Tihange, ganz wie zu rot-grünen Zeiten – so, als könnten Sie ausländischen Firmen auf fremdem Staatsgebiet erzählen, was sie zu tun oder zu lassen haben.

Grüne Symbolpolitik im schwarz-gelben Gewand, eine milliardenteure Energiewende auf Kosten der Verbraucher sowie der Energiesicherheit – und kein Wort von Ihnen dazu, diese sogenannte Energiewende endlich ersatzlos zu streichen. Auch hier sind CDU, FDP, SPD und Grüne allesamt gleich.

(Beifall von der AfD)

Der Anteil der Kohle an der Stromerzeugung in NRW liegt bei etwa drei Viertel. In keinem anderen Bundesland sind Bergbau und Kohleverstromung so eng miteinander verknüpft wie bei uns. Wird auf höheren Ebenen – das geschieht gerade bei den Sondierungsgesprächen – über einen Ausstieg aus der Kohle verhandelt, muss das Interesse von Nordrhein-Westfalen berücksichtigt werden. Mit 52 Kraftwerksblöcken und einer installierten Bruttoleistung von 25.000 MW hat Nordrhein-Westfalen deutschlandweit die meisten Kohlekraftwerke.

Jedes neue Gesetzesvorhaben für den sogenannten Klimaschutz und jeder neue Grenzwert für den sogenannten Klimaschutz trifft unsere Energieversorgung direkt. Wenn unsere Energieversorgung gefährdet ist, sind damit auch unsere Wettbewerbsfähigkeit in Nordrhein-Westfalen und schlussendlich auch unsere Wirtschaft gefährdet.

(Beifall von der AfD)

Dieser Erkenntnis folgend, hat Herr Laschet zusammen mit anderen Ministerpräsidenten aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg am 17. August 2017 einen Brief an Frau Merkel geschickt mit der Bitte, alle politischen und rechtlichen Mittel auszuschöpfen, um gegen schärfere EU-Umweltauflagen für Kohlekraftwerke vorzugehen.

Letzten Sonntag folgte dann der Offenbarungseid der noch amtierenden Großen Koalition und eine Ohrfeige für den nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Laschet. Die Frist, gegen schärfere EU-Umweltauflagen für Kohlekraftwerke zu klagen, ist verstrichen, ohne dass eine Klage erhoben wurde.

Damit hat die Bundesregierung die ab 2021 geltenden verschärften EU-Grenzwerte für die Braunkohlekraftwerke in Kauf genommen und deutlich gemacht, dass die Einwände aus Nordrhein-Westfalen, vorgetragen von Ministerpräsident Laschet, in Berlin bedeutungslos sind – und das, obwohl selbst das Bundesumweltamt sich Anfang dieses Jahres gegen strengere Grenzwerte und Auflagen ausgesprochen hat.

Die Kumpels sind erneut im Stich gelassen worden, und zwar nicht nur von der SPD – das kennen wir ja –, sondern jetzt auch von der CDU. Die Kraftwerksbetreiber hingegen müssen sich jetzt auf die Nachrüstungen einstellen. Experten schätzen die benötigten Investitionen auf 80 Millionen €.

Kein Unternehmen der Welt investiert aber so hohe Millionenbeträge in eine Technologie, wenn es seine Investitionen nicht über einen längeren Zeitraum amortisieren kann. Und dem steht nun die aktuelle Debatte hinsichtlich der Jamaika-Koalition in Berlin – die nordrhein-westfälische Landesregierung hält sich zurzeit mehr in Berlin als in Düsseldorf auf – deutlich entgegen, wo immer mehr über eine Begrenzung der Laufzeiten von Braunkohlekraftwerken diskutiert wird.

Damit wird die Energiewende, die nach wie vor völlig unausgegoren ist, und die nach Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ von heute mindestens 2 Billionen € – also 2.000 Milliarden € – verschlingen wird, noch schneller vorangetrieben, während sich auf der anderen Seite große Strukturbrüche auftun. Ich stelle mir die Frage, wovon denn der Durchschnittsverdiener diesen Wahnsinn künftig bezahlen soll.

(Beifall von der AfD)

Der Kohlekollaps steht kurz bevor, und das stets auf dem Rücken der Kumpel. Die Landesregierung verliert damit jeden Tag an Glaubwürdigkeit. Der Industriestandort Nordrhein-Westfalen ist durch die Politik von Herrn Laschet und durch sein Versagen in Berlin gefährdet.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Ach Gott!)

In der von den Grünen vorangetriebenen Abschaltdebatte wird immer wieder das Kraftwerk Neurath im Süden von Grevenbroich genannt. Alleine die Kernzahlen dieses Kraftwerks machen deutlich, warum die Energiewende nicht, wie von manchem gewünscht, umgesetzt werden kann. Neurath ist das größte Kraftwerk in ganz Deutschland. Ideal am Tagebau gelegen, wird es auf kürzestem Wege mit Strom aus heimischer Kohle versorgt.

Mit seiner installierten elektrischen Bruttoleistung von über 4.400 MW verfügt es über hinreichend Kapazitäten, um den Grundlaststrom in Nordrhein-Westfalen zu bedienen. Wer abschalten will oder wer, wie Herr Laschet, das Abschalten zulässt, muss auch eine Antwort auf die Frage geben, woher der Strom zukünftig kommen soll. Die Energiewende kann nur dann funktionieren, wenn die Leistung der Kohlekraftwerke mindestens kompensiert wird. Rechnen wir alle Windkraftanlagen in Nordrhein-Westfalen zusammen, kommen wir auf eine Gesamtleistung von 3.324 MW. Alle Windkraftanlagen zusammen reichen also nicht einmal aus, um das Kraftwerk Neurath zu ersetzen; es fehlen immer noch 1.076 MW.

Aber nicht nur das, meine Damen und Herren – es darf nämlich in Zukunft auch keine weitere Verspargelung unserer Landschaft geben, keine weitere Zerstörung unserer Natur und keine weitere Belästigung und Belastung für Mensch und Tier durch die Windindustrieanlagen in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der AfD)

Vonseiten der Landesregierung fällt ab und zu mal das Stichwort „Energiemix“. Aber was bedeutet das denn? So hat die Landesregierung in einer Antwort auf eine unserer Kleinen Anfragen gesagt, dass wir, wenn wir beispielsweise unseren gesamten Strombedarf durch Biogas decken wollten – also auch ein Teil des Energiemixes –, eine Agrarfläche benötigten, die doppelt so groß sein müsste wie ganz Nordrhein-Westfalen.

(Zuruf von der AfD: Hehe!)

So etwas ist man vielleicht von den Grünen gewöhnt, aber eigentlich nicht als Politik von einer sich als bürgerlich gebenden Koalition.

Auch bei der inneren Sicherheit: härtere Strafen für Kriminelle? – Fehlanzeige! Lieber wollen CDU und FDP das Schwarzfahren entkriminalisieren. Es ist also wie beim Euro und der Massenzuwanderung: Der Ehrliche bezahlt, der Dreiste wird belohnt. – Das ist Ihre Politik hier in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der AfD)

Verständnis für die Sorgen und Nöte der Polizisten? – Leider auch nur sehr begrenzt. Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Plickert beklagt unhaltbare und gesundheitsgefährdende Arbeitsbedingungen. Schimmel, Schädlingsbefall, starke Geruchsbelästigung und Mäuse – so sieht die Realität in vielen Polizeiwachen in NRW aus. Die GdP hat dafür alleine 18 Beispiele aufgezählt.

Natürlich ist dieser Investitionsstau über Jahre hinweg entstanden, insbesondere unter der rot-grünen Landesregierung. Doch die neue Landesregierung muss der Sanierung maroder Polizeiwachen oberste Priorität einräumen. Und genau dieser Wille ist im Landeshaushalt bislang überhaupt nicht erkennbar.

Wenn man als Polizist bei Großeinsätzen mal einem menschlichen Bedürfnis nachgehen möchte – sprich: man muss zur Toilette –, so stellt sich das fast schon als ein unüberwindbares Hindernis dar. Laut „Rheinischer Post“ vom 10. November 2017 müssen sich bei Großeinsätzen oftmals Hunderte von Beamten wenige Dixi-Klos teilen, und dies zu allem Überfluss auch noch mit teils gewalttätigen Demonstranten. Ernst Walter, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, beschreibt die Zustände in der „Rheinischen Post“ so:

„Manchmal steht dann da sogar nur ein Dixi-Klo für alle. Da kommen die mit ihrer Schutzausrüstung gar nicht rein, das geht gar nicht. Das ist zum Teil gruselig, was da passiert. Man muss sich das nur vorstellen, wie es ist, wenn Hunderte Polizisten auf einem Außeneinsatz keine Toilette haben.“

So weit Herr Walter.

Frauen, die eben nicht wie Männer mal zum nächsten Baum gehen können, trinken bei ihren Einsätzen deswegen wenig und dehydrieren. Das kann doch nicht wahr sein, dass es der neuen Landesregierung bisher nicht gelungen ist, wenigstens Toilettenlastwagen anzuschaffen, um zumindest dieses Grundbedürfnis unserer Polizei im Einsatz zu stillen.

Oder hat das Innenministerium mittlerweile solche Fahrzeuge in ausreichender Anzahl bestellt, was mir nicht bekannt wäre? Oder hat wenigstens die Anschaffung der Toilettenlastwagen in ausreichender Anzahl im Haushalt Berücksichtigung gefunden? – Auch das ist mir nicht bekannt.

Meine Damen und Herren, Sie als neue Landesregierung müssen doch in den vergangenen sieben Jahren mitbekommen haben, welche Infrastrukturprobleme unsere Polizei hat. Und wenn Sie es nicht mitbekommen haben, was haben Sie dann getan? Geschlafen und Kaffee getrunken, oder was? Das ist doch die Frage, die sich hier stellt!

(Beifall von der AfD)

Wir brauchen eben nicht nur mehr Polizisten, vielmehr braucht unsere Polizei neben besserer Ausrüstung auch akzeptable Rahmenbedingungen, um den schweren Anforderungen, die an die Polizei gestellt werden, gerecht zu werden.

Es ist kein Wunder – und zwar im Gegensatz zu dem, was Herr Römer gerade in seiner Rede sagte –, dass die CDU von den Bürgern laut Umfragen mittlerweile als Partei links der Mitte wahrgenommen wird. Genau das sind Sie mittlerweile.

Nicht einmal die von uns beantragte Demokratieklausel, die verhindern soll, dass Extremisten auch noch mit Steuergeldern gepäppelt werden, wollen Sie einführen. Da Sie sich schon so oft in Berlin aufhalten: Wenden Sie sich doch mal an Ihren Berliner Innenexperten Herrn Schuster oder rufen Sie ihn einmal an. Denn genau der will das jetzt auch, genau der will das, was wir hier in diesem Hause beantragt haben, und was von Ihnen, von Schwarz und Gelb, abgelehnt worden ist.

(Beifall von der AfD)

Möglicherweise war Ihnen unser Antrag zu bürgerlich, oder unser Antrag war Ihnen zu antitotalitär – was auch immer. Man fasst sich mittlerweile an den Kopf, was aus dieser NRW-CDU geworden ist.

Als ich in den 80er- und 90er-Jahren bei mir zu Hause den Stadtverband der Schüler Union und der Jungen Union mitgründete und für die CDU Wahlkampf machte, gab es zwar auch schon diese Laschets, aber das wurde eher belustigt aufgenommen. Da hatten sich halt ein paar Leute in der Partei geirrt, das kann ja mal vorkommen. Das haben wir auch schon erlebt.

(Zuruf)

– Ja, ist so. – Da geht es so ein bisschen wie mit Frau Merkel, aber ich muss eingestehen, dass auch wir Konservativen in der CDU uns damals geirrt haben – geirrt über ihren Machtwillen, der im Grunde genommen den mittlerweile einzigen wesentlichen Programmpunkt der Union darstellt. Dafür – und das ist für unser Land ein schlechter Tausch – haben Sie die CDU Schritt für Schritt entkernt, sie ihrer Werte beraubt und bis zur Unkenntlichkeit den linken Parteien in diesem Lande angeglichen. Genau das erleben wir jetzt hier mit Ihrer Regierungspolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall von der AfD)

Von der FDP will ich gar nicht reden. Lesen Sie mal das Buch Ihres ehemaligen Fraktionsvorsitzenden und schauen Sie sich an, was von den AfD-ähnlichen Tönen im Wahlkampf bei Jamaika übrigbleibt. Ich sage Ihnen: nichts bleibt übrig. Das FDP-Programm – noch dazu, wenn es von der AfD abgeschrieben ist – scheint nur so lange zu gelten, bis der Dienstwagen vor der Tür steht.

(Beifall von der AfD)

Das nächste Beispiel. Während andere europäische Staaten und deutsche Bundesländer die Burka aus der Öffentlichkeit verbannen, heißt es bei Schwarz-Gelb in NRW: Wollen wir nicht, brauchen wir nicht, ist nicht so wichtig.

Ja, wir haben als AfD sogar extra einen Antrag der niedersächsischen CDU-Fraktion vorgelegt, damit Sie endlich einmal zustimmen können.

(Christof Rasche [FDP]: Abgeschrieben! – Zuruf von der AfD: Die CDU hat ihren eigenen Antrag abgelehnt!)

Selbst das war Ihnen zu bürgerlich und zu konservativ. Und wenn Sie meiner Rede damals zugehört hätten, dann wüssten Sie jetzt immer noch, dass ich bereits damals betont habe, dass wir extra und absichtlich den CDU-Antrag aus Niedersachsen genommen und diesen hier vorgelegt haben. Wenn Sie es immer noch nicht wissen, dann schauen Sie sich doch mal das Redemanuskript an, anstatt hier so dumm daherzureden!

(Beifall von der AfD)

Sie können dem also nicht zustimmen; selbst das war Ihnen zu bürgerlich, das war Ihnen zu konservativ. Sie reden wie Claudia Roth gerne von Toleranz und Gleichberechtigung, aber die Gleichberechtigung muslimischer Frauen ist Ihnen völlig schnurz.

(Beifall von der AfD)

Und wo wir schon bei Gleichberechtigung sind: Wie steht es denn mit der Gleichberechtigung hier im Parlament? – Es ist guter Brauch und parlamentarische Sitte, dass jede Fraktion im Präsidium des Landtags vertreten ist, schon weil wir doch alle hier vom Präsidium dieses Hauses die Zusammenarbeit über die Fraktionsgrenzen hinweg sowie Neutralität erwarten. Aber dazu waren Sie ja alle miteinander nicht in der Lage. Sie pachten gerne die Begriffe der Demokratie und der Toleranz für sich, aber von deren Inhalt und Wesen haben Sie sich nicht nur beim Thema „Landtagsvizepräsident“ weit entfernt.

(Beifall von der AfD – Zuruf von der AfD: Genauso ist es!)

Sie haben im Gegenteil mehr als 626.000 nordrhein-westfälische Bürger zu Wählern zweiter Klasse erklärt, indem Sie diesen Wählern eine Vertretung im Parlamentspräsidium vorenthalten und diese Vertretung stattdessen einmal gerade 500.000 grünen Wählern zugeschanzt haben. Und die Erkenntnis hat sich durchgesetzt: Dienstwagen verbinden anscheinend doch über die Grenzen der ach so demokratischen Fraktionen hinweg.

(Beifall von der AfD)

Ich komme zu Minister Holthoff-Pförtner: ein Fall für die vielbeschäftigte Ehrenkommission, dem Sie, Herr Laschet, erst im Nachhinein Teile seines Verantwortungsbereiches nahmen, statt dies von Anfang an zu tun, wie es sich gehört hätte. Ausgerechnet dieser Minister spielt den Empörten, weil mein Kollege Beckamp auf die Folgen der Überbevölkerung in Afrika verweist.

Das ist doch völlig verrückt. Als hätte Herr Beckamp nicht vollkommen recht, indem er auf diese selbstverständliche Erkenntnis hinweist. Es ist diese gespielte Empörung, das gewollte Missverstehen, dieses Schaumbad der Hypermoral. Das ist doch eines Ministers ebenso unwürdig wie die hier erlebte Aufführung von Minister Joachim „die Gosse“ Stamp.

(Beifall von der AfD)

Dabei vergessen Sie offenbar völlig, dass die NRW-Steuerzahler Sie doch hier nicht für Staatsschauspielerei bezahlen, sondern für eine möglichst sachliche Politik ohne Ihre ständige moralische Überheblichkeit.

Apropos moralische Überheblichkeit: eine Grünin versuchte sich darin. Nachdem mein Kollege Seifen hier an diesem Platz sehr schön herausgearbeitet hat, wer die Pharisäer und Jakobiner sind, und demokratietheoretisch messerscharf die Zustände analysierte, da kommt die Frau Beer daher und versucht sich daraufhin im Goebbels-Vergleich. Ich zitiere Frau Beer:

„Die unkritische Verwendung des Wortes ‚Altparteien‘ etabliert einen Kampfbegriff des rechten Spektrums und der AfD, dessen Ursprung auf Josef ‚Lügenpresse‘ Goebbels zurückgeht.“

So weit Frau Beer. – Dann hier noch ein paar Zitate, nicht von Frau Beer:

„2,2 Millionen Bundesbürger haben … dafür gesorgt, dass im Bundestag eine wirkliche Oppositionspartei vertreten ist, die grundlegende Alternativen zum zerstörerischen Kurs der Altparteien zu bieten hat.“

Oder:

„Die Zahl der Menschen war deutlich angewachsen, die den machtorientierten Altparteien den Rücken kehrten.“

Oder auch dies:

„Abhängigkeiten der Altparteien vom großen Geld einiger Industriekonzerne wurden offenkundig.“

Und einen habe ich noch:

„Das ist weit mehr als bloßer Umweltschutz oder gar technischer Umweltschutz, an dem selbst die Altparteien nicht mehr ganz vorbeikommen.“

Meine Damen und Herren, woher habe ich wohl diese vier Zitate? – Ich habe diese vier Zitate aus dem Bundestagswahlprogramm der Grünen von 1987.

(Beifall von der AfD – Zurufe von der AfD: Hört! Hört! Heuchlerisch! Unglaublich!)

Wenn wir nun einmal annehmen, dass die recht inhaltslosen Äußerungen von Frau Beer im Hinblick auf meinen Kollegen Seifen auch nur annähernd zutreffend wären – was selbstredend nicht der Fall ist –, so muss man ja wohl konstatieren, dass es die Grünen waren, die Goebbelsche Rhetorik in der deutschen Politik wieder salonfähig gemacht haben, meine Damen und Herren!

(Beifall von der AfD – Zurufe von der AfD: Jawoll!)

Man muss konstatieren, dass sich die Grünen von Beginn an laut Frau Beer dieses Kampfbegriffs des rechten Spektrums bedient haben, aber heute in Selbstgerechtigkeit suhlend mit dem Finger auf andere zeigen.

(Beifall von der AfD)

Frau Beer, wenn ich Ihrer Diktion folge, stellt sich doch die Frage: Welcher Nazipartei gehören Sie eigentlich an?

(Beifall von der AfD)

Dabei ist es doch Ihre sogenannte Zuwanderungspolitik, die Zuwanderungspolitik der alten Parteien oder meinetwegen auch, um mit den Grünen zu sprechen, der Altparteien, die den Antisemitismus in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen wieder wachsen lässt, was nicht zuletzt bei der Gedenkveranstaltung der jüdischen Gemeinde in Mönchengladbach zur Sprache kam. Derartige Beiträge von Ihnen, Frau Beer, sind daher nicht nur peinlich, sondern eine wahre Schande.

(Beifall von der AfD)

Wenn hier ahistorische Vergleiche zu NS-Verbre-chern gezogen werden, wenn Sinn und Bedeutung von Toleranz und demokratischem Miteinander nicht mehr erfasst werden, kann es natürlich sein, dass nicht Sie, Frau Beer, persönlich für diesen Missgriff verantwortlich sind, sondern dass das den Versäumnissen geschuldet ist, die dem Bildungssystem in Nordrhein-Westfalen anzulasten sind.

(Beifall von der AfD)

Der bildungspolitische Trend ist dem Haushaltsplan klar zu entnehmen: die Vernachlässigung der anderen Schulformen zugunsten von Gymnasien und Gesamtschulen. Die Schülerzahlen scheinen dies zu belegen – allerdings nur deshalb, weil die Politik dazu die Anreize gesetzt hat. Die Marginalisierung nicht gewünschter Schulformen hat heute dazu geführt, dass an allen Schulen Bedarfe im Sozialbereich angestiegen sind.

Der Trend zum sogenannten gemeinsamen Lernen schafft hyperheterogene Lerngruppen, in denen schwierige gruppendynamische Prozesse ablaufen, die schwerer zu handeln sind als in Lerngruppen mit einer höheren Homogenität, in der sich die einzelnen Schüler und Schülerinnen als Teil einer gemeinsamen Lern- und Leistungsgemeinschaft begreifen. Hier kann die Motivation, etwas zu lernen und mitzuarbeiten, von der Gruppe selbst gestützt und befördert werden.

Die Gruppen des sogenannten Gemeinsamen Lernens hingegen weisen isoliert für sich lernende Kleingruppen auf, welche mit sich selbst beschäftigt auf viel höherem Grade Störpotenzial entfalten. Es ist eben so, dass die Dorfschule des 18. Jahrhunderts nicht so effizient ist wie die begabungsgerechte Regelschule des 20. Jahrhunderts. Aber das wollen Sie nicht hören.

(Beifall von der AfD)

Diese Erkenntnis hat sich bei Ihnen noch nicht durchgesetzt. Stattdessen doktern Sie nun an den Verwerfungen rot-grüner Bildungspolitik herum, der Sie keinen großen Widerstand entgegengesetzt haben. Sie müssen jetzt natürlich Geld einsetzen für Schulsozialarbeit, die bis in die 80er-Jahre hinein nur in seltenen Fällen notwendig war. Jetzt aber sind die Schulsozialarbeit und der Einsatz multiprofessioneller Teams bitter notwendig. Trotzdem beklagt man seitens der Wirtschaft die unzureichende Qualifizierung der Schulabgänger.

Auch die Investitionen in das Evaluationsinstrument QUA-LiS kann die Misere nicht beseitigen. QUA-LiS bedeutet Qualitäts- und UnterstützungsAgentur – Landesinstitut für Schule. Dafür geben Sie rund 13 Millionen € aus, ohne dass sich an der Qualität der Lernergebnisse auch nur irgendetwas verbessern würde. Früher waren die jeweiligen Dezernate in den Bezirksregierungen für die Qualitätssicherung zuständig. Die heutige Praxis ist nicht nur extrem teuer, sondern auch inhaltlich ineffizient.

Wenn Grundschulrektoren den Unterricht im Gymnasium begutachten, muss das nicht immer zielführend sein – übrigens auch nicht umgekehrt. Vor allem kommt bei den Berichten von QUA-LiS immer das gleiche Ergebnis heraus: die Aufforderung, den Anteil offener Unterrichtsformen zu erhöhen und die Lehrpläne zu überarbeiten. Es ist eine sich ständig fortschreibende Verschlimmbesserung.

(Helmut Seifen [AfD]: So ist es!)

In den Schulen wird dies übrigens bereits süffisant kommentiert. Hier zeigt sich also wieder: Man sollte – das erwarte ich eigentlich von einer sich konservativ gebenden Partei wie der CDU – althergebrachte Strukturen modifizieren und an die Gegebenheiten anpassen, aber nicht einfach mit einem Federstrich beseitigen.

(Beifall von der AfD)

Übertragen Sie die Evaluation von Schulen wieder den dafür zuständigen Fachdezernenten und versorgen Sie die Dezernate mit dem dafür notwendigen Personal.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung suggeriert einen Wechsel in der Bildungspolitik. Sie dreht auch an einigen Stellschrauben mit dem Versprechen, endlich wieder für Qualität zu sorgen, setzt aber letztlich die große Linie der verfehlten rot-grünen Bildungspolitik fort.

Das ist aber auch kein Wunder, denn die Ministerin, die erfreulicherweise noch hier ist, weiß nicht, welche finanziellen, sachlichen und inhaltlichen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um an den Schulen gute Bildungsarbeit zu leisten. Sie lässt sich also deshalb beraten. Es ist durchaus lobenswert, wenn man sich beraten lässt, aber sie lässt sich von denselben Ratgebern beraten, die der grünen Frau Löhrmann die unseligen Vorstellungen eingeflößt haben, welche zur Bildungskatastrophe in NRW geführt haben.

(Beifall von der AfD)

Ein Paradebeispiel ist der Vollzug von G9, der nur halbherzig erfolgt. Mit Tricksereien hebelt die Ministerin das Volksbegehren aus, indem sie die Terminierung für ihre G9-Konzeption parallel zur Frist für die Unterschriftensammlung des Volksbegehrens Ende November legt. Gegen den Willen der Eltern möchte die Ministerin Ganztag mit Zwang durchsetzen, obwohl eine klare Mehrheit der Gymnasialeltern gerade eben dies nicht wünscht. Letztlich stehen Schüler, Eltern und Lehrer vor einer ungewissen Zukunft. Einen wirklichen Plan scheint die Landesregierung hier nicht zu haben.

Das Gleiche gilt für die zieldifferente Inklusion. Die Beschulung von Kindern mit besonderem Förderbedarf gemeinsam mit Regelschulkindern geht vor allem am Bedürfnis der Kinder vorbei, die der besonderen Unterstützung bedürfen. Diese kommen in den Regelschulen nicht zu ihrem Recht, denn ob sie in einer gemeinsamen Lerngruppe alleine besondere Aufgaben lösen müssen oder getrennt von ihrer Klasse in gesonderten Räumen mit Förderlehrkraft unterrichtet werden: Immer erfahren diese Kinder ihre besondere Situation.

Sowohl der soziale als auch der pädagogische als auch der unterrichtliche Nutzen der zieldifferenten Inklusion ist nicht nur mehr als zweifelhaft; er ist schlicht und ergreifend nicht gegeben. Unsere Vorfahren wussten schon, warum sie das begabungsgerechte Schulsystem entwickelt haben: aus Menschenfreundlichkeit und dem Willen, jedem Kind eine Chance zu geben und ihm Freude zu bereiten bei der Entwicklung seiner Persönlichkeit und bei seinen Lernfortschritten.

Dass Sie das Experiment der zieldifferenten Inklusion auf Kosten der Kinder weiterfahren, wird man Ihnen zu einer späteren Zeit als besondere Form der Verbohrtheit vorwerfen. Was tun Sie den betroffenen Kindern damit eigentlich an? Haben Sie sich darüber schon einmal Gedanken gemacht? – Ich glaube nicht.

(Beifall von der AfD)

Vorzuwerfen ist Ihnen ebenfalls, dass auch zum Thema Linksextremismus nicht viel kommt. Anstatt sich auch haushalterisch in Äquidistanz zu jeglichem Extremismus zu verorten, belassen Sie es bei dem sachlich in keiner Weise zu rechtfertigenden massiven Ungleichgewicht zugunsten der Linksextremisten. Auch hier räumt Schwarz-Gelb leider bürgerliche Positionen. Sind Sie für den Kampf gegen linke Extremisten zu schwach, oder fühlen Sie sich denen als mittlerweile eine Partei der linken Mitte zu nahe?

(Beifall von der AfD)

Ich kann diese Frage nicht beantworten.

Aber ob beim Schröpfen der Sparer, beim Ausnehmen der Steuerzahler, bei der ungezügelten Massenzuwanderung, der nicht vollzogenen Abschiebungen, der unsinnigen Energiewende, der verfehlten Inklusionspolitik oder bei den von Ihnen nicht gewünschten Volksabstimmungen – es wäre ja noch schöner, wenn das Volk irgendetwas zu sagen hätte! – wähnen Sie große Teile der Presse dabei an Ihrer Seite. Was die alten Medien angeht, haben Sie da nicht einmal unrecht. Schließlich verorten sich Journalisten laut wissenschaftlichen Studien selbst ganz überwiegend links der Mitte. Da hat eine Regierung wie Schwarz-Gelb in NRW natürlich nicht so viel zu befürchten.

Während andere in der Union zumindest über eine Reform im Sinne einer massiven Verschlankung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nachdenken, kommt von Ihnen gar nichts. Lieber zwingen Sie die Bürger, für Fernseh- und Radioprogramme zu bezahlen, selbst wenn sie diese gar nicht sehen oder hören wollen. Aber das wird Ihnen nichts nutzen; denn immer mehr Menschen informieren sich außerhalb der alten Medien unseres Staatsfunks und entziehen sich damit einer immer mehr als Propaganda empfundenen Vermischung aus Nachricht und Meinung.

(Beifall von der AfD)

Meine Damen und Herren, wir werden hier auch weiterhin eine konstruktive bürgerliche Opposition sein. Wir werden weiterhin Plenarwoche für Plenarwoche Anträge und Gesetzentwürfe einbringen, obwohl Sie nicht einmal dann zustimmen, wenn diese eins zu eins Ihrer Programmlage entsprechen. Ganz nebenbei stellt sich mir die Frage, ob Ihnen dieses Kindergartenverhalten eigentlich noch Spaß macht oder ob Ihnen das auf Dauer nicht zu entwürdigend ist. Aber es ist Ihre Würde, mit der Sie spielen, und nicht meine.

(Beifall von der AfD)

Wir sind auch bei Ihnen, wenn Sie in kleinen Schritten zumindest einige rot-grüne Sünden tilgen. Keinen freute es mehr als uns, wenn Sie sich wieder Ihrer bürgerlichen, konservativen, klassisch-liberalen und patriotischen Wurzeln besinnen würden. Aber wir werden entschieden Widerstand leisten, wenn Sie hier – wie es sich leider andeutet – einfach nur rot-grüne Politik mit besser sitzenden Anzügen und etwas Mitte-Rhetorik machen wollen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der AfD – Minister Hendrik Wüst: Immerhin!)

Wir sind nicht nur der Sachwalter der AfD-Wähler, sondern auch eines großen Teils Ihrer Wähler, falls Sie das noch nicht gemerkt haben, die noch nicht ganz bei uns angekommen waren, sich von Ihnen aber mehr erhofft hatten als dieses nun zwar kraftlose und sehr lasche „Weiter so!“

Auch Ihre ehemaligen Wähler, die von Ihnen etwas anderes, nämlich einen echten Politikwechsel erwartet hatten, haben mit uns ein Druckmittel. Sie haben es in der Hand, unser Nordrhein-Westfalen wirklich zu verbessern oder die AfD weiter groß und stark zu machen. Dabei wünsche ich Ihnen eine glückliche Hand. – Herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall von der AfD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Fraktionsvorsitzender Wagner. – Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, muss ich Ihnen leider eine Rüge erteilen, Herr Fraktionsvorsitzender. Wir werden in diesem Hohen Haus auch in Zukunft keine Beschimpfungen – insbesondere in Verbindung mit Namensnennungen – zulassen. Das muss ich rügen. Das war unparlamentarisch. Ich denke, Sie wissen, worum es geht, sodass ich es nicht wiederholen muss.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Markus Wagner [AfD])

– Das wissen Sie nicht? Dann sage ich es Ihnen.

Ich wiederhole es bewusst noch einmal, damit Sie wissen, was Sie gesagt haben. Das wird hier im Hohen Hause nicht geduldet. Das kann ich Ihnen ganz klar sagen. Es gibt es hier nicht, dass Sie einen Minister oder einen Abgeordnetenkollegen mit den Worten: „Joachim ‚die Gosse‘ Stamp“ ansprechen.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Zuruf von Markus Wagner [AfD])

Wenn andere sich so im Ton vergreifen, werden sie – jedenfalls was meine Sitzungsleitung betrifft – genauso gerügt.

(Zuruf von der AfD: Darauf warten wir gern!)

Ich nehme an, dass meine Kolleginnen und Kollegen das genauso sehen.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Nehmen Sie es so zur Kenntnis. Danke schön.

Für den nächsten Redebeitrag steht der Finanzminister des Landes hier auf der Liste. Herr Lienenkämper, Sie haben das Wort.

Lutz Lienenkämper, Minister der Finanzen: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Wir haben wirklich viel Stoff für die Beratung dieses Landeshaushalts in den Ausschüssen. Dem will ich im Detail nicht vorgreifen. Ich will nur die eine oder andere sachliche Feststellung treffen und einiges richtigstellen.

Das Erste betrifft Herrn Römer. Sie haben über die Überschüsse in den Planungen der alten Regierung und in den Planungen gesprochen, die wir jetzt mit der Mittelfristigen Finanzplanung vorgelegt haben. Ich will das nur für das Protokoll zurechtrücken. Sie haben gesagt, wir planten mit weniger Überschüssen als die alte Regierung geplant hat. Nur zum Vergleich nenne ich die Zahlen. Wir vergleichen die Mittelfristige Finanzplanung, wie sie im Dezember 2016 in diesem Hohen Haus beschlossen wurde, und unsere Mittelfristige Finanzplanung.

Beschluss Rot-Grün vom Dezember 2016: Neuverschuldung im Jahr 2018 397 Millionen €,

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Plan 0 €, meine Damen und Herren.

Beschluss Rot-Grün für das Jahr 2019: Geplante Neuverschuldung 70 Millionen €. – Unsere Mittelfristige Finanzplanung sieht einen Überschuss von 30 Millionen € vor.

Für das Jahr 2020 lautet der Beschluss von Rot-Grün: Überschuss geplant 931 Millionen €. – Dagegen unsere Mittelfristige Finanzplanung: Überschuss von 1,1 Milliarden €.

Sie sehen, wir planen mehr Überschüsse und weniger Verschuldung als Rot-Grün hier beschlossen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Ich habe überlegt, worauf Sie sich möglicherweise bezogen haben. Vielleicht haben Sie sich auf die unterjährigen Annahmen meines Amtsvorgängers bezogen. Diese sind hier aber nie beschlossen worden. Die hat er immer nur auf Pressekonferenzen vertont. Ich glaube, sie wären von den Grünen damals auch gar nicht mitgetragen worden; denn in diesen Annahmen sind sowohl die Kürzungen um 6.674 Lehrerstellen enthalten als auch die Mehrausgaben nicht berücksichtigt. Damit sich das aber zuerst einmal gut anhört, sind die Steuereinnahmen willkürlich um 1 Milliarde € pro Jahr erhöht worden.

Das war insofern folgenlos, als dass es hier nie beschlossen worden ist. Ich will aber für alle, die es wirklich interessiert, deutlich machen: Das ist die Politik der Vorgängerregierung gewesen. Wir machen das solide und anständig.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dann will ich ausdrücklich sagen, Frau Kollegin Düker: In Ihrer Rede ist sehr viel enthalten, was wir fair, bei manchen Themen auch kontrovers, aber sachlich in den Ausschüssen besprechen werden. Das will ich ausdrücklich konzedieren.

Ich will nur einen Bereich herausgreifen, weil es auch ein Zitat aus der Zeitung war – Herr Plickert ist zitiert worden –, damit nicht der Eindruck entsteht, die Stellenzuwächse beim Innenministerium würden aus dem eigenen Etat bezahlt. Diese Annahme verstößt schon gegen Denkgesetze. Denn denknotwendigerweise wäre das nur dann der Fall, wenn der Etat nicht gestiegen, sondern gleichgeblieben wäre. Wenn ich bei einem gleichbleibenden Etat zusätzliche Stellen etatisiere, kann man auf die Idee kommen, dass diese Stellen aus dem Etat bezahlt werden. Da in diesem Bereich die Etatsteigerung aber mehr als 8 % beträgt, sind für jeden erkennbar diese Stellen aus Zuwächsen bezahlt worden und nicht aus dem Haushalt, meine Damen und Herren.

(Beifall von der CDU)

Das soll es aus meiner Sicht für diese Debatte gewesen sein. Ich freue mich auf die Auseinandersetzung und auf die Beratungen im Ausschuss.

Eine letzte Bemerkung zur AfD. Ich bin als Parlamentarier dezidiert der Auffassung, dass in diesem Hohen Haus jeder Wortbeitrag eines jeden Kollegen, egal, wo er herkommt, den Anspruch hat, entsprechend seiner inhaltlichen Bedeutung von allen anderen gewürdigt zu werden. Das mache ich hiermit. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Minister Lienenkämper. – Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Zimkeit das Wort.

Stefan Zimkeit (SPD): Den letzten Worten des Finanzministers, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Herr Präsident, schließe ich mich ausdrücklich an.

Ich möchte mit dem Beitrag von Herrn Löttgen beginnen. Ich will das sehr in Ruhe vortragen, weil das, glaube ich, im Hinblick auf den Umgang miteinander wichtig ist. Wir in der SPD-Fraktion haben Ihre Worte, die Sie gerade gegenüber Herrn Römer geäußert haben, so verstanden, dass er Wasser auf die Mühlen der Demokratiefeinde gegossen hat. So ist das bei uns angekommen. Wenn das nicht so gemeint war, bitte ich Sie, das klarzustellen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Lesen Sie es einfach noch einmal nach, Herr Zimkeit! Lesen Sie es nach!)

Wenn es so gemeint war, dann sagen wir in aller Deutlichkeit: Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben keine Nachhilfe in Demokratie nötig, schon gar nicht von Ihnen.

(Beifall von der SPD)

Wenn es so gemeint war, dann in aller Deutlichkeit.

(Bodo Löttgen [CDU]: Und wenn es nicht so gemeint war und nicht so dort steht, dann nehmen Sie es zurück?)

– Ich habe extra gefragt. Wenn es nicht so gemeint war, dann stellen Sie es bitte klar. Ich habe nur deutlich gemacht, wie es bei uns angekommen ist und dass wir das nicht so stehen lassen wollen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Das habe ich nicht so gesagt!)

Wenn es, wie gesagt, nicht so gemeint war, nehmen wir das gerne so zur Kenntnis. Denn es ist, glaube ich, wichtig, im Glashaus nicht mit Steinen zu schmeißen. Herr Löttgen, Sie haben sich über die Form beschwert, in der die Opposition Kritik übt. Es ist klar, dass es den Koalitionsfraktionen nicht passt, wenn Kritik geübt wird. Aber man sollte dabei auch die eigenen Maßstäbe ansetzen.

Bei Ihnen, Herr Löttgen, zwei Dinge zu den eigenen Maßstäben. Wenn Sie sich hier hinstellen und die Beiträge von anderen Kolleginnen und Kollegen „armselig“ nennen, dann sollten Sie vielleicht nicht so kleinlich auf andere harte Auseinandersetzungen reagieren, wie Sie das tun.

(Beifall von der SPD)

Richtig ernst genommen hätten wir Ihre Worte und hätten Ihnen den geforderten Respekt sehr gerne entgegengebracht, wenn Sie die in Ihrem Redebeitrag, als Sie das Thema sogar angesprochen haben, die Stärke gezeigt hätten, Ihre Falschaussagen aus der Debatte zum Nachtragshaushalt 2017 gegenüber Frau Kraft richtigzustellen und sich zu entschuldigen. Dieses Verhalten hätte Respekt verdient. Leider konnten Sie sich dazu nicht durchringen. Das finde ich sehr schade.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich nun zum Haushalt kommen. Dazu gibt es nämlich auch einiges zu sagen. Zunächst einmal zeigt der Haushalt, dass die Koalition, insbesondere die CDU, das Beispiel von Sankt Martin nicht so richtig verstanden hat. Die Kollegin Scharrenbach hat, wie man es tun kann, gefordert, dass man Sankt Martin ernster nehmen soll, dass man diese Tradition pflegen soll. Man könnte noch fragen, wie alt diese Tradition ist. Aber das klären wir irgendwo anders. – Das finde ich gut, denn Sankt Martin steht für soziales Verhalten.

