25.04.2024

Landtag debattiert Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung

Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder hat den Landtag beschäftigt. Auf Antrag der FDP-Fraktion diskutierten die Abgeordneten über die Umsetzung der Bundesregelung in Nordrhein-Westfalen.

Die FDP kritisiert in ihrem Antrag (18/9037), dass die Landesregierung bislang kein Ausführungsgesetz für den OGS-Rechtsanspruch vorgelegt habe, sondern „lediglich sogenannte ,Fachliche Grundlagen für die Umsetzung‘“. Weiterhin seien „relevante Fragen“ nach der Finanzierung, den Qualitätsstandards und dem Zeitplan sowie der rechtlichen Grundlage unbeantwortet.  

Der OGS-Rechtsanspruch tritt zum Schuljahr 2026/27 in Kraft. Zunächst gilt er nur für Erstklässlerinnen und Erstklässler. Ab August 2029 soll dann jedes Grundschulkind Anspruch auf eine ganztägige Betreuung haben.

Bei der Umsetzung des OGS-Rechtsanspruchs gehe es um Bildungschancen von Kindern sowie berufliche Chancen von Eltern, sagte FDP-Fraktionsvorsitzender Henning Höne. Das Land könne es sich nicht leisten, dass gut ausgebildete Eltern nicht oder nur weniger Stunden arbeiteten, weil Betreuungsangebote für Kinder fehlten. Die Landesregierung komme ihren Aufgaben nicht nach und versäume es, die OGS-Betreuung zu regeln. Das sei „Politikverweigerung“. Dritt- oder Viertklässlern drohe die Kündigung der Betreuung, wenn der Rechtsanspruch für Kinder der ersten Klasse nur so gewährleistet werden könne. 

Alle westdeutschen Flächenländer seien derzeit damit beschäftigt, den OGS-Rechtsanspruch umzusetzen, bemerkte Christina Schulze Föcking (CDU). „Wer behauptet, Nordrhein-Westfalen hinkt hinterher, begeht eine böswillige Unterstellung.“ Die Finanzierung sei geregelt. Schulministerin Dorothee Feller habe dazu bereits im Oktober 2023 eine Förderrichtlinie veröffentlicht. Qualitätsstandards für die Betreuung seien im März 2024 bekanntgegeben worden. Das sorge für Planungssicherheit. Im Jahr 2024 gebe das Land 780 Millionen Euro für die OGS-Betreuung aus – 72 Prozent mehr als im Jahr 2017. 

Die Landesregierung habe im Koalitionsvertrag angekündigt, den OGS-Rechtsanspruch zu regeln, aber ihr Wort nicht gehalten, kritisierte Andrea Busche (SPD). Schwarz-Grün habe ein Ausführungsgesetz zur Umsetzung des Anspruchs versprochen; es liege bis heute nicht vor. Auch Qualitätsstandards ließen zu wünschen übrig. Es gebe keine verbindlichen Regelungen für Gruppengrößen, Räume und Personalschlüssel. Bei der Finanzierung mache sich die Landesregierung ebenfalls einen „schlanken Fuß“. Gerade finanzschwache Kommunen seien auf sich allein gestellt. Dabei arbeiteten OGS-Träger bereits „am Limit“. 

Grünen-Fraktionschefin Wibke Brems sagte, bei der Umsetzung des OGS-Rechtsanspruchs handele es sich um ein „komplexes