Nur tut diese Landesregierung genau das Gegenteil. Sie nimmt nicht den eigenen Mantel und teilt ihn, sondern sie nimmt armen Leuten das bisschen Mantel weg, das sie haben, teilt das und verteilt es weiter. Das wird besonders deutlich – das ist schon gesagt worden – bei der Frage des Sozialtickets. Sie nehmen Hartz-IV-Empfängern Geld für die Mobilität weg, um es Auszubildenden, die es brauchen, zu geben. Das ist nicht Sankt Martin, das ist unsozial, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD)

Sie reden über Chancen, die Menschen brauchen, die eröffnet werden sollen. Aber Menschen, die es am schwersten haben, diese Chancen zu bekommen, die einen sozialen Arbeitsmarkt brauchen, nehmen Sie diese Chancen weg, indem Sie in diesem Jahr für den sozialen Arbeitsmarkt 33 % weniger ausgeben wollen. Auch das ist nicht Sankt Martin, sondern ist unsozial.

In dem Beitrag von Herrn Rasche wurde deutlich, wie unterschiedlich unser Herangehen an soziale Gerechtigkeit ist. Ich finde es schon bezeichnend, dass niemand von der CDU, sondern nur Herr Rasche über die Sozialpolitik spricht. Wenn Herr Rasche sagt, für uns müssen alle Menschen gleich behandelt werden, dann zeigt das, dass hier Sozialpolitik nicht verstanden worden ist. Denn es gibt Menschen, die mehr Unterstützung brauchen als andere. Es gibt Menschen, die einen sozialen Arbeitsmarkt brauchen. Die müssen besonders unterstützt werden. Es ist skandalös, dass Sie die einzigen Einsparungen ausschließlich in diesem Bereich vornehmen.

(Beifall von der SPD)

Ein weiteres interessantes Vorgehen zeigen Sie bei Ihrer Kehrtwende zu den neuen Stellen. Darüber hat ja heute die „Rheinische Post“ berichtet.

Dann begründet der Finanzminister die neuen Stellen mit neuen Aufgabenfeldern. Herrn Witzel hat der Finanzminister wahrscheinlich nie zugehört, auch seinen eigenen Fraktionskollegen nicht. CDU und FDP haben von diesem Pult immer wieder gesagt: Neue Aufgaben müssen durch Einsparungen finanziert werden. Sie tun das Gegenteil.

Bei dieser Kehrtwende setzt Herr Rasche für die FDP einen obendrauf. Er stellt es als Erfolg Ihrer Politik dar, dass neue Abteilungen in Ministerien gegründet würden. Das ist das komplette Gegenteil von dem, von dem Sie immer gesprochen haben. Sie bauen mehr Bürokratie auf, anstatt Bürokratie abzubauen und gegenfinanzieren das mit sozialen Kürzungen. Das ist Ihre Linie in diesem Haushalt.

Ich komme zu den Einsparungen von 131 Millionen €. Auf die Frage bei der Pressekonferenz von Journalistinnen und Journalisten „Wo konkret, Herr Lienenkämper, ist das denn?“ sind Sie die Antwort schuldig geblieben. Da sollen die Ministerien mal irgendwo schauen.

Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder ist das Laschets Luftnummer, der diese angekündigt hat, aber die kommen nicht, oder – was mir mehr der Fall zu sein scheint – Sie verschieben Ihre politische Verantwortung für Einsparungen auf die Ministerien, weil Sie entweder nicht die Kraft oder den Willen haben zu entscheiden, in welchen Förderprogrammen gekürzt werden soll. Sie drücken sich vor der Verantwortung, die Sie in dieser Frage haben.

Nun zu Ihren Äußerungen gerade hier zu dem Vergleich der Zahlen. Ja, Sie haben es deutlich gemacht, haben allerdings auch in erschreckender Weise Ihre Unkenntnis bewiesen. Die Aussage, die Mittelfristige Finanzplanung sei beschlossen worden, ist schlicht und einfach falsch. Mittelfristige Finanzplanungen werden zur Kenntnis genommen, aber nicht beschlossen. Das aber nur am Rande.

Doch was Sie natürlich versuchen zu ignorieren bei dem, was Sie darstellen, ist, dass zwischen der Mittelfristigen Finanzplanung der rot-grünen Regierung und Ihren Zahlen heute Steuerschätzungen mit Milliarden Euro zusätzlichen Einnahmen liegen. Der Skandal ist doch, dass Sie es trotz Rekordsteuereinnahmen nicht schaffen, Schulden abzubauen, obwohl Sie es immer versprochen haben.

Die Rechnung ist doch eine ganz einfache. In dem Plan von Rot-Grün waren ursprünglich 400 Millionen € Schulden bei 1 Milliarde € mehr Steuereinnahmen vorgesehen. Da bleibt schon mal ein Plus von 600 Millionen €, das Sie eben nicht wie versprochen zur Schuldentilgung genutzt haben.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Hat er vergessen zu sagen!)

Das zeigt, dass Sie Politik nach dem Motto ‚“Was stört mich mein Geschwätz von gestern“, machen.

Auch Ihre Äußerung, da sei nichts schöngerechnet, ist falsch. Sie haben 100 Millionen € jetzt in diesem Haushalt 2018, die Sie den Kommunen für die Krankenhausfinanzierung wegnehmen. Wir haben Ihnen einen Vorschlag unterbreitet, die Kommunen zu schonen. Diese 100 Millionen € hätten eigentlich im letzten Jahr …, in dem die Investitionen beschlossen worden sind. Die ziehen Sie in dieses Jahr hinüber, um Ihren Haushalt zu schönen.

Sie haben beim Pensionsfonds 120 Millionen € aus dem letzten Jahr genommen und ziehen sie hinüber, um Ihren Haushalt zu verbessern. Da stellen Sie sich hin, Herr Lienenkämper, und sagen: Es ist gut. Wir benutzen da ein gutes Instrumentarium der letzten Landesregierung.

(Zuruf von der CDU)

– Ja, das ist so. Aber Ihre Koalitionsfraktionen haben dieses Instrumentarium von diesem Pult aus beschimpft, haben es als Haushaltstricksereien bezeichnet. Offenbar scheint es große Unterschiede in der Bewertung zwischen Ihnen und Ihren Koalitionsfraktionen zu geben.

Aber der Pensionsfonds ist die zweite Trickserei, und die dritte Trickserei ist das Kita-Rettungspaket. Wir haben übrigens nie, wie hier gerade von Herrn Rasche behauptet worden ist, Kritik an Geld für das Kita-Rettungspaket geübt, sondern das haben wir ausdrücklich unterstützt. Wir sagen, es ist schlecht gemacht. Dazu kommen wir noch. Aber diese Mittel hätten eigentlich auf drei Jahre verteilt in den Haushalt gehört, weil sie auch auf drei Jahre verteilt ausgezahlt werden müssen. Das ist auch eine Verschiebung.

Allein mit diesen Tricks rechnen Sie Ihren Haushalt um 500 Millionen € schön, die Ihnen sonst für die schwarze Null fehlen würden. Das ist Ihre Vorgehensweise.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Angesprochen hatte ich schon die inhaltliche Wende der FDP, dass sie etwas völlig anderes tut, als sie bisher gesagt hat und neue Abteilungen – ich sagte es bereits – als großen Erfolg der FDP-Politik feiert. Das ist schon sehr interessant.

Wenn Sie allerdings dann in diesem Zusammenhang von Stilfragen sprechen, Herr Rasche, dann sollten Sie vielleicht doch noch mal nachdenken.

Ein Beispiel für eine Stilfrage haben Sie uns gerade deutlich vorgeführt. Sie haben gesagt: Wir haben kw-Vermerke bei Lehrerinnen und Lehrern gestrichen, wir haben im Haushalt 2018 die Besoldung für die stellvertretenden Schulleiter erhöht.

Ja, das haben Sie getan. Aber im Nachtragshaushalt 2017, wo wir genau dies beantragt haben, haben Sie das noch abgelehnt; und dann laden Sie uns hier zur Zusammenarbeit ein. Hier Anträge abzulehnen, weil „SPD“ darüber steht, und dann das Gleiche im nächsten Jahr zu machen, das ist mehr als billig und kann Stil eigentlich nicht begründen.

Bei Stilfragen haben Sie auch das Verhältnis der Koalitionäre untereinander angesprochen: Bei Ihnen gäbe es keinen Streit.

Sie waren nicht in der letzten Sitzung des Haushalts- und Finanzausschusses. Hier ist öffentlich in einem Ausschuss eine Debatte über die Fusion der Sparkassenverbände entstanden. Dazu hat der Staatssekretär von der CDU gesagt: In dieser Legislaturperiode werden wir keine diesbezügliche gesetzliche Regelung treffen. Herr Witzel von der FDP hat gesagt: Das steht zwar nicht im Koalitionsvertrag, aber ob das gemacht wird oder nicht, ist noch nicht entschieden. – Das machen Sie qua Debatte im HFA und erklären trotzdem, es gäbe keinen Streit in Ihrer Koalition. Da sind Sie wohl schlecht unterrichtet, Herr Rasche.

Bei einer letzten Stilfrage, die ich ansprechen will, geht es um den von Ihnen erwähnten Umgang der Landesregierung mit der Öffentlichkeit und das, was wir dazu beim Nachtrag zum Thema Krankenhausfinanzierung erlebt haben. Stil dieser Regierung ist es, die kommunalen Spitzenverbände über 100 Millionen € zusätzlicher Ausgaben über die Presse zu informieren. Wenn das der Stil der neuen Regierung ist, dann kann ich nur sagen „Gute Nacht!“ und vor allen Dingen „Die armen Kommunen!“

(Beifall von der SPD)

Das Stichwort „Kommunen“ will ich aufgreifen, weil Herr Löttgen einen Exkurs zur Solidarität gemacht hat, der ziemlich schiefgegangen ist. Was ist denn die Belastung der Kommunen? Über die 100 Millionen € für Krankenhausfinanzierungen und wie die auf den Weg gebracht worden sind, haben wir schon gesprochen.

Aber auch beim Stärkungspakt lassen Sie sich feiern für die 91 Millionen € weniger, die Sie dann von finanziell besser gestellten Kommunen haben. Aber was tun Sie denn in diesem Paket? Kommunen, von denen Solidaritätsbeitrag gezahlt wird, die finanziell besser gestellt werden, entlasten Sie in diesem Gesamtpaket um 40 € pro Einwohner und um weniger als 4 € alle anderen Kommunen. Sprich: Ihre Solidarität heißt: Wir geben es denen, denen es finanziell gut geht und geben es nicht denen, denen es finanziell schlecht geht. – Wir haben einen anderen Begriff von Solidarität.

Auch was die Frage der Finanzierung von Flüchtlingen angeht, haben wir eine andere Auffassung von Solidarität. Es ist schon angesprochen worden, aber ich wiederhole es: Sie sparen 1 Milliarde € an Ausgaben ein, die nicht zustande kommen, weil die Flüchtlingszahlen zurückgegangen sind. Das ist 1 Milliarde € mehr, die Ihrem Haushalt zur Verfügung steht.

Trotz aller Versprechungen bekommen die Kommunen davon keinen Cent zur besseren Unterstützung ihrer Lage. Das verstehen wir nicht unter Solidarität. Wenn Sie das unter Solidarität verstehen, ist das Ihr Problem. Wir wissen: Die Kommunen brauchen in dem Bereich eine stärkere Unterstützung. – Wir werden Ihnen sicherlich Gelegenheit geben, Ihre Versprechung in dieser Hinsicht noch einzuhalten.

Der Haushalt ist unsozial und unsolide, er ist konzept- und ideenlos, er ist kommunalfeindlich, und er schafft die schwarze Null nur wegen Rekordsteuereinnahmen und Haushaltstricks. Vor diesem Hintergrund ist es eigentlich kein Wunder, dass dieser Haushalt nur von Herrn Lienenkämper und Herrn Rasche gelobt wird und sonst eigentlich von niemandem. – Schönen Dank.

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Zimkeit. – Ich darf nun für die AfD Herrn Seifen das Wort erteilen.

Helmut Seifen (AfD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es bleibt zu dem, was der Fraktionsvorsitzende der AfD vorgetragen hat, nur noch wenig zu ergänzen.

Was die Schulpolitik angeht, möchte ich noch ein Beispiel herausgreifen, das verdeutlicht, wie groß die Misere ist, die die Politik nicht nur der letzten zehn, sondern im Grunde genommen der letzten zwölf Jahre zurückgelassen hat; denn das Ganze fing eigentlich schon unter der Rüttgers-Regierung an.

Es sind sehr viele Rektorenstellen unbesetzt – sowohl in den Grundschulen als auch in den Hauptschulen. Das verdeutlicht und ist ein Symptom dafür, dass hier etwas nicht stimmen kann; denn normalerweise – ich will nicht sagen, dass die Kolleginnen und Kollegen sich darum reißen, eine Leitungsstelle zu bekommen – gab es bisher immer wieder genügend Lehrkräfte, die es spannend fanden, zu gestalten.

Wenn die Misere nun so groß ist, dass wir in aller Not die Besoldungsstufe anheben mussten, damit wir überhaupt Lehrkräfte dafür bekommen, dann verdeutlicht das, dass es um unser Schulsystem nicht so gut bestellt sein kann.

Das ist vor allen Dingen bei den Grund- und Hauptschulen so. Gehen Sie einmal in einige Ballungsgebiete und beobachten da Hauptschulen! Dann werden Sie feststellen, dass das Unterrichten dort eine wirklich sehr große Last ist. Da herrscht manchmal blanke Gewalt, und die Lehrkräfte haben tatsächlich Angst vor den Schülern.

Zu all dem ist hier nichts gesagt worden – auch nicht bei den Ausführungen zur Schulpolitik.

Nun mussten Sie natürlich reagieren. Die Anhebung der Besoldungsstufe für Rektoren war die Konsequenz. Im Augenblick bleibt Ihnen auch nichts anderes übrig, als diese Anreize zu bieten. Es ist auch nachvollziehbar, dass die Besoldungsstufe für Konrektoren jetzt ebenfalls angehoben wird.

Trotzdem scheint mir das alles wenig durchdacht und wieder nur auf kurze Wirkung angelegt zu sein. Denn wie lange wird der Anreiz anhalten? Wenn Sie die Pläne verwirklichen, auch die Besoldungsstufen für die Lehrkräfte von Grund- und Hauptschulen anzuheben, werden Sie wieder vor dem gleichen Problemen stehen wie jetzt, Rektoren und Konrektoren zu finden. Denn wer wird sich den Herausforderungen der Leitungsämter stellen, wenn man das Geld auch leichter verdienen kann?

Wollen Sie dann die Gehälter der Konrektoren und Rektoren auf A15 und A16 anheben? Glauben Sie, damit dann Gerechtigkeit in der Besoldungsstruktur zu schaffen? – Ich glaube das nicht.

Der Weg, den Sie jetzt beschreiten, führt Sie immer weiter in unwegsames Gelände, aus dem Sie keinen Ausweg mehr finden. Sie werden es sehen. Die Geldanreize, die Sie nun setzen, werden bald ihre Verführungskraft verlieren.

Wenn Sie nicht in der Bildungspolitik radikal umsteuern und sich endlich auf die Grundstrukturen besinnen, die unser Bildungssystem für über ein Jahrhundert ausgezeichnet haben, werden Sie an der augenblicklichen Situation nichts verbessern. Das wäre schade für die Lehrkräfte, noch schlimmer für die einzelnen Kinder und vor allem auch besorgniserregend für die Entwicklung unserer Gesellschaft.

Im Augenblick bezweifle ich aber sehr stark, dass Sie die Einsicht, die Kraft und vor allem den Willen haben, um die notwendigen Schritte einzuleiten. So werden noch weitere fünf Jahre ungenutzt ins Land gehen, bis endlich Politiker der AfD beginnen können, die von Ihnen verursachten Schäden wieder zu reparieren. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Präsident André Kuper: Danke schön. – Damit sind wir am Ende der Aussprache zum Haushaltsgesetz 2018 und zum Haushaltsbegleitgesetz 2018 angelangt. Einzelne Fraktionen hätten zwar noch Redezeit; mir liegen aber keine weiteren Wortmeldungen mehr dazu vor.

Somit kommen wir zu einem weiteren Teil des Tagesordnungspunktes 1, nämlich der Einbringung des Entwurfs zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2018 und zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes. – Ich erteile für die Landesregierung Frau Ministerin Scharrenbach das Wort. Bitte sehr.

Ina Scharrenbach*), Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung: Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich Ihnen zu Beginn der Einbringung der Gemeindefinanzierung für das Jahr 2018 drei Zahlen aus dem Finanzmittelsaldo und den Verbindlichkeiten für das Jahr 2016 dazu vorstellen, wie sich die Kommunen in Nordrhein-Westfalen eigentlich entwickelt haben. Sie stammen aus der Kassenstatistik, die Ihnen zeitnah zugehen wird.

Insgesamt haben die nordrhein-westfälischen Kommunen das Jahr 2016 per Saldo mit einem Finanzmittelfehlbetrag von rund 312 Millionen € abgeschlossen. Wie gesagt, ist das ein Saldo.

Zum einen konnten die Kommunen aus der laufenden Verwaltungstätigkeit einen Überschuss in Höhe von knapp 1,7 Milliarden € erzielen; das ist ein deutliches Plus gegenüber dem Jahr 2015.

Zum anderen – das ist das Negative, in diesem Fall aber durchaus Positive – haben die Kommunen wieder mehr investiert, und zwar im Jahr 2016 fast 2 Milliarden €, die letztendlich zu einem negativen Investitionssaldo führen.

Diese drei Zahlen verdeutlichen, dass unverändert Handlungsbedarf bei der Frage besteht, wie wir unsere Kommunen mit Finanzmitteln ausstatten und die Handlungsfähigkeit der Kommunen sichern. Denn die Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen ist umso wichtiger, um in der Zukunft auch Bürgerinnen und Bürger dafür zu gewinnen, sich bei der Gestaltung ihrer eigenen Stadt oder eigenen Gemeinde einzubringen und deutlich zu sagen, wohin sie sich denn entwickeln soll. Das können sie umso mehr, je mehr wir die Handlungsfähigkeit der Städte und Gemeinden in der Zukunft absichern.

Mit der Ihnen vorgelegten Gemeindefinanzierung 2018 wollen wir 11,7 Milliarden € an die Städte und Gemeinden überweisen. Das ist gegenüber dem noch laufenden Jahr 2017 ein Aufwuchs von über 1 Milliarde €.

Damit profitieren die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen natürlich von der wirtschaftlichen Entwicklung, die die Bundesrepublik in dem Verbundsteuerzeitraum genommen hat.

Aber – darauf legen wir besonders Wert – die Landesregierung hat mit drei Entscheidungen dazu beigetragen, dass es auch bei über 1 Milliarde € und damit letztendlich 11,7 Milliarden € nächstes Jahr für die Städte und Gemeinden bleibt.

Wir haben gesagt: Die Entlastung des Bundes, die für das Land ist, in Höhe von 217 Millionen € behält nicht der Landeshaushalt, sondern wir geben das eins zu eins in die Kommunen weiter. Das ist eine Entscheidung dieser Landesregierung.

Herr Kollege Zimkeit, Sie haben ein komisches Verständnis von Solidarität. Sie haben die Kommunen in der Vergangenheit jährlich mit 276 Millionen € in der Gemeindefinanzierung befrachtet, nämlich mit 91 Millionen € aus dem sogenannten Kommunal-Soli und mit 185 Millionen € im Vorwegabzug. Dann werfen Sie uns vor, wir hätten kein Solidaritätsverständnis. Sie haben befrachtet. Sie haben den Kommunen jedes Jahr 276 Millionen € entzogen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Deshalb haben wir gesagt: Wir lassen dieses Geld in den Kommunen, wo es hingehört, weil das Steuerkraft ist, und beginnen mit dem Kommunal-Soli, den wir unverändert für ungerecht halten, weil – das haben Sie in der Debatte zur Einbringung des Landeshaushalts 2018 heute schon mehrfach gehört – viele der Kommunen, die diesen Kommunal-Soli bezahlt haben, ihn entweder über Kredite finanziert haben

(Monika Düker [GRÜNE]: Das stimmt in Düsseldorf gar nicht!)

oder selbst in der Haushaltssicherung sind, weil ihre Ergebnisrechnung eben kein positives Ergebnis hat, sondern tatsächlich rote Zahlen.

Zum anderen haben wir gesagt: Den Vorwegabzug von 185 Millionen €, der die anderen Städte außerhalb des Stärkungspaktes betrifft, werden wir abschmelzen. – Deshalb haben wir eine Abschmelzungsperspektive für die nächsten Jahre in die Gemeindefinanzierung hineingenommen. Wir fangen an, die Städte und Gemeinden damit zu entlasten, während Sie sie jährlich befrachtet haben. Das ist ein wesentlicher Unterschied.

Mit der Gemeindefinanzierung erhalten Sie das Gemeindefinanzierungsgesetz. Sie haben gesehen, dass wir für das kommende Jahr die Parameter im Wesentlichen so beibehalten haben, wie sie von der Vorgängerregierung festgelegt wurden. Das hängt mit Zeitabläufen nach Regierungsbildungen und mit Planungssicherheit für die kommunalen Haushalte zusammen. Aber wir haben mehrere Änderungen vorgenommen.

Wir haben als Erstes die Mindestbeträge in der Schul- und Bildungspauschale und der Sportpauschale jeweils um 50 % erhöht. Das kommt im Besonderen kleinen kreisangehörigen Kommunen zugute. Es ist aber umso wichtiger, weil viele dieser Kommunen von einem Rückgang an Schülerzahlen betroffen sind, aber nichtsdestotrotz eine attraktive Bildungsinfrastruktur vor Ort brauchen, um im Rahmen der Daseinsvorsorge attraktiver Bildungsstandort zu sein. Deswegen heben wir das im ersten Schritt an.

Diese Pauschalen werden ab dem Jahr 2019 dynamisiert. Auch diesen Ausblick haben wir im Rahmen der Gemeindefinanzierung gegeben.

Vor der Landtagswahl haben wir das in diesem Plenum ja immer wieder von Ihnen gefordert: Stellen Sie die pauschalen Investitionszuweisungen deckungsfähig. Überlassen Sie den Räten die Entscheidung, wofür diese Mittel eingesetzt werden. Die Räte können es besser entscheiden als wir hier aus Düsseldorf. – Vor diesem Hintergrund legen wir Ihnen vor, dass die pauschalen Investitionszahlungen, die in der Gemeindefinanzierung enthalten sind, von knapp 1 Milliarde € deckungsfähig sind. Die Räte sollen entscheiden, wofür bzw. in welchem Bereich investiert werden soll.

Des Weiteren haben wir – auch eine Zusage aus dem Koalitionsvertrag – über das Einfrieren der sogenannten fiktiven Steuersätze dem Grunde nach eine faktische Steuerbremse erreicht. Das ist uns im Besonderen wichtig, weil Nordrhein-Westfalen unter der Vorgängerregierung zum Hochsteuerland insbesondere bei der Grundsteuer B und bei der Gewerbesteuer geworden ist. Das schädigt den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen nachhaltig.

Lassen Sie mich zum Abschluss der Einbringung noch auf drei Sachverhalte eingehen.

Die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen haben bis zum Jahr 2022 über 9 Milliarden € für Investitionen in die kommunale Infrastruktur – in Schulen, in Sport, in Straßen, in Brücken – zur Verfügung. Über 9 Milliarden €! Das ist mehr, als in den vergangenen Jahren hier aus diesem Landtag überhaupt in das Land hineingegeben wurde.

Darin enthalten sind zwei Bundesprogramme, die erste und die zweite Tranche für Kommunalinvestitionen, das Landesprogramm „Gute Schule 2020“ und über 5 Milliarden €, die aus den Gemeindefinanzierungsgesetzen 2018 und der Folgejahre kommen.

Damit stärken wir die kommunale Investitionstätigkeit für die Gestaltung von Heimat, für die Gestaltung von Städten und Gemeinden, und damit die Handlungsfähigkeit insgesamt.

Ferner werden wir ab 2020 einen echten Verbundsatz von 23 % realisieren. Das ist ein nachhaltiger Ausblick für die Kämmereien.

Außerdem sind wir bereits in die Debatten auch mit dem Parlament über die Fragestellung eingestiegen: Wie soll denn eine Gemeindefinanzierung in den Jahren 2019 ff. aussehen? Wie wollen wir sie gestalten? – Dazu liegt Ihnen ein Gutachten vor.

Insofern sind wir sehr gespannt auf die Beratungen – durchaus in der Hoffnung, einen höchstmöglichen Konsens in der Gemeindefinanzierung der Zukunft zu finden.

Die Aussichten, die die NRW-Koalition in die Städte und Gemeinden schickt, sind positiv – auch in der mittelfristigen Finanzplanung, weil die wirtschaftliche Entwicklung stabil bleibt und weiterhin mit hohen Steuereinnahmen zu rechnen ist. Damit werden wir nachhaltig die Finanzbasis der Städte und Gemeinden stärken – und damit eben auch ihre Handlungsfähigkeit. Das verstehen wir unter Solidarität. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Frau Ministerin Scharrenbach, für die Einbringung. – Ich darf damit die Aussprache eröffnen und für die SPD dem Abgeordneten Wolf das Wort erteilen.

Sven Wolf (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ministerin, das Gemeindefinanzierungsgesetz ist ein hochkomplexes Thema. Es ist aber ein sehr wichtiges Thema. Das merken Sie zum Beispiel daran, dass die Kämmereien in unserem Land immer mit sehr großer Spannung auf die ersten Modellrechnungen schauen und mit großer Erwartung gucken, wie die Gelder denn verteilt werden.

Der kommunale Finanzausgleich in unserem Land hat auch eine wichtige Bedeutung, was die Solidarität zwischen den Städten und dem Land angeht. Dies sichert nämlich, meine sehr verehrten Damen und Herren, die kommunale Selbstverwaltung und ist deswegen auch nicht ohne Grund ein besonderer Bestandteil unserer Landesverfassung. Denn es geht um nicht weniger als um die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in unserem Land. Darauf sollten wir alle gemeinsam Wert legen.

Frau Ministerin, gerne unterstützen wir Sie, wenn es zum Beispiel darum geht, dass wir keine Spannungen zwischen die Menschen, die in den Städten leben, und die Menschen, die im ländlichen Raum leben, bringen wollen. Frau Ministerin, ich hoffe, dass wir uns da einig sind. Das ist nämlich wichtig. Wenn es uns nicht gelingt, diesen Zusammenhalt in unserem Land zu erhalten, brauchen wir auch nicht über das Thema „Heimat“ zu reden, sondern dann riskieren wir unsere Heimat Nordrhein-Westfalen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben im Ausschuss auch schon häufig über das Thema „Partnerschaft“, nämlich das partnerschaftliche Verhältnis zwischen der Landesregierung und den Kommunen, gesprochen. Ich habe Ihnen im Ausschuss schon Hinweise gegeben, wie ich diese Partnerschaft insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Krankenhausfinanzierung sehe, und gesagt, dass das vielleicht zum Einstieg nicht das partnerschaftlichste Verhältnis war. Aber Sie haben das ja zum Teil korrigiert – auch wenn die Belastung für die Kommunen bestehen bleibt. Unserem Vorschlag, zur Krankenhausfinanzierung einfach den Umlagesatz zu erhöhen, konnten sich CDU und FDP leider nicht anschließen.

Nun also zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2018: Grundsätzlich – Frau Ministerin, das haben Sie gerade auch gesagt – gibt es keine großen Überraschungen. Es erfolgen keine wesentlichen Veränderungen. Ich kann auch begrüßen, dass die Landesregierung die während der rot-grünen Regierungszeit entwickelten Strukturen und Parameter im GFG beibehält.

Jede weitere Entwicklung bedarf einer guten Analyse und Beratung. Genau das hat uns das Verfassungsgericht in Münster auch ins Stammbuch geschrieben. Denn jede weitere Entwicklung muss sehr genau belegt werden und finanzwirtschaftlich plausibel sein, und es müssen auch empirisch überprüfbare Daten sein.

Wir sollten gemeinsam daran arbeiten, den kommunalen Finanzausgleich unseres Landes zukunftsfest weiterzuentwickeln. Das kann nämlich sicherstellen, dass, was die Leistungsfähigkeit und auch die Belastung angeht, starke und schwache Gemeinden in einem ausgewogenen Verhältnis zueinander stehen.

Sie haben hier den Punkt „mehr Investitionen durch die Erhöhung der Investitionspauschalen und durch die gegenseitige Deckungsfähigkeit“ angesprochen. Ich glaube, dass wir dieses Experiment – so will ich es einmal nennen – genau beobachten sollten. Das soll ja zunächst bis 2020 ausprobiert werden.

Dann sollten wir uns genau anschauen, wie denn die Räte vor Ort damit umgegangen sind. Was ich mir nicht wünsche und was sich auch meine Fraktion nicht wünscht, ist, dass es jetzt zu einem unnötigen Streit vor Ort kommt, dass sich nämlich in den Räten die Schulpolitiker und die Sportpolitiker um die Mittel streiten. Ich hoffe, dass Sie das mit Ihrem Vorschlag zur Deckungsfähigkeit nicht erreichen wollten. Das sollten wir auch gemeinsam verhindern.

Sie haben gerade sehr deutlich gemacht, dass sich die Verteilungsmasse erhöht. Ich könnte sagen: Das ist auch keine große Überraschung. Schließlich hat der Finanzminister einen Haushalt mit deutlich mehr Steuereinnahmen vorgelegt.

Herr Löttgen, Sie haben gerade gesagt, wir sollten hier bitte nicht die Veranstaltung stören. Ich will das jetzt trotzdem einmal tun und ein Bild, das Sie gerade gezeichnet haben, aufnehmen. Sie haben von der Frage der Kausalität gesprochen. Das Beispiel mit dem Duschen, das Sie verwendet haben, war ein schönes Bild. In der Tat kann man nicht duschen, ohne nass zu werden. Bei den Mehreinnahmen, die Sie im Haushalt präsentieren – damit verteilen Sie auch mehr Geld an die Kommunen –, stellt sich natürlich die Frage: Wer hat denn den Wasserhahn aufgedreht? Haben Sie ihn erst am 14. Mai 2017 aufgedreht, oder lief das Wasser schon?

(Bodo Löttgen [CDU]: Das sagt ja keiner!)

Vielleicht überlegen Sie sich noch einmal, wie man mit diesem Bild ein bisschen weiterarbeiten kann.

Einen Punkt vermisse ich, wenn wir über die Verteilungsmasse reden. Sie haben in den letzten Jahren, wenn wir hier über den kommunalen Finanzausgleich gesprochen haben, immer wieder die Frage gestellt, warum denn die Verbundmasse nicht erhöht werde. Dazu kam von Ihnen, Frau Ministerin, und auch von den Ihre Koalition tragenden Fraktionen kein Wort. Nichts! Das haben Sie nicht gemacht. Gut; vielleicht kommt das ja im GFG 2019. Ich bin sehr gespannt. Wir werden uns das sehr genau angucken.

Frau Ministerin, das soll es jetzt aber auch mit dem Lob gewesen sein.

(Lachen von Bodo Löttgen [CDU])

– Ja, das tut mir leid. – Sie haben gerade gesagt, dass Sie Geld des Bundes weitergeben. Jetzt haben Sie wieder die 270 Millionen € erwähnt. Das ist die fünfte Milliarde des Bundes, die wir bekommen und die Sie weitergeben. Das Thema „Integrationspauschale“ wird Sie leider verfolgen, weil Sie den Wählerinnen und Wählern in Nordrhein-Westfalen dieses Versprechen gegeben haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Bodo Löttgen [CDU]: Nein!)

– Sie haben den Kommunen versprochen, dass Sie das Geld weitergeben.

(Bodo Löttgen [CDU]: Falsch!)

– Das steht sehr deutlich in Ihrem Wahlprogramm zur Landtagswahl.

(Bodo Löttgen [CDU]: Falsch! Zeigen Sie es mir!)

– Das steht sehr genau darin.

(Bodo Löttgen [CDU]: Sagen Sie doch einmal, auf welcher Seite es denn steht!)

– Hier steht:

„Die durch den Bund vom Land Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellte Integrationspauschale werden wir künftig zwingend und ohne Umwege und Kürzungen an die Kommunen weiterleiten.“

(Zurufe von der CDU)

Herr Löttgen, ich kann Ihnen gerne auch den Antrag zeigen, den Ihre Kolleginnen und Kollegen seinerzeit eingebracht haben. 2016 war das. Auch da haben Sie sich festgelegt. Die Kollegen von der FDP waren da etwas zurückhaltender. Sie haben gesagt: „einen überwiegenden Teil“, haben sich also nicht ganz festgelegt. Aber Sie haben das hier versprochen. Damit müssen Sie leben. Das müssen Sie Ihren Wählerinnen und Wählern erklären, die Ihnen im Mai dieses Jahres ihre Stimme gegeben haben.

(Bodo Löttgen [CDU]: Sie erzählen die Unwahrheit!)

Herr Kollege Löttgen, das ist Ihre Sache.

Nicht Ihre Sache ist aber Folgendes: Damit schaden Sie dem Ansehen der Demokratie. Das haben Sie uns eben vorgeworfen. Aber wenn Sie vor einer Wahl hier etwas versprechen und diese Versprechen dann nicht halten – Sie hätten ja auch wissen müssen, dass Sie diese Versprechen nicht halten können –, schaden Sie uns allen gemeinsam und dem Ansehen der Demokratie. Das können wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was die Integrationspauschale angeht, wird es leider noch ein bisschen dreister. Es ist nicht nur so, dass Sie das Geld nicht weitergeben; Sie rechnen dieses Geld auch gar nicht in die Verteilungsmasse ein. Das ist das Hauptproblem.

Das ist auch der Hauptkritikpunkt der kommunalen Spitzenverbände, den ich ausdrücklich teile. Sie hätten zumindest einen Teil dieser Mittel, die der Bund Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellt hat, mit einrechnen müssen. Wenn man dann die 23 % wieder dazurechnet, stellt man fest, dass es immerhin 175 Millionen € sind, die zusätzlich in das GFG hätten einfließen müssen. Das ist bodenlos, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Thema „Stärkungspakt“ hat Ihnen Herr Kollege Zimkeit ja schon einiges ins Stammbuch geschrieben. Sie haben darauf ein bisschen erwidert. Sie haben gesagt, wir seien es gewesen, die die Kommunen an der Finanzierung des Stärkungspakts beteiligt hätten. Das haben wir, weil wir der Meinung waren, dass es eine gemeinsame Aufgabe des Landes und der Kommunen ist, die Kommunen in Nordrhein-Westfalen vor dem Abrutschen zu bewahren. Der Stärkungspakt ist erfolgreich. Das haben Sie selber im Ausschuss gesagt. Der Stärkungspakt wirkt. Er hilft tatsächlich, dass die Kommunen ihre Kassenkredite nach und nach in den Griff bekommen.

Sie haben jetzt noch einmal deutlich gesagt, Sie wollten die Abundanzumlage sofort abschaffen. Die Entlastung – Herr Kollege Zimkeit hat Ihnen das gerade vorgerechnet – beträgt 40 € pro Einwohner in den reichen Kommunen, während die anderen mit Ihrem für drei Jahre geplanten Abschmelzen des Vorwegabzuges nur um 2 € bis 6 € entlastet werden. Das haben Sie ignoriert. Dazu haben Sie gar nichts gesagt. Das spielt auch keine Rolle. Wir halten das weiterhin für unsozial. Wenn Sie das Ganze summieren, dann stellen Sie fest, dass der Keil, den Sie in die kommunale Familie treiben, immer deutlicher wird.

(Henning Höne [FDP]: Was? Abenteuerlich!)

Das sind auch gar nicht meine Worte. Schauen Sie in die Stellungnahme des Städtetages, Frau Ministerin. Der Städtetag hat genau das ausdrücklich kritisiert. Wenn Sie es zusammenrechnen, ergibt sich für die reichen Städte eine zehn Mal höhere Entlastung als für die armen Städte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin sehr gespannt auf die Anhörung, die wir im Ausschuss erleben werden. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Präsident André Kuper: Vielen Dank. – Für die CDU hat der Abgeordnete Hoppe-Biermeyer das Wort.

Bernhard Hoppe-Biermeyer (CDU): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die finanzielle Stärkung der Kommunen wird sich in den nächsten fünf Jahren wie ein roter Faden durch die Politik der NRW-Koalition aus CDU und FDP ziehen. Wann immer ich in diesen Tagen mit Bürgermeistern und Kämmerern zusammentreffe, stelle ich eines immer wieder fest: Alle haben den Koalitionsvertrag ganz genau gelesen und knüpfen große Hoffnungen daran. Der Nachtragshaushalt 2017 ist der erste Schritt. Denn allen ist auch klar, dass der Koalitionsvertrag auf eben diese fünf Jahre ausgelegt ist.

Ohne die 500 Millionen € aus dem Kita-Träger-Rettungspaket hätten viele Städte und Gemeinden vor großen Problemen gestanden,

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

weil landesweit Schließungen drohten. Man muss kein Prophet sein: Hätten wir nicht die Reißleine gezogen, wären reihenweise Kitas an kommunale Träger zurückgegeben worden.

Durch den Koalitionsvertrag ist die Richtung vorgegeben. Der nächste Schritt ist das Gemeindefinanzierungsgesetz 2018.Der Gesetzentwurf liegt Ihnen heute vor. Mit 11,7 Milliarden € enthält das GFG 2018 die höchste Zuweisung, die es in NRW je NRW gegeben hat. Das ist mehr als 1 Milliarde € mehr als in 2017.

Natürlich löst das nicht schlagartig alle Haushaltsprobleme in den Kommunen. Selbstverständlich haben uns die gute konjunkturelle Lage und auch das hohe Steueraufkommen in die Karten gespielt. Das Wichtigste ist aber: Wir stellen jetzt die Weichen für die Zukunft richtig.

Das GFG 2018 zeigt schon sehr deutlich die Handschrift der NRW-Koalition. Wie versprochen, streichen wir den Kommunal-Soli. Seit der Einführung 2014 war der Kommunal-Soli eine stete Zerreißprobe für die kommunale Familie.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch Quatsch! – Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: So wie Monheim?)

Kommunen, die bisher noch nicht ganz so arm sind, wurden unnötig geschwächt. Knapp 91 Millionen € bleiben nun 2018 in den Kommunen.

Die Stärkungspaktkommunen müssen aber nicht darunter leiden: Das Geld kommt jetzt aus der Landeskasse.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Wo denn? Welche Haushaltsstelle?)

Liebe Kollegen von der SPD, Sie werfen uns vor, die Integrationspauschale nicht an die Kommunen weiterzugeben.

(Sven Wolf [SPD]: Sie haben es doch versprochen!)

Dabei vergessen Sie, dass Sie selbst im Glashaus sitzen. Es war schließlich Ihre Planung, die drei Jahrestranchen 2016, 2017 und 2018 der Integrationspauschale nicht weiterzugeben.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD: Wir haben doch sogar mehr weitergeben! – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Aus dieser Finanzplanung gab es für uns schlichtweg keinen Ausweg.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch lächerlich! – Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Sollte der Bund zusätzliche Mittel für die Integrationspauschale bereitstellen, werden wir sie ungekürzt weitergeben.

Gestatten Sie mir noch ein Wort zur Krankenhausfinanzierung, Herr Wolf. Das Gute zuerst: Wir sind uns, glaube ich, einig, dass in die Krankenhäuser investiert werden musste. Darüber hinaus sind wir uns sicherlich auch darin einig, dass es in der Vergangenheit, sagen wir einmal, Versäumnisse gegeben hat.

Die von der NRW-Koalition im Nachtragshaushalt zur Verfügung gestellten 250 Millionen € sind auch hier wieder ein erster richtiger Schritt. Sie sind als Soforthilfe zu verstehen, bevor in den OPs buchstäblich das Licht ausgeht.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Ei, ei, ei, ei, ei!)

Wichtig ist auch aus kommunaler Sicht: Für 2017 fallen keine Beiträge an, weder bilanziell noch in Zahlungsströmen. Das geschieht im Jahr 2018.

(Sven Wolf [SPD]: 2019, 2020, 2021!)

Darauf können sich die Kommunen heute einstellen. Angesichts der zusätzlichen GFG-Mittel wird das unter dem Strich auch gehen.

Jetzt aber grundsätzlich die kommunale Beteiligung von 40 % infrage zu stellen, ist reiner Populismus.

(Sven Wolf [SPD]: Sie können es doch senken!)

40 % sind genauso viel wie in Niedersachsen und sogar weniger als in Rheinland-Pfalz und Hessen.

(Sven Wolf [SPD]: Lassen Sie uns gemeinsam mutig sein und das einfach senken!)

Kommunen profitieren auch von guten Kliniken. Eine gute Krankenhausstruktur ist auch ein Standortfaktor für Kommunen und erhöht die Lebensqualität.

Für die 396 Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen bringt die Absenkung des Vorwegabzugs im Gemeindefinanzierungsgesetz schrittweise finanzielle Verbesserungen. Bis jetzt lag der Vorwegabzug von der Finanzausgleichsmasse im Gemeindefinanzierungsgesetz bei 185 Millionen €.

Diesen Betrag werden wir in drei Schritten verringern: im Jahr 2018 um 31 Millionen auf 154 Millionen €, im Jahr 2019 um 61 Millionen auf 124 Millionen € und schließlich im Jahr 2020 um 91 Millionen auf 94 Millionen €. Addiere ich für die kommenden drei Jahre den ersparten Kommunal-Soli und den ersparten Vorwegabzug, kommt unter dem Strich eine Summe von 455 Millionen € zusammen. Von diesem Geld profitieren die Kommunen direkt.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP – Zuruf von Sven Wolf [SPD])

Positiv angekommen ist in den Kommunen übrigens auch, dass die Sportpauschale und die Schul- und Bildungspauschale in Zukunft gegenseitig deckungsfähig, also austauschbar, sind. Diese NRW-Koalition vertraut den Kommunen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Denn die wissen am besten, wo das Geld sinnvoll eingesetzt werden kann.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Integrationspauschale!)

Nicht vergessen werden sollte an dieser Stelle, dass die beiden Pauschalen erstmals seit 2009 um 13 Millionen € erhöht werden. Insbesondere kleine Gemeinden werden davon profitieren.

(Zuruf von der SPD: Das ist doch kein frisches Geld!)

Statt 40.000 € Sportpauschale erhalten Sie zum Beispiel von 2018 an 60.000 € Sportpauschale.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Falls Sie noch was davon über haben nach der Deckungsfähigkeit!)

Erstmals fließen 2018 zusätzliche 217 Millionen € vom Bund in die Gemeindefinanzierung ein – eine weitere Entlastung der Kommunen.

Kommunalfreundlich haben wir auch das Unterhaltsvorschussgesetz gestaltet. Der Kreis der Leistungsempfänger wurde zwar vom Bund erweitert, aber gleichzeitig wurde durch das Land der kommunale Kostenanteil reduziert. Dadurch werden die tatsächlichen Kosten für die Kommunen weitgehend konstant bleiben. Schon in diesem Jahr wird das Land hier 45 Millionen € mehr bereitstellen. Im kommenden Jahr werden es vermutlich sogar mehr als 100 Millionen € sein.

Außerdem erhält Nordrhein-Westfalen aus der zweiten Tranche des Kommunalinvestitionsförderungsgesetzes vom Bund mehr als 1,1 Milliarden €. Die Städte und Gemeinden können das Geld, das vom Land vollständig weitergegeben wird, zur Modernisierung der Schulen einsetzen.

Als NRW-Koalition bekennen wir uns zu starken Kommunen in unserem Land. Sie sind das Fundament eines leistungsfähigen Staates und beeinflussen die Lebensqualität der Menschen vor Ort direkt. Eine angemessene Finanzausstattung ist die Grundlage der Leistungsfähigkeit unserer Kommunen. Ich darf sagen, dass wir dem nachgekommen sind.

(Sven Wolf [SPD]: Das steht auch in der Verfassung so!)

Das GFG 2018 und die Änderung des Stärkungspaktgesetzes werden unsere Kommunen dauerhaft und nachhaltig fördern. Ich betone, es ist die neue Landesregierung, die die weitere Verbesserung der kommunalen Finanzsituation bewirkt: von der Abschaffung des Kommunal-Soli und der Absenkung des Vorwegabzugs über das Träger-Rettungsprogramm für Kitas bis hin zur Neuregelung der Kostenteilung beim Unterhaltsvorschuss.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Blick auf das GFG 2019 werfen! Das Land ist verpflichtet, die Daten des Gemeindefinanzierungsgesetzes in regelmäßigen Abständen der aktuellen Entwicklung und neuen Erkenntnissen anzupassen, damit ein gerechter Finanzausgleich zwischen den Kommunen gewährleistet ist. Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen betonte im Mai 2016 die Notwendigkeit einer finanzwissenschaftlichen Überprüfung. Das sofia-Gutachten liegt Ihnen vor. Die Ergebnisse und Empfehlungen müssen nun ausgewertet und mit der kommunalen Familie besprochen werden: gemeinsam. Das haben Sie richtig betont. Auch da bleiben wir auf Kurs.

Ich freue mich auf die weitere Beratung. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Kollege Hoppe-Biermeyer. – Für die Grünen erteile ich Herrn Mostofizadeh das Wort.

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hoppe-Biermeyer, Sie waren offensichtlich noch genauso im Wahlkampfmodus wie Ihr Fraktionsvorsitzender heute Morgen, als er zum Haushalt geredet hat. Ich möchte Sie mal sehr gut über das aufklären, was die Ministerin anders in diesen Haushalt eingebracht hat, als Sie es hier dargestellt haben.

Erstens. Das Stärkungspaktgesetz – Sie haben vorhin bei Kollegin Düker immer den Kopf geschüttelt – wird in folgender Weise geändert: Die 91 Millionen € durch die Abschaffung des Soli werden nicht durch Landesmittel kompensiert, sondern schlichtweg eingespart. Oder nennen Sie mir jetzt die Haushaltsstelle, von der der Zufluss des Landes zum Stärkungspakt kommt! Den gibt es nicht. Sie bescheißen die Leute hier im Landtag ganz eindeutig, wenn Sie das so sagen.

(Zurufe von der CDU: Hey!)

Präsident André Kuper: Herr Kollege, bezüglich der Wortwahl darf ich ermahnen.

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Zweitens. Wenn Sie sagen, das GFG 2018 sei eine Leistung der neuen Landesregierung, durch das die Kommunen bessergestellt würden: Es gibt in diesem GFG keinen einzigen Parameter, der anders lauten würde als 2017. Die Steigerung ist allein auf die Mehreinnahmen durch die Konjunktur zurückzuführen. Dies entspricht also nicht dem, was Sie, Frau Ministerin, und Kollege Hoppe-Biermeyer hier propagieren.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Sven Wolf [SPD])

Drittens. Die sogenannten Vorwegabzüge, die wir so „schlimm“ in dieses GFG eingebracht haben, Herr Kollege, werden auch nicht gegenfinanziert. Die 31 Millionen €, die Sie beim Vorwegabzug streichen, werden eins zu eins beim Zufluss zum Stärkungspaktgesetz eingesammelt. Mit anderen Worten: Die Kommunen bezahlen Ihre Versprechen. Das ist die Wahrheit zum GFG 2018.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Aber an anderer Stelle ist Ihre Leistungsbilanz noch schlimmer. Die Investitionen für die Krankenhäuser, die Sie vorschlagen, sinken um 200 Millionen € gegenüber dem Haushalt 2017. Sie sinken um 200 Millionen €, und 100 Millionen € – das hat Kollege Zimkeit vorhin gesagt – werden auch noch in 2018 von den Kommunen mitfinanziert.

Mit anderen Worten: Ihr Wert für 2018 liegt unter dem Wert von 2016, und Sie haben gleichzeitig auch noch eine Glanzleistung hingelegt, was die Kommunikation mit den Kommunen betrifft. Das ist wirklich ein starkes Stück, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall von den GRÜNEN und Sarah Philipp [SPD])

Weil in Ihren Fachbereich auch das Thema „Heimat“ fällt, sage ich: Sie haben ja versucht, eine Definition zu machen, Frau Ministerin.

(Sarah Philipp [SPD]: Versucht, ja! Versucht!)

Wohnen ist gebaute Heimat. Deshalb gehört Wohnen untrennbar mit Heimat zusammen. – Frau Ministerin, dem kann ich zustimmen.

(Zuruf von der CDU: Oh!)

Allerdings: Wenn ich mir die Landesbauordnung und das Moratorium in der Landesbauordnung anschaue, muss ich feststellen, dass dieses Land offensichtlich keine Heimat für diejenigen hat, die bezahlbaren Wohnraum brauchen und die vor allem barrierefreies Wohnen für Behinderte brauchen. Sollen die heimatlos werden in Nordrhein-Westfalen?

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Ministerin Ina Scharrenbach: Das ist ja Quatsch!)

Eine Heimat haben Sie, Frau Ministerin und die Landesregierung, offensichtlich vor allem für 139 Parteigängerinnen und Parteigänger in der Landesregierung geschaffen, die auf hochbezahlten Posten jetzt in der Landesregierung arbeiten dürfen.

(Stephen Paul [FDP]: Kommunismus!)

Ich möchte einen zweiten Punkt beim Stärkungspaktgesetz anführen. Sie haben das Stärkungspaktgesetz bzw. den Zufluss zum Stärkungspakt um insgesamt 121 Millionen € gekürzt. Sie kürzen aber auch noch im Topf II, also bei den sogenannten freiwillig am Stärkungspakt teilnehmenden Kommunen. Wenn Sie das machen, würde das ausweislich der Zahlen, die uns vorliegen, dazu führen, dass der Stärkungspakt nicht mehr ausreichen würde, um die Bescheide, die bereits an Städte wie Essen, Solingen oder andere ergangen sind, bezahlen zu können.

Deswegen greifen Sie zu einem zweiten Haushaltstrick: Sie wollen jetzt auch noch die Töpfe I und II gegenseitig deckungsfähig machen. Das macht doch deutlich, mit welchen Taschenspielertricks Sie diesen Haushalt schönen wollen.

(Christian Dahm [SPD]: So ist das!)

Die Landesregierung tut nichts für die Kommunen, sondern sie zieht das Geld für ihre Versprechen den anderen Kommunen auch noch aus der Tasche.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Hoppe-Biermeyer, Sie haben es in aller Offenheit eben gesagt: Sie wollen mit Ansage die Integrationspauschale nicht an die Kommunen weiterreichen. Sie behaupten allen Ernstes, dass die CDU nur für 2016 die Durchleitung der Integrationspauschale gefordert habe.

Herr Kollege wir werden für Transparenz sorgen. Seien Sie sicher. Wir werden diesen Satz allen Bürgermeisterinnen und allen Bürgermeistern des Landes zustellen und ihnen deutlich machen, dass diese CDU nicht einen Deut auf das gibt, was Sie ihren eigenen Leuten versprochen hat. Das ist klarer Wortbruch.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich will auch den Blick auf die Zukunft richten, auf die Jahre 2019, 2020 und 2021. Frau Kollegin Düker hat vorhin darauf hingewiesen, auf welch tönernen Füßen die Mittelfristige Finanzplanung aufgebaut ist. Auf den Erkenntnisgehalt aus den Auswertungen der Mittelfristigen Finanzplanung ist Frau Düker ausführlich eingegangen; da ist wenig drin.

Aber die Zahlen sind ausgesprochen spannend. Die Steuereinnahmen für 2020 und 2021 steigen nach der Mai-Steuerschätzung gegenüber 2019 insgesamt um 8 Milliarden €. Selbst wenn man sich die November-Steuerschätzung ansieht, stellt man fest, dass die Zahlen trotz insgesamt massiv steigender Steuereinnahmen weit über dem Bundesschnitt liegen.

Das lässt zwei Schlüsse aus meiner Sicht zu. Erstens: Die Mittelfristige Finanzplanung kann so nach jetzigen Annahmen für den Landeshaushalt nicht eintreten. Deswegen werden auch viele schwarze Nullen, die hier beschrieben werden, wahrscheinlich nicht realisiert werden. Da wird man Ausreden suchen, wie: Da gab es die Finanzkrise, oder der Boden war schlecht bespielbar, um bei dem eben genannten Beispiel zu bleiben. Oder man wird andere Punkte anführen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Noch viel wichtiger ist, weil wir jetzt über das GFG sprechen – das hat auch unmittelbare Folgen für die Kommunalhaushalte –: Erstens muss man quasi täglich fürchten, dass Ihre Versprechungen eingehalten werden oder nicht eingehalten werden. Wenn zum Beispiel das Versprechen bezüglich der Grunderwerbsteuer eingehalten würde, würden bei den Kommunen mehrere Hundert Millionen € Einnahmen wegfallen. Das würde schon einmal zu einer zur Belastung führen.

Oder man schaut sich die Orientierungsdaten an. Die Orientierungsdaten müssen natürlich – das ist konsequent – um ebendiese Fantasiebeträge ansteigen, die Sie aufgrund der Steuereinnahmen in den Haushalt geschrieben haben. Was passiert, wenn diese Steuereinnahmen, wie wir alle glauben, nicht eintreten? Dann werden alle diese Kommunalhaushalte wie Kartenhäuser in sich zusammenbrechen. Sie verschleiern die Wahrheit über die Kommunalhaushalte mit diesen Orientierungsdaten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich hätte mir gewünscht, wenn Sie mit so viel Anlauf in die Regierung gehen … Da war Kommunalpolitik ein ganz wichtiges Feld; Sie haben ja allen Ernstes behauptet, dass die rot-grüne Landesregierung die Städte gespalten und sich nicht um sie gekümmert habe.

(Matthias Kerkhoff [CDU]: Das war doch so! – Gegenruf von Sven Wolf [SPD]: Nein, nein, nein!)

– Wenn das stimmt, Herr Kollege Kerkhoff, was machen Sie denn dann? Sie machen es keinen Deut anders, als wir es an der Stelle gemacht haben, außer dass sie die Haushaltstricks anwenden, die ich Ihnen hier eben geschildert habe.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das passt übrigens bestens in das Bild im Kommunalausschuss. Da geht es um das Programm „Gute Schule 2020“. Da haben wir ein paar Nachfragen gestellt und gesagt: Das ist ein gutes Programm. Das führt dazu, dass Investitionen, die sonst in den Städten nicht gelaufen wären, jetzt endlich laufen können. Da sagt Kollege Hoppe-Biermeyer: Das ist doch ein kreditfinanziertes Programm. Deswegen ist das nicht gut.

Dann frage ich die Ministerin: „Ändern Sie einen Deut an dieser Finanzierung?“, und da war die Antwort natürlich: „Nein, das machen wir nicht, weil das ein gutes Programm ist.“ – Das ist die Politik der Landesregierung: Hin- und Herspielerei, um die Wahrheit zu verdecken, dass die Maßnahmen von Rot-Grün in diesem Bereich gar nicht so schlecht waren und viele wichtige Akzente gesetzt haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Meine Bitte ist nur – das meine ich sehr ernst, Herr Kollege Hoppe-Biermeyer, und das richte ich auch an die Kolleginnen und Kollegen der FDP –: Die Zeit des Wahlkampfes ist wirklich vorbei.

(Lachen von der FDP – Zuruf von der CDU: Ja!)

Lassen Sie uns über die Sachthemen reden und lassen Sie uns Konzepte entwickeln! Was Sie machen, ist Trickserei. Das hat mit der Zukunftsplanung dieses Landes herzlich wenig zu tun. Sie schmücken sich mit fremden Federn. Sie brechen ganz offensichtlich Wahlkampfversprechen, etwa hinsichtlich der Integrationspauschale, um nur ein Beispiel zu nennen.

Deswegen freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss, sage Ihnen aber sehr klar: Wir werden transparent machen, wenn Sie nicht einhalten, was Sie versprochen haben, und wir werden auch Konzepte entgegensetzen, wo wir einen anderen Schwerpunkt haben.

Einen will ich Ihnen noch kurz vor Abschluss der Rede nennen. Folgendes wäre nach den Zahlen, die uns vorliegen, möglich: Wenn Sie schon den Stärkungspakt auslaufen lassen wollen – dazu machen Sie keine klare Ansage –, müssen doch zuerst die notleidenden Kommunen entlastet werden

(Christian Dahm [SPD]: So ist das!)

und nicht Monheim, das Gewerbesteuereinnahmen hat, genauso wie Duisburg, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Präsident André Kuper: Danke, Herr Kollege. – Für die FDP hat der Kollege Höne das Wort.

Henning Höne (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser Rede meines Vorredners, des Kollegen Mostofizadeh, möchte ich Ihnen, Herr Kollege, doch sehr dringend anraten, das Interview Ihrer Bundestagsfraktionsvorsitzenden Göring-Eckardt in der gestrigen „Rheinischen Post“ mit dem Titel: „Macht euch doch mal locker“ – Zitat Ende – zu lesen.

(Heiterkeit von der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man sich das einmal fachlich anschauen möchte – weil Sie ja auch, Herr Mostofizadeh, in Ihrem Wahlkampfmodus selber alle anderen aufgefordert haben, da endlich rauszukommen –, bleibt eine Feststellung mit Blick auf dieses Gemeindefinanzierungsgesetz, und die ist ganz einfach: Heute ist ein guter Tag für die Kommunen in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Der Verbundbetrag, den wir den Kommunen im kommenden Jahr zur Verfügung stellen, steigt von 10,6 auf 11,7 Milliarden €.

(Sven Wolf [SPD]: Das finden wir gut!)

– Das finden Sie gut? – Na, immerhin, dann arbeiten wir uns doch jetzt vom kleinsten gemeinsamen Nenner nach oben. Ich dachte, dass die SPD gar nicht mehr in der Lage sei, Kompromisse zu suchen und zu finden, weil sie ja sonst immer so schnell vom Spielfeld geht.

(Zurufe von der SPD – Sarah Philipp [SPD]: Wovon redet der?)

Aber schön, dass das ja hier nicht der Fall ist. – Also, das Ergebnis: 10 % Steigerung zum Vorjahr, eine gute konjunkturelle Lage, von der natürlich auch die Kommunen profitieren. Ich will aber dazugeben, wenn man sich mal das Haushaltsvolumen des Landes insgesamt anguckt: Eine Milliarde Steigerung bei den Kommunen von 2017 zu 2018; das Haushaltsvolumen des Landes selber steigt von 2017 auf 2018 um nur 600 Millionen. Auch das ist doch ein gutes Zeichen, über das wir uns freuen können.

Gute Nachrichten, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind auch bitter notwendig, bitter notwendig mit Blick auf den Status quo im Bereich der Kommunalfinanzen. Wir haben deutlich über 60 Milliarden € Kommunalverschuldung hier beim Regierungswechsel vorgefunden, große Anstiege auch noch in den letzten Jahren. Und trotz guter Konjunktur wird ja uns allen zurückgemeldet – von Kämmerern, von Bürgermeistern, parteiübergreifend –, dass die Soziallasten steigen. Die Soziallasten steigen, obwohl wir eine so niedrige Arbeitslosigkeit haben, hohe Beschäftigungszahlen, niedrige Zinsen, boomende Konjunktur.

Insofern reicht auch diese Forderung, das muss jetzt alles noch höher, schneller, weiter sein bei den Kommunalfinanzen, nicht aus. Man sollte jetzt auch nicht in irgendwelche Überbietungswettbewerbe eintreten nach diesem Motto.

Darum belassen wir es übrigens auch nicht einfach nur dabei – so nach dem Motto, wir nehmen die Erhöhung der Verbundmasse mit –, sondern mit dem Haushalt 2018 legen Christdemokraten und Freie Demokraten auch Richtungskorrekturen vor.

Ein Beispiel mit neuen Schwerpunkten: Die Vorgängerregierung hatte sich ja im Bereich Kinder/Jugend/Familie hehre Ziele gesetzt.

Wir schaffen jetzt konkret Möglichkeiten vor Ort und haben weitere Schritte angekündigt: Die Sockelbeträge für die Bildungs- und Sportpauschale gehen um 50 % nach oben, nach langen Jahren Stillstands von Rot-Grün in diesem Bereich. Schul- und Bildungspauschale werden wir im Jahr 2019 deutlich und spürbar erhöhen und im Anschluss daran dynamisieren, um dauerhaft und nachhaltig eine bessere Finanzierungsbasis der Kommunen für diese so wichtigen Bereiche zu schaffen. Das ist eine neue Richtung unserer Regierung.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Beispiel zwei: Wir haben in der letzten Legislatur sowohl hier im Plenum als auch im Ausschuss sehr ausführlich über die Frage der Zweckbindung der Pauschalen im GFG gesprochen. Und wir haben darüber gesprochen, ob es nicht richtig wäre – CDU und FDP, die sich damals schon dafür starkgemacht haben –, mehr Vertrauen in die Arbeit vor Ort zu setzen.

Darum werden die Investitionspauschalen jetzt gegenseitig deckungsfähig, und die enge Zweckbindung wird zunächst befristet aufgehoben. Ich bleibe dabei, was ich zu dem Thema damals und auch schon in vielen anderen Debatten gesagt habe, was Förderprogramme oder einzelne Pauschalen angeht, mit Blick auf die Kommunen: Auch goldene Zügel bleiben immer noch Zügel.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die Frage, wie man vor Ort umsetzt, ist eben eine, die höchst individuell ist. Ich darf erinnern, was ich sehr beeindruckend fand – ich glaube sogar, das hat in diesem Plenarsaal stattgefunden –: 8. Dezember 2016, Anhörung zum gerade schon angesprochenen Programm „Gute Schule 2020“.

Ich möchte mir übrigens, Herr Mostofizadeh, gar nicht Ihren Lautstärkepegel vorstellen, wenn wir bei einem Programm, wo Planungen vor Ort schon angefangen haben, wo es erste Abrufe gegeben hat, jetzt im Nachhinein reingegrätscht hätten. Unabhängig davon bleiben wir aber übrigens bei der Kritik, dass sie damals da einen Schattenhaushalt aufgemacht haben.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Aber es ist eine Frage der Planungssicherheit, ob wir den Kommunen das jetzt lassen oder ob wir denen das jetzt im Nachhinein wegnehmen. Das aber nur am Rande.

Ich wollte auf die Anhörung dazu kommen. Herr Dr. Czech, Bürgermeister der Stadt Nörvenich, sagte damals, vom Grundsatz her würde er das Programm ja begrüßen. Aber vor Ort, mit seiner Kommunalpolitik, habe er in den vergangenen Jahren den Schwerpunkt schon genau auf Bildung gesetzt. In Wahrheit bräuchte er eigentlich ein Programm „Gute Straße 2020“.

Das ist doch der Kern, der dahintersteckt: Wir vertrauen denjenigen, die vor Ort die Probleme sehen, die viel näher dran sind, als wir es hier sind. Natürlich geht das nicht mal einfach so oder blind. Das geht nicht ohne Controlling, das geht auch nicht ohne Evaluation. Die werden wir uns auch anschauen, aber das werden wir eben zusammen mit den Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden tun. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass am Ende nicht dabei herauskommen wird, dass die Kommunalpolitik vor Ort Schule gegen Sport ausgespielt hat. Das Gegenteil wird der Fall sein. Es wird klug und zielgerichtet investiert werden.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Unsere Pläne, meine Damen und Herren, reichen noch weiter. Wir sind in Nordrhein-Westfalen das Bundesland mit den höchsten Grund- und Gewerbesteuern. Die Grundsteuer B ist zwischen 2010 und 2016 im Schnitt um 25 % angestiegen in diesem Land. Darum ist es richtig, dass wir die fiktiven Hebesätze einfrieren – darauf haben wir uns ja auch verständigt, es in dieser Legislatur dabei zu belassen –, damit wir die Steuererhöhungsspirale durchbrechen, die sich in den letzten Jahren immer und immer schneller gedreht hat.

Über den Kern des GFG hinaus, meine Damen und Herren, stellen wir uns der Verantwortung für die Kommunen: Kinderbetreuung. Der Kollege Hoppe-Biermeyer hat eben angesprochen, die KiBiz-Evaluation steht lange Zeit aus. Gesetzeswidrig ist das von der Vorgängerregierung unterlassen worden. Steigende Kosten, steigende Risiken bei den Kommunen – es drohten Träger mehr und mehr sich zurückzuziehen, die Trägerschaft an die Kommunen zurückzugeben. Man stelle sich mal vor, was das von heute auf morgen für die kommunalen Kassen bedeutet hätte.

500 Millionen € gibt es, mit dem Versprechen, das KiBiz jetzt auch wirklich weiterzuentwickeln, anzupacken und damit den Kommunen bei der so wichtigen Arbeit in diesem Sozialbereich, aber auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu helfen. Auch das ist Politik unserer NRW-Koalition.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Der Unterhaltsvorschuss ist ein weiterer Punkt, der auch mehrfach diskutiert worden ist in der letzten Legislatur. Wir haben damals einen höheren Anteil des Landes eingefordert, gerade auch mit Blick auf die in Berlin beschlossenen Leistungsausweitungen. Wir handeln jetzt, nachdem die alte Landesregierung nur müde Vorwürfe in unsere Richtung loswerden konnte und loswerden wollte, so nach dem Motto: Gönnt ihr denn den Anspruchsberechtigten etwa die Leistungsausweitung nicht?

Das Gegenteil ist der Fall, vollkommener Quatsch. Wir stellen uns jetzt aber auch dieser Verantwortung. Auch das kostet uns Geld, kostet über 45 Millionen €. Für die Kommunen bleiben aber im Saldo wohl die Belastungen identisch mit dem, was vor der Ausweitung der Leistungen möglich war. Auch das ist ein ganz konkretes Zeichen dafür, wie ernst wir unsere Verantwortung für die Kommunen nehmen.

Zum Kommunal-Soli. Ja, man fragt sich fast: Lohnt es eigentlich, das noch einmal anzusprechen? Da zeigt sich ja eine völlig unterschiedliche Denkweise. Ich meine, es war der Kollege Mostofizadeh, der im Ausschuss sagte, wir würden Monheim jetzt Geld schenken. – Wir nehmen weniger weg. Das ist aber doch ein sehr fundamentaler Unterschied, ein ganz fundamentaler Unterschied!

(Beifall von der FDP und der CDU – Monika Düker [GRÜNE]: Wer bezahlt das denn? Woher kommt denn das Geld?)

Sie haben die Kommunen an der Finanzierung des Stärkungspaktes beteiligt. – Frau Düker, ich komme gleich zu Ihnen, weil Sie eben sagten, bei Düsseldorf sei das nicht der Fall gewesen, die hätten das mal eben so aus der Portokasse bezahlt.

(Monika Düker [GRÜNE]: Das habe ich nicht gesagt!)

Da bitte ich Sie, sich die Zahlen genauer anzusehen. Ich habe es mir gerade herausgesucht. Ich meine, es war eine dpa-Meldung von heute.

Die Pro-Kopf-Verschuldung für die Einwohner der Stadt Düsseldorf ist zwischen 2012 und 2016 um 63 % gestiegen, der stärkste relative Anstieg in der gesamten Kassenstatistik. Und Sie haben eben diese Stadt als Beispiel dafür genannt, das könnten die abundanten Kommunen doch mal eben so bezahlen. – Das Gegenteil ist der Fall. Wir kommen unserer Verantwortung nach.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Keine Empfängerkommune, Frau Düker, wird schlechtergestellt als vorher. Aber es werden viele bessergestellt.

(Monika Düker [GRÜNE]: Wer bezahlt das denn? Sprechen Sie nicht nur über die Geschenke, sondern darüber, wer sie bezahlt! Geschenke nimmt jeder gerne!)

– Auch dieser Begriff „Geschenk“: Wir schenken doch Monheim nichts, wenn wir weniger wegnehmen. Nach diesem Prinzip sollten Sie doch mal bitte mit Ihren Verwandten umgehen. Die werden sich aber zu Weihnachten bedanken, das muss ich schon sagen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das kann nun wahrlich nicht funktionieren. Niemand wird schlechtergestellt, einige werden bessergestellt. Wer eine solche Lösung kritisiert, der hat ein völlig verqueres Verständnis von Solidarität und Gerechtigkeit, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP und der CDU – Christian Dahm [SPD]: Oh!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist die erste GFG-Debatte in der neuen Legislatur. Viele weitere Debatten, auch im Ausschuss, um die Frage, wie wir richtig mit den Kommunen und der kommunalen Finanzausstattung umzugehen haben, wie sich das besser entwickeln kann, werden folgen. Ich denke, eine sehr positive Botschaft für die Kommunen ist, dass wir uns fest vorgenommen haben, bis zum Jahr 2020 echte 23 % wirklich an die Kommunen auszuschütten. Auch das ist eine nachhaltige Verbesserung aus der Verbundmasse.

Wir haben viele Punkte, wenn ich das noch sagen darf, in den letzten Jahren oftmals in einem größeren, überparteilichen Konsens im Kommunalausschuss besprochen und beschlossen, mehr als in vielen anderen Ausschüssen, weil uns da eben doch viele Dinge aus eigener kommunaler Erfahrung verbinden. Möglicherweise schaffen wir das nicht beim GFG 2018, aber bei der einen oder anderen Stelle und Debatte in den kommenden Jahren. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Für die AfD erteile ich dem Abgeordneten Loose das Wort.

Christian Loose (AfD): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Gemeindefinanzierungsgesetz, kurz GFG, ist ein Belohnungs- und Bestrafungssystem für unsere Städte in NRW.

Städte, die viele Gewerbeflächen ausgewiesen haben, Städte, die es geschafft, haben, dort auch Unternehmen anzusiedeln, Städte, die dadurch auch hohe Gewerbesteuereinnahmen erzielen, haben in diesem System des GFG offenbar etwas falsch gemacht. Deshalb werden diese Städte dadurch bestraft, dass sie geringere oder am Ende gar keine Schlüsselzuweisungen erhalten. Städte, die aufgrund einer schlechten Arbeitsmarktlage Unternehmen mit einem geringen Gewerbesteuersatz von zum Beispiel in Höhe von 350 locken, werden bestraft, da die Gewerbesteuereinnahmen dann auf einen Hebesatz von 417 hochgerechnet bzw. normiert werden. Damit wird ein Wettbewerb zwischen den Gemeinden bewusst reduziert.

Wer aber schlecht wirtschaftet und die Unternehmen beispielsweise mit einem hohen Hebesatz aus der Stadt vertreibt, wird im Umkehrschluss nicht etwa bestraft, sondern mit relativ hohen Schlüsselzuweisungen belohnt; denn die Steuereinnahmen werden dann auf einen Hebesatz von 417 heruntergerechnet bzw. normiert.

Da die Tabellen für das Jahr 2018 noch nicht vorliegen, halten wir uns zunächst an die Zahlen bis 2017. Schließlich, das haben alle hier einhellig gesagt, wurde die Systematik bis auf wenige Details nicht verändert.

Die Braunkohlestadt Frechen erhielt zum Beispiel in den letzten zehn Jahren nur in einem einzigen Jahr Schlüsselzuweisungen. Grund sind hohe Gewerbesteuereinnahmen durch eine Brikettfabrik. Eine Brikettfabrik ist natürlich nicht etwas, was jeder vor der Tür haben möchte. Dennoch flossen damit lange Jahre üppige Gewerbesteuerzahlungen in die Gemeindekasse – übrigens Geld, welches fehlen wird, wenn sich die Braunkohlegegner, die ich hier bei den Altparteien in diesem Hause sehe, endgültig durchsetzen.

(Beifall von der AfD)

Dies sieht man bereits an den Schlüsselzuweisungen vom letzten Jahr, das erste Jahr, in dem Frechen wieder Zahlungen erhielt. Damals erhielt Frechen aufgrund der wegbrechenden Steuereinnahmen tatsächlich auf einen Schlag 1 Million €.

Andere Städte wollen aber keine Brikettfabrik, wollen keine schmutzige Industrie mit vielleicht 100.000 Arbeitsplätzen haben. Diese Städte machen es sich einfacher. So haben zum Beispiel in der Stadt Bochum die regierenden Parteien SPD und Grüne im Haushaltsausschuss in der letzten Woche bereits geplante Gewerbeflächen im Umfang von 44 ha wieder aus der Planung gestrichen; denn – so waren die Aussagen – so viele versiegelte Flächen möchte man nicht haben. Man möchte es lieber schön grün haben. Außerdem sei man doch dabei, sich zu einer Dienstleistungsgesellschaft zu entwickeln. Damit torpedieren solche Parteien die weitere Entwicklung dieser Städte. Gleichzeitig ist dies ein Schlag in das Gesicht der Malocher im Ruhrgebiet, seien es Arbeiter von Opel, Nokia oder zuletzt thyssenkrupp.

Dann stellt sich auch noch die ehemals soziale Partei hierhin und behauptet, sie seien die Verfechter, Verteidiger der Stahlarbeiter – während in den betroffenen Städten die Möglichkeiten für die Ansiedlung neuer Unternehmen torpediert werden. Aber anscheinend soll der Malocher von Opel demnächst seine Zeit als Arbeitsloser im Wald verbringen, wenn es nach den Grünen oder der SPD geht.

(Beifall von der AfD – Zurufe von der SPD: Ooh!)

Diese industriepolitische Misere wird auch noch durch das Gemeindefinanzierungsgesetz unterstützt. Reformverweigerer werden immer mehr unterstützt, während man auf andere Städte wie Düsseldorf oder Monheim mit dem Finger zeigt. Städte wie Essen oder Bochum, die in Summe einen dreistelligen Millionenbetrag mit dem Zocken von Schweizer Franken verloren haben, Städte wie Essen oder Bochum, die dreistellige Millionenbeträge mit RWE-Aktien verspekuliert haben – solche Städte werden mit hohen Zuweisungen belohnt.

Und was machen solche Städte? Sie kaufen mit diesem Geld das nächste Risikounternehmen, nämlich die STEAG für mehr als 1 Milliarde €. Mit dabei sind auch die Städte Dortmund, Duisburg und Oberhausen, die ebenfalls von hohen Zuweisungen profitieren – alles Städte mit einer katastrophalen Wirtschaftspolitik; alles Städte, die jetzt das nächste Risikounternehmen kaufen, anstatt mit dem Zocken aufzuhören.

Alles wird finanziert durch relativ gut wirtschaftende Städte und Gemeinden; von klein bis groß ist alles dabei. Die kleine Gemeinde Alpen erhält seit neun Jahren keine Schlüsselzuweisungen, Wetter und Sprockhövel seit zehn Jahren nicht. Die Landeshauptstadt Düsseldorf erhält ebenfalls seit zehn Jahren keinerlei Schlüsselzuweisung – dabei muss die Landeshauptstadt ein gewisses kulturelles Ambiente liefern und hat hierbei zum Glück auch viel zu bieten –; das sollte man mal unserer Bundeshauptstadt Berlin sagen, in die wir seit Jahrzehnten eine Milliarde Euro nach der anderen stecken.

Was hat Düsseldorf nun Böses verbrochen? Zunächst hat die Stadt keine Hunderte von Millionen Euro mit RWE-Aktien verloren, sondern zum richtigen Zeitpunkt verkauft. Muss man nun „gutes Zocken“ wie in Düsseldorf bestrafen? Ich meine, grundsätzlich durchaus, da man generell nicht mit Bürgergeld zocken sollte. Allerdings sollte man „schlechtes Zocken“, wie es die zahlreichen Ruhrgebietsstädte gemacht haben, umso härter bestrafen. Das passiert leider nicht.

Wichtig ist, dass mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz in schweren Zeiten eine Anschubfinanzierung für strukturschwache Städte und Gemeinden gewährt wird. Dabei müssen jedoch klare Grenzen gesetzt werden, damit diese Anschubfinanzierung nicht verpufft oder zu einer Daueralimentierung wird. Nur so kann bei den Handelnden auch ein Umdenken entstehen.

NRW schichtet allein 10 Milliarden € mit den Schlüsselzuweisungen um, bei einem Gesamthaushalt von etwas mehr als 70 Milliarden €. Leider wird das Geld vor allen Dingen als Belohnung für die schlechten Schüler benutzt, also Städte und Gemeinden, die ihre wirtschaftspolitischen Hausaufgaben nicht gemacht haben.

Das wäre so, als wenn Ihre Tochter mit einer Zwei in Mathe nach Hause käme, Sie sie mit einem feuchten Händedruck belohnen, zugleich aber noch ermahnen, dass sie beim nächsten Mal doch bitte die Eins nach Hause bringen soll. Im Gegenzug kommt Ihr Sohn mit einer Fünf nach Hause, und Sie geben ihm 10 €, weil die Fünf noch eine Note besser ist als eine Sechs. Das wäre absurd. Genauso absurd ist das Gemeindefinanzierungsgesetz. Deshalb lehnen wir es inhaltlich ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Danke, Herr Kollege Loose. – Für die Landesregierung hat Frau Ministerin Scharrenbach jetzt noch einmal das Wort.

Ina Scharrenbach*), Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung: Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Mostofizadeh hat mich so gereizt, dass ich hier noch einmal ans Rednerpult muss.

Lassen Sie mich vorab bitte einem Satz zustimmen, den der Kollege Wolf gerade gesagt hat, nämlich: Das GFG ist nicht leicht zu verstehen. – Wenn man dem Vorredner zugehört hat, merkt man, dass das stimmt. Es ist offensichtlich nicht verstanden worden.

(Beifall von der CDU)

Zur Krankenhausfinanzierung. Kollege Laumann hat Ihnen auch gesagt, dass wir durchaus die Bereitschaft haben, immer über alles zu diskutieren. Sie wissen aus der Vergangenheit, dass Sie, wenn Sie Ihre Haushalte zusammennehmen, die Kommunen in den letzten sieben Jahren in Höhe von 1,4 Milliarden € – Herr Mostofizadeh, es wäre schön, wenn Sie in diesem Moment einmal zuhörten –

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Sie können sich die Lehrerversion auch sparen! – Norbert Römer [SPD]: Sie denken daran, dass hier frei gewählte Abgeordnete sitzen, oder?)

an der Krankenhausfinanzierung des Landes Nordrhein-Westfalen beteiligt haben – 1,4 Milliarden €, die Sie den Kommunen entzogen haben, um in die Krankenhausfinanzierung zu investieren.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Was habe ich denn dazu gesagt?)

Wenn Sie sich jetzt darüber aufregen, dass hier ein Finanzierungssystem fortgeführt wird, worüber Sie in den letzten sieben Jahren 1,4 Milliarden € umverteilt haben, ist das schon sehr merkwürdig. Das war ad eins.

Ad zwei. Ich empfehle nachdrücklich, die Stellungnahmen der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen noch einmal gegenzulesen. In den letzten sieben Jahren sind Sie immer dafür kritisiert worden, dass Sie die Krankenhausfinanzierung nicht ausreichend ausstatten, dass Sie nicht in die Modernisierung des nordrhein-westfälischen stationären Gesundheitswesens investieren und damit insbesondere die medizinische Versorgung im ländlichen Raum im Hinblick auf die Qualität gefährden. Damit hat sich diese Landesregierung im Rahmen des Nachtrags auseinandergesetzt und deswegen auch eine Lösung hinsichtlich der 100 Millionen € gefunden, wozu Sie sich entsprechend eingelassen haben.

Von den Kollegen der SPD wurde die Forderung in den Raum gestellt, ein Programm analog zum Programm der NRW.BANK „Gute Schule 2020“ zu finden. Das funktioniert in einer Analogie eben nicht. Wir haben es uns schon sehr früh angesehen und wissen, dass das so nicht geht. Das haben wir Ihnen auch schon mehrfach erläutert.

Einen weiteren Punkt, den Sie mir vorgehalten haben, kann ich nicht stehenlassen, nämlich Landesbauordnung und barrierefreies Bauen. Es gibt in diesem Zusammenhang einige Punkte, auf die ich sehr großen Wert lege.

Jede Wohnung, die mit der sozialen Wohnraumförderung des Landes gebaut wird, ist barrierefrei. 9.400 Wohnungen sind im Jahr 2016 mit sozialer Wohnraumförderung des Landes gebaut worden, und sie sind barrierefrei.

Wenn wir Ihnen unsere Überlegungen zur Landesbauordnung vorstellen werden – auch mit einem großen Begleitinstrumentarium zum Thema „Behindertengerechtigkeit“ –, bin ich sehr gespannt, ob Sie mir diesen Vorhalt dann auch noch machen werden. Mit diesem Vorhalt würden Sie dem, was wir vorlegen werden, nicht im Ansatz gerecht. Die Barrierefreiheit werden Sie auch in der neuen Landesbauordnung finden, Herr Mostofizadeh. Ihr Ansatz und Ihre Annahme sind völlig falsch.

Letzter Punkt. Die Gemeindefinanzierung 2018 ist 11,7 Milliarden € schwer. Das ist ein Wert, den es in diesem Land noch nicht gegeben hat. Das ist über 1 Milliarde € mehr als 2017, die wir den Gemeinden zur Verfügung stellen mit einer Perspektive für die mittelfristige Finanzplanung bis 2022. Komischerweise ist das Thema „Altschulden“ von beiden Fraktionen nicht im Geringsten angesprochen worden. Meine Erwartungshaltung ist, dass die Kommunen, die über die Gemeindefinanzierung 2018 fortfolgende zunehmend Spielräume bekommen, ebenfalls in den Abbau der Liquiditätskredite investieren; denn das Land schafft es nicht gänzlich alleine, die Kassenkredite in den Griff zu bekommen.

Ich weiß, dass Stadträte, wenn Spielräume vorhanden sind, natürlich dazu neigen, sie nach Jahren des Sparens vor Ort nutzen zu wollen. Das ist mir alles klar. Es geht aber auch darum, dass alle dabei mithelfen, in den Abbau der Liquiditätskredite zu investieren.

Deswegen finde ich Ihren Auftritt hier am Rednerpult vor dem Hintergrund der Gemeindefinanzierung und angesichts dessen, was im kommenden Jahr an Städte und Gemeinden ausgekehrt wird, nicht angemessen.

Wir bekommen positive Rückmeldungen sowohl aus kreisfreien Städten als auch aus dem kreisangehörigen Raum. Dort heißt es: a) es ist gut, b) es ist richtig weiterentwickelt und c) wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit. Das ist gänzlich anders als das, was Sie hier in Summe dargestellt haben. Vor diesem Hintergrund wird diese Landesregierung Stadt und Land in der Tat wieder zusammenführen und damit einen Scherbenhaufen beseitigen, den Sie hier hinterlassen haben. – Danke sehr.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Ministerin. Bleiben Sie bitte am Redepult. – Frau Ministerin Scharrenbach, ich darf Sie an das Redepult zurückbitten. Sie haben die Anzeige „Kurzintervention“ wahrscheinlich einfach übersehen. Das passiert vielen Rednerinnen und Rednern am Redepult.

Es gibt bei Herrn Kollegen Mostofizadeh den Wunsch nach einer Kurzintervention. Ich schalte sein Mikrofon frei. – Bitte schön.

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Frau Präsidentin, vielen Dank. – Frau Ministerin, zunächst einmal stelle ich fest: Sie sind Gast hier im Hause. Ich finde es einigermaßen anmaßend, dass Sie frei gewählten Abgeordneten unterstellen, dass sie nicht in der Lage sind, das GFG zu verstehen. Das vorweg.

Weder ich als Person noch meine Fraktion hat auch nur mit einem Wort von einem Entzug der Krankenhausfinanzierung oder etwas Ähnlichem gesprochen. Wir haben dargestellt, dass die Landesregierung unter das Niveau von 2016 gefallen ist, weil sie einerseits die Krankenhausfinanzierung um 200 Millionen € gekürzt hat und andererseits in 2018 von den Kommunen 100 Millionen € bezahlen lässt. Das ist eine ganz schlichte faktische Feststellung. Alles, was Sie drumherum fabuliert haben, entspricht nicht den Äußerungen, die ich getätigt habe. Diese können Sie im Zweifel auch im Protokoll nachlesen.

Mir ist eines wichtig, Frau Ministerin: Sie suggerieren in der Öffentlichkeit, dass Sie ganz viel am GFG geändert hätten und damit den Kommunen eine ganz neue Perspektive bieten würden. Sie haben vorhin allen Ernstes das Wort „Scherbenhaufen“ in den Mund genommen.

Ich stelle fest: Am GFG hat sich nichts geändert. Die Veränderungen am Vorwegabzug lassen Sie sich von den Kommunen bezahlen, indem Sie die Zuflüsse zum Stärkungspaktgesetz kürzen. Das ist die Wahrheit über den Landeshaushalt 2018, wie Sie ihn hier in die Planung gegeben haben. Das habe ich mit Fug und Recht sehr scharf kritisiert, und dazu stehe ich auch.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Mostofizadeh. – Frau Ministerin, Sie haben jetzt zum einen die Gelegenheit, im Rahmen der Kurzintervention zu antworten; Sie haben zum anderen aber auch noch ausreichend Redezeit.

Ina Scharrenbach*), Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung: Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Herr Mostofizadeh, mit der Aussage, die Gemeindefinanzierung nicht verstanden zu haben, waren weder der Kollege Wolf noch der Kollege Mostofizadeh noch der Kollege Hoppe-Biermeyer noch der Kollege Höhn gemeint. Deswegen war es mir wichtig, dies hier deutlich zu machen, weil die Gemeindefinanzierung eben nicht so funktioniert wie sie von dem von mir nicht benannten Redner hier dargestellt wurde. Das war ad 1.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das macht man trotzdem nicht als Ministerin, wenn man gewählt ist!)

Ad 2: Sie wissen, dass der Stärkungspakt Stufe 1 mit Landesgeld finanziert wurde. Zur Finanzierung der Stufe 2 haben Sie Städte und Gemeinden herangezogen. Werfen Sie einen Blick in den Entwurf, den wir Ihnen vorgelegt haben. Dort lesen Sie: Wir schlagen Ihnen vor, aus dem Landesgeld heraus eine Co-Finanzierung der Stufe 2 zu ermöglichen.

Das ist keine Belastung, so wie Sie es dargestellt haben. Damit Sie wissen, über welche Volumen wir auch in den nächsten Jahren reden, verweise ich auf die damals noch durch Innenminister Jäger beantwortete Kleine Anfrage

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Die habe ich gelesen!)

eines Abgeordneten der CDU-Fraktion. Dann wissen Sie, über wie viel Geld wir hier reden, und was zur Verfügung steht.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das ist doch kein Landesgeld! Das ist kommunales Geld! Das sagen Sie doch selbst!)

Das ist der Gegenstand, den wir Ihnen hier vorgelegt haben. Vor diesem Hintergrund gelingt es, die Befrachtung, die Sie vorgenommen haben, wieder herauszudrehen, Herr Kollege Mostofizadeh. Insofern freue ich mich sehr auf den inhaltlichen Austausch im Kommunalausschuss, weil uns dieses Thema dort inhaltlich noch einmal begegnen wird. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Ministerin Scharrenbach. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor, liebe Kolleginnen und Kollegen, sodass ich an dieser Stelle die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 1 schließen kann.

Wir kommen zur Abstimmung über die Überweisung des Haushaltsgesetzes 2018. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 17/800 sowie der Finanzplanung Drucksache 17/801 an den Haushalts- und Finanzausschuss in der Federführung sowie an die zuständigen Fachausschüsse mit der Maßgabe, dass die Beratung des Personalhaushaltes einschließlich aller personalrelevanten Ansätze im Haushalts- und Finanzausschuss unter Beteiligung seines Unterausschusses Personal erfolgen soll.

Möchte jemand gegen diese Überweisung stimmen? – Das ist nicht der Fall. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist ebenfalls nicht der Fall. Dann ist einstimmig so überwiesen worden.

Wir stimmen ab über die Überweisung des Haushaltsbegleitgesetzes 2018. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 17/1111 sowie der Mittelfristigen Finanzplanung Drucksache 17/801 an den Haushalts- und Finanzausschuss in der Federführung sowie an die zuständigen Fachausschüsse mit der Maßgabe, dass die Beratung des Personalhaushaltes einschließlich aller personalrelevanten Ansätze im Haushalts- und Finanzausschuss unter Beteiligung des Unterausschusses Personal erfolgen soll.

Möchte jemand gegen die Überweisung des Haushaltsbegleitgesetzes in der beschriebenen Weise stimmen? – Das ist nicht der Fall. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist auch nicht der Fall. Dann haben wir auch hier einstimmig so überwiesen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Überweisung des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2018 und des Gesetzes zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes. Hier empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 17/802 an den Haushalts- und Finanzausschuss federführend sowie an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen.

Möchte jemand gegen diese Überweisung stimmen? – Nein. Möchte sich jemand enthalten? – Ebenfalls nicht. Dann haben wir auch hier einstimmig so überwiesen und sind damit am Ende von Tagesordnungspunkt 1.

Ich rufe auf:

2  Strukturbruch in der Windindustrie vorbeugen – für eine Bürgerenergie, die diesen Namen verdient

Antrag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1125

Entschließungsantrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1209 – Neudruck

Ich eröffne die Aussprache und rufe als ersten Redner für die antragstellende Fraktion Herrn Kollegen Sundermann auf.

Frank Sundermann (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch in Abwesenheit des zuständigen Ministers werde ich jetzt mit meiner Rede beginnen. Frau Scharrenbach, Windkraft betrifft ja auch ein bisschen den Bau. Vielleicht können Sie Herrn Pinkwart vertreten. – Es sind ja noch ein paar andere von der Landesregierung da. Ansonsten kann man das heutzutage aber auch nachlesen und nachhören. Schauen wir mal!

Wieder einmal ist die Windenergie Thema in einer Plenarsitzung. Ich glaube, wir hatten noch keine Plenarsitzung ohne dieses Thema. Es ist richtig und wichtig, dass wir uns damit beschäftigen. Wichtig ist es, weil die Windkraft für das Gelingen der Energiewende entscheidend ist, weil sie Wertschöpfung im Land hält, weil sie Investitionen auslöst und weil sie Arbeitsplätze und vor allem Industriearbeitsplätze schafft. Richtig ist, dass wir uns damit beschäftigen und dass wir sie fördern.

Falsch ist es allerdings, wenn die Landesregierung diese positive Entwicklung in unserem Land durch den Windkrafterlass abwürgen will. Zu diesem investitionsschädlichen Klima in unserem Land kommt eine Entwicklung hinzu, die auf den Ausschreibungsmodellen als Instrument für die Vergabe des Neubaus von Windenergieanlagen beruht.

Grundsätzlich können wir für die SPD feststellen, dass wir Ausschreibungen für richtig halten; denn Ausschreibungen sorgen für bezahlbare Energie und so natürlich auch für Akzeptanz in der Bevölkerung. Grundsätzlich richtig ist aber auch, dass wir im Bereich der Ausschreibungen Bürgerwindanlagen zusätzlich privilegiert haben; denn auch diese Privilegierung fördert die Akzeptanz. Bürgerenergieanlagen, Bürgerwindparks, die vor Ort in Bürgerhand sind, führen eben dazu, dass diese Neubauten akzeptiert werden.

Diese klare Einstellung, dass wir bei den Ausschreibungen Bürgerwindenergieanlagen privilegieren müssen, wurde übrigens im März dieses Jahres vom ganzen Haus so akzeptiert. Die Privilegierung ist aus unserer Sicht der Schlüssel für die Akzeptanz und auch für die gewünschte Anbietervielfalt.

Unsere Anregungen sind auf Bundesebene aufgenommen worden; die Privilegierung ist ins Ausschreibungsdesign eingeführt worden.

Leider Gottes müssen wir an dieser Stelle feststellen, dass dieses Ausschreibungsdesign ein Beispiel dafür ist, dass man etwas zwar gut gemeint haben kann, es aber dann schlecht gemacht hat. Da werden die Kollegen sagen: Na ja, das hat auch ein SPD-Minister gemacht. – Dann würde ich sagen: Okay, aber es war auch eine CDU-Kanzlerin, und es war ein grüner Staatssekretär. – Nur mein Kollege Brockes von der FDP ist an dieser Stelle fein raus. Er hat an diesem Ausschreibungsdesign im Prinzip nicht mitgearbeitet. Herr Brockes, freuen Sie sich an dieser Stelle!

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Aber nur an dieser Stelle ist er fein raus! – Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

– Ich will Ihnen auch mal eine Freude machen, Herr Brockes.

Wozu hat dieses Ausschreibungsdesign geführt? Es hat nicht dazu geführt, dass wir lokal verankerte Initiativen verstärkt als Investoren verzeichnen konnten. Es hat vielmehr dazu geführt, dass wir eine Vielzahl von professionellen Planern oder strategischen Bietern haben, die die Ausschreibungen komplett abgeräumt haben. Wir haben das Ziel verfehlt. Das führt eben nicht zur Akzeptanz für die Windkraftanlagen in unserem Land.

Da die Privilegierung beinhaltete, dass diese Anlagen keine Genehmigung haben, und dass vier Jahre Zeit war, um sie umzusetzen, öffnet sich nun ein Loch bei dem Neubau von Windenergieanlagen. In Nordrhein-Westfalen sind über diese Ausschreibung aktuell nur zwei Anlagen genehmigt, jeweils mit 6 MW. Die fehlenden Genehmigungen werden dazu führen, dass wir relativ kurzfristig einen Strukturbruch im Windenergiesektor verzeichnen werden. Ein entsprechender Arbeitsplatzabbau ist zu befürchten.

(Zuruf von der AfD: Zum Glück!)

– Ja, okay. – Meine Damen und Herren, was muss getan werden, um die Dinge wieder dahin zurückzuführen, dass solche Ziele wie die Akzeptanz erreicht werden können?

Zunächst schlagen wir vor, dass das Ausschreibungsvolumen im Jahr 2018 in den nächsten Tranchen deutlich auf jeweils 2.000 MW erhöht wird.

Wir befürworten weiterhin das, was wir hier einstimmig gefordert haben, nämlich die Aufnahme der De-minimis-Regelung, sodass verstärkt auch kleinere Anlagen bzw. kleinere Investoren zum Zuge kommen.

Ganz wichtig ist zudem: Wir wollen, dass die Kriterien, die an Bürgerwindanlagen angelegt worden sind, und die dazu geführt haben, dass unsere Ziele nicht erreicht worden sind, deutlich verschärft werden.

Außerdem wollen wir, dass zukünftig auch kommunale Stadtwerke und Kommunen in den Genuss kommen können, Bürgerwindanlagen zu bauen, weil wir der Meinung sind, dass gerade über die Stadtwerke und die Kommunen Wertschöpfung in der Region verbleiben kann. So kann letztlich durch die Bürgerwindanlagen die Akzeptanz für Windenergieanlagen gesteigert werden.

Meine Damen und Herren, die Zeit drängt an dieser Stelle. Deshalb beantragen wir keine Überweisung an den Ausschuss, sondern eine direkte Abstimmung. Wir müssen dafür sorgen, dass die Strukturen nicht wegbrechen.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Frank Sundermann (SPD): Habe ich gesehen. – Wir wünschen uns – wir werden die Möglichkeiten auf Bundesebene schaffen –, dass die Landesregierung Farbe bekennt. Sie soll nicht auf der einen Seite sagen, dass die Klimaschutzziele erreicht werden sollen, und auf der anderen Seite die Windkraft in unserem Land abwürgen. Diese Doppelzüngigkeit werden wir Ihnen nicht weiter durchgehen lassen. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Sundermann. – Für die CDU-Fraktion hat jetzt Herr Dr. Untrieser das Wort.

Dr. Christian Untrieser (CDU): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 32 % des in Deutschland verbrauchten Stroms erzeugten im Jahr 2016 erneuerbare Energien. Damit trugen erneuerbare Energien mehr zur Stromerzeugung bei als die anderen Energieträger. Bis zum Jahr 2025 soll dieser Anteil auf 40 % bis 45 % wachsen. Zehn Jahre später sollen es 55 % bis 60 % sein. So sieht es das aktuell geltende Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien, kurz EEG, vor.

Eines ist klar: Wir werden zur Absicherung auch weiterhin konventionelle Kraftwerke brauchen. Für die erneuerbaren Energien gilt: Wer von einem Nischenakteur zum relevantesten Player im Strommarkt geworden ist und diesen zukünftig noch stärker dominieren wird, der kann nicht so gefördert werden wie zu Beginn des Markteinstiegs, sondern der muss sich im Wettbewerb behaupten.

Die EEG-Novelle der Großen Koalition in 2016 hatte genau dies zum Ziel. Die erneuerbaren Energieformen sollten an den Markt herangeführt werden, und das Instrument hierfür war und ist der Einstieg in einen Ausschreibungsmechanismus.

Herr Sundermann, ich habe gerade vernommen, dass Sie sagten, grundsätzlich seien Sie nicht gegen die Ausschreibung.

(Frank Sundermann [SPD]: Ja!)

– Das ist gut. Wenn ich mir allerdings Ihren Antrag ansehe und feststelle, dass Sie, wie schon im Bundesrat im November 2015, fordern, dass Windenergieprojekte bis 6 MW oder sechs Anlagen von den Ausschreibungen ausgenommen werden sollten – die sogenannte De-minimis-Regelung, die das EU-Recht zweifellos vorsieht –, dann muss ich sagen: Sie nehmen eine Vielzahl dieser Anlagen wieder aus dem Wettbewerb heraus, den wir gerade eingeführt haben.

Insofern ist das eine Rolle rückwärts. Das würde der positiven Entwicklung, die erneuerbaren Energien in dem Bereich gemacht haben, geradezu entgegenstehen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Ausschreibungen haben nach den ersten Erfahrungen ein Ziel erreicht: Die Förderkosten sind zum Teil sehr stark gesunken. Wir stellen fest, dass die Gebotswerte bereits jetzt deutlich unter den administrativ festgelegten Werten des früheren EEG liegen. Durchschnittliche Zuschlagswerte bei Wind-Onshore lagen im Mai 2017 bei 5,71 Cent pro Kilowattstunde, danach im August bereits bei 4,28 Cent. Die ausgeschriebenen Volumina wurden jeweils deutlich überzeichnet. Geradezu eine Sensation brachte die erste Ausschreibung für Windkraft auf See: Hier gewann ein Gebot für sage und schreibe null Cent Förderung.

Noch eine weitere Lehre lässt sich aus den ersten Ausschreibungen ziehen: das deutliche Übergewicht von vermeintlichen Bürgerenergieanlagen. Was ist passiert? Eine Regelung, die gut gemeint war und die kleine Bürgerenergiegesellschaften vor ungleichem Wettbewerb mit großen professionellen Anbietern schützen sollte, ist von einem strategisch bietenden Unternehmen ausgenutzt worden. Ging das BMWi ursprünglich von 10 % Zuschlägen für Bürger-energiegesellschaften aus, so sind es tatsächlich über 90 %, und hier überwiegend ein Konsortium, das gezielt Gesellschaften formte und Menschen einband, die eben nicht Bürger im jeweiligen Gemeindegebiet waren.

Das Modell wurde deswegen attraktiv, weil Bürgerenergiegenossenschaften zwei große Vorteile in den Ausschreibungsverfahren haben: Erstens können sie ohne Genehmigung nach Bundes-Immissionsschutzgesetz an den Ausschreibungen teilnehmen, zweitens haben sie zwei Jahre länger Zeit, um die Anlage zu errichten.

Die Folge hiervon ist, dass die Windenergiebranche ab dem Jahr 2019 einen flächendeckenden Auftragseinbruch im Inlandsgeschäft befürchten muss; denn die im Jahr 2017 gewonnenen Gebote werden nun erst zwei Jahre später realisiert. Betrieben und Mitarbeitern droht eine gefährliche Unterauslastung. Das war nie der Wille des Gesetzgebers, und genau da gilt es anzusetzen.

Die von mir beschriebene Situation wurde vom Gesetzgeber allerdings schon erkannt. Für die ersten beiden Ausschreibungsrunden im Jahr 2018 werden die Privilegien der Bürgerenergiegesellschaften weitestgehend ausgesetzt. Im Detail bedeutet das: Man braucht eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung, und die Verlängerung des Realisierungszeitraums um zwei Jahre gilt auch nicht für diese Runden.

Weiterhin können Sie selbstverständlich davon ausgehen, dass im Rahmen einer neuen EEG-Reform, die demnächst in Berlin angegangen werden muss, die Regelungen für Ausschreibungen im Bereich der Windkraft überarbeitet und natürlich auch Fehlanreize korrigiert werden.

Damit erweisen wir uns als verlässlicher Partner der Branche. Wir stehen zu unserer Zusage, die Windenergie mit Maß und Mitte auszubauen und Umweltverträglichkeit, Versorgungssicherheit, Kosten und Akzeptanz gleichermaßen in den Blick zu nehmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Dr. Untrieser. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Brockes.

Dietmar Brockes*) (FDP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man den SPD-Antrag liest, so stellt man sehr schnell fest, dass er sich weitestgehend – zu fast 80 % oder auch mehr – um Probleme kümmert, die wir nicht hier im Land lösen können, sondern die in der Bundesgesetzgebung geregelt werden müssen. Es bedarf also einer Regelung durch den Bund.

(Frank Sundermann [SPD]: Aber damit muss man sich trotzdem befassen!)

– Da, Herr Kollege Sundermann, sollte man sich dann auch die Frage stellen, wer denn diese Regelung zu verantworten hat.

(Frank Sundermann [SPD]: Habe ich Ihnen doch gesagt!)

Es war die Große Koalition mit Ihrem Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der diese Regelung eingeführt hat.

(Zuruf von Dietmar Bell [SPD])

Im Übrigen: Dem Antrag, den Sie zitieren, haben SPD und Grüne zugestimmt; CDU und FDP haben ihn abgelehnt.

(Zuruf von Frank Sundermann [SPD])

Deshalb binden Sie uns bitte nicht zu sehr in etwas mit ein, was nicht stimmt.

Sie schreiben in Ihrem Antrag, diese Vorgabe sei damals vom Bundesgesetzgeber nicht übernommen worden. Das würde ich an dieser Stelle anders formulieren: Sie sind mit Ihrem Anliegen krachend bei Ihren eigenen Genossinnen und Genossen in Berlin gescheitert.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das zeigt wieder einmal deutlich, dass die inzwischen abgewählte Regierung Kraft keinerlei Einflussmöglichkeiten in Berlin hatte. Jetzt wollen Sie, dass CDU und FDP Ihren gescheiterten Antrag nun in die Tat umsetzen. Das ist schon bemerkenswert.

Ich gebe Ihnen noch einen Tipp, Herr Kollege Sundermann. Kollege Untrieser hat schon ausgeführt, wie die Bundesregierung scheinbar bereits am Werke ist. Ich sage Ihnen noch eines dazu, falls Sie zuhören: Die derzeit im Amt befindliche Bundeswirtschaftsministerin gehört auch Ihrer Partei an. Wenn Ihnen das Anliegen so wichtig ist, dann würde ich Ihnen raten, zu versuchen, mit ihr in Kontakt zu kommen, und weniger zu suggerieren, als wäre es die NRW-Koalition, die für diese Fehler und dieses Scheitern verantwortlich ist.

Meine Damen und Herren, angesichts der dargestellten Problematik – einer Änderung einer Ausnahmeregelung im Erneuerbaren-Energien-Gesetz – wird sehr deutlich, dass wir so nicht weiterkommen.

(Beifall von der FDP)

Wir brauchen dringend einen Neustart der Energiewende, bei dem es mehr Wettbewerb gibt und weniger Ausnahmen bestehen. Nur Wettbewerb kann hier die Antwort sein.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Und jetzt? Ich möchte noch einen weiteren Punkt aufgreifen, der in Ihrem Antrag steht. Sie suggerieren – die Grünen in ihrem Antrag übrigens genauso –, man müsse die Windindustrieanlagen nur Bürgerwindprojekte nennen, und schon sei vor Ort Akzeptanz gegeben.

Meine Damen und Herren, das ist natürlich mitnichten so. Das ist nicht ausreichend, und deshalb ist es wichtig, dass wir, die NRW-Koalition, dafür sorgen, dass es vernünftige Abstände für die Bürgerinnen und Bürger gibt und dass der Schutz von Mensch, Natur und Landschaft bei der Umsetzung der Energiewende berücksichtigt wird.

Es ist ehrlich gesagt auch eine Farce, wenn Sie in Ihrem Antrag davon reden, dass die Akzeptanz der Bevölkerung für das Gelingen der Energiewende zentral ist. Ja, das ist sie – aber genau dafür sorgen Sie nicht. Für wirkliche Akzeptanz sorgen wir. Aber wenn wir unsere Forderungen äußern und dafür sorgen, dass es mehr Akzeptanz in der Bevölkerung gibt, reden Sie von Verhinderungspolitik. So ernst meinen Sie es mit der Akzeptanz. So werden Sie nicht zum Gelingen der Energiewende beitragen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Brockes. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Kollegin Brems.

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Lage ist ernst. Die Lage ist ernst für die Windenergie; das hat der Kollege Sundermann von der SPD gerade drastisch dargestellt. Die Lage ist aber auch ernst für den Klimaschutz. Daher wäre ein Signal aus NRW und aus Berlin nach Bonn zur Klimakonferenz ganz wichtig – ein Signal für mehr statt weniger Klimaschutz und ein Signal für mehr statt weniger Windenergie.

Wir brauchen für mehr Klimaschutz vor allem eines: Wir müssen raus aus der Kohle. Ich sage das immer wieder und ich sage es gerne so lange, bis es bei Ihnen angekommen ist.

Das, was wir in letzter Zeit und in den letzten Tagen gerade von CDU und FDP gehört haben, zeugt doch ganz klar davon, dass Ihnen irgendwelche alternativen Fakten vorliegen. Aber ein Faktencheck nach dem anderen zeigt aktuell ganz eindeutig: Wir haben massive Überkapazitäten. Wir haben kein Problem damit, in den nächsten Jahren die 20 dreckigsten Kohlekraftwerke abzuschalten und gleichzeitig aus der Atomenergie auszusteigen.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Das zeigt ganz aktuell auch ein Papier des BMWi und der Bundesnetzagentur.

(Zurufe von Ralf Witzel [FDP] und Daniel Sieveke [CDU])

Das kommt genau zu diesen Ergebnissen. Deshalb ist es wichtig, das auch wirklich zu machen. Hören Sie doch einfach mal auf diejenigen, die Ahnung davon haben!

(Ralf Witzel [FDP]: Der grüne Morgenthau-Plan!)

51 Unternehmen – von ALDI über Siemens – sind dafür, dass wir endlich einen verlässlichen und sozialverträglichen Ausstiegspfad bei der Kohleverstromung bekommen. Eine Weigerung, über den Kohleausstieg zu verhandeln, ist nicht nur klimapolitisch, sondern auch wirtschaftspolitisch absolut fatal.

(Beifall von den GRÜNEN)

Natürlich reicht der Kohleausstieg allein nicht aus. Wir müssen die erneuerbaren Energien ausbauen, und dabei ist die Windenergie eine ganz wichtige Säule. Leider ist das, was in den letzten Jahren passiert ist – nämlich das willkürliche Setzen von jährlichen Ausbauzielen durch die Große Koalition in Berlin – eine wirklich unnötige Begrenzung. Man muss sich nur einmal vorstellen, das gäbe es in anderen Branchen, dass Sie vorgeben würden, sie dürfen wachsen, aber bitte nicht so schnell! – Wo würden Sie das denn so vorgeben? Das finde ich wirklich sehr kurios.

(Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Ehrlich gesagt: Auch die Forderung der Kolleginnen und Kollegen von der SPD, nämlich die Ausschreibungsvolumen vorzuziehen und hinterher wieder abzuziehen, reicht beileibe nicht aus. Genau das hilft eben nicht. Wir brauchen die dauerhafte Erhöhung der Ausbauziele. Eine Entwicklung muss möglich sein. Die Unternehmen und die Menschen brauchen Investitionssicherheit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Ausnahmeregelungen für Genehmigungen von Bürgerwindprojekten haben genau zu den Problematiken geführt, die mein Kollege von der SPD hier vorgestellt hat. Besser wäre es gewesen, wie wir es vorgeschlagen haben, Befreiungen für Ausschreibungen bei Bürgerwindenergieprojekten – echten Bürgerwindenergieprojekten – zuzulassen.

Ein dritter, ebenfalls sehr wichtiger Punkt: Eine Regionalisierung ist notwendig. Wir müssen gewährleisten, dass hier in Nordrhein-Westfalen der Windenergieausbau auch möglich ist und nicht so begrenzt wird, wie es aktuell passiert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Brockes, noch eines zur Akzeptanz. Jetzt mal ehrlich: 83 % der Deutschen sind laut einer repräsentativen Forsa-Umfrage davon überzeugt, dass der Ausbau der Windenergie an Land wichtig oder sehr wichtig ist. Auch die Mehrheit Ihrer Wählerinnen und Wähler ist dafür. Ihre Wählerinnen und Wähler sind schon weiter als Sie, und darauf sollten Sie auch mal hören.

(Beifall von den GRÜNEN – Dr. Christian Blex [AfD]: Genau! Ökoplanwirtschaft!)

Wenn Ihnen nämlich wirklich etwas an Akzeptanz liegen würde, dann würden Sie echte Bürgerwindenergieprojekte unterstützen. Dann würden Sie beispielsweise auch Mediationen für Kommunen unterstützen und nicht genau diese Sachen aus dem Entwurf für den Windenergieerlass herausziehen. Das ist negative Propaganda, die Sie hier machen. Sie wollen nämlich weniger statt mehr Akzeptanz erreichen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Sehr geehrte Damen und Herren, NRW muss als Gastgeberland der Klimakonferenz nicht nur schöne Worte zum Klimaschutz verlieren und schöne Fotos mit Arnold Schwarzenegger machen,

(Dr. Christian Blex [AfD]: Weniger heiße Luft wäre gut!)

sondern diese Landesregierung muss wirklich vorangehen. Daher brauchen wir den Ausbau der erneuerbaren Energien. Es muss Schluss damit sein, dass aus Berlin dieser Branche seit Jahren Steine in den Weg gelegt werden. Es muss Schluss sein mit der Fesselung der Windenergie, wie sie Schwarz-Gelb hier in NRW betreibt.

Deswegen ist es an der Zeit, dass sich diese Landesregierung für die Interessen Nordrhein-Westfalens in Berlin einsetzt: für eine Erhöhung der Ausschreibungsvolumen, für eine Befreiung für Bürgerwindprojekte und für eine regionale Verteilung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Erhalten Sie die hohe Akzeptanz für die Windenergie, die es eben gibt, indem Sie Bürgerprojekte und Mediationen unterstützen.

Das alles wäre im Sinne des Klimaschutzes und Nordrhein-Westfalens. Daran sollte uns doch allen gelegen sein. Daher bitte ich um Unterstützung unseres Antrags. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Brems. – Für die AfD hat Herr Dr. Blex das Wort.

Dr. Christian Blex (AfD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Frau Brems, fahren Sie doch mal nach Büren. Schauen Sie sich mal Büren an. Wie schön es da aussieht! Völlig natürlich – alles zugepflastert mit Zement.

Zu der SPD: Die Kosten der Energiewende laufen komplett aus dem Ruder. Das hatte schon Herr Gabriel 2014 zu seiner Zeit als Wirtschaftsminister festgestellt. Noch im Sommer dieses Jahres hat der Vorsitzende des Sachverständigenrates diese Sorge sehr deutlich geäußert.

Mit ihrem Antrag versucht die SPD aber im Namen der Bürgerbeteiligung und der sogenannten Klimarettung, die zaghaften Ansätze des Gesetzgebers zur Kostenkontrolle beim EEG zu torpedieren.

Die Behauptung der SPD, die Produktionskosten je Kilowattstunde befänden sich heute im gleichen Bereich wie die von richtigen Kraftwerken, ist schlicht hanebüchen. Entweder fehlt es Ihnen an elementarer technischer Grundbildung oder Sie versuchen bewusst, unsere Bürger zu täuschen.

(Beifall von der AfD)

Da der Wind weht, wann er will, liefern Windkraftwerke technisch minderwertigen Zufallsstrom, der massive Schäden in der Stabilität unserer Stromversorgung hervorruft.

Und für Frau Brems: Strom ist nicht gleich Strom. Zu den Qualitätsmerkmalen elektrischer Energie zählen die sichere, ununterbrochene Versorgung, eine gleichbleibende Spannung im engen Bereich von 230 Volt und eine genau kontrollierte Netzfrequenz von 50 Hertz. Diese Qualitätsmerkmale werden übrigens durch die Digitalisierung immer wichtiger. Windstrom wie Fotovoltaikstrom können diese nicht erfüllen.

(Beifall von der AfD)

Beide sind nämlich eines: Zappelströme. Eine technische Behebung dieser Mängel ist technisch bedingt nur in sehr eingeschränktem Maße möglich.

Volkswirtschaftlich bezahlbare Speicher elektrischer Energie mit auch noch vernünftigen Wirkungsgraden gibt es nicht – auch an die Kollegen von der CDU und von der FDP.

Der durch die massive Zwangssubventionierung betriebene Ausbau der Windenergie hat in Deutschland mittlerweile Kapazitäten geschaffen, die bei kräftigem Wind zu einer massiven Überproduktion führen. Dann müssen die Netzbetreiber den überschüssigen Strom teuer entsorgen, um einen Netzzusammenbruch zu verhindern. Die Kosten hierfür verstecken sich in den Netzentgelten, die jedes Jahr kräftig steigen. Abfallentsorgung ist halt nicht kostenlos.

Obwohl bei beiden Auktionsrunden zu über 90 % sogenannte Bürgerwindparks das Rennen machten, reicht das der SPD offensichtlich nicht. Aber Bürgerwindparks ändern nichts an den technischen Unzulänglichkeiten. Sie vergrößern nur den Kreis der Ökosubventionsbezieher, und darum geht es Ihnen.

(Beifall von der AfD)

Die Windkraft hat zwar einige Unternehmer aus dem ökologisch-industriellen Komplex sehr reich gemacht und einigen Grundstückseigentümern gute Pachteinnahmen beschert, aber die Privathaushalte und die Gewerbetreibenden müssen dafür auf Jahre hinaus bitter bezahlen. Es ist schlichtweg eine asoziale Umverteilung von unten nach oben.

(Beifall von der AfD)

Die SPD sorgt sich um den richtigen Zeitpunkt für die Vorlage einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung. Wir treten dafür ein, dass jeder Antragsteller oder Bieter eine solche Genehmigung vorlegen muss, um die Betroffenen darüber zu unterrichten, was Schlimmes auf sie zukommt, und um die Anbieter zum gründlichen Durchdenken ihres Projektes einschließlich seiner unvermeidlichen Nebenwirkungen zu veranlassen.

(Beifall von der AfD)

Mit den sogenannten Erneuerbaren ist in Deutschland kein Staat zu machen. Sie müssten dafür Wasserkraft wie Norwegen oder Brasilien haben, Holz wie Schweden oder Wind wie die Azoren. Das haben wir aber nicht. In Deutschland aber werden die Verbraucher und das Gewerbe durch das EEG vollkommen technisch und umweltpolitisch unsinnig abkassiert, derzeit mit etwa 30 Milliarden € im Jahr, und hinzu kommen die explodierenden Netzentgelte als Folge des Ökostroms.

Allen ist bekannt, dass Windkraftanlagen Mensch und Natur stören oder gar schädigen. Landschaften, die der Stromerzeugung geopfert wurden, stehen uns allen vor Augen. Ich erinnere an Büren. Es ist schlicht irrsinnig, dass die SPD wie die anderen Altparteien einer Zufallsstromerzeugung anhängen, die keinerlei Nutzen für eine technisch sinnvolle Stromerzeugung hat …

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Dr. Christian Blex (AfD): … und unserer Volkswirtschaft massiv schadet.

Wir lehnen beide Anträge natürlich ab, den von der SPD und den von den Grünen.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Danke, Herr Dr. Blex. – Für die Landesregierung hat Herr Minister Professor Dr. Pinkwart das Wort.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zwei Sätze zu der sehr engagierten Rede von Frau Brems sagen. Ich habe mich rückversichert: Sie waren zwischen 2010 und 2017 auch Mitglied des Hohen Hauses und werden natürlich mitverfolgt haben, wie Sie sich 2016 – noch in Regierungsverantwortung in Nordrhein-Westfalen – mit der damaligen und jetzt noch geschäftsführend tätigen Bundesregierung über die Klimaschutzziele ausgetauscht und welche Maßnahmen Sie beschlossen haben, um ein damals schon erkennbares mögliches Delta auszugleichen. Da haben Sie Beiträge geleistet, die sicherlich sinnvoll und wichtig waren.

Aber wenn Sie heute eine Vielzahl an noch zu erreichenden Klimaschutzmaßnahmen darstellen und anderen vorhalten, sie hätten nicht hinreichend gehandelt, dann möchte ich Ihnen entgegenhalten: Wo waren Sie und die von Ihnen mitgetragene Landesregierung denn im Jahre 2016, wenn es Ihnen damals wirklich darum gegangen wäre, so großartige Ziele zu erfüllen? Diese Frage stellt sich mir jedenfalls deutlich.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich sage das auch mit Blick auf das, was jetzt in Berlin zu klären ist, und mit Blick auf Deutschland, auf Europa und die Welt. Wir haben die COP 23 in Bonn. Wir sind im Gespräch mit vielen Regionen, Bundesstaaten und anderen – nicht nur mit den Nationen –, und alle ringen darum, das Klima zu verbessern.

Wenn Sie die Gespräche ganz ernsthaft verfolgen und führen, dann merken Sie, dass alle um einen möglichst guten Weg ringen. Und ein guter, verantwortlicher Weg ist es, auf der einen Seite Klimaschutz zu erreichen und auf der anderen Seite Versorgungssicherheit und auch Bezahlbarkeit von Energie sicherzustellen.

Alle drei Ziele werden auch in Bonn sehr ernsthaft und sehr gewissenhaft von allen Vertretern, mit denen ich jedenfalls auch am Wochenende, Samstag wie Sonntag, sprechen konnte, mit verfolgt. Das halte ich für verantwortliches Handeln, meine Damen und Herren. Wir müssen jetzt sehen, wie wir die Dinge klug zusammenbringen.

Beim Thema „Windkraft“ ist es auch so wie im Großen und Ganzen. Auch bei der Windkraft müssen wir einerseits sehen, dass wir die Erneuerbaren fördern. Das wollen wir auch hier in Nordrhein-Westfalen. Sonst werden wir ehrgeizige Klimaschutzziele nicht erreichen.

Auf der anderen Seite müssen wir bei der Windkraft genauso wie bei anderen Energieträgern darauf achten, dass Anwohnerschutz und Landschaftsschutz in gleicher Weise gewährleistet werden.

Diese Balance haben wir bei der Kohle, die haben wir bei anderen Energieformen, und die haben wir eben auch bei der Windenergie. Genau so ist es um die Windenergie in Nordrhein-Westfalen bestellt: Windenergie ja, aber mit Sinn und Verstand und so, dass Menschen und Umwelt damit leben können.

(Beifall von der CDU und der FDP)

In dem Kontext wollen wir die Windenergie am Standort Nordrhein-Westfalen sich weiterentwickeln lassen – dazu haben wir klare Aussagen gemacht, das setzen wir um –: Wir ändern erstens den Windenergieerlass, wir werden zum Zweiten ein zweites Entfesselungspaket vorlegen und dann im LEP Änderungen vornehmen. Wir werden drittens auch auf der Bundesebene entsprechende Initiativen ergreifen, um die Akzeptanz der Windenergie durch Änderung des Bundesbaugesetzbuchs nachhaltig zu sichern. Zudem geht es uns auch darum, dass wir die Erneuerbaren insgesamt, wo immer es sinnvoll und wirtschaftlich machbar ist, weiter fördern.

Dazu gehört auch, dass wir Regelungen, die der Bund und eben nicht Nordrhein-Westfalen geschaffen hat und die jetzt zu diesen Ausschreibungen in der Windenergiebranche geführt haben, kritisch betrachten.

Wenn Regelungen existieren, die es Bürgervereinigungen erlauben, sich an Ausschreibungsrunden zu beteiligen, und zwar mit dem Recht langer Genehmigungsverfahren und Vorgänge, und dadurch die Windenergieindustrie Schaden nimmt, kann das nicht in unserem Interesse sein: einerseits, weil die Windenergieindustrie hier fast 19.000 Arbeitsplätze stellt und andererseits, weil wir eine leistungsfähige Windenergieindustrie brauchen, nicht nur für Nordrhein-Westfalen, sondern auch für Deutschland, für Europa und sogar weltweit. 90 % der Leistungen, die die Windenergieindustrie in Nordrhein-Westfalen erbringt, gehen nämlich in andere Bundesländer, gehen in den Export. Also sind wir sehr daran interessiert, dass die Windkraftindustrie hier vernünftig arbeiten kann.

Deswegen setzen wir uns auch dafür ein, dass sich die Rahmenbedingungen, die der Bund für diese Ausschreibungsrunden setzt, so entwickeln, dass die Windenergieindustrie auch im nächsten Jahr vernünftige Aufträge bekommt, …

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Minister.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie: … nämlich vor allen Dingen dort Windkraftanlagen zu errichten, wo der Wind kräftig weht, wo die Windkraft wirtschaftlich umgewandelt werden kann und wo dann beides erreicht wird: Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Minister, ich hatte wirklich keine Chance, Sie zu unterbrechen.

(Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Das ist aber schade!)

Es gab den Wunsch nach einer Zwischenfrage. Würden Sie die am Ende Ihrer Rede noch zulassen?

(Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart: Ich bitte sehr um Nachsicht, Frau Präsidentin!)

Es ist zwar der Platz von Herrn Dr. Vincentz, aber ich vermute, Herr Dr. Blex sitzt dort und würde Ihnen gerne die Frage stellen. – Bitte.

Dr. Christian Blex (AfD): Herr Minister Pinkwart, Sie haben eben gesagt, NRW exportiert Windkraft. Wie viel zahlt denn NRW für den Export?

Prof. Dr. Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie: Wir haben eine Windkraftindustrie mit allem, was benötigt wird, um Windkraftanlagen herzustellen und zu konzipieren. Sie hat nach den uns vorliegenden Statistiken etwa 19.000 Mitarbeiter. Sie hat sich über die Jahre entwickelt. Es ist sicherlich so, dass sich diese Industrie am Standort Nordrhein-Westfalen, wie in Deutschland insgesamt, vor dem Hintergrund einer sehr starken Förderkulisse entwickelt hat. Das ist gar keine Frage. Ich glaube, es wäre unredlich, wenn man das bestreiten wollte.

Diese Förderkulisse wäre nach meinem Dafürhalten in der Form nicht nötig gewesen, um die Windenergie auch hier voranzutreiben. Das EEG ist viel zu lange sehr stark in einer Weise ausgerichtet worden, dass Anreize nicht in dem Maße gegeben waren, wie ich es mir unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten gewünscht hätte. Das ist auch mit eine Ursache dafür, dass wir heute insgesamt – die Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die Betriebe – 25 Milliarden € pro Jahr an EEG-Umlage zahlen. Das ist die Faktenlage.

Auf der anderen Seite müssen wir auch sehen: Deutschland ist sehr schnell aus der Kernenergie ausgestiegen. Wir haben uns dazu volkswirtschaftlich entschieden. Die wenigen Kraftwerke werden bald vom Netz gehen. Die Nutzung der erneuerbaren Energien war ein Mittel, um diese Lücke zu schließen, und deswegen hat die Politik – wenn auch vielleicht in etwas überzogenem Maße – gehandelt. Wir können heute sagen, dass die erneuerbaren Energien ein ganz wichtiger Stützpfeiler unserer Energieversorgung geworden sind. Das ist ja auch ein Erfolg – auch wenn er vielleicht zu viel Geld gekostet hat; das würde ich einräumen.

Aber man muss beides sehen. Wir in Nordrhein-Westfalen sollten sehen, dass wir jetzt einen vernünftigen Gleichklang zwischen konventioneller Energie und erneuerbarer Energie schaffen, um Versorgungssicherheit, Bezahlbarkeit und Klimafreundlichkeit auch in Zukunft sicherzustellen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Minister. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor, sodass ich die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 2 schließen kann.

Wir kommen zur Abstimmung: zuerst über den Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1125. Die antragstellende Fraktion der SPD hat direkte Abstimmung über den Inhalt des eben genannten Antrags beantragt. Die führen wir jetzt durch.

Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP und die AfD sowie die beiden fraktionslosen Abgeordneten Langguth und Neppe. Wer möchte sich enthalten? – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dann ist mit dem soeben festgestellten Abstimmungsergebnis der Antrag der SPD-Fraktion Drucksache 17/1125 abgelehnt.

Wir kommen zur zweiten Abstimmung, diesmal über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1209 in der Fassung des Neudrucks.

Wer möchte diesem Entschließungsantrag zustimmen? – Das ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. – Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, die AfD-Fraktion und die beiden eben schon genannten fraktionslosen Abgeordneten. Wer enthält sich? – Das ist die SPD-Fraktion. Damit ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis auch der Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1209 – Neudruck – abgelehnt, und wir sind am Ende von Tagesordnungspunkt 2.

Ich rufe auf:

3  Wirksamkeit der Mietpreisbremse erhöhen – Kein Kahlschlag beim Schutz von Mieterinnen und Mietern

Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1118

Ich eröffne die Aussprache. Herr Kollege Klocke, der bereits ans Redepult gekommen ist, hat jetzt das Wort.

(Viele Abgeordnete verlassen den Plenarsaal.)

Arndt Klocke (GRÜNE): Bleiben Sie ruhig hier. Das Thema ist interessant und relevant. Sie brauchen jetzt nicht zum Kaffeetrinken rauszugehen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das gilt insbesondere für die Regierungsfraktionen, denn es geht um Ihre Landesregierung und um Ihre Ministerin.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Ministerin, wir haben das Thema heute erneut auf die Tagesordnung gesetzt, weil sowohl die kleine Regierungserklärung, die Sie im Ausschuss abgegeben haben, als auch das von der Kollegin Düker heute Morgen angesprochene Papier mit den 49 Seiten, das die Wünsche der Landesregierung an die Koalitionsverhandlungen in Berlin enthält, zu diesem Thema überhaupt keine Aussage machen. Zu den überteuerten Mieten, der Wohnungssituation und zu der Frage, wie eine Regierung gegensteuern kann, gibt es keine Aussage, weder von Ihnen in Ihrer Regierungserklärung im Ausschuss noch in dem, was die Landesregierung nach Berlin geschickt hat. Deswegen bringen wir heute noch einmal einen entsprechenden Antrag ein.

Sie werden es wahrgenommen haben: Die Wohlfahrtsverbände haben gestern die Wohnungslosenstatistik für Deutschland vorgestellt. Es ist festzustellen, dass wir im Land nicht nur eine zunehmende Wohnungsnot haben, sondern dass auch die Obdachlosigkeit in Deutschland rasant ansteigt. Mittlerweile gibt es 450.000 Menschen ohne Heim, die als obdachlos gelten. Die Zahlen steigen dramatisch an, insbesondere die Anzahl der Menschen, die ihre Miete nicht mehr zahlen können, die von Zwangsräumung betroffen sind, die in der Obdachlosigkeit landen.

Jeder Mensch, der sich ein bisschen mit diesem Thema auskennt, weiß: Wer in der Obdachlosigkeit gelandet ist, kommt dort in den seltensten Fällen wieder heraus. Es ist eine Karriere, es sind Biographien. Es sind dann auch die Kinder dieser Menschen, die in ähnlichen Verhältnissen landen.

Deswegen ist für uns klar: Wir müssen einen Aufschlag hin zu bezahlbarem, preisgünstigem Wohnraum machen. Darüber hinaus muss es etwas geben, was Mietsteigerungen deckelt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Jetzt kann man sagen, die von der Bundesregierung, von der Großen Koalition verabschiedete Mietpreisbremse greift nicht. Das ist sicherlich der Fall.

Wir haben ja in der letzten Legislaturperiode – damals noch SPD und Grüne in Regierungsverantwortung – einen Antrag eingebracht und beschlossen, dass die Mietpreisbremse überarbeitet werden muss, dass dieser zahnlose Tiger Zähne kriegen muss, dass es verschiedene Instrumente geben muss, beispielsweise die Pflicht des Vermieters zur Offenlegung der Vormiete, damit Neumieter eine Chance haben, zu checken, ob es bezüglich des Objekts, das sie übernehmen wollen, eine ungerechtfertigte Mietsteigerung gibt oder ob sich diese in einem vertretbaren Spannungsrahmen bewegt. Das würde auch anstehen.

Jetzt würden uns, sehr geehrte Frau Ministerin, Ihre Vorstellungen in diesem Zusammenhang interessieren. Die Landesregierung ist jetzt ausreichend lange im Amt. Die 100 Tage sind vorbei. Wir befinden uns ein halbes Jahr nach der Landtagswahl. Wir als Opposition fordern ein, dass Sie Farbe bekennen. Wie sind Ihre Vorstellungen für eine Mietpreisbegrenzung und für eine Mietpreisbremse in diesem Land?

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Kollege Rasche, Sie haben eben in Ihrer Replik in der Haushaltsdebatte gesagt, der Wohnungsbau werde angekurbelt, und jede gebaute Wohnung sei sozusagen die Gewähr dafür, dass es keine ungerechtfertigten Mietpreissteigerungen gebe.

In der Einfachheit, lieber Christof Rasche, ist das einfach falsch. Wir brauchen in einem bestimmten Segment mehr Wohnraum, und das ist bezahlbarer, preisgünstiger Mietwohnraum in diesem Land. In jedem Jahr fallen 50.000 Wohnungen in der Bundesrepublik und fast 20.000 Wohnungen in Nordrhein-Westfalen aus der Mietpreisbindung. Es geht nicht um Luxuseigentum, wie wir es im Düsseldorfer Norden gut beobachten können, es geht nicht um eine Eigenheimförderung im ländlichen Raum, sondern es geht insbesondere darum, dass wir in Ballungsräumen, in den großen Städten bezahlbaren Wohnraum, insbesondere Kleinstwohnraum, brauchen – für Singles, für Studierende, für Menschen mit geringem Einkommen.

Es ist bemerkenswert, Frau Ministerin, wer bisher auf den Koalitionsvertrag reagiert hat, beispielsweise die Kommunalverbände, beispielsweise die Stadträte von Bonn, Köln und Münster, wo ja die CDU in Mehrheitsverantwortung ist. Alle haben Ratsbeschlüsse gefasst: Lassen Sie als Landesregierung die Hände von den Verordnungen weg, die die letzte Landesregierung geschaffen hat und sinnvoll sind, nämlich Kappungsgrenzenverordnung, Zweckentfremdungsverordnung, Mietpreisbremse. Es braucht kommunal diese Instrumente, um auf dem Wohnungsmarkt agieren und um preisgünstigen Wohnraum schaffen und erhalten zu können.

Da bleiben Sie jede Antwort schuldig. Warum reagieren Sie auf solche Schreiben vom Oberbürgermeister der Stadt Bonn, von der Oberbürgermeisterin der Stadt Köln, aus Münster nicht, die entsprechende Ratsbeschlüsse gefasst haben? Das möchten wir gerne in der Debatte von Ihnen wissen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Um noch auf eine weitere Rede einzugehen, die eben gehalten wurde, nämlich vom …

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Aber das wird aufgrund der Redezeit schwierig.

Arndt Klocke (GRÜNE): Oh, das wird schwierig? Dann mache ich es ganz schnell, Frau Präsidentin.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Aber ganz schnell.

Arndt Klocke (GRÜNE): Aber ganz schnell. – Natürlich spielen in diesem Zusammenhang auch die Zugewanderten eine Rolle. Aber das, was Sie eben gemacht haben, Herr Wagner, nämlich zu behaupten, dass die Flüchtlinge ursächlich für Wohnraummangel und steigende Mieten sind, das war ausgesprochen schäbig. Das ist Ihre rechtsextreme Tendenz, die Sie hier immer deutlich machen.

Flüchtlinge tragen nicht dazu bei, dass wir in diesem Land zu wenig Wohnraum haben. Das sollten Sie dringend zurücknehmen.

(Beifall von den GRÜNEN – Markus Wagner [AfD]: Das geht gar nicht!)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Danke schön, Herr Kollege Klocke. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Schrumpf für die CDU-Fraktion. Für alle folgenden Rednerinnen und Redner: Natürlich bekommen Sie die gleiche Redezeit on top wie der Kollege Klocke eben.

Fabian Schrumpf (CDU): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In einem sind wir uns doch alle völlig einig: Wir brauchen in Nordrhein-Westfalen schnell, schnellstmöglich mehr bezahlbaren Wohnraum. Eines aber scheinen die Antragsteller dabei nicht begreifen zu können oder zu wollen: Man kann ein Mehr an bezahlbarem Wohnraum nicht einfach staatlich verordnen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Durch die Mietpreisbegrenzungsverordnung entsteht nämlich keine einzige zusätzliche Wohnung. Im Gegenteil: Private Investitionen werden ausgebremst, und die Mieten steigen sogar in deren Wirkungsbereich oftmals noch schneller als ohne sie.

Obwohl dies seit längerer Zeit bekannt ist, hat die abgewählte rot-grüne Landesregierung stoisch an diesem wirkungslosen Instrument festgehalten. Diese leider wohl hauptsächlich ideologisch motivierte Entscheidung hat die Situation am Wohnungsmarkt in den letzten Jahren nicht verbessert, sondern sogar noch weiter verschlechtert. Die Mieten sind so hoch wie noch nie, und der Wohnraum in den Ballungszentren wird immer knapper. Das, meine Damen und Herren, ist die Bilanz von rot-grünem Dirigismus und Verordnungseifer.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Johannes Remmel [GRÜNE])

Nun wollen Sie mit Ihrem Antrag an eben dieser verfehlten Politik festhalten.

(Johannes Remmel [GRÜNE]: Hier wird massiv spekuliert!)

Das wird sicher auch nicht dadurch besser, dass Sie Ihren Antrag, der bereits im Juli-Plenum abgelehnt worden ist, marginal ändern und heute nochmals einbringen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer Mietpreise senken oder zumindest stabilisieren will, der muss das Angebot an Wohnraum erhöhen. Wer preiswerten Wohnraum in Stadt und Land und insbesondere auf den angespannten Wohnungsmärkten schaffen und erhalten möchte, der muss also konsequent das Bauen fördern und darf dieses nicht zusätzlich behindern. Denn nur dann, wenn das Bauen von Wohnraum in unserem Land leichter und attraktiver wird, werden wir nachhaltig und dauerhaft bezahlbaren Wohnraum auch und gerade in unseren Ballungszentren und Universitätsstädten schaffen.

Dazu werden wir die Fehler der Vorgängerregierung korrigieren. Denn Rot-Grün hat kaum ein Instrument ausgelassen, um das Bauen und Vermieten in unserem Land zu verteuern oder zu erschweren. Das fängt beim Landesentwicklungsplan an, setzt sich bei der missglückten Novelle der Landesbauordnung fort und endet bei der Flut von mietrechtlichen Verordnungen,

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Die Landesbauordnung ist doch noch gar nicht in Kraft!)

die lediglich den Mangel verwalten, anstatt ihn wirksam zu bekämpfen.

(Beifall von der CDU)

Nun soll dieser wiederholt gestellte Antrag die Antwort auf Ihren eigenen wohnungs- und baupolitischen Scherbenhaufen sein. Ihr Rezept gegen nicht funktionierende, bürokratische Instrumente ist also allen Ernstes die Forderung nach noch mehr Bürokratie.

Im Sinne der Bürger, der Mieter, aber auch der Vermieter und Bauherren werden wir diesen Irrweg sicher nicht mitgehen. Wir werden vielmehr den Dschungel an überflüssigen Vorschriften lichten. Das Bauen werden wir durch Anpassung und vor allem Vereinfachung der Landesbauordnung wieder erleichtern.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vorschriften, die das Bauen teurer oder komplizierter machen oder verzögern, werden wir anpassen oder gar streichen. Wir werden unnötige Hemmnisse zur Ausweisung von Bauland aus dem LEP entfernen und zur Mobilisierung von Flächenreserven beitragen.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Meine Damen und Herren, zu dieser Offensive für den Wohnbau gehört auch die Abschaffung der Mietpreisbegrenzungsverordnung. Herr Klocke hat sie gerade zu Recht als zahnlosen Tiger bezeichnet. Denn diese Verordnung hat bekanntlich nicht die Mietpreise gebremst, sondern vordergründig die privaten Investitionen in den Wohnungsbau. Statt die Mieten zu senken, führt sie vielfach dazu, dass Vermieter nicht mehr ausreichend in ihren Wohnbestand investieren. Das Einzige, was also sinkt, sind die Qualität und der Standard des angebotenen Wohnraums. Das ist sicher keine soziale Wohnraumpolitik, meine Damen und Herren.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Wir werden dagegen mit einem zeitlich abgestuften Maßnahmenpaket überflüssige, das Bauen hemmende Vorschriften und Verordnungen abschaffen und durch geeignete Maßnahmen ein Klima für Investitionen und Neubau und damit natürlich auch für stabile Mieten schaffen. Wir werden den öffentlich geförderten Wohnraum weiter stärken und lassen uns nicht auf die Diskussion ein, die Wohnraumförderung gegen die Eigentumsförderung auszuspielen. Das sind zwei Seiten einer Medaille, die gleichberechtigt nebeneinander stehen sollen.

Wir werden so auf einen Wohnungsmarkt hinarbeiten, in dem jeder Mieter eine angemessene und bezahlbare Wohnung findet und sich diese auch dauerhaft leisten kann. Denn das ist und bleibt immer noch der beste Mieterschutz, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich freue mich auf die weitere gemeinsame Diskussion im Ausschuss.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Kollege Schrumpf. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der SPD Frau Abgeordnete Philipp das Wort. Bitte schön.

Sarah Philipp (SPD): Ganz herzlichen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Schrumpf, eine Frage ist offengeblieben. Wenn die rot-grüne Wohnungspolitik der letzten sieben Jahre so furchtbar und schlimm gewesen ist, würde ich gerne Folgendes von Ihnen wissen: Warum ist Nordrhein-Westfalen dann letztes Jahr Deutscher Meister im sozialen Wohnungsbau gewesen? Warum sind hier so viele neue bezahlbare Wohnungen gebaut worden wie seit Jahren nicht mehr? – Diese Fragen hätte ich gerne von Ihnen beantwortet. Das habe ich in Ihrer Argumentation gerade nicht ganz verstanden.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Diese Debatte führen wir heute zum wiederholten Mal. Wir haben im Juli vor der Sommerpause darüber gesprochen. Aber Kollege Klocke hat zu Recht darauf hingewiesen, dass dieses Thema wichtig ist. Dieses Thema müssen wir immer wieder auf die Tagesordnung setzen. Das ist unsere Aufgabe als Opposition. Wir werden es auch immer wieder auf die Tagesordnung setzen, weil es wichtig ist, neuen bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und in bestimmten Segmenten den Mietpreis zu begrenzen.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Deswegen ist es richtig, dass die Grünen diesen Antrag heute noch einmal eingebracht haben. Wir freuen uns, die Debatte heute noch einmal führen zu dürfen.

Gestatten Sie mir allerdings noch eine Bemerkung, Herr Kollege Klocke. Wir können das hier gerne diskutieren. Nicht nur aus alter Verbundenheit sind wir da heute gerne an eurer Seite. Natürlich können wir den Antrag inhaltlich voll und ganz unterstützen. Aber wir hoffen natürlich auch, dass ihr das Ganze mit nach Berlin zu euren Sondierungsgesprächen nehmt, damit es bei dem, was im Zuge von Jamaika diskutiert wird, eine Rolle spielt. Das heißt: Wir diskutieren dieses Thema hier gerne. Aber bitte nehmt es auch mit nach Berlin und führt die Debatte dort weiter! Das würden wir euch gerne mitgeben.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Die Argumente sind ausgetauscht. Die Ministerin bezeichnet die Mietpreisbremse als totes Pferd. Deswegen ist die Argumentation von CDU und FDP sowie der Landesregierung mehr als fragwürdig. Denn was ist der Grund dafür, dass die Mietpreisbremse hier nicht funktionieren konnte? Die CDU hat in der Großen Koalition dazu beigetragen, dass die Mietpreisbremse so gar nicht wirken kann. Deshalb fordern wir weiterhin, sie zu verbessern und nicht einfach abzuschaffen.

Ich will auf eine relativ neue Studie aus dem September dieses Jahres eingehen. Darin wird deutlich, wo in Nordrhein-Westfalen und im Bundesgebiet die großen Probleme liegen und weswegen es so fatal ist, dass die neue Landesregierung sowohl die Mieterrechte beschränkt als auch beim Thema „bezahlbarer Wohnraum“ nicht so vorangeht, wie wir uns das wünschen würden und wie es auch notwendig wäre.

In dieser Studie der Hans-Böckler-Stiftung zu den Wohnverhältnissen in Deutschland wird eine besonders wichtige und besonders fatale Sache noch einmal hervorgehoben. Denn gemäß dieser Studie müssen in deutschen Großstädten gut 1 Million Haushalte mehr als die Hälfte ihres Einkommens für die Kaltmiete ausgeben. Rund 1,3 Millionen Großstadthaushalte verfügen nach Abzug der Mietzahlungen sogar nur noch über ein Resteinkommen, das unterhalb des Hartz-IV-Satzes liegt.

Das ist eine sehr alarmierende Botschaft dieser Studie. Besonders alarmierend dabei ist, dass die Haushalte mit geringerem Einkommen in Wohnungen in schlechterer Qualität und auf kleinerer Fläche leben müssen, aber gleichzeitig in Relation eine deutliche höhere Mietbelastung zu tragen haben.

Ich darf aus der Studie zitieren:

„Einkommensungleichheiten werden so in den Wohnverhältnissen nicht nur reproduziert, sondern sogar noch verstärkt.“

Das zeigt: Wir müssen in diesem Bereich mehr tun. Wir müssen besonders die Schwachen auf dem Wohnungsmarkt schützen. Eine solche Mietpreisbremse kann ein wichtiges Instrument sein, um dort einzugreifen, wo es notwendig ist.

(Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Deswegen bleiben wir als SPD dabei – diese Studie zeigt es noch einmal deutlich –: Bezahlbares Wohnen wird unser erstes Ziel in der Wohnungspolitik sein und bleiben.

Die SPD-geführte Landesregierung hat hier in Nordrhein-Westfalen in den vergangenen Jahren zahlreiche Instrumente geschaffen, die den Mietpreisanstieg begrenzen und insbesondere überzogene Mieterhöhungen abwehren sollen.

Es ist wirklich schade, dass die Landesregierung diese ganzen Instrumente – es ist ja nicht nur die Mietpreisbremse; es sind auch zahlreiche weitere Verordnungen – abschaffen will, ohne sie zu prüfen und zu evaluieren.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das hat der Wähler auch so gesehen!)

Wir würden das gerne – damit komme ich auch zum Schluss, weil die Zeit leider um ist – mit Ihnen ausdiskutieren. Wir würden uns gerne mit der Landesregierung weitere Instrumente anschauen. Wir würden das, was wir als SPD-geführte Landesregierung auf den Weg gebracht haben, gerne evaluieren. Wir wollen schauen, wie wir es besser machen können.

Aber wir sagen ganz klar: Die Mietpreisbremse muss erhalten bleiben. Wir müssen sie besser machen. Das ist der beste Schutz gegen Mietpreiserhöhungen und für die Mieterinnen und Mieter. – Ganz herzlichen Dank.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Kollegin Philipp. – Frau Vizepräsidentin Gödecke hatte vorhin darauf hingewiesen, dass alle Fraktionen noch einige zusätzliche Sekunden Redezeit bekommen. Insofern hätten Sie auch noch etwas Redezeit gehabt. – Als nächster Redner hat nun für die Fraktion der FDP der Abgeordnete Paul das Wort. Bitte schön.

Stephen Paul (FDP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir hatten vor vier Monaten schon einmal eine solche Debatte. Ich habe meinen ersten Redebeitrag hier im Haus am 12. Juli 2017 mit der Feststellung begonnen: „Die Mietpreisbremse bremst die Mietpreise nicht.“ Daran hat sich bis heute nichts geändert.

(Sarah Philipp [SPD]: Es ist viel besser geworden!)

Die Grünen haben hier im Sommer auch schon zu einer Verschärfung der Mietpreisbegrenzungsverordnung geredet. Daher frage ich Sie mit Blick auf Ihren neuerlichen Antrag: Was bringt es, ein Instrument zu verschärfen, das gerade denen nicht nutzt, die darauf möglicherweise in besonderer Weise gehofft haben? Denn gerade im unteren und mittleren Preissegment greift die Mietpreisbremse nicht. Die Mietpreise steigen genau dort am stärksten an: in den niedrigeren Preissegmenten in den Großstädten und ihrem Umland.

Schauen wir uns die Preisentwicklung beim Wohnen genauer an. Im vergangenen Jahr stiegen die Mieten landesweit um 2,1 %. Die höchste Miete zahlen Bewohner in der südlichen Kölner Altstadt, nämlich 12,33 € je Quadratmeter. In der Gemeinde Inden im Kreis Düren ist die Miete im Jahresvergleich am stärksten gestiegen: um über 15 %. In Düsseldorf-Grafenberg stieg sie um 14,5 %. In anderen Städten hingegen ist die Miete stark gesunken, beispielsweise in Essen-Bergmannsfeld um fast 10 %.

Es gibt eben nicht den Mietwohnungsmarkt in Nordrhein-Westfalen. Die Marktlage ist sehr differenziert und regional recht unterschiedlich. Pauschale Regelungen wie die Mietpreisbremse greifen daher nicht.

So ist die Wirklichkeit. Daher hat unsere NRW-Koalition von Christdemokraten und Freien Demokraten im Koalitionsvertrag vereinbart, diese Mietpreisbegrenzungsverordnung aufzuheben.

(Sarah Philipp [SPD]: Das ist sehr überraschend, was Sie gesagt haben!)

Wenn Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, sich schon von unseren guten Argumenten nicht überzeugen lassen, dann hören wir doch einmal, was die Fachleute vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln in ihrem Papier „Evaluation der Mietpreisbremse“ feststellen. Ich zitiere:

„Weiterhin führt eine Verschärfung der Mietpreisbremse dazu, dass Gutverdiener, die üblicherweise in bevorzugten Wohnlagen und in Mietobjekten guter bis sehr guter Qualität wohnen, durch die Regulierung profitieren würden. Wie die empirischen Ergebnisse zeigen, wird die ortsübliche Vergleichsmiete besonders im hochqualitativen Segment des Wohnungsmarktes überschritten. Auf die Wohnkosten von Geringverdienern bzw. Haushalten mit moderatem Einkommen wären durch eine Verschärfung der Regulierung somit kaum positive Effekte zu erwarten. Ganz im Gegenteil würden diese Gruppen gegenüber Haushalten mit hohem Einkommen relativ sogar schlechter gestellt werden.“

Wollen Sie das wirklich, liebe Kolleginnen und Kollegen? Wir Freie Demokraten wollen, dass sich die Mieter in jeder Einkommensklasse Wohnraum leisten können. Statt hier noch länger über unwirksame und überholte Verordnungen zu reden, steht die neue Landtagsmehrheit dafür, das Angebot an Wohnraum insgesamt zu erhöhen.

(Beifall von der FDP und Roger Beckamp [AfD])

Unsere NRW-Koalition will den angespannten Mietwohnungsmarkt entlasten und damit die Lage für die Mieter und Wohnungssuchenden spürbar verbessern. In der Sache sehen wir daher keinen Grund, Ihrem Antrag heute zuzustimmen.

Auch bundespolitisch spricht alles gegen einen solchen Beschluss hier im Landtag des größten deutschen Bundeslandes. Denn in Berlin sondieren doch gerade Ihre grünen Verhandler eine mögliche Regierungszusammenarbeit mit der CDU, der CSU und uns Freien Demokraten. Diese drei Parteien wollen definitiv mindestens keine weitere Verschärfung der Mietpreisbremse.

Wenn Sie diesen Antrag heute hier stellen, frage ich mich: Wollen denn die Grünen in Nordrhein-Westfalen die Bildung einer gemeinsamen Koalition im Bund noch weiter erschweren?

(Zuruf von den GRÜNEN: Och je!)

Ich schlage Ihnen vor: Orientieren Sie sich an den vernünftigen Grünen in Schleswig-Holstein. Im Koalitionsvertrag von CDU, Freien Demokraten und Grünen in Schleswig-Holstein wird auf die Mietpreisbremse verzichtet.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Eine Rede wie eingeschlafene Füße!)

Dem hat eine breite Mehrheit von 85 % der Mitglieder der Grünen zugestimmt.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU – Arndt Klocke [GRÜNE]: Was?)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Herr Kollege Paul, bleiben Sie bitte noch am Mikrofon stehen. Der Abgeordnete Klocke hat sich zu einer Kurzintervention gemeldet. Dazu hat er jetzt die Gelegenheit. Bitte schön.

Arndt Klocke (GRÜNE): Danke, Frau Präsidentin. – Herr Kollege, erst einmal hoffe ich, dass es Ihnen gesundheitlich gut geht. Ich habe eben gesehen, dass Sie zum Pult gehumpelt sind. Ich hoffe, dass das nichts Ernstes ist. Das meine ich als Wunsch ernst.

Jetzt aber zum Inhaltlichen:

(Zuruf von der FDP: Da war noch etwas Inhaltliches?)

Der Hintergrund der Debatte und auch des Antrags – das habe ich in der Begründung in meiner Rede auch deutlich gemacht – ist weniger, an einer nicht tauglichen Mietpreisbremse – da sind wir uns vielleicht einig – festzuhalten. Vielmehr habe ich folgende Fragen an die Regierung und die regierungstragenden Fraktionen:

Was unternehmen Sie, um ausreichend bezahlbaren, preisgünstigen Wohnraum in einem bestimmten Segment zu schaffen, in dem solcher Wohnraum massiv nachgefragt wird?

Meinen Sie darüber hinaus, dass man außer dem existierenden Mietrecht keine weiteren Instrumente braucht, um gegen Mietwucher, gegen überzogene und überteuerte Mieterhöhungen, die sich in manchen Städten auf 20 % oder 30 % belaufen – das schildert uns der Mieterschutzbund – vorzugehen? Oder braucht man dafür Instrumente, und wenn ja, welche?

Diese Fragen stehen im Raum. Ich hätte mich gefreut, wenn die Redner der regierungstragenden Fraktionen etwas dazu gesagt hätten. Jetzt bin ich einmal gespannt, ob die Ministerin etwas dazu sagen wird.

Man kann aber nicht nur sagen, was alles untauglich ist. Das kann man dann machen, wenn man in der Opposition ist. Aber jetzt sind Sie ja gefragt.

An dem, was in Berlin passiert, sind wir und bin ich natürlich dran. Leider ist die Rückmeldung unserer dafür zuständigen Fachpolitikerin, dass bisher in keinerlei Weise ein Konsenspapier mit CDU, CSU und FDP vorliegt, sondern dass es bisher im Bereich Wohnungsbau nichts an Vereinbarungen gibt, was in diese Richtung geht.

Daher bin ich gespannt, was bis Freitag noch passiert. Sollte da nichts kommen, werde ich auch dagegen optieren, eine solche Sondierungsvereinbarung anzunehmen.

(Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Kollege Klocke. – Nun hat Herr Kollege Paul die Möglichkeit, auf diese Kurzintervention einzugehen.

An dieser Stelle nur folgender Hinweis, Herr Kollege Klocke: Sie haben eine Kurzintervention angemeldet und nicht eine Zwischenfrage. – Bitte schön, Herr Kollege Paul.

Stephen Paul (FDP): Ich glaube, gerade war vielen unklar, lieber Arndt Klocke – erst einmal lieben Dank für die Genesungswünsche –, was Sie jetzt für Erwartungen an diese Debatte haben. Wir haben uns als Redner in dieser Debatte auf den vorliegenden Antrag der Grünenfraktion bezogen. Ihr beantragt heute, die Mietpreisbremse zu verschärfen. Dazu haben wir alle Stellung genommen. Es erstaunt mich etwas, dass jetzt ganz andere Fragen kommen.

(Monika Düker [GRÜNE]: Hä?)

Das Bundesrecht im Mietwohnungsmarkt gilt auch in Nordrhein-Westfalen. Wir halten die bundesrechtlichen Schutzregelungen für Mieterinnen und Mieter für ausreichend.

Wir wollen uns auch nicht weiter mit der Regulierung von Mangel verkämpfen, sondern durch eine Vereinfachung der Landesbauordnung und der Vorschriften das Bauen günstiger und einfacher machen und das Angebot für Mieterinnen und Mieter erhöhen. Das ist der beste Mieterschutz und besser, als den Mangel weiter zu regulieren. Davon haben gerade die Menschen mit den schwächeren Einkommen in Nordrhein-Westfalen gar nichts. Wir wollen diesen neuen Weg gehen, der den Menschen im Lande konkret hilft.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Paul. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Beckamp das Wort. Bitte schön.

Roger Beckamp (AfD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Klocke fragte gerade nach: Was hilft denn? – Herr Paul gab die Antwort: Das Angebot erweitern, also bauen. – Das dürfte, verkürzt gesagt, auch das sein, was Frau Scharrenbach nachher von sich geben wird, wenn sie sagt „Rahmenbedingungen schaffen für Bauen und damit für bezahlbare Wohnungen und damit auch für einen entspannten Mietmarkt und angemessene Mietpreise“.

Aber warum reden wir immer wieder über die Mietpreisbremse? – Ich glaube, weil die Mietpreisbremse Geburtstag hat. Sie wird in diesem Jahr nämlich 100 Jahre alt. Sie ist ein Kind des Ersten Weltkriegs. 1917 gab es die Mieterschutzverordnung. Das war der erste Versuch, Preise einzufangen – damals sicherlich auch mit dem guten Gedanken und zu der richtigen Zeit, weil man in der Not war.

Heute ist aber eine andere Zeit. Alle Versuche, die seitdem in der Bundesrepublik unternommen wurden, mit Mietpreisbremsen – das hat man in den Jahrzehnten immer wieder versucht – irgendetwas einzufangen, waren fruchtlos.

Warum haben wir eigentlich keine Milchpreisbremse oder Preiskontrollen für Bio-Brot? Das ist doch vielleicht eine Idee für Grüne.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Das ist hier kein Karneval!)

Man könnte ja genauso gut sagen: Brot zu essen, ist ein Menschenrecht; preistreibende Biobauern muss man daher mit Brotpreisbremsen regulieren.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Genau das könnte man sich fragen, wenn man bei Kostenbremsen ist. Denn regulieren kann man viel. Die Frage ist nur: Ist es sinnvoll?

Diese Frage stellt sich insbesondere dann, wenn man Mietwohnungen vor Augen hat. Denn die Mietpreisbremse ist – dieses Stichwort fiel eben auch schon einmal, glaube ich – eine reine Subvention für Besserverdiener.

Sie haben eine Wohnung, die Sie für 1.000 € vermieten können. Wen nehmen Sie denn dann? Nehmen Sie denjenigen, der gut verdient, eine gute Bonität hat und verlässlich seine Miete zahlt? Oder nehmen Sie die Familie mit fünf Kindern, bei der es vielleicht schwieriger wird und vielleicht auch lauter wird? – Viele Vermieter werden diejenigen nehmen, die mehr Geld haben. Genau die Gruppen, die diesen bezahlbaren Wohnraum dringend brauchen, schließen Sie mit diesem Instrument aus.

Insofern ist die Mietpreisbremse wieder ein Versuch gewesen, uns weiszumachen, Sie würden etwas unternehmen.

Frau Philipp, Sie sagten eben, die Kaltmieten seien so hoch. – Ja, das stimmt. Aber die Mieter interessiert nicht nur die Kaltmiete. Die Mieter interessiert die Warmmiete einschließlich der Betriebskosten. Man bezeichnet die Betriebskosten auch als zweite Miete. Da könnten Sie von staatlicher Seite wunderbar ansetzen. Ohne Vermieter zu strangulieren, könnten Sie bei den Betriebskosten ansetzen. Sie könnten Kostenbremsen bei Gebühren – Wassergebühren, Abfallgebühren – und Energiekosten einführen, zum Beispiel bei der EnEV. Solche Kostenbremsen wären Maßnahmen, die allen Leuten nützen und für die Sie auch den Hebel haben. Aber das passiert alles nicht.

Viele Mieter müssen in der Tat gucken, wo sie bleiben. Sie müssen schauen, ob sie Wohnungen zu angemessenen Preisen finden, wenn sich ihre Situation ändert. Wenn Leute aus ihren Wohnungen ausziehen, in denen sie seit vielen Jahren leben, ist das ein Problem. Hier greift die Mietpreisbremse aber überhaupt nicht – Herr Klocke, hören Sie zu –; denn die Mietpreisbremse zielt nur auf Neuvermietungen ab. Sie spielt also nur dann eine Rolle, wenn Leute schon aus den Wohnungen ausgezogen sind. Die alten Bewohner sind in diesen Fällen ohnehin schon fort. Das bringt also nichts. Die Mietpreisbremse ist gerade kein Instrument, um Verdrängung zu verhindern. Das war aber ihr Zweck. Diesen Zweck hat sie verfehlt.

Es gibt auch bessere Methoden, um bezahlbaren Wohnraum herzustellen, nämlich Neubau, schlichtweg immer wieder Neubau, und Ergänzungsbauten im Bestand.

Noch einmal zu dem, was Sie eben zu Herrn Wagner sagten: Ja, natürlich ist es sozialer Sprengstoff, wenn immer mehr Leute auf den Mietmarkt strömen – und das ist gerade der Fall, und zwar durch die ganzen Menschengeschenke, die die CDU, die SPD, die Grünen und die FDP ins Land gewunken haben. Genau diese Menschen verschärfen die Situation maßgeblich – zulasten der Leute, die einkommensschwach sind.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Hetze!)

– Das ist so. – Von Ihrer Seite heißt es: Koste, was es wolle. – Aber diejenigen, die bei uns schwach sind – Sie sagten es selber –, werden vergessen. Wir haben mittlerweile über 800.000 Obdachlose in Deutschland. Die Zahlen sind unglaublich.

(Zuruf: Und Sie spielen sie gegeneinander aus!)

– Wir benennen Prioritäten. Wir spielen niemanden aus, sondern setzen Prioritäten. Wir sind inländerfreundlich und wollen einfach einmal benennen, woher die Probleme stammen, die Sie geschaffen haben.

Insofern ist die Mietpreisbremse völlig verkehrt. Sie verschärfen damit den Markt nur noch mehr. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung Frau Ministerin Scharrenbach das Wort. Bitte schön.

Ina Scharrenbach*), Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung: Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat ist das Thema „Wohnen und Mieten“ für die Landesregierung eines der zentralen Themen, weil die Herausforderungen, die wir in Nordrhein-Westfalen haben, sich natürlich sehr unterschiedlich gestalten.

Auf der einen Seite haben wir Märkte wie die großen Ballungszentren und die Universitätsstädte, in denen die Nachfrage das Angebot bei Weitem übersteigt. Insofern bildet sich dort natürlich, wie das in der Marktwirtschaft üblich ist, ein Preis, der dann auch steigt.

Auf der anderen Seite haben wir Märkte, auf denen das Angebot höher ist als die Nachfrage und wir es dem Grund nach mit stagnierenden Mieten und zum Teil auch mit sinkenden Mieten zu tun haben.

Insofern sind die Herausforderungen beim Wohnen unterschiedlich.

Vonseiten der SPD sagen Sie, Ihr erstes Ziel sei es, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Ich wäre sehr dankbar gewesen, wenn Sie aus Ihrem letzten Antrag zitiert hätten, in dem Sie als Sozialdemokratie in Nordrhein-Westfalen selbst zugestehen, dass in den Jahren 2011 bis 2016 zu wenige Wohnungen gebaut wurden.

Das ist nämlich das Grundproblem. Es werden zu wenige Wohnungen gebaut. Denn nur mit einer Verbreiterung des Angebots wird es zu einer Entspannung von Preisen kommen können, und eine Verbreiterung des Angebots ist der beste Schutz von Mieterinnen und Mietern auf dem Mietmarkt, was die Preisentwicklung angeht.

Sie haben angesprochen, dass das Land Nordrhein-Westfalen im Jahr 2016 1,1 Milliarden € im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung investiert hat und damit 9.400 Wohnungen gebaut hat – mit 1,1 Milliarden € 9.400 Wohnungen. Darunter waren rund 1.500 Studentenwohnungen, die wir schon einmal herausrechnen müssen.

(Sarah Philipp [SPD]: Woraus herausrechnen?)

Diese Wohnungen wurden landesweit gebaut. Alleine die Stadt Köln hat ein Neubaupotenzial von 9.000 Wohnungen im Jahr, die sie eigentlich bräuchte. Landesweit wurden mit der sozialen Wohnraumförderung gerade einmal 9.400 gebaut. Damit ist meines Erachtens das Problem mehr als offenkundig – auch für diejenigen, die sich aus der Opposition heraus Sorgen um das Thema „bezahlbares Wohnen“ machen.

Deshalb wäre ich Ihnen sehr dankbar – das habe ich bei der ersten Rede hier schon gesagt –, wenn Sie damit aufhören würden, Vermieter und Mieter gegeneinander auszuspielen, weil das den Märkten in Nordrhein-Westfalen nicht gerecht wird. Denn der Großteil der Mietwohnungen, die am Markt zur Verfügung stehen, wird von privaten Kleinvermietern gehalten – von Männern und Frauen, die irgendwann einmal eine Eigentumswohnung als Altersvorsorge erworben haben und sie vermieten, um im Alter ein zusätzliches Einkommen zu haben.

(Sarah Philipp [SPD]: Dagegen haben wir nichts gesagt!)

Diese Vermieter, die auch in Nordrhein-Westfalen 60 % ausmachen, erhöhen ihre Mieten im Durchschnitt alle sieben Jahre, und zwar aus einem einfachen Grund: Sie wissen, dass die Betriebskosten durch Grundsteuern, Abfallgebühren, Straßenreinigung, was auch immer, jedes Jahr steigen, und es ist ihnen lieber, verlässliche Mieter in ihrem Gebäude zu haben. Daher verzichten sie eher auf eine Rendite über steigende Mieten.

Wenn Sie für die Mietpreisbegrenzungsverordnung argumentieren, empfehle ich Ihnen nachhaltig eine Untersuchung, die im Auftrag des Bundes auch zu den Städten Köln und Münster stattgefunden hat und im Februar 2017 veröffentlicht worden ist. Für Köln kommt diese Untersuchung des Bundes – insofern hoffe ich, dass Sie mir da jetzt keine Parteilichkeit vorwerfen – zu folgenden Aussagen:

Das Mietpreiswachstum hat sich im Mittel aller Angebote gegenüber dem Zeitraum vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse erhöht mit wesentlich stärkerem Wachstum in den zentralen Lagen. Bei kleineren Wohnungen (zwei bis drei Zimmer) stärkere zunehmende Mietendynamik als bei großen Wohnungen – trotz Mietpreisbegrenzungsverordnung. Steigerungsraten bei Altbau auf einem vergleichbar hohen Niveau. Insgesamt deutet die Marktmietenentwicklung in Köln auf keine Bindungswirkung der Mietpreisbegrenzungsverordnung, weder für den Gesamtmarkt noch für die untersuchten Teilmärkte, hin.

(Jochen Ott [SPD]: Was folgt denn daraus?)

Diese Untersuchung des Bundes kommt für Münster zu dem gleichen Ergebnis: keine Bindungswirkung der Mietpreisbegrenzungsverordnung.

Deswegen sagen wir Ihnen, dass dieser direkte staatliche Eingriff, den Sie hier in Nordrhein-Westfalen in 22 Städten vorgenommen haben, nicht die Wirkungen erzielt – das ist mehrfach belegt, auch mit einer Studie des Bundes –, die Sie mit dieser Verordnung beabsichtigt haben.

(Jochen Ott [SPD]: Das bestreitet doch gar keiner!)

Denn Ihre Begründung war: Mit der Dämpfung der Miethöhe bei Wiedervermietungsmieten werden in erster Linie sozialpolitische Zwecke verfolgt. Sie soll dazu beitragen, der direkten oder indirekten Verdrängung wirtschaftlich weniger leistungsfähiger Bevölkerungsgruppen aus stark nachgefragten Wohnquartieren entgegenzuwirken.

(Sarah Philipp [SPD]: Das wissen wir alles!)

Wir müssen heute durch mehrere Untersuchungen erkennen, dass das Ziel, das Sie mit der Mietpreisbegrenzungsverordnung in Nordrhein-Westfalen verfolgt haben, nicht erreicht wird. Die Mieten steigen stärker, als Sie beabsichtigt haben. Und wenn eine Verordnung nicht wirkt, dann kann man sie auch abschaffen, weil sie irrelevant ist, wenn das Ziel nicht erreicht wird.

(Beifall von der CDU)

Vor diesem Hintergrund ist das Problem, wie bereits mehrfach diskutiert und hier auch vorgetragen, nicht monokausal und nicht eindimensional.

(Das Ende der Redezeit wird signalisiert.)

Das heißt: Wir beschäftigen uns als Landesregierung – in diesem Jahr wird Sie dazu noch eine sehr umfangreiche Vorlage erreichen – mit der Frage der Grundstücksverfügbarkeiten, weil das das zentrale Problem ist. Wir beschäftigen uns mit der Frage des Schaffens von Bebauungsplanungsrechten durch die Kommunen und letztendlich auch mit der Frage des Bauens selber.

Nur durch eine Verbreiterung des Angebots werden Sie die Wiedervermietungsmieten letztlich auch in den Ballungsräumen und den 22 Kommunen, für die Sie die Mietpreisbegrenzungsverordnung auf den Weg gebracht haben, in den Griff bekommen.

(Das Ende der Redezeit wird erneut signalisiert.)

– Die Präsidentin ermahnt mich; meine Redezeit ist vorbei. – Nach der Vorlage werden wir hier im Parlament sehr ausführlich über die Strategie der Landesregierung reden, denke ich. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Ministerin. – In der Tat – dieser Hinweis wurde gerade von Frau Ministerin schon gegeben – hat die Landesregierung ihre Redezeit überzogen, sodass die Fraktionen selbstverständlich die Gelegenheit hätten, sich hier noch einmal zu Wort zu melden. Ich schaue einmal in die Runde. – Wie ich sehe, ist das aber nicht gewünscht. Damit sind wir am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/1118 an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen. Dort soll dann auch die abschließende Abstimmung in öffentlicher Sitzung erfolgen. Darf ich fragen, ob es Gegenstimmen gegen diese Überweisungsempfehlung gibt? – Enthaltungen? – Dann stelle ich die einstimmige Zustimmung zu dieser Überweisungsempfehlung fest.

Wir kommen als Nächstes zu:

4  Gesetz zur Aufhebung des Gesetzes zur Förderung des Klimaschutzes in Nordrhein-Westfalen – Stärkung des Industriestandorts in Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1128

erste Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion dem Abgeordneten Loose das Wort. Bitte.

Christian Loose (AfD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bitte erlauben Sie mir zunächst ein Geständnis in eigener Sache: Die Menschheit hat natürlich einen Einfluss auf das Weltklima. Diesen Einfluss haben alle Lebewesen auf der Erde. Deshalb kann ich mit Fug und Recht sagen: Auch der Mensch ist mitverantwortlich für eine Klimaveränderung.

Wenn ich aber an die Debatten in diesem Hause und anderswo denke, vermisse ich leider eine große Portion Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit unter den Politikern. In der ersten Lesung des Klimaschutzgesetzes NRW bekräftigte Hendrik Wüst, dass eine regionale Klimaschutzpolitik allein vom Wortsinn her nicht funktionieren würde. Das Gesetz sei eine einzige Sonntagsrede.

Eine Sonntagsrede habe ich ebenfalls gehört, und zwar die Rede von Herrn Ministerpräsident Laschet auf dem Eventschiff in Bonn an diesem Sonntag. So lobten Sie – er ist leider jetzt nicht hier, der Herr Laschet –, dass man auf diesem Event nun bei Rot- und Weißwein einmal ungezwungen miteinander reden könne und wir alle da seien, um das Klima zu retten. Dazu spielte dann eine kleine gediegene Band. Die rund 1.000 internationalen Gäste haben sich dann über das leckere Buffet hergemacht. Die Kosten alleine für die Speisen hätten vermutlich gereicht, um 25.000 Kinder in Ruanda eine Woche zu ernähren.

(Beifall von der AfD)

Aber nun gut, es ging ja um die Weltrettung. Bezahlt hat das Ganze der deutsche Steuerzahler nach dem Tenor: Wir retten die Welt mit Deutschlands Geld. – 153 Nehmerländer warten nun auch auf ihr Geld; schließlich haben sie dafür alle das Pariser Abkommen unterzeichnet. Allein die Flugreisen zur Konferenz werden vermutlich etwa 200.000 Tonnen CO2 in die Luft gepustet haben. Vielleicht sollten Sie demnächst einmal über Telefonkonferenzen oder Videokonferenzen nachdenken. Ich habe gehört, dass Digitalisierung ein großes Thema bei CDU und FDP sein soll.

Schön waren auch die Worte von Wirtschaftsminister Professor Pinkwart in der letzten Woche beim Verband der Chemischen Industrie. Dort sagte er sinngemäß, dass NRW keine Regelungen brauche, die über EU- oder Bundesrecht hinausgingen, und dass, wenn es solche Regelungen gebe, diese abgeschafft werden sollten. Genau an solchen Worten wollen wir Sie messen.

(Minister Prof. Dr. Andreas Pinkwart begibt sich zu seinem Platz.)

– Herr Professor Pinkwart, ich begrüße Sie. Leider kann ich Ihnen Ihre Worte nicht abkaufen, denn an anderer Stelle sprachen Sie davon, dass Sie die Klimaziele in NRW bis 2020 noch übererfüllen möchten. Herr Pinkwart mit seinen sozialistischen Planübererfüllungen – ein Traum der DDR.

(Frank Sundermann [SPD]: Herr Pinkwart ist Sozialist?)

Die Idee, die Maßnahmen des Klimaschutzgesetzes NRW mit planwirtschaftlichen Methoden gleichzusetzen, stammt übrigens gar nicht von mir, sondern vom FDP-Kollegen Herrn Höne aus der ersten Lesung zum Klimaschutzgesetz. Herr Deppe von der CDU hat es sogar als Maßnahme zur Entdemokratisierung und Deindustrialisierung bezeichnet und nannte es liebevoll Klimaschadensgesetz. Herr Brockes von der FDP sprach von einer immensen Benachteiligung für den Wirtschaftsstandort NRW. Heute Morgen sprach Herr Lienenkämper davon: Für Ideologie gibt es zukünftig kein Geld mehr.

Liebe CDU-Fraktion, liebe FDP-Fraktion, ich mag Sie gern an Ihre lautstarke Reaktion auf die damalige rot-grüne Gesetzesinitiative erinnern. Es war ein Doppel-Nein: ein Nein zum Klimaschutzgesetz NRW und ein Nein zum Klimaschutzplan NRW. Jetzt haben Sie durch uns die Möglichkeit, sich wieder auf Ihre konservativen und liberalen Werte berufen zu können.

(Henning Höne [FDP]: Dafür brauchen wir Sie nicht! Keine Sorge!)

Deshalb freue ich mich auf Ihre Zustimmung. – Danke.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Loose. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der CDU Frau Kollegin Plonsker das Wort. Bitte schön.

Romina Plonsker (CDU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf stellt wahrhaft den Klimawandel infrage und fordert die Drangabe des Klimaschutzgesetzes, da dies dem Land NRW schaden würde. Ich sage Ihnen: Ein sorgfältig gestalteter Klimaschutz kann den Standort Nordrhein-Westfalen stärken und so vor allen Dingen auch den Industriestandort Nordrhein-Westfalen im weltweiten Wettbewerb um nachhaltige Konzepte stärken.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Deshalb sind Klimaschutz und eine starke Wirtschaftspolitik für die NRW-Koalition keine sich ausschließenden Ziele.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Entschuldigung, Frau Kollegin. Wenn ich das richtig sehe, hat sich der Abgeordnete Loose für eine Zwischenfrage gemeldet.

(Christian Loose [AfD]: Herr Blex!)

– Dann darf ich an der Stelle die Bitte wiederholen, dass man sich gerade dann, wenn Zwischenfragen beabsichtigt sind, auf seinen eigenen Platz setzt. Das erleichtert uns die Sache hier im Präsidium sehr. – Wollen Sie die Frage zulassen?

Romina Plonsker (CDU): Ich würde gerne weitersprechen.

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Sie wollen im Zusammenhang vortragen. Bitte.

Romina Plonsker (CDU): Der Klimaschutz ist eng verbunden mit der Energiewende. Wir sind in Deutschland im internationalen Vergleich Vorreiter in der Klimaschutzpolitik. Aus unserer Bundesstadt Bonn gehen dieser Tage deutliche Zeichen aus Nordrhein-Westfalen in die ganze Welt. Deshalb ist es auch immer wieder wichtig zu betonen: Die NRW-Koalition bekennt sich klar zum Pariser Klimaschutzabkommen und zu den Klimaschutzzielen der letzten Bundesregierung.

Dazu gehört aber auch, wie es gerade in Bonn geschieht, eine gemeinsame und abgestimmte Klimaschutzpolitik sowohl auf europäischer wie auch auf internationaler Ebene. Nordrhein-Westfalen ist über die Bundesrepublik in europäische Klimaschutzziele eingebunden. Darüber hinaus weist auch das Klimaschutzgesetz in NRW durchaus sinnvolle Ziele bis 2020 für unser Land aus.

Trotzdem lehnen wir als NRW-Koalition isolierte und unwirksame nationale Alleingänge ab. Das habe ich in meiner letzten Rede auch schon bezüglich des Emissionshandels erläutert.

Dennoch kann ich Ihnen versichern: Die Klimaschutzziele der alten Landesregierung werden wir erreichen und sogar teils übertreffen, wie Minister Pinkwart immer betont.

Für die NRW-Koalition muss sich die Energiewende daher im energiepolitischen Zieldreieck vollziehen. Das Energieversorgungssystem soll preiswert, sicher und umweltverträglich ausgestaltet sein.

NRW hat eine Schlüsselstellung im Energiesystem in Deutschland, und dies sowohl in der Erzeugung als auch im Verbrauch. Deshalb ist NRW Energieland Nummer eins. Wir wollen auch, dass das so bleibt und dass Nordrhein-Westfalen ein attraktiver Industriestandort bleibt. Dafür ist uns wichtig, die energieintensiven Unternehmen, aber auch unsere gesamte Wirtschaft und die Wertschöpfungskette nicht auf der Strecke zu verlieren.

Energiewende ist mehr als nur der Ausbau der erneuerbaren Energien; er vollzieht sich über die Sektoren Wärme, Verkehr und Strom.

Energiewende heißt für uns eben auch, technologieoffen zu forschen und zu entwickeln und sich nicht auf eine Technologieart zu fokussieren. Weil wir das Thema „Windenergie“ heute schon auf der Tagesordnung hatten und man bei manchen Kollegen hier im Haus dann doch schnell den Eindruck gewinnt, dass erneuerbare Energien gleich Windenergie sind, sage ich Ihnen:

Erneuerbare Energien spielen für uns in der NRW-Koalition eine große Rolle. Wir wollen eben kein verengtes Blickfeld auf dieses Thema. Wir werden als NRW-Koalition bei allen Energieträgern für Akzeptanz und Fortschritt bei der Energiewende werben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das Potenzial in Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft ist vorhanden. Wir werden es weiter stärken.

Nun ein paar Eckpunkte zum Thema „Verkehr“, weil das auch ein wichtiges Thema beim Klimaschutz ist:

Wir unterstützen klimaschonende Antriebstechnologien. Wir unterstützen auch die Anstrengungen, das Netz der Ladesäuleninfrastruktur flächendeckend auszubauen. Die Batterieforschung muss intensiviert und Forschungsanstrengungen zu synthetischen Kraftstoffen müssen vorangebracht werden. Aber wir sind ganz klar gegen Quotenregelungen zur Einführung der Elektromobilität.

Damit wird deutlich, dass die unionsgeführte Landesregierung den Klimaschutz breit denkt. Aber anstatt Verbotspolitik zu betreiben, Technologien zu verbieten und Kleinunternehmer unter Druck zu setzen, setzen wir als NRW-Koalition lieber Anreize. Mit dem „Sofortprogramm Elektromobilität“, das mit einem Fördervolumen von 20 Millionen € ausgestattet ist, werden Handwerker, Gewerbetreibende und Kommunen bei dem Ausbau der Ladeinfrastruktur unterstützt. Die Umstellung der kommunalen Flotte auf Elektromobilität wird vorangetrieben.

Die Produktion des StreetScooters und die Entwicklung von e.GO Mobile sind ermutigende Signale. In NRW wird so Zukunft gestaltet. Wir unterstützen die Kommunen zudem mit 80 Millionen € bei der Entwicklung innovativer Mobilitätskonzepte.

Aber anstatt Umweltverträglichkeit gegen Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz gegen Versorgungssicherheit auszuspielen, wird die neue Landesregierung Ökologie und Ökonomie in eine Balance bringen und die erzeugte Schlagseite beheben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Von uns werden Sie daher immer ein klares Bekenntnis zu einem breiten Energiemix bekommen. Wir stehen eben sowohl zu den erneuerbaren Energien als auch zu den fossilen Energieträgern. Daher muss über den Beitrag der Energiewirtschaft zum Klimaschutz gesprochen werden. Die Betriebszeiten von Kohlekraftwerken gehen mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien sukzessive zurück. Etwa 2030 wird der Tagebau Inden ausgekohlt sein und damit das Kraftwerk Weisweiler abgeschaltet.

Bereits im Oktober dieses Jahres ist das Kraftwerk Frimmersdorf in die Sicherheitsreserve gegangen. Weitere Blöcke in Neurath und Niederaußem werden folgen. Die Abschaltung weiterer Kraftwerksblöcke zum Erreichen der Klimaschutzziele ist daher nicht notwendig. Eine Diskussion um einen vorzeitigen Kohleausstieg ist überflüssig und schürt nur Ängste bei den Betroffenen vor Ort.

Eines muss noch dazu gesagt werden: Zur Versorgungssicherheit gehören für uns eben kein Atomstrom aus Belgien bzw. aus Tihange, keine Abhängigkeit von russischem Gas, aber auch kein Strom aus dreckigen polnischen Braunkohlekraftwerken.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es gibt also noch einiges zu bewegen und einiges zu diskutieren. Ich sehe gespannt der Fachdiskussion im Ausschuss entgegen. Die CDU-Fraktion wird daher der Überweisung zustimmen. – Danke schön.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Plonsker. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Kollege van den Berg das Wort. Bitte schön.

Guido van den Berg (SPD): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einen Erkenntnisgewinn kann man schon ziehen; denn einiges in der Rede der CDU-Fraktion hat sich jetzt anders angehört, als es in der letzten Wahlperiode der Fall war.

(Christian Loose [AfD]: Eine Wendehals-Politik!)

Die CDU hat uns heute erklärt, dass es durchaus sinnvolle Ziele in der Klimaschutzgesetzgebung und im Klimaschutzplan gab und gibt und man das auch nicht infrage stellen wolle. Sie hat sich auch zu den Zielsetzungen bekannt. Das alles klang von diesem Pult in der letzten Wahlperiode noch deutlich anders. Von daher müssen wir das aufmerksam verfolgen.

Frau Plonsker, wir werden uns genau ansehen, welche Halbwertzeit Ihre Aussagen haben, um es energiepolitisch auszudrücken. Sie haben heute verkündet, dass es keine Abschaltung von Braunkohlekraftwerken jenseits der Sicherheitsbereitschaft und des Auslaufens des Tagebaus Inden und des Kraftwerks Weisweiler geben wird.

Als aufmerksamer Leser von Tageszeitungen bekomme ich mit, dass es ein Angebot über zehn Kraftwerksblöcke seitens der Unionsfraktion bei den Verhandlungen in Berlin gegeben hat. Entweder spielt die CDU Nordrhein-Westfalen also in der Diskussion keine Rolle, oder hier finden zwei parallele Veranstaltungen statt. An dieser Stelle müssen Sie sich entscheiden, wo Sie stehen, was Sie wollen und an welcher Stelle Sie eigentlich unterwegs sind.

Meine Damen und Herren, ich habe auch vernommen, dass Sie gesagt haben, man muss es so betreiben, dass das Ganze nicht nur in einem Sektor stattfindet.

Wir werden aufmerksam verfolgen, ob das letztendlich das Ergebnis Ihrer Verhandlungen in Berlin ist, Frau Plonsker. Auch da lese ich ganz anderes. Es wäre wünschenswert, dass man marktgerecht und unter dem Vorzeichen, dass wir letztendlich in einem europäischen Emissionshandel stehen, die Dinge betrachtet und betreibt. Ich erkenne beim Studium der Zeitungen zu dem Stand Ihrer Koalitionsverhandlungen aber nicht, dass das die treibende Kraft ist und sich das durchsetzt.

Also: ein bisschen Wahrheit und Ehrlichkeit! Ein Stück weit muss sich das in Ihren Beschlusslagen am Ende wiederfinden, sonst ist das hier alles eine Märchenstunde.

Wir brauchen keine Bekenntnisse in der Region von Parteien, die sagen, wir sind auch für die Braunkohle und stehen zur Kraftwerkswirtschaft oder sonst was, sondern man muss sich dann auch vor den Zug werfen und muss das in Verhandlungen klar und deutlich machen und am Schluss auch mit Ergebnissen nach Hause kommen. Das ist das, was man hinkriegen muss.

Ich sage Ihnen an der Stelle auch persönlich als Abgeordneter: Ich weiß, dass das schwierig ist. Dietmar Brockes weiß, dass ich mich notfalls auch einmal vor den Zug geworfen habe. Ralph Bombis, den ich da sehe, weiß das auch.

(Zuruf von der FDP)

Aber ich gucke mir jetzt genau an, ob es auch bei der CDU-Fraktion und bei der FDP-Fraktion Kolleginnen und Kollegen gibt, die das auch so tun werden, oder ob das nicht der Fall ist, meine Damen und Herren. Ich glaube, das muss man an dieser Stelle einfordern dürfen.

Meine Damen und Herren, zu dem Antrag des Antragstellers ist eigentlich nicht so viel zu sagen. Denn der Kernsatz lautet: „Der anthropogen verursachte Klimawandel ist wissenschaftlich nicht gesichert.“ – Also, der menschengemachte Klimawandel sei nicht gesichert. Das wollen Sie uns erklären.

Jeder, der sich ein bisschen mit den Themen beschäftigt hat, weiß, dass es bei fast jeder wissenschaftlichen Frage Mehrheits- und Minderheitsmeinungen gibt. Wenn man sich anguckt, wie die Bandbreite ist, finden Sie zu jeder Frage fast jede Meinung. Das ist in der Wissenschaft nichts Ungewöhnliches. Aber es gibt kaum eine Frage, bei der sich der anthropogene Einfluss so deutlich und so klar mit einer Mehrheitsmeinung der Wissenschaft unterlegen lässt, wie bei dieser Frage, was den Klimawandel angeht. In kaum in einem anderen Bereich ist das so der Fall.

Der australische Klimaforscher John Cook hat 4.014 Studien untersucht und nachgeschaut, wie sich die Klimaforscher zum Klimawandel äußern. Er kam zu dem Ergebnis, dass 97 % bestätigen, dass die Menschheit für den Klimawandel mitverantwortlich ist.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Der Abgeordnete Dr. Vincentz von der AfD möchte Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Guido van den Berg (SPD): Ich würde jetzt gern im Zusammenhang vortragen. Ich glaube nicht, dass uns das weiterbringt, Frau Präsidentin.

Naomi Oreskes, Wirtschaftshistorikerin an der Universität Harvard, untersuchte 696 Studien mit dem gleichen Ergebnis.

Wenn man sich diese beiden Studien und die Auswertungen anschaut, dann fällt einem eines auf: Je näher die Forscher an dem Kern, an dem Ursprung sind, ob es Meteorologen oder Klimatologen oder Wirtschaftsgeologen sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie ganz klar sagen: Es gibt diesen Zusammenhang, wir müssen da etwas tun, das menschliche Handeln ist ein Hauptauslöser von Klimafolgen.

Je weiter die Profession des Wissenschaftlers von, ich sage mal, dem Kern der Geschichte entfernt ist, desto höher wird der Grad der Nichtübereinstimmung. Bei den Studien von Wirtschaftswissenschaftlern können Sie feststellen, dass 50 % das anders sehen. Das ist ein interessanter Befund, weil das natürlich auch auf etwas hindeutet, was mich selbst bewegt. Ich bin im Hause, glaube ich, nicht als einer bekannt, der blind einem überhöhten Ziel hinterherrennt. Mich bewegt vielmehr auch die Frage: Was kannst du in einer abgewogenen Entscheidung verantworten?

Man darf aber gleichzeitig die Augen nicht davor verschließen, dass Herausforderungen bestehen; man darf diese nicht leugnen. Das ist das, was in diesem Antrag, der uns heute vorgelegt wird, leider geschieht.

Sie tun etwas Weiteres, was, glaube ich, noch viel schlimmer ist. Sie verkennen die große Chance, die für einen Industriestandort wie Nordrhein-Westfalen dahinter steht, das Thema Klimaschutz als etwas zu begreifen, was Fortschrittsmotor für unsere gesellschaftliche und industrielle Entwicklung ist, sein kann und weiter werden kann.

Meine Damen und Herren, im Bereich des Maschinenbaus, des Anlagenbaus, der chemischen Industrie spielt nicht nur das Thema erneuerbare Energien, sondern allgemein das Thema Energieeffizienz eine ganz zentrale Rolle.

Lieber Dietmar Brockes, ich erinnere mich an unsere Arbeit in der Enquete-Kommission Chemie. Dort haben wir deutlich herausgearbeitet, welche Erfolge es in der Vergangenheit in diesem Bereich gegeben hat. Der Energieeinsatz der chemischen Industrie, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist in Nordrhein-Westfalen seit 1990 um 20 % gesunken. Gleichzeitig ist die Produktivität aber um 60 % gestiegen.

Ich sage nicht, dass das eine Blaupause ist, die sich auf alle Industriezweige, auf alle Branchen übertragen lässt. Ich will auch nicht so tun, als könnten wir irgendwelche Zahlen in die Welt setzen, die so etwas postulieren. Aber ich will deutlich machen: Es kann gelingen. Das setzt Ingenieurskunst voraus, das setzt voraus, dass sich Menschen in diesem Themenfeld engagieren und eine Chance darin sehen, Dinge weiterzuentwickeln und neu zu entwickeln.

Deswegen wundert es mich so, dass Sie sich auf die wenigen Prozent der Klimaleugner stützen und glauben, es könnte auch so sein; lasst uns dann lieber denen folgen und gar nichts tun – statt zu erkennen, dass dies eine Riesenentwicklungschance für die Welt ist.

Sie regen sich an anderer Stelle auf, dass Flüchtlinge unterwegs sind. Sie regen sich auf, dass Deutschland dort der Verantwortung gerecht wird, wo Sie meinen, dieser Verantwortung müsste Deutschland nicht so gerecht werden.

Aber Sie müssten erkennen, dass das ein Entwicklungspotenzial ist, dass es Länder auf der Welt gibt, in denen die Sonne mehr scheint als in Düsseldorf und dass die mit Fotovoltaik, mit Sonnenenergie wirklich etwas machen können. Das ist eine Chance für eine gerechtere Welt und auch für die Bekämpfung von Fluchtursachen, die man erkennen muss, die nichts damit zu tun hat, wie man den Klimawandel bewertet.

Dass man dies in Bausch und Bogen nicht erkennt, sondern meint, man kann den Menschen vorgaukeln, man könnte Kohlekraftwerke so weiterbetreiben, wie man will, und die Welt verändert sich nicht, ist keine Politik, die verantwortlich mit dem Thema, aber erst recht nicht mit den Menschen vor Ort umgeht.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege, entschuldigen Sie, wenn ich Sie noch einmal unterbreche. Der Abgeordnete Dr. Blex würde Ihnen gern eine Zwischenfrage stellen.

Guido van den Berg (SPD): Ich habe ja gesagt, ich trage im Zusammenhang vor.

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Das gilt für alle Zwischenfragen?

Guido van den Berg (SPD): Ja.

Ich glaube, diese Chance muss man sehen, muss man erkennen. Das nicht zu erkennen, ist fatal.

Letztendlich geht es auch um Rohstoffeinsatz, meine Damen und Herren. Wir können uns an dieser Stelle von Importen unabhängiger machen, weil Sonne und Wind letztlich keine Rechnungen stellen. Das ist eine …

(Dr. Christian Blex [AfD]: Dummes Zeug!)

– Natürlich ist das so. Im Gegensatz dazu machen Sie sich beim Erdöl und beim Erdgas, werter Herr Blex, von Regimen, von Ländern abhängig, bei denen man durchaus die Frage stellen kann: Ist das eigentlich richtig?

Immer nur „dummes Zeug“ zu rufen, nützt nichts. Man muss sich mit Argumenten auseinandersetzen.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Ich sage Ihnen sehr deutlich: Die Entwicklungschancen, die es an dieser Stelle gibt, müssen Sie sehen. Das war mein Punkt.

Ich komme aus einer Region, wo Menschen sehr verunsichert sind, was diese Transformationsprozesse jetzt angeht. Ich komme aus dem rheinischen Braunkohlerevier und bin, glaube ich, häufiger als die meisten Kollegen da auch mit Beschäftigten im Bergbau unterwegs und im Austausch. Ich würde mich nie dazu versteigen, denen vorzugaukeln – so, wie Sie es tun –, dass man einfach nur so weitermachen kann, und die Welt wird dann wieder gut.

Das ist – ich sage das mal brutal – eine national soziale Politik, die Sie an dieser Stelle versuchen zu betreiben. Das ist nichts, was dieses Land auf Dauer nach vorne bringen wird. Das ist nichts, was das Wohlstandsniveau, die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes auf Dauer sichern kann.

Deswegen, meine Damen und Herren, ist das eine Art und Weise, Politik zu betreiben, die in eine Sackgasse führt und die auch Betroffene in einer Art und Weise, natürlich mit Ängsten, einzufangen versucht, die nicht verantwortlich ist. Deswegen gehe ich immer in diese Betriebsversammlungen und sage: Ja, es wird anders werden.

Es ist eine faszinierende Geschichte, zu sehen, dass wir es künftig eventuell schaffen, unsere Energieerzeugung zu nahezu 100 % auf Erneuerbare umzustellen. Aber man muss es mit Augenmaß und Vernunft machen und sich deswegen nicht gegen die Entwicklungen sperren, sondern das Umgekehrte tun, nämlich sich aktiv in die Prozesse einbringen. Das ist die Aufgabe, die wir an dieser Stelle haben und die Belegschaften dann bereit sind mitzugehen. Sie machen das Falsche, wenn Sie Menschen etwas vorgaukeln.

Wir sind ein Land, dass dieses Thema Klimaschutz groß auf seine Fahnen geschrieben hat und dadurch auch eine Marke geworden ist. Wenn Sie einmal in anderen Ländern unterwegs waren – der Eigenname „Energiewende“ ist etwas, was in anderen Ländern eine Art Marke ist, worauf man angesprochen wird. Das ist etwas, was wir weiter ausbauen können. Wir dürfen es aber nicht mit Scheuklappen machen. Deswegen stimme ich den Einschätzungen, die es vorhin gab, zu, dass man das Ganze europäisch eingebunden haben muss und unter den Bedingungen eines europäischen Emissionshandels stattzufinden hat.

Meine Damen und Herren, Deutschland hat am Ende 2,2 % – je nach Rechnung ist es immer etwas unterschiedlich – der weltweiten CO2-Emissionen zu verantworten. Wenn wir dieses Land erfolgreich in eine Energiewende führen, aber am Ende die Wirtschaftlichkeit nicht betrachtet wird, wenn am Ende die Industrie weg sein sollte, wenn am Ende der Wohlstand weniger geworden ist, dann wird kein Land der Erde unserem Weg folgen. Deswegen ist unsere zentrale Aufgabe, unter den Bedingungen einer Industriegesellschaft diese Energiewende und diesen Klimaschutz zu betreiben. Das ist der zentrale und wichtigste Aspekt an dieser Stelle. Nur wenn wir das machen, werden andere uns folgen.

Ich sage auch denen, die immer nur mit Zahlen und immer neuen Grenzwerten unterwegs sind: Wenn ihr diesen Randparameter nicht betrachtet, wenn ihr das aus dem Auge verliert, werdet ihr auch für den Klimaschutz nichts erreichen. – Denn kein Land der Erde würde dann einem deutschen Vorbild folgen, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Herbert Strotebeck [AfD])

Ich sage Ihnen auch: Wir müssen an der Stelle selbstbewusst sein. Das ist eine Kraftanstrengung.

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

Sie wissen, dass wir es in Europa, in Deutschland geschafft haben, die CO2-Emissionen ein Stück zu senken. Ich sage bewusst „ein Stück“, weil darin noch ganz viel der Deindustriealisierung der DDR steckt, da es immer in Zahlen von 1990 gemessen wird, meine Damen und Herren.

(Christian Loose [AfD]: Seit 2009 erhöht!)

– Ja, weil wir natürlich auch Wirtschaftswachstum und Dinge haben, die Sie vielleicht schlecht finden, meine Damen und Herren, die wir in diesem Land aber gut finden, weil dadurch auch Menschen in Beschäftigung kommen, und weil man nicht ideologisch nur eine Zahl verfolgen darf.

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

Es geht am Ende darum, dass wir eine industrielle Blaupause dafür liefern können, wie so etwas erfolgreich funktionieren kann. Das, was sich in der Welt automatisch durchsetzt, ist nicht automatisch gesagt. Während wir die Emissionen in Europa bekanntlich gesenkt haben, in der EU seit 1990 um fast 21 %, haben wir die Situation, dass wir in China eine Steigerung von über 330 % haben. Dann kommt immer das Argument: Europa hat ja historisch die Industrialisierung nach vorn gebracht und ganz viel emittiert; von daher muss man den anderen mehr Zeit lassen.

Meine Damen und Herren, selbst das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat ausgerechnet, dass wir in knapp zehn Jahren die Summe aller durch China bis dahin verursachten CO2-Emissionen den gesamten historischen Betrag sämtlicher EU-Länder überstiegen haben werden. Und wir haben die Situation, dass China noch bis zum Jahr 2030 nach dem Pariser Abkommen seine Emissionen steigern darf.

(Zuruf von Dr. Christian Blex [AfD])

Meine Damen und Herren, das Ding ist nicht gewonnen, um das ganz deutlich zu sagen. Gewonnen wird es nicht durch das Festsetzen neuer Zahlen, sondern dadurch, dass wir es schaffen, in Nordrhein-Westfalen ein industrielles Beispiel zu liefern, wie Klimaschutz funktionieren kann, was sich dann ökonomisch in die Welt hinausträgt. Alle anderen Geschichten führen in die Irre. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Kollege van den Berg. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Brems das Wort. – Entschuldigung, der Kollege Brockes für die Fraktion der FDP! Ich war leicht desorientiert, aber dank hervorragender Kolleginnen und Kollegen ist es für das Präsidium relativ leicht, solche Fehler zu erkennen. – Bitte schön, Herr Kollege Brockes, Sie haben das Wort.

Dietmar Brockes*) (FDP): Vielen Dank, Frau Präsidentin. Natürlich hätte ich gern auch – Ladies first – Frau Brems ans Rednerpult gelassen. Aber ich glaube, die parlamentarische Reihenfolge sieht das hier so vor.

Herr Kollege van den Berg, ich schätze Sie, und ich bekomme jetzt nicht das Bild aus dem Kopf, sich vor den Zug zu werfen, wie Sie das vorgetragen haben. Frau Kollegin Plonsker, ich rate Ihnen jedoch, der Empfehlung des Kollegen van den Berg an der Stelle nicht zu folgen. Er hat sich zwar – das muss ich sagen – in der Vergangenheit vor den Zug aufs Gleis geworfen, jedoch kurz hinter der Weiche.

(Heiterkeit von Guido van den Berg [SPD])

Die eigene Fraktion ist in der Regel vorher abgebogen, und deshalb sitzt er noch gesund hier vor uns.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU – Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

Ich bin auch froh, dass Sie gesund hier vor uns sitzen; das soll auch so bleiben.

Ich bin Rheinländer. Deshalb möchte ich hier auch positiv anfangen. Wenn der Kollege Dr. Blex seinem Kollegen Loose gleich nicht widersprechen würde, was ich natürlich nicht weiß, dann könnten wir heute hier festhalten, dass wir einvernehmlich feststellen, dass es einen globalen Klimawandel gibt, der auch vom Menschen beeinflusst wird. – Ich bin gespannt. Vermutlich wird die Fraktion gleich noch Redezeit haben, und da es ja einige gibt, die den Mund meistens nicht halten können, wird von daher sicherlich noch etwas kommen.

Meine Damen und Herren, jetzt aber Spaß beiseite. Dieser Klimawandel führt eben auch zu massiven Veränderungen und bedroht viele Menschen auf dieser Welt. Deshalb begrüßen wir es, dass sich die Weltgemeinschaft weitestgehend dieser Verantwortung stellt.

Wir haben uns als NRW-Koalition klar zum Pariser Abkommen bekannt. Wir stehen zu dem Ziel, bis 2050 für weitgehende Treibhausgasneutralität zu sorgen. Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 eine Reduzierung um 80 % bis 95 % im Vergleich zum Jahr 1990 zu erreichen. Entscheidend ist der Weg dahin. Statt ideologisch gefärbte Debatten, die mehr Wunsch als Wirklichkeit abbilden, brauchen wir eine vernünftige Lösung. Wir setzen daher auf den technologischen Fortschritt und auf Wettbewerb.

Ich möchte an dieser Stelle auch deutlich sagen, dass Nordrhein-Westfalen sich der globalen Verantwortung stellt. Die NRW-Koalition stellt sich dieser Verantwortung, und deshalb halten wir auch an dem Klimaschutzgesetz fest. Auch wenn die Beratungen noch vor uns liegen: Ich denke, dass wir den Gesetzentwurf der AfD ablehnen werden.

Wir werden aber das Klimaschutzgesetz des Landes anpassen – so, wie wir es im Koalitionsvertrag auch vereinbart haben. Wir werden es an den europäischen Rahmen anpassen; denn wenn man wirklich effizient und effektiv etwas erreichen will, dann muss man zumindest im europäischen, besser noch im globalen Einklang handeln.

Wir meinen es ernst. Deshalb wird Nordrhein-Westfalen bereits im Jahr 2020 eine Einsparung von 25 %, eher sogar 27 % der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 erbringen. Das, was wir bis 2020 einsparen, ist deutlich mehr – das sollte man an dieser Stelle auch einmal betonen – als das, was als viele europäische Nachbarn und auch viele globale Partner bis dahin erbringen werden.

Wir werden diesen Kurs konsequent fortsetzen, ohne Strukturbrüche und ohne Wohlstandsverluste hinzunehmen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Brockes. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort nun Frau Kollegin Brems.

Wibke Brems (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Was sollen Charles Darwin und Geri Halliwell von den Spice Girls gemeinsam haben, wenn es nach der AfD geht? Ginger Spice und der 1882 verstorbene Naturwissenschaftler Darwin sollen die 1999 verfasste und den Klimawandel leugnende Oregon-Petition unterschrieben haben, die die AfD hier als Kronzeuge für ihre Klimaleugnertheorie anführt.

Diese Petition wurde vom Klimaleugner Frederick Seitz verfasst, der nach seiner wissenschaftlichen Karriere als Physiker – wohlgemerkt: als Physiker, nicht als Klimawissenschaftler – für die Industrie systematisch daran arbeitete, gezielt Zweifel an wissenschaftlichen Erkenntnissen in Gesundheits- und Umweltfragen zu säen.

Vizepräsident Oliver Keymis: Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Dr. Blex?

(Lachen von den GRÜNEN)

Wibke Brems (GRÜNE): Wissen Sie, Herr Blex, ich brauche keine Fragen von Ihnen. Ich frage mich ganz ernsthaft, …

Vizepräsident Oliver Keymis: Also keine Zwischenfrage?

Wibke Brems (GRÜNE): – Nein! – … was in Ihrem Leben falsch gelaufen ist, dass Sie so einen Hass empfinden,

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

dass Sie so einen Hass auf uns Grüne haben; dass Sie einen Hass auf einen Rechtsstaat haben, der Ihnen erst eine kostenlose Bildung, dann eine Hochschulausbildung hat zukommen lassen,

(Christian Loose [AfD]: Wir lieben den Rechtsstaat!)

Ihnen auch ein sehr gutes Auskommen als Lehrer beschert hat und jetzt noch ein viel besseres Auskommen als Abgeordneter ermöglicht, und in dem Sie nun zu guter Letzt wirklich jeden Blödsinn verbreiten können! Hören Sie endlich auf, bei so vielen Privilegien, die Sie haben, Hass zu verbreiten!

(Zurufe von Markus Wagner [AfD] und Dr. Christian Blex [AfD])

Dann können wir vielleicht auch mal miteinander reden!

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und der FDP – Markus Wagner [AfD]: Reden Sie doch nicht vom Rechtsstaat! – Zuruf von Karl Schultheis [SPD])

– Zurück zum Thema.

(Heiterkeit von den GRÜNEN)

Abgesehen davon, dass die Oregon-Petition vor Fehlern und seltsamen Unterzeichnern nur so wimmelt, sind die von der AfD als Kronzeugen herangezogenen und unterzeichnenden Wissenschaftler nahezu vollständig fachfremd.

Im Gegensatz dazu sagen aber 97 % aller Klimaforscher – also diejenigen,

(Christian Loose [AfD]: Die bezahlten Wissenschaftler!)

die sich tatsächlich mit der Materie auseinandersetzen –, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Von der AfD werden hier aber Wissenschaftler angeführt, die von dem empfindlichen Gebilde „Klima“ überhaupt keine Ahnung haben.

(Andreas Keith [AfD]: Nur die Grünen!)

Ehrlich gesagt ist das doch so, als würden Sie einen Schachtrainer damit beauftragen, eine Tennisspielerin fit für die Weltrangliste zu machen.

(Beifall von den GRÜNEN)

So ist es aber anscheinend mit dieser Community, die wahrscheinlich auch glaubt, dass Charles Darwin als Echsenmensch in der Inner-Erde überlebt hat. Diese Verschwörungstheorien hören sich ziemlich gaga an. Für Millionen von Menschen ist der Klimawandel längst bittere Realität, und viele der vom Klimawandel Betroffenen befinden sich aktuell nicht weit von hier in Bonn und legen Zeugnis davon ab. Sie kommen aus Fidschi, von den Marshallinseln, aus dem Amazonasgebiet und vielen anderen bedrohten Regionen der Erde,

(Christian Loose [AfD]: Die kriegen alle Geld dafür!)

berichten von Dürren oder Fluten, Lebensmittelknappheit, steigendem Meeresspiegel, der ihre Heimat bedroht, Hitze, Hurrikans und vielem mehr.

(Christian Loose [AfD]: Das ist Wetter!)

Die Klimakatastrophe, die Millionen von Menschen aktuell schon tagtäglich spüren, ist menschengemacht, und sie ist noch nie so schnell vorangeschritten wie zu unserer Zeit.

Wer etwas anderes behauptet, geht wie die AfD vor allem einem großen amerikanischen Konzern auf den Leim: dem Ölmulti Exxon. Dieser ging und geht besonders perfide vor. Bereits 1977 wusste Exxon vom menschengemachten Klimawandel – mehr als zehn Jahre, bevor das Thema in der Öffentlichkeit breit diskutiert wurde. Aber da politisches Handeln auf der Basis dieser Erkenntnisse die eigenen Erträge von Exxon verringert hätte, entschied man sich – ganz nach dem Vorbild der Tabakindustrie –, gezielt Desinformationen zu streuen.

Die ausgeklügelte und in Teilen erfolgreiche Desinformationstaktik von Exxon setzte zum Teil sogar auf dieselben Institute und Berater, die schon versucht hatten, Zweifel am Zusammenhang von Tabak und Lungenkrebs sowie Herzerkrankungen herzustellen. Mehr als 30 Millionen $ gab Exxon seitdem aus, um gezielt Unsicherheit hervorzurufen.

Ich möchte einfach nur mal erklären, wie das funktioniert. Wenn man nämlich kriminell erworbenes Vermögen reinwaschen will, dann überträgt man das Geld auf scheinbar legale Unternehmen. Wenn man Lügen und Fehlinformationen glaubhaft erscheinen lassen will, dann gründet man Institute und kauft vermeintlich respektable,

(Zurufe von der AfD)

aber fachfremde Wissenschaftler und Experten als Kronzeugen. Das ist das Vorgehen der Tabaklobby und der Lobby der Klimaleugner – importiert aus den USA bis hierhin nach Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN – Christian Loose [AfD]: Sie leugnen den Klimawandel! Sie sind Klimaleugnerin! – Weitere Zurufe von der AfD)

– Dass ich Sie hier treffe, war natürlich klar. Die Pseudoargumente, die die AfD hier in diesem Gesetzentwurf anführt, sind allesamt schon längst widerlegt. Aber die AfD bringt die Pseudofakten, die sie mit den Chemtrail-Theorien in der YouTube-Akademie gelernt hat, einfach immer und immer wieder an.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ja, man kann unterschiedlicher Meinung sein. Man kann zu allen möglichen Dingen eine Meinung haben. Aber Fakten kann man nicht ignorieren und sich gegen Fakten eine Meinung bilden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Bei der Klimakrise handelt es sich nicht um eine Meinung, sondern um eine Tatsache. Die Meinung von Exxon, AfD und Co. ist nachweislich schädlich und falsch.

(Beifall von den GRÜNEN – Lachen und Zurufe von der AfD)

Es ist entlarvend, welches Weltbild Sie hier vertreten. Sie laufen quasi mit Aluhut herum. Sie lassen Muttererde absaufen und ausbeuten. Sie gefährden Menschen durch Bergbau und Schadstoffe. Sie importieren Gas und Öl von wer weiß woher und unterstützen Großkonzerne. Das alles macht die AfD lieber weiterhin, anstatt durch den Einsatz von erneuerbaren Energien unsere Importabhängigkeit zu verringern,

(Zuruf von Christian Loose [AfD])

alle Bürgerinnen und Bürger an der Energieerzeugung teilhaben zu lassen

(Markus Wagner [AfD]: Ein bisschen Lektüre würde Ihnen guttun!)

und schädliche Immissionen zu reduzieren. Das alles würde nämlich uns, unserer Umwelt und unserer Gesundheit nützen. Es wäre doch lohnenswert, eine Zukunft für diese Welt zu erhalten und unseren Kindern eine intakte Natur zu hinterlassen.

(Markus Wagner [AfD]: Mit Windrädern! Ja, sicher!)

Ihnen, der AfD, aber scheint die Zukunft dieses Planeten und damit auch dieses Landes und dessen Menschen völlig egal zu sein. Es sollte unser aller verdammte Pflicht sein, unserer Verantwortung für das Klima gerecht zu werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Denn als Industrieland hat gerade Nordrhein-Westfalen eine besondere Verantwortung und muss vorangehen beim Klimaschutz. Zaudern und das Verharren in alten Strukturen hat noch keine Gesellschaft nach vorne gebracht.

Daher war es allerhöchste Zeit, dass Nordrhein-Westfalen 2013 mit dem ersten deutschen Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Zielen vorangegangen ist. Diese Anstrengungen dürfen wir weder aufheben noch verlangsamen. Wir müssen sie für die Erreichung der Pariser Klimaziele sogar noch erhöhen.

Sehr geehrte Damen und Herren, Wissen ist eine Ressource, die sich vermehrt, wenn man sie teilt. Die AfD versucht sich am Gegenteil. Desinformation wird gestreut und nachgeplappert. Danke – aber wir brauchen Ihre Meinung nicht. Wir kennen die Fakten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zurufe von der AfD: Oh!)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Brems. – Für die Landesregierung spricht Frau Ministerin Schulze Föcking in Vertretung für Herrn Professor Dr. Pinkwart.

Christina Schulze Föcking, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion der AfD legt einen Gesetzentwurf mit dem Ziel vor, das bestehende Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes in Nordrhein-Westfalen aufzuheben. Sie begründet diesen Entwurf unter anderem mit der Behauptung, dass der anthropogene Klimawandel wissenschaftlich nicht gesichert sei, und führt dazu eine Reihe von Argumenten an, auf die ich hier gar nicht im Einzelnen eingehen möchte.

Aber lassen Sie mich exemplarisch folgende Punkte aufgreifen: Sie sprechen den IPCC an und führen aus, dass diese Einrichtung – Zitat – den anthropogenen Klimawandel als unumstößliche Realität konstruiert.

(Zuruf von der AfD: Ja! Genau!)

Damit soll offenbar die Seriosität des IPCC angezweifelt werden, was ich, offen gestanden, für unredlich halte. An der Erstellung der IPCC-Sachstands-berichte arbeiten über 1.000 unabhängige Wissenschaftler, die nur veröffentlichte Studien auswerten und ihre Bewertungen einfließen lassen, die wiederum mehrfach begutachtet wurden. Die Sachstandsberichte des IPCC gelten in der Wissenschaft als glaubwürdigste und fundierteste Darstellung bezüglich des naturwissenschaftlichen, technischen und sozioökonomischen Forschungsstandes über das Klima und dessen Veränderungen.

Ich sage ausdrücklich: Die Landesregierung sieht keinen Anlass, die weltweit anerkannten Darstellungen des IPCC zum anthropogenen Klimawandel anzuzweifeln.

(Beifall von der CDU, der FDP und Karl Schultheis [SPD])

Des Weiteren wird suggeriert, die CO2-Konzentration sei so gering, dass sie keinen Einfluss auf das Klima haben könne. – Auch das entspricht nicht den Tatsachen. Sie verkennen, dass hier nicht die absolute Größenordnung entscheidend ist, sondern die relative Änderung. Seit der vorindustriellen Zeit ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre von rund 280 ppm auf über 400 ppm im Jahr 2017 angestiegen. Das ist ein Zuwachs von über 40 %.

Gleichzeitig ist in diesem Zeitraum auch die globale mittlere Erdtemperatur angestiegen – eine Korrelation, die für renommierte Wissenschaftler eindeutig den Zusammenhang zwischen dem Anstieg der CO2-Konzentration, dem Anstieg der globalen mittleren Erdtemperatur und dem Klimawandel belegt.

Schließlich entbehrt Ihre Argumentationslinie auch der logischen Kohärenz. Sie sagen, die Bundesregierung verfolge mit dem Klimaschutzplan 2050 bereits eine umfassende Strategie; landeseigene Regelungen würden somit überflüssig. Diese Schlussfolgerungen müssen Sie mir erläutern. Denn entweder gibt es nach Ihrer Auffassung keinen anthropogenen Klimawandel und keine Notwendigkeit für aktiven Klimaschutz; dann bräuchte es aber auch keinen Bundesklimaschutzplan. Oder es gibt den anthropogenen Klimawandel doch, und wir haben als Land auch die Pflicht, uns hier mit entsprechenden Maßnahmen zu engagieren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Lassen Sie mich einige Fakten aus Nordrhein-Westfalen anfügen, welche die Veränderungen auch bei uns verdeutlichen. Die durchschnittliche Jahresmitteltemperatur hat sich seit Beginn der Messungen um mehr als 1°C erhöht. Ferner hat sich die Vegetationszeit, also die Zeit, in der die Pflanzen wachsen, blühen und fruchten, verlängert.

So blühen nicht nur die Schneeglöckchen deutlich früher, sondern auch unsere Apfelbäume, mit denen der Vollfrühling beginnt. Dies führt in unserem Obst-anbau ganz praktisch zu einem größeren Risiko bei Spätfrösten. Beispielhaft steht sogar das Frühjahr dieses Jahres dafür: Wir hatten genau diesen Fall im April. In diesem Frühjahr haben erhebliche Frostschäden im Obstanbau teilweise zu 100%igen Ertragsausfällen geführt, zum Beispiel bei Kirschen.

Wir können nicht die Augen davor verschließen und sagen: „Wir machen einfach weiter“, sondern wir müssen uns das anschauen. Moderne Klimamodellierungen zeigen für NRW, dass sich dieser Klimatrend fortsetzt. Einhergehend mit der Erhöhung der mittleren Erwärmung wird auch eine Änderung im Verhalten von Extremwerten erwartet – Stichwort: Jahrhundertsommer. Das werden wir genau so häufiger erleben.

Beim Starkregen müssen wir ebenfalls von einer weiteren Zunahme ausgehen. Starkregenereignisse sind nach den Erkenntnissen der letzten Jahre auf lokaler Ebene als besonders gefährlich und risikoreich einzuschätzen. Ich erinnere nur an das Ereignis in Münster im Jahr 2014. Die Gesamtschäden dieses Ereignisses werden von Kommunen und Versicherungen auf knapp 300 Millionen € beziffert. Aber auch die Schäden durch andere Starkregenereignisse, zum Beispiel in Bonn und Düsseldorf im Jahre 2016 oder landesweit im Zusammenhang mit dem Sturmtief Ela im Jahr 2014, gehen in die Millionen.

Grundsätzlich ist keine Region Nordrhein-Westfalens von diesen Naturgefahren ausgenommen. Diese Veränderungen haben zum Teil erhebliche Folgen für Mensch, Umwelt und Infrastruktur, die sich noch verstärken werden, wenn wir nicht gegensteuern bzw. uns auch anpassen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, als Fazit halte ich fest, dass sich die Landesregierung dieser undurchsichtigen Darstellung von scheinbaren Fakten und fragwürdigen Argumenten nicht anschließen kann. Wir sehen keine Notwendigkeit, das Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes in Nordrhein-Westfalen aufzuheben. Wir werden uns das Gesetz jedoch ganz genau anschauen und bei entscheidenden Stellen, die Unternehmen, Kommunen oder Bürgerinnen und Bürger erwiesenermaßen einengen, entsprechende Modifikationen vornehmen. So haben wir es im Koalitionsvertrag vereinbart, und daran halten wir uns selbstverständlich.

Unabhängig davon werden wir an den im Gesetz genannten Zielen festhalten, die Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 25 % und bis zum Jahre 2050 um mindestens 80 % gegenüber 1990 zu senken.

Bezogen auf das kurzfristige Ziel sehen wir uns auf einem guten Weg. Aller Voraussicht nach werden wir das 25-%-Ziel nicht nur erreichen, sondern sogar leicht übererfüllen. Damit leisten wir einen signifikanten Beitrag zu den Zielen des Bundes sowie zu den Vorgaben des Pariser Abkommens. Wir in Nordrhein-Westfalen haben, was das kurzfristige Ziel anbelangt, unsere Hausaufgaben gemacht. Wir arbeiten intensiv daran, auch die langfristigen Ziele einzuhalten.

Lassen Sie mich abschließend noch einmal sehr bewusst betonen: Klimaschutz, Umweltschutz, eine prosperierende Wirtschaft dürfen nicht als Gegensätze gedacht werden; vielmehr ist eine enge Verknüpfung der verschiedenen Bereiche vonnöten. Wir brauchen die entscheidenden Voraussetzungen, um Mobilitätskonzepte, Energiemodelle und Industriestrukturen der Zukunft vor dem Hintergrund der beachtlichen technologischen Potenziale unserer Zeit optimal zu entwickeln.

Vielleicht kann ich den Kollegen von der AfD noch einmal empfehlen, nicht nur am Eröffnungsabend dabei zu sein, sondern auch bei den Arbeitsgesprächen anlässlich der COP23. Es ist nämlich wirklich beeindruckend, was es auch da alles an Fachwissen gibt und wie man miteinander in den Dialog kommen kann.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Ministerin Schulze Föcking. – Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Dr. Nolten. Das ist seine erste Rede vor dem Hohen Haus. Herzlichen Glückwunsch vorab, dass Sie die Gelegenheit hier und heute nutzen können und Ihren Beitrag in das Hohe Haus geben. Bitte schön.

Dr. Ralf Nolten (CDU): Herr Präsident, vielen Dank! – Sehr geehrte Damen und Herren! In seiner Umwelt-Enzyklika führt Papst Franziskus aus

(Zuruf von der AfD: Oh weh, der Papst kommt!)

– ja, jetzt kommt der Papst –:

„Es stimmt, dass es noch andere Faktoren gibt …, doch zahlreiche wissenschaftliche Studien zeigen, dass der größte Teil der globalen Erwärmung der letzten Jahrzehnte auf die starke Konzentration von Treibhausgasen … zurückzuführen ist, die vor allem aufgrund des menschlichen Handelns ausgestoßen werden.“

(Zuruf von der AfD: Amen!)

Das ist eine für die heutige Debatte bemerkenswerte Aussage. Vor einem halben Jahrtausend noch hat die Kirche die Ergebnisse menschlichen Denkens, das wissenschaftliche Konzept von Beschreiben, Erklären, Vorhersagen und Suchen nach Handlungsalternativen förmlich auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Was nicht sein darf, das nicht sein kann.

In ähnlicher Weise holt die AfD in ihrer Beschreibung der Ausgangslage weit aus. Sie bemüht die Klimaänderungen der letzten 2000 Jahre und versucht, die Wirkung von klimarelevanten Gasen über ihre Volumenanteile kleinzureden, um dann effektheischend zu erklären – Herr van den Berg, Sie haben es schon zitiert –:

„Der anthropogene Klimawandel ist wissenschaftlich nicht gesichert. Die Klimadiskussion kann von keinem seriösen Wissenschaftler für beendet erklärt werden.“

(Zuruf: Wer tut das denn?)

– Ja, wer tut das denn? – Diese Aussage ist für einen Vertreter des kritischen Rationalismus, der wissenschaftstheoretischen Grundposition, die die allermeisten Wissenschaftler implizit oder explizit teilen, selbstverständlich. Es gibt kein unumstößliches Erkennen. Deswegen legen Wissenschaftler ihre Erkenntniswege, ihre Forschungsentscheidungen, ihr Datenmaterial offen: weil sie akzeptieren, dass jeder Einzelne Fehler machen kann, weil sie deswegen eine offene Einladung zur Fehlersuche aussprechen und weil sie keinen Autoritätsanspruch haben, sondern die Bereitschaft, die Argumente anderer zu hören und zu prüfen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Im IPCC arbeiten seit 1988 weltweit Hunderte Wissenschaftler an Sachstandsberichten. Sie übernehmen die Begutachtung von Beiträgen und diskutieren auf einer mittlerweile kaum zu überschauenden Anzahl von Tagungen ihre Forschungsergebnisse.

Wenn im Zeitalter von „Publish or Perish“ der eine oder andere Beitrag früher oder auch später der kritischen Überprüfung der Forschergemeinschaft nicht standhält, ist das noch lange kein Grund, die Arbeit des IPCC in Bausch und Bogen zu verdammen, zumal – und jetzt auch korrekt – das IPCC 2013 erklärt hat, dass es äußerst wahrscheinlich sei – das heißt mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 % bis 100 % –, dass der menschliche Einfluss die Hauptursache der derzeitigen globalen Erwärmung ist.

Und was macht demgegenüber die AfD? – Sie behauptet – Zitat aus Ihrem Antrag –, der IPCC konstruiere den anthropogenen Klimawandel als unumstößliche Realität.

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Warum ist mir diese Aussage wichtig? – Es reicht nicht – siehe Stichwort „Climategate“ in Ihrem Antrag –, sehr geehrte AfD-Fraktion, auf die Heidelberger Erklärung zu verweisen, wenn Sie im Herzen genau diesen Forschungsansatz, der die ergebnisoffene Forschung zum Ziel hat, nicht teilen.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Dies festzuhalten, ist mir umso wichtiger, als die AfD den Vorsitzenden des Wissenschaftsausschusses stellt. Das ist mir umso wichtiger. Das hat etwas mit Forschungsethik zu tun, und der sollten Sie Folge leisten.

Nun kann und wird man seitens der Forscher versuchen, die Wahrscheinlichkeit auf 99,9999 % zu erhöhen. Was aber sollen wir als Politiker so lange tun? – Den Klimawandel leugnen, so wie Sie? Die Hände in Schoß legen?

Der Papst – wieder der Papst – erinnert uns daran, „Lösungen nicht nur in der Technik zu suchen, sondern auch in der Veränderung der Menschen, denn andernfalls würden wir nur die Symptome bekämpfen.“ Das braucht Information, Beratung, Zeit – so wir denn noch die Zeit haben, die richtigen Maßnahmen zu erkennen, zu ergreifen und erfolgreich zu implementieren.

Gesellschaftliche Akzeptanz schafft sich jedenfalls nicht von heute auf morgen.

Ob die globale Durchschnittstemperatur bis 2100 um 1°C, um 2°C, um 3°C, um 5°C oder um 6°C steigt – ist das angesichts der immensen ökonomischen, ökologischen und sozialen Wirkungen, der Risiken, die wir haben, wirklich entscheidend? Wir erwarten den Anstieg der Meeresspiegel, die Erwärmung der Ozeane, die Verbreitung wärmeliebender Krankheitserreger, veränderte Niederschlagsverteilung und extreme Wetterlagen.

Dann brauchen wir jetzt Zeit, um die Wasserversorgung für die Bevölkerung, die Industrie sicherzustellen; um im Rheintal den Hochwasserschutz über Deicherhöhungen und -verlegungen, in den Mittelgebirgslagen über Rückhaltebecken sicherzustellen; um in der Landwirtschaft Sortenzüchtung, Bestandsführung und gegebenenfalls die Bewässerung anzupassen; um einen trockenstressresistenten Wald zu erzeugen, umzubauen mit den entsprechenden Arten und um die Infrastruktur bei Bahn und in der Binnenschifffahrt zu optimieren. Vor allem aber brauchen wir Zeit, um die komplexen Wechselbeziehungen zwischen den einzelnen Naturräumen zu erkennen. Dabei haben wir nicht nur Verantwortung für die Menschen hier in Nordrhein-Westfalen.

Claude Martin zeigt in seinem Club-of-Rome-Bericht „Endspiel“ zu den möglichen Entwicklungsphasen der tropischen Regenwälder unsere Verantwortung auf. Und ja, wir retten die Welt mit deutschem Geld. Herr Loose, wenn das so ist, dann nehme ich das gerne in Kauf.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Zuruf von Christian Loose [AfD])

Auch die Milliarden Euro wären es wert. Es nützt Ihnen nichts, der reichste Mann auf dem Friedhof zu sein.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Christian Loose [AfD])

Die FAO hat im Juli ihre Strategie für den Klimawandel vorgelegt. Sie entwickelt Konzepte zur Climate-Smart Agriculture für die vielen Hundert Millionen Menschen, die weltweit von der Land- und Fortwirtschaft und der Fischerei leben. Und auch für sie haben wir Verantwortung.

Warum also ein Gesetz aufheben, das sektorspezifische Strategien und Maßnahmen fordert, um diese negativen Auswirkungen des Klimawandels zu begrenzen? Nur wegen einiger aus heutiger Sicht vielleicht sehr ambitionierter Zielwerte?

Im Laufe der Legislaturperiode, Herr van den Berg, werden wir sicherlich über die Ansätze und Gewichtungen der einzelnen Maßnahmen reden und streiten. Wir sollten uns aber auf den Weg machen. Wenn eine alte Institution wie die Kirche – jetzt komme ich wieder zum Papst – sich neuen Herausforderungen stellen kann und will, sollte auch eine neue Partei dazu in der Lage sein. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Dr. Nolten. Nochmals herzlichen Glückwunsch zu einer beherzten und aufmunternden Rede.

Wir kommen zum nächsten Redebeitrag, und der ist von Herrn Dr. Blex für die AfD-Fraktion. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Dr. Christian Blex (AfD): Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Es wäre durchaus erheiternd, wenn es nicht so traurig wäre. Frau Brems war ja richtig engagiert. So viel Wut und Hass hätte ich mir bei ihr nur vorstellen können, wenn wir gefordert hätten, die Wölfe abzuschießen, aber das kann ja noch kommen. Es war also durchaus erheiternd, das zu sehen.

Ich muss jetzt etwas zum IPCC sagen.

(Dietmar Bell [SPD]: Müssen Sie nicht!)

– Tun Sie sich das doch mal an. Lesen Sie doch einmal. Lesen bildet manchmal. Lesen Sie einmal die Gründungsakte des IPCC. Das IPCC ist kein wissenschaftliches Forschungsinstitut. Es betreibt keine unabhängige Forschung. Das IPCC ist in der Gründungsakte von Rio 1992 als Politorganisation der UNO gegründet worden. Es betreibt keine ergebnisoffene Forschung, denn es steht da ganz klar drin: Das einzige Ziel des IPCC ist, den durch Menschen gemachten Klimawandel – durch CO2 – zu untermauern und nachzuweisen. Das Ganze ist keine offene Forschung.

(Beifall von der AfD)

Wer etwas anderes behauptet, der belügt die Bürger.

(Beifall von der AfD)

Es ist auch interessant, dass mir Herr Dr. Nolten vorwirft, wir als AfD würden an irgendwelche Dogmen und nicht an die Mehrheit der Forscher glauben. Allein Ihre Reaktion zeigt doch schon etwas. Sie haben die Kirche kritisiert. Sie haben die Kirche für ihre Vergangenheit zu Recht kritisiert. Aber was machen Sie denn? – Sie als Anhänger der Church of Global Warming verfolgen jeden anderen Dissidenten und jeden, der sich traut, eine andere Meinung zu haben. Sie sind doch keinen Deut besser als die Kirche von vor 500 Jahren!

(Beifall von der AfD)

Woran man das sieht? – Sie verlassen sich nicht auf Fakten. Sie beten gebetsmühlenartig das Mantra der Church of Global Warming runter und verdammen jeden, der einen anderen Ansatz fährt. Ich bin selber Naturwissenschaftler. Man muss hinterfragen – Sie haben es eben selbst gesagt –, wie es denn klimatisch sein kann, dass es vor 2.000 Jahren deutlich wärmer war, ohne dass Europa oder Deutschland abgesoffen sind, wie Sie das eben gesagt haben. Da haben Sie doch dummes Zeug erzählt.

(Beifall von der AfD)

Wenn wir jetzt gebetsmühlenartig hören, 97 % der Wissenschaftler – diese Zahl ist nie sauber erhoben, sondern einfach behauptet worden – würden sagen: „Der Mensch ist schuld am Klimawandel“, meine Damen und Herren, dann ist zu fragen: Seit wann ist Physik demokratisch?

(Beifall von der AfD – Vereinzelt Heiterkeit von der AfD)

Wenn ich mich hier so umschaue, kann ich Ihnen als Physiker und Mathematiker sagen: Gott sei Dank, die Physik ist nicht demokratisch.

Sie, Herr Dr. Nolten, haben die Kirche zitiert. Denken Sie doch bitte mal an Galileo Galilei! Hätte der damals fragen sollen, was 99,9 % der Wissenschaftler oder Gläubigen meinten? – Dann würde sich heute weiterhin die Sonne um die Erde drehen. Da haben Sie doch Nonsens erzählt.

(Beifall von der AfD)

Aber darum geht es eigentlich hier nicht. Es geht um etwas ganz anderes, was ich nicht von den Grünen, aber von der CDU erwartet hätte. Es geht darum, ein Gesetz abzuschaffen, das in der letzten Legislaturperiode von Rot-Grün eingeführt wurde und bei dem Sie plötzlich die Rolle rückwärts machen oder die Rolle in den Klimawahn hinein. Um nichts anderes geht es. – Danke schön.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Dr. Blex. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 17/1128 an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung – federführend – sowie an den Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz. Wer stimmt der Überweisung zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist einstimmig so überwiesen.

Ich rufe auf:

5  Wer Zukunftschancen schafft, hat Zukunftschancen verdient – Das nordrhein-westfälische Handwerk bei seinem Weg im digitalen Zeitalter unterstützen

Antrag
der Fraktion der CDU und
der Fraktion der FDP
Drucksache 17/1115

Entschließungsantrag
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Drucksache 17/1210

Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU-Fraktion hat Herr Kollege Goeken das Wort. Das ist heute auch Ihre erste Rede, Herr Goeken. Dann man tau!

Matthias Goeken (CDU): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der letzten Legislaturperiode wurde auf Beschluss des nordrhein-westfälischen Landtags die Enquetekommission „Zukunft von Handwerk und Mittelstand in NRW gestalten“ eingesetzt. In der knapp zweijährigen Arbeit hat diese Kommission sich mit den folgenden Themen befasst: Qualifikation und Fachkräftenachwuchs, Handwerk 4.0, Chancen der Digitalisierung, Gründungskultur und Wettbewerbsfähigkeit, kurz: mit der Zukunft von Handwerk und Mittelstand.

Das Gremium tagte insgesamt 35-mal und hörte sich dabei eine Vielzahl von Sachverständigen aus Wissenschaft und Praxis sowie Verbänden an. Dankenswerterweise haben damals alle Kolleginnen und Kollegen über alle Parteigrenzen hinweg bei der Einbringung des Berichts in den Landtag bereits die erste von 171 Handlungsempfehlungen einstimmig beschlossen.

Heute bin ich als langjähriger, selbstständiger Handwerksmeister froh, den Antrag auf Umsetzung der weiteren Handlungsempfehlungen der Enquetekommission einbringen zu dürfen. Um Zukunftschancen zu schaffen, müssen diese Handlungsempfehlungen Grundlage der Handwerkspolitik von Landtag und Landesregierung sein. Sowohl die Dachorganisation Unternehmerverband Handwerk NRW als auch der Westdeutsche Handwerkskammertag mit ihren Mitgliedsbetrieben sind voller Erwartung, wie ich aus persönlichen Gesprächen in den letzten Wochen erfahren durfte. Diese Erwartungen müssen für uns Motivation und Auftrag zugleich sein. Denn das Handwerk hat diese Zukunftschancen verdient.

So wurden mit dem Entfesselungspaket I schon erste bürokratische Monster entschärft, Veränderungen des Tariftreue- und Vergabegesetzes durchgeführt und die sogenannte Hygieneampel abgeschafft. Leider ist Herr Remmel nicht im Raum. Aber die Hygieneampel, wie das NRW-Kontrollbarometer umgangssprachlich bezeichnet wird, hätte nicht zu mehr Hygiene, sondern zu mehr Bürokratie geführt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das Kontrollergebnis-Transparenz-Gesetz – schon ein schwieriger Name – hätte zu einem unverhältnismäßig hohen Dokumentationsaufwand geführt. Hier steht jemand vor Ihnen, der mit diesen Regelungen auch in der Praxis konfrontiert wurde. Es sagt doch nichts über die Hygiene in einem Betrieb aus, ob die Bäckerhosen und schürzen von dem Angestellten zu Hause oder in der Firma gewaschen werden oder als Mietkleidung von einer Großwäscherei kommen.

Wir brauchen einen unkomplizierten Staat. Deshalb fordere ich unkomplizierte, unbürokratische, praxisnahe, wirksame Regelungen als Maßstab für unser Handeln – in der Politik der Landesregierung und den Verwaltungen von Nordrhein-Westfalen –,

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

selbstverständlich – das sage ich Richtung Grüne – ohne Verbraucherschutz oder Gesetzesregelungen zu missachten. Aber es darf keine speziellen, ideologisch geprägten Regelungen mehr nur für NRW geben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das Handwerk ist vor Ort verwurzelt und verknüpft daher sein wirtschaftliches Handeln mit gesellschaftlicher Verantwortung für seine Mitarbeiter und seine Region. Das Handwerk ist daher Musterbeispiel für unser Verständnis von sozialer Marktwirtschaft.

Die Zukunftsorientierung des Handwerks kommt nicht von ungefähr. Sie ist im Denken von Generationen verhaftet und denkt nicht in Quartalen. Der Meisterbrief ist seit Jahrhunderten ein Qualitätssiegel und sorgt für eine qualifizierte duale Ausbildung in den Betrieben.

In diesem Jahr sind allein in Nordrhein-Westfalen über 10.000 Ausbildungsstellen unbesetzt. Fehlen heute die Auszubildenden, fehlen morgen die Fachkräfte und übermorgen die Meister und möglichen Betriebsnachfolger.

Aber wir müssen dem Handwerk auch helfen, dem Fachkräftemangel zu begegnen. Wir müssen uns für die Stärkung der dualen Ausbildung einsetzen. Für mich persönlich steht die Gleichwertigkeit von akademischer und beruflicher Bildung außer Frage.

Das nordrhein-westfälische Handwerk muss aber auch auf seinem Weg ins digitale Zeitalter unterstützt werden. Viele Handwerksbetriebe haben ihren Sitz eben nicht in Gewerbe- oder Industriegebieten. Deshalb müssen wir auch für diese Betriebe die Möglichkeit schaffen, möglichst schnell direkt ans Breitbandnetz angeschlossen zu werden.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, da seinerzeit alle im Landtag vertretenen Fraktionen dem Bericht der Enquetekommission zugestimmt haben, gehe ich heute davon aus, dass auch heute alle Fraktion diesem Antrag zustimmen werden.

Mit diesem Aufruf zum Handeln möchte ich nun schließen und freue mich auf die Beratung im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der SPD und der AfD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Kollege Goeken. Auch Ihnen herzlichen Glückwunsch zur ersten Rede. Sie war zeitlich eine Punktlandung. – Wir rufen den nächsten Redner auf. Das ist für die FDP-Fraktion und damit für die zweite antragstellende Fraktion Herr Bombis.

Ralph Bombis (FDP): Vielen Dank, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen! Sehr geehrte Herren! Lieber Herr Kollege Goeken, auch von meiner Seite aus herzlichen Glückwunsch zur Jungfernrede, aber nicht nur das, sondern auch herzlichen Dank dafür, dass Sie die Arbeit der Enquetekommission zur Zukunft des Handwerks, die wir als FDP-Fraktion in der letzten Legislaturperiode beantragt haben und die wir gemeinsam über alle Fraktionsgrenzen hinweg recht erfolgreich zu einem Abschluss gebracht haben, gerade gewürdigt haben.

Ich glaube, es ist wichtig, hier noch einmal festzuhalten, dass wir damals – Kollege Bolte war dabei, einige andere Kollegen sind leider nicht mehr im Landtag vertreten, aber wir haben immer noch von Zeit zu Zeit Kontakt auch im Sinne des Handwerks, ob es der Kollege Thiel der SPD-Fraktion ist oder ob es andere sind – im Sinne des Handwerks in Nordrhein-Westfalen zusammengearbeitet haben.

Wir haben uns auch in die Hand versprochen, dass wir, nachdem wir es durchaus unter Mühen geschafft haben, diese gemeinsame Linie in der Enquetekommission zu verabreden, diesen gemeinsamen Bericht zu verabschieden, diese 171 Handlungsempfehlungen, die teilweise sehr konkret und in die Tiefe gehen, im Sinne des Handwerks gemeinsam zu verabschieden, auch weiterhin in unseren Fraktionen und in unseren sonstigen Bereichen alles dafür tun wollen, im Sinne des Handwerks zu arbeiten.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Mit dieser Perspektive legen wir diesen Antrag heute vor.

Die Enquetekommission hat sich damals vor allen Dingen mit drei Kernthemen befasst. Zum einen war das der Bereich Bildung, Ausbildung und Weiterbildung gerade vor dem Hintergrund eines steigenden Fachkräftemangels und gerade vor der Maßgabe, dass wir die Gleichwertigkeit der akademischen und beruflichen Ausbildung sehr stark betonen wollen.

Diese Idee hat uns genauso geleitet wie zum Zweiten der große Problemkreis der Digitalisierung, der als Herausforderung, aber auch als Chance gerade auch auf das Handwerk zukommt.

In der Enquetekommission haben wir uns als dritten entscheidenden Punkt damit beschäftigt, wie die Rahmenbedingungen fürs Handwerk allgemein sind, wie die steuerliche Situation, die Abgabensituation, aber eben auch die bürokratische Situation gerade für kleine und mittlere Betriebe und insbesondere im Handwerk aussehen. Wir haben gemeinsam verabredet, dass wir nachhaltig etwas fürs Handwerk in NRW tun wollen, in dem über eine Million Menschen arbeiten und in dem jeder dritte Azubi seinen Ausbildungsplatz findet. Allein 120 Milliarden € werden direkt im Handwerk umgesetzt.

Deswegen ist es wichtig, dass wir mit diesem Antrag diese Punkte jetzt auch ganz konkret aufgreifen.

Wir wollen zum einen beim Thema „Bildung und Ausbildung“ die ersten Schritte gehen, um den Meisterbrief zu stärken. Wir wollen etwas für die berufliche Bildung tun. Wir wollen etwas für die stärkere Durchlässigkeit zwischen akademischen und beruflichen Lebenswegen tun. Das ist der erste wesentliche Punkt, den wir in unserem Antrag verfolgen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir wollen zum Zweiten beim Thema „Digitalisierung“ die Bildungszentren stärken. Wir wollen die Handwerksinitiative Nordrhein-Westfalen weiter fortsetzen und weiterentwickeln. Und wir wollen den Technologietransfer und die Innovationsförderung gerade auch für die kleinen und mittelständischen Strukturen, die im Handwerk stärker als anderswo vertreten sind, ermöglichen, damit wir auch diesen Betrieben gerecht werden. Hierbei sind dringend Stellschrauben zu justieren, damit auch die Digitalisierung für die Betriebe im Handwerk eine echte Chance darstellt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der FDP)

Wir wollen drittens die Rahmenbedingungen stärken und haben uns dafür als ersten Schritt insbesondere den Bürokratieabbau vorgenommen. Wir wollen die Clearingstelle stärken. Wir wollen die Gewerbeförderung ausgestalten und bürokratiearm machen. Und wir wollen die Selbstverwaltung stärken, statt immer mehr staatliche Bürokratie aufzubauen. Das sind wichtige Themen, die sich die NRW-Koalition unter dem Stichwort „Entbürokratisierung“ vorgenommen hat.

Wir haben bereits – der Kollege hat es erwähnt – einiges auf den Weg gebracht. Morgen werden zum Entfesselungspaket I bestimmte Punkte angesprochen werden, wie Entschlackung des Tariftreue- und Vergabegesetzes, wie die Abschaffung der Hygieneampel und anderes mehr. Auch die Anpassung des Landesentwickelungsplans steht an.

Hier liegt nun ein konkreter Antrag fürs Handwerk vor. Ich freue mich darauf, das im Sinne und im Geiste der Ergebnisse der Enquetekommission im Ausschuss zu beraten. Ich bin stolz darauf, dass es gelungen ist, den Bericht der Enquetekommission eins zu eins als Ziel in den Koalitionsvertrag der NRW-Koalition zu übernehmen.

Und ich würde mich freuen, wenn wir es im Sinne der weiteren Arbeit für das Handwerk und im Geiste der Enquetekommission schaffen, einen möglichst breiten überfraktionellen Ansatz herzustellen. In diesem Sinne freue ich mich auf die Beratungen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Bombis. – Nun spricht für die SPD-Fraktion Herr Kollege Fortmeier.

Georg Fortmeier (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst auch von mir Glückwunsch zu Ihrer ersten Rede, Herr Goeken. Von Ostwestfalen-Lipper zu Ostwestfalen-Lipper muss das an dieser Stelle auch einmal gesagt werden.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Lassen Sie es mich gleich vorausschicken: Auch wir Sozialdemokraten wollen das Handwerk unterstützen und wollen vieles dafür tun, dass das Handwerk in eine gute Zukunft geht und dass auch die Digitalisierung im Handwerk Einzug hält.

Ich hatte erst letzte Woche die Gelegenheit, beim Handwerkskammertag in Düsseldorf mit dem Handwerk darüber zu diskutieren. Wir brauchen nicht alle bereits erwähnten Tatsachen zu wiederholen: über eine Million Beschäftigte in dem Bereich, 120 Milliarden € Umsatz im Jahr 2016. Allein das macht deutlich, wie wichtig es ist, dass wir das Handwerk unterstützen.

Deshalb begrüßen und unterstützen wir auch die Zielrichtung dieses Antrages. Trotzdem bin ich froh, dass wir heute nur der Überweisung zustimmen müssen, und nicht über den Inhalt dieses Antrages befinden müssen.

Ich stelle für uns fest: Das, was die beiden Kollegen vorhin vorgetragen haben, ist etwas anderes als das, was im Antrag steht. Dazu will ich gleich einmal ausführen. Sie haben offenbar, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, Ihren Platz als regierungsverantwortliche Parteien noch nicht gefunden, denn der Antrag liest sich eher wie ein Redemanuskript Ihrer Parteien aus dem letzten Wahlkampf.

Sie wettern gegen das Tariftreue- und Vergabegesetz, gegen die Hygieneampel, und Sie behaupten, dass die Reduzierung von Vergaberichtlinien und die ersatzlose Streichung von Verbraucherschutzinstrumenten – ich sag‘s mal als Zitat – „ein Neustart in der Wirtschaftspolitik“ seien. Oder: Die Clearingstelle Mittelstand, die Sie in dem Antrag so prominent herausheben, die übrigens wir durch das Mittelstandsförderungsgesetz eingeführt haben, soll als – wiederum Zitat – „Stimme der Wirtschaft“ weiterentwickelt werden.

Ich sage Ihnen ganz ehrlich: Das reicht nicht. Sie müssen schon genauer benennen, worin diese Weiterentwicklung besteht, und ob die Clearingstelle Mittelstand weiterhin eine neutrale Institution zum Bürokratieabbau sein soll. Wir sind jetzt nicht mehr im Landtagswahlkampf, und Regierungsarbeit ist nun einmal – und muss sich auch daran messen lassen – genauer als schwammige Formulierungen aus Wahlprogrammen oder vielleicht sogar aus einem Koalitionsvertrag.

Die Begründung, die Sie dazu liefern, ist auch schwach, weil ein Umbau der Clearingstelle Mittelstand als Stimme der Wirtschaft so gar nicht Teil der Handlungsempfehlungen der Enquetekommission ist. Auf Seite 249 – ich will das jetzt hier nicht aufführen; ich habe den Bericht mitgebracht – unter Nummer 22 der Empfehlungen können Sie alles nachlesen. Ich habe mir zwei Punkte herausgesucht, unter anderem die Schaffung von mehr Transparenz im Beratungsverfahren oder Wirkungssimulation als Bestandteil des Clearingverfahrens, wenn es darum geht, Gesetze tatsächlich auf die Mittelstandsfreundlichkeit zu überprüfen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, allein deshalb ist es gut, dass wir im Ausschuss dazu beraten, was Sie sich ganz konkret darunter vorstellen.

Nun zu den weiteren Forderungen in Ihrem Antrag. Sie erwähnen zwar immer wieder die Enquetekommission, den Bericht, aber Sie gehen in Ihrem Antrag – anders als eben in Ihren Reden – ganz unzureichend auf die verschiedenen Forderungen ein. 171 Handlungsempfehlungen auf 56 Seiten – das ist ein bisschen mehr und vor allen Dingen sehr viel detaillierter als das, was Sie in Ihrem Antrag aufgeschrieben haben.

(Zuruf von Ralph Bombis [FDP])

Ich habe Verständnis dafür, dass Sie kürzen wollen. Und ich habe auch Verständnis dafür, dass Sie das nicht alles in einem Antrag hier einbringen wollen. Aber Sie bleiben weit, weit hinter dem Bericht der Enquetekommission zurück. Ich beurteile das, was in dem Antrag steht: Das ist Rosinenpickerei.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie sagen zwar, Sie wollen Existenzgründungen im Handwerk unter der digitalen Entwicklung vorantreiben, aber Sie sagen nichts dazu – und das steht auch in dem Bericht drin –, was mit den Bereichen Integration und Inklusion ist. Elf Handlungsempfehlungen gibt es zu dem umfänglichen Thema. Sie sagen nichts zu der Vereinbarkeit von Familie und Handwerk und Beruf und Gründungen. Sie sagen nichts zur Überprüfung der demokratischen Legitimation der handwerklichen Selbstverwaltung.

Es findet sich dazu nichts in Ihrem Antrag, aber sehr viel in den Ausführungen in dem Bericht der Enquetekommission. Und das, verehrter Herr Kollege Bombis, finde ich schade, da Sie ja der Vorsitzende dieser Kommission waren. Dazu haben Sie eben leider in Ihrem Beitrag auch nichts gesagt.

Wir – und da wiederhole ich mich gerne – als SPD unterstützen die Zielrichtung des Berichtes der Handwerkskommission und werden in der Ausschussberatung auch sehen, wie wir das umsetzen können. Und Sie haben noch einmal darauf hingewiesen: Dass wir das alle ehrlich meinen, zeigt die einstimmige Verabschiedung des Berichtes am 15. März in diesem Jahr.

Was die Ausschussberatung angeht, bin ich sehr froh, dass dann auch der Entschließungsantrag der Grünen mitberaten wird. Der ist doch von den Inhalten her deutlich näher am Bericht der Handwerks- und der Enquetekommission und an den Zukunftschancen des Handwerks in Nordrhein-Westfalen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Fortmeier. – Und nun spricht für die grüne Fraktion Herr Becker.

Horst Becker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal – und das ist auch in einer der letzten Debatten der letzten Wahlperiode, als der Enquetebericht hier diskutiert worden ist, deutlich geworden – ist allen Fraktionen, die damals daran mitgewirkt haben, der Mittelstand, das Handwerk ein Anliegen. Wir haben nicht ohne Grund seinerzeit mit den fünf damals im Landtag vertretenen Fraktionen zu dem Enquetebericht einen gemeinsamen Beschluss gefasst, der übrigens auch einige Arbeitsaufträge beinhaltete.

Heute nun bekommen wir von Ihnen eine Mischung aus Ihren damaligen rhetorischen Oppositionsreden, aus einer Übernahme der damals gemeinsam beschlossenen Positionen und – und das ist besonders interessant – auch einigen formalen und inhaltlichen Weglassungen.

Sie wollen einen runden Tisch? – Den haben wir im März des letzten Jahres bereits mit allen Fraktionen – damals als Aufforderung an die Landesregierung der nächsten Wahlperiode – hier im Landtag beschlossen.

Sie wollen die Clearingstelle Mittelstand – der Kollege von der SPD hat es eben auch schon gesagt – als Stimme des Mittelstandes, als Stimme der Wirtschaft stärken. Sie sagen aber nicht wie.

Und dabei müssten Sie eigentlich wissen, dass das von uns mit der letzten Koalition auf den Weg gebrachte Mittelstandsförderungsgesetz frühzeitig die Interessen der NRW-Wirtschaft in die Erarbeitung von Gesetzen und Verordnungsvorhaben einbindet und dass die Clearingstelle Mittelstand Gesetze und Verordnungsvorhaben tatsächlich auch im Hintergrund in Zusammenarbeit mit den Kammern, mit den Wirtschaftsverbänden, mit den Gewerkschaften und Kommunen auf ihre Auswirkungen bei Kosten, Arbeitsplätzen, Verwaltungsaufwand und Ähnliches prüft und dann auch effektive Ratschläge gibt.

Meine Damen und Herren, die OECD lobt deshalb auch nicht ohne Grund die Clearingstelle als beispielhaftes Modell zur Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen und sagt ausdrücklich, dass sie in ihrer bisherigen Form erhalten bleiben soll.

Obwohl Sie das alles wissen, kommen Sie dann mit den üblichen Entfesselungs- und Bürokratieschleifchen um eigentlich gemeinsame Erkenntnisse und beziehen Ihre angeblichen Entfesselungskünste mit den üblichen Dummys – Tariftreue- und Vergabegesetz, Hygieneampel, LEP und Co.

Ich frage mich gerade, was beispielsweise die Hygieneampel mit dem gemeinen Malermeister oder mit anderen zu tun hat. Das lässt phantasievolle Gedankenspielchen offen, aber ich denke, keine wirklich tragfähigen Schlüsse.

Interessant ist nun, was Sie weggelassen haben. Es fehlt die Forderung nach dem jährlichen Bericht für die Fachausschüsse, um festzustellen, ob die Ergebnisse und Empfehlungen der Enquete VI aus der letzten Wahlperiode auch vollständig und nachhaltig umgesetzt werden. Es fehlt genauso die gemeinsam beschlossene Forderung für diese Wahlperiode, dass der Handwerksbericht der Landesregierung jährlich fortzuschreiben ist, und es fehlt bei genauem Hinsehen auch die letzte beschlossene Forderung aus dem damaligen Beschluss, nämlich dass ein Bericht über den Umsetzungsstand am Ende der Wahlperiode durch die Landesregierung vorzulegen ist.

Ich stelle mir im Übrigen gerade vor, was Sie, wenn Sie jetzt in der Opposition wären, hier am Redepult für einen erregungspolitischen Aufstand geliefert hätten, wenn wir als rot-grüne Landesregierung diese wesentlichen Punkte formal weggelassen hätten.

Es fehlt natürlich auch inhaltlich einiges.

Sie sagen nicht, wie Sie mit dem StarterScheck und mit den Ausfallbürgschaften durch die Bürgschaftsbank umgehen wollen.

Sie sagen nicht, was Sie letztlich in der Frage „Mittelstand“ insgesamt planen.

Sie sagen nicht wirklich, wie Sie die Digitalisierung des Mittelstandes voranbringen wollen.

Sie sagen nicht, was Sie in Sachen Unternehmensnachfolge tun wollen. – Es ist damals von der IHK Düsseldorf darauf hingewiesen worden, dass dies ein sehr wesentlicher Punkt für den Mittelstand ist, denn über 10.000 Betriebe werden in den nächsten Jahren tatsächlich Nachfolgerinnen oder Nachfolger brauchen. Sie sagen auch nicht, ob Sie sich vielleicht wie wir vorstellen könnten, von inhaberbetriebenen Mittelstandsfirmen dann auch zu solchen zu kommen, bei denen Mitarbeiterbeteiligung eine Möglichkeit ist.

Ich will ein besonderes Highlight in Ihrem Antrag in Bezug auf die Digitalisierung ansprechen. Sie zählen dazu drei Spiegelstriche auf, darunter einen mit einer Aussage, die Sie an verschiedenen Stellen verwenden: HANDWERKSINITIATIVE:NRW stärken. Zwei bleiben völlig im Allgemeinen stecken. Sie sagen nichts dazu, wie beispielsweise im ländlichen Raum auch für das Handwerk in Gewerbegebieten die Digitalisierung vorangetrieben werden kann.

Ein letzter Satz sei mir mit Hinweis auf unseren Entschließungsantrag gestattet. Wer Handwerk stärken will, wer Handwerk schützen will, der muss Handwerk auch dort schützen, wo Schwarzarbeit stattfindet. Auch dazu sagen Sie nichts. Ich habe meine Vermutungen, warum. Aber ich empfehle Ihnen an der Stelle die Handwerkskammer im Bergischen Land, die zusammen mit der dortigen Kreisverwaltung gerade in Bezug auf den Kampf gegen die Schwarzarbeit wesentliche Beiträge leistet. Und auch darüber sollten wir uns im Ausschuss noch einmal unterhalten. – Schönen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und Georg Fortmeier [SPD])

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Becker. – Für die AfD-Fraktion hat nun Herr Strotebeck das Wort.

Herbert Strotebeck (AfD): Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren, ich möchte das Fazit vorwegnehmen. Der CDU/FDP-Antrag und der Entschließungsantrag der Grünen, also die Beschlussfassung, sind grundsätzlich sinnvoll. Wir als AfD werden dem Antrag zustimmen, damit wir in den Ausschüssen weiter daran arbeiten können.

Wir als liberal-konservative Partei setzen uns mit Nachdruck

(Dietmar Bell [SPD]: Liberal-konservativ?)

für die Wertschätzung nichtakademischer Ausbildung und handwerklicher Berufe ein und werden uns dem Dialog von Politik und Handwerksunternehmen sehr gerne anschließen.

Besonders gefallen mir im Antrag die Lobpreisungen der gelebten Subsidiarität. Wenn Sie nun anfangen, diese Subsidiarität nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Nationen und Regionen zu preisen, sind Sie dort angekommen, wo die AfD schon seit dem Jahr 2013 steht. Subsidiarität und Eigenverantwortung sind die wichtigsten Leitplanken der Politik der AfD.

Sie schreiben, dass Sie in Ihren ersten 100 Regierungstagen wichtige Impulse gesetzt haben. Ob es immer die richtigen Impulse waren, steht auf einem anderen Blatt.

Die Modernisierung des Ladenöffnungsgesetzes zum Beispiel könnte die Situation für kleine und mittelständische Unternehmen verschlechtern, insbesondere im Vergleich zu den größeren Unternehmen.

Dass Handwerksbetriebe in der Bürokratie entlastet werden sollten, ist völlig richtig. Genau das Gleiche sollte allerdings auch für Betriebe aller Art, auch für die größeren, Gültigkeit haben. Ihr Argument im Antrag, größere Unternehmen könnten die bürokratischen Anforderungen besser erfüllen, ist sachlich zwar richtig, aber nicht zielführend.

Die Abschaffung der Hygieneampel und weiterer rot-grüner Gängeleien ist selbstverständlich zu begrüßen. Aber darauf dürfen und werden Sie sich sicherlich nicht ausruhen. Rot-Grün hat ein so schlecht bestelltes Feld hinterlassen, dass auch ein mittelmäßiger Landwirt es relativ leicht wieder herrichten kann.

(Beifall von der AfD)

Dass Sie in Ihrem Antrag Fahrverbote für Dieselfahrzeuge ablehnen, ist auch eine AfD-Forderung. Umweltpolitik muss sich an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren. So einfach ist das. Auch hier gilt: Die AfD ist seit ihrem Bestehen die Partei des Hinterfragens. Ist ein pauschales Dieselverbot wissenschaftlich gerechtfertigt? Ist es sinnvoll, unser dreigliedriges Schulsystem abzuschaffen? Muss jeder junge Mensch heutzutage zwingend studieren? – Auch hier würden wir uns freuen, wenn Sie sich in Zukunft weiterhin daran ein Beispiel nehmen.

Leider bleibt der insgesamt doch recht umfangreiche Antragstext ein bisschen dünn an einigen Stellen. So wäre es schön gewesen, Sie würden im Antrag erklären, wie das mit der Digitalisierung genau aussehen soll. Aussagen wie

„Die digitalen Fähigkeiten der Bildungszentren des Handwerks stärken“

und

„Handwerk bei der digitalen Transformation unterstützen“

gehen leicht über die Lippen bzw. in die Tastatur, aber was meinen Sie damit genau?

Nur das Wort „digital“ zu benutzen sorgt noch für keine Digitalisierung.

(Beifall von der AfD)

Weniger noble Sätze, mehr harte Fakten würden auch im digitalen Zeitalter helfen.

Sie nutzen im Antrag gerne die Verben ausbauen, stärken, sicherstellen und prüfen. Nun ja, diese Verben stellen eine positive Tätigkeit dar, aber sie bleiben streckenweise im Antrag einfach nur Verben ohne Erklärung.

Selbstverständlich gehört zu einem Antrag, der sich mit den Zukunftschancen befasst, auch der ganz wesentliche Punkt der Unternehmensnachfolge. Der Schwarzarbeit gebührt ebenfalls ein riesiges Kapitel. Das sind zwei ganz wesentliche Themen, die behandelt werden müssen. Sie sind im Entschließungsantrag gesondert aufgeführt.

Insgesamt gehen wir als AfD mit der Stoßrichtung des Antrags konform und hoffen, vermutlich ebenso wie die Handwerksunternehmen in Nordrhein-Westfalen, auf nunmehr konkretere Aussagen und, noch besser, auf Taten. – Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Präsident André Kuper: Ich darf für die Landesregierung in Vertretung für Herrn Minister Pinkwart Herrn Minister Laumann das Wort erteilen. Bitte schön.

Karl-Josef Laumann, Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag, über den wir heute reden, schließt stark an den Abschlussbericht der Enquetekommission zur Zukunft von Handwerk und Mittelstand in NRW aus der letzten Wahlperiode an.

Die Umsetzung der Empfehlungen dieser Enquetekommission wird vom Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen aufgegriffen. Diese Handlungsempfehlungen machen wir zur Grundlage unserer Handwerkspolitik. Mit den Handwerksorganisationen haben wir bereits die organisatorischen Weichen für eine fruchtbare und zukunftsweisende gemeinsame Arbeit gestellt.

Die wirtschaftliche Lage des Handwerks ist ausgezeichnet. Die Umsätze steigen seit Jahren ebenso wie das Geschäftsklima.

(Zuruf von der SPD: Trotz fehlender Entfesselung!)

Gleichwohl gilt es, sich nicht auf dem Erreichten auszuruhen, sondern bereits jetzt in dieser erfreulichen konjunkturellen Hochphase die notwendigen Vorbereitungen zu treffen, damit unser Handwerk auch in Zukunft erfolgreich ist.

Wer sich die wirtschaftlichen Kennzahlen zur Entwicklung des Handwerks näher anschaut, wird sehen, dass die Beschäftigungszahlen sowie die Anzahl der Betriebe im Gegensatz zum Umsatz in den letzten Jahren nicht gestiegen sind – und das landesweit. Die Gründe hierfür sind vielfältig und im Ausmaß je nach Region und Branche sehr unterschiedlich.

Grundsätzlich entscheidend sind jedoch zwei Dinge. Zum einen geht es darum, auch zukünftig qualifiziertes Personal und geeignete Nachwuchskräfte zu finden. Von ebenso essenzieller Bedeutung ist aber auch, den digitalen Wandel aktiv zu gestalten und seine Potenziale gezielt für das Handwerk zu erschließen.

Der Kommissionsbericht gibt in dieser Hinsicht viele wichtige Hinweise und Empfehlungen, denen wir gemeinsam mit unseren Partnern nachgehen werden.

Lassen Sie mich an dieser Stelle in der gebotenen Kürze drei Themen hervorheben, die der vorliegende Antrag anführt, und mit dem Bürokratieabbau beginnen.

Wir wissen doch alle, dass Handwerksunternehmerinnen und -unternehmer – in der Regel Familienbetriebe, oft schon seit Generationen geführt – neben ihrem eigentlichen Geschäft seit vielen Jahren Verantwortung für berufliche Aus- und Weiterbildung übernehmen. Oft sind es die Handwerker und ihre Familien, die sich in unseren Gemeinden ehrenamtlich engagieren.

Deswegen muss doch für jeden vernünftigen Menschen klar sein, dass wir das Handwerk von vermeidbarer Bürokratie entlasten müssen. Hierzu hat die Landesregierung im Entfesselungspaket I bereits erste Maßnahmen auf den Weg gebracht, denen schon in Kürze weitere folgen werden.

Damit Handwerksbetriebe wachsen können, brauchen sie qualifizierte Arbeitskräfte. Nur Betriebe mit Wachstumsperspektive sind auch in der Unternehmensnachfolge interessant. Man muss bei der Frage der Unternehmensnachfolge bei den Handwerkerinnen und Handwerkern immer wissen, dass die Weiterführung des Unternehmens oft auch für die abgebende Generation von existenzieller Bedeutung ist.

Die duale Ausbildung im Handwerk bietet mit exzellenten anschließenden Qualifizierungsangeboten hervorragende Zukunftsperspektiven, die einem Hochschulstudium in keiner Weise nachstehen. Die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildung sicherzustellen, ist daher auch in Zukunft ein erklärtes Ziel dieser Landesregierung.

(Beifall von der CDU und der FDP)

In der effektiven und umsichtigen Gestaltung des digitalen Wandels liegt eine große Chance, langfristiges Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze für Nordrhein-Westfalen zu erschließen. Das Handwerk und der Mittelstand müssen dabei mehr als früher in den Fokus rücken. Letztlich muss jeder einzelne Betrieb individuell für sich entscheiden, welche digitalen Lösungen in Betracht kommen und welche Investitionen im Einzelfall sinnvoll sind.

Deshalb werden wir bei der Weiterentwicklung der Handwerksinitiative nicht nur gezielte Innovation fördern, sondern vor allen Dingen auch verlässliche Beratungsstrukturen für den dringend benötigten Technologietransfer schaffen und ausbauen. Im Einzelnen geht es dabei um die Einführung von Innovationsgutscheinen und um Unterstützungsangebote für individuelle Digitalisierungsstrategien in den Betrieben. Nicht zuletzt die Stärkung von vielversprechenden Kooperationen zwischen Handwerk und Hochschulen ist uns hierbei ein besonderes Anliegen.

Ziel ist es, die für das Handwerk und den Mittelstand zukunftsweisenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Hierzu wird die Landesregierung mit sämtlichen Adressaten der Handwerksempfehlungen der Enquetekommission zusammenarbeiten und die Öffentlichkeit und das Parlament regelmäßig über die Fortschritte informieren. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Minister Laumann. – Mir liegen derzeit keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Schluss der Aussprache.

Ich lasse über die Überweisung des Antrags der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1115 und des Entschließungsantrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1210 abstimmen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/1115 an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung – federführend – sowie an den Ausschuss für Digitalisierung und Innovation. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Der Entschließungsantrag Drucksache 17/1210 wird mit überwiesen.

Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD, Grünen, CDU, FDP und AfD sowie die fraktionslosen Abgeordneten. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen und auch der Entschließungsantrag entsprechend überwiesen.

Ich rufe auf:

6  Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und des Fraktionsgesetzes

Gesetzentwurf
der Fraktion der CDU
der Fraktion der SPD
der Fraktion der FDP und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1117

erste Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile Herrn Dr. Optendrenk das Wort.

Dr. Marcus Optendrenk (CDU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die antragstellenden Fraktionen haben mir als Vorsitzendem des Hauptausschusses die Aufgabe übertragen, den hier zu beratenden Gesetzentwurf in seinen wesentlichen Eckpunkten vorzustellen.

Um es gleich vorweg zu sagen: Vieles, was der Gesetzentwurf regelt, resultiert aus den bereits im Jahr 2016 bzw. zum 1. Juli 2017 vollzogenen Änderungen der Landesverfassung. Hier gilt es, die einfachrechtlichen Vorschriften an die Landesverfassung anzupassen und damit das Abgeordnetengesetz und das Fraktionsgesetz wieder lesbarer zu machen.

Anderes, was in diesem Gesetzentwurf geregelt ist, ergibt sich aus ganz praktischen Fragen des Parlamentsbetriebes und des Parlamentsrechtes. Ich möchte Ihnen aus meiner Sicht die wichtigsten Neuregelungen kurz vorstellen:

Nach der Neuregelung in der Landesverfassung gibt es auch bei vorzeitiger Auflösung des Landtags keine parlamentslose Zeit mehr. Das alte Parlament ist noch so lange im Amt, bis der neue Landtag zusammentritt. Dies wird jetzt auch im Abgeordnetengesetz und im Fraktionsgesetz nachvollzogen; denn auch die – in Anführungszeichen – „alten“ Fraktionen müssen bis zum Zusammentreten des neuen Landtags handlungsfähig bleiben.

Scheidet eine Fraktion aus dem Landtag aus, was beispielsweise am Ende der letzten Wahlperiode geschehen ist, so sind auch hier die Regelungen zur Auflösung und Liquidation bislang ausgesprochen knapp gefasst. Hier will der vorliegende Gesetzentwurf Klarheit und mehr Transparenz schaffen. Es geht darum, die ordnungsgemäße Durchführung der Liquidation zu sichern und gleichzeitig auch die wirtschaftlichen Interessen des Landes zu wahren.

Eine weitere Frage, die bisher nicht geregelt ist, lautet: Wer erteilt eigentlich Abgeordneten oder ehemaligen Abgeordneten eine Aussagegenehmigung, wenn sie über geheim zu haltende Tatsachen aus ihrer Zeit der Mitgliedschaft im Landtag aussagen sollen?

Hier sieht der Gesetzentwurf vor, dies parallel zur Regelung des Deutschen Bundestages auszugestalten und diese Genehmigung durch den Präsidenten oder die Präsidentin des Landtags erteilen zu lassen. Darin ist dann auch der Umfang der Genehmigung im Einzelnen zu regeln.

Eine sinnvolle Ergänzung ist auch die Neuregelung zur Buchführung und Rechnungslegung der Fraktionen. Bislang geht das Fraktionsgesetz in seinen Begrifflichkeiten von einer rein kameralen Buchführung aus. Zulässig ist allerdings auch heute schon eine kaufmännische Buchführung.

Wenn wir die Haushaltswirtschaft des Landes voraussichtlich bis 2020 aber sowieso auf eine kaufmännische Basis umstellen – ich nenne nur das Stichwort EPOS.NRW –, dann ist es nicht nur sinnvoll, sondern auch notwendig, auch die kaufmännische Buchführung und Rechnungslegung der Fraktionen in Begriffen und tatsächlich zu regeln. Aus meiner Sicht ist es sogar sinnvoll, es möglichst bald einheitlich umzustellen.

Einen letzten wichtigen Punkt möchte ich noch hervorheben. Wir haben in der vergangenen Wahlperiode des Landtags erlebt, dass es aus einer Fraktion mehrere Austritte gegeben hat. Das kann grundsätzlich dazu führen, dass es nicht nur Regelungen für fraktionslose Abgeordnete geben muss. Solche Regelungen sind bekanntlich vorhanden. Es kann aber auch die Situation geben, dass sich eine gewisse Zahl von Abgeordneten wieder zusammenschließen will, ohne die Mindeststärke für die Bildung einer Fraktion zu erreichen.

Dies wird üblicherweise unter dem Begriff „Gruppe“ diskutiert. Im Deutschen Bundestag gab es mehrfach solche Gruppen, nicht zuletzt der PDS und der Linken wegen der Sonderregelungen zu dem Gebiet der damals beitretenden Bundesländer. Dort ist das ein übliches Verfahren. Dazu gibt es rechtliche Regelungen. An solchen rechtlichen Regelungen orientiert sich auch der Gesetzentwurf, der heute eingebracht wird und in Zukunft hier zu diskutieren ist.

Konkret können fraktionslose Abgeordnete demnach künftig als Gruppe anerkannt werden, wenn auf sie bei der gegebenen Größe der Ausschüsse und auf der Grundlage unseres Besetzungsverfahrens für die Ausschüsse ein oder mehrere Ausschusssitze entfallen. Zudem müssen sie die auch sonst für Fraktionen geltenden Merkmale, also vor allen Dingen die Dauerhaftigkeit und Gleichgerichtetheit des Zusammenschlusses, erfüllen. Auch Regelungen zur Finanzierung von solchen Gruppen sind in diesen Entwurf aufgenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein lebendiger Parlamentarismus entwickelt sich ständig weiter. Es ist deshalb auch notwendig, bei in der Praxis auftretenden Regelungsnotwendigkeiten parlamentarisch im Gesetzgebungsverfahren entsprechende Anpassungen vorzunehmen. So können auch Unklarheiten beseitigt werden. Das alles dient einem guten Arbeiten, Debattieren und Entscheiden in diesem Landtag.

Ich freue mich deshalb auf das weitere Beratungsverfahren und die Überweisung an den Hauptausschuss. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die AfD erteile ich Herrn Abgeordneten Beckamp das Wort.

Roger Beckamp (AfD): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die AfD-Fraktion bedankt sich für die Fleißarbeit der demokratischen Fraktionen. Wir unterstützen das Ganze im Wesentlichen, werden es im Ausschuss noch näher beleuchten und freuen uns, wenn wir demnächst bei solchen rein technischen Dingen auch einbezogen werden. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Präsident André Kuper: Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 17/1117 an den Hauptausschuss. Wer diesem Vorschlag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die CDU, die FDP, die AfD und die beiden fraktionslosen Kollegen. Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

7  Wahl der Mitglieder für die Ausschüsse zur Wahl der ehrenamtlichen Richterinnen/ehrenamtlichen Richter bei dem Oberverwaltungsgericht und den Verwaltungsgerichten des Landes Nordrhein-Westfalen

Wahlvorschlag
der Fraktion der CDU
Drucksache 17/1015

Wahlvorschlag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1130

Wahlvorschlag
der Fraktion der FDP
Drucksache 17/1208

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Wir kommen daher zur Abstimmung, und zwar erstens über den Wahlvorschlag der Fraktion der CDU Drucksache 17/1015. Wer diesem Wahlvorschlag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD, die Grünen, die CDU, die FDP und die AfD sowie die beiden fraktionslosen Kollegen. Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist dieser Wahlvorschlag einstimmig angenommen worden.

Zweitens lasse ich über den Wahlvorschlag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1130 abstimmen. Wer möchte dem zustimmen? – Das sind SPD, Grüne, CDU, FDP, AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Damit ist auch dieser Wahlvorschlag einstimmig angenommen worden.

Drittens lasse ich über den Wahlvorschlag der Fraktion der FDP Drucksache 17/1208 abstimmen. Wer möchte diesem Wahlvorschlag zustimmen? – Das sind SPD, Grüne, CDU, FDP, AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Damit ist auch dieser Wahlvorschlag einstimmig angenommen worden.

Ich rufe auf:

8  Nachwahl eines Mitglieds des Kontrollgremiums gemäß § 23 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen

Wahlvorschlag
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1136

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Wahlvorschlag Drucksache 17/1136. Ich weise darauf hin, dass für die Annahme des Wahlvorschlags eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich ist.

Wer stimmt diesem Wahlvorschlag der Fraktion der AfD zu? – Das sind die Abgeordneten der AfD. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Das sind die SPD, die Grünen, die CDU, die FDP und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Ich stelle ausdrücklich fest, dass die nach § 24 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen für den Gewählten erreicht wurde. Damit ist der im Wahlvorschlag genannte Abgeordnete zum Mitglied des Kontrollgremiums gewählt.

Ich rufe auf:

9  Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des Kontrollgremiums gemäß § 23 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen

Wahlvorschlag
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1137

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Wahlvorschlag Drucksache 17/1137. Ich weise darauf hin, dass auch hier für die Annahme des Wahlvorschlags eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen erforderlich ist.

Wer stimmt diesem Wahlvorschlag der Fraktion der AfD zu? – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der AfD. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Es enthalten sich SPD, Grüne, CDU, FDP und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Ich stelle ausdrücklich fest, dass die nach § 24 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über den Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen erforderliche Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen für den Gewählten erreicht wurde. Damit ist der im Wahlvorschlag genannte Abgeordnete zum stellvertretenden Mitglied des Kontrollgremiums gewählt.

Damit kommen wir zu:

10 Nachwahl zur Umbesetzung der Mitglieder des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses I („Fall Amri“)

Wahlvorschlag
Der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1135

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Wahlvorschlag Drucksache 17/1135. Wer stimmt diesem Wahlvorschlag der Fraktion der AfD zu? – Das sind die Abgeordneten der AfD. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung von SPD, Grünen, CDU und FDP sowie der beiden fraktionslosen Abgeordneten und Zustimmung der AfD ist der Wahlvorschlag angenommen.

Ich rufe auf:

11 Bestätigung einer Vertreterliste (Nachwahl) für das Versorgungswerk der Mitglieder des Landtags Nordrhein-Westfalen und Brandenburg

Drucksache 17/1154

Auch hierzu ist eine Aussprache nicht vorgesehen.

Wir kommen somit zur Abstimmung über die Vorschlagsliste der Fraktion der CDU Drucksache 16/1154. Wer dieser Vorschlagsliste zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, Grüne, CDU, FDP, AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Damit ist die Vorschlagsliste einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

12 Nachwahl eines stellvertretenden Mitglieds des Landtags in den Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunk Köln

Wahlvorschlag
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1155

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Wahlvorschlag Drucksache 17/1155. Wer stimmt diesem Wahlvorschlag der Fraktion der AfD zu? – Das sind die Abgeordneten der AfD. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung von SPD, Grünen, CDU, FDP und den beiden fraktionslosen Kollegen ist der Wahlvorschlag mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis angenommen.

Ich rufe auf:

13 Aufhebung der Immunität eines Mitglieds des Landtags

Beschlussempfehlung
des Rechtsausschusses
Drucksache 17/1131 – Neudruck –

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Wir kommen somit zur Abstimmung. Der Rechtsausschuss empfiehlt in Drucksache 17/1131 – Neudruck –, die Immunität des Abgeordneten Keith-Volkmer für das dort genannte Verfahren aufzuheben. Wenn Sie dieser Beschlussempfehlung folgen wollen, bitte ich Sie um Ihr Handzeichen. – Das sind SPD, Grüne, CDU, FDP, AfD und die beiden fraktionslosen Kollegen. Damit ist die Beschlussempfehlung Drucksache 17/1131 – Neudruck – angenommen und die Immunität des Abgeordneten Keith-Volkmer aufgehoben.

Ich rufe auf:

14 Beschlüsse zu Petitionen

Übersicht 17/5

Gemäß § 97 Abs. 8 unserer Geschäftsordnung sind die Beschlüsse des Petitionsausschusses mindestens vierteljährlich dem Landtag zur Bestätigung vorzulegen.

Ihnen liegen mit der Übersicht 17/5 Beschlüsse zu Petitionen vor, über deren Bestätigung wir abstimmen.

Eine Aussprache ist nicht vorgesehen.

Wir kommen somit zur Abstimmung. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD, Grüne, CDU, FDP, AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit sind die Beschlüsse des Petitionsausschusses in Übersicht 17/5 einstimmig bestätigt.

Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende unserer heutigen Sitzung angekommen.

Ich berufe das Plenum wieder ein für morgen, Donnerstag, 16. November 2017, und wünsche Ihnen allen einen angenehmen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 18:23 Uhr

 

 

 

 

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*)    Von der Rednerin bzw. dem Redner nicht
überprüft (§ 102 GeschO)

Dieser Vermerk gilt für alle in diesem Plenarprotokoll so gekennzeichneten Rednerinnen und Redner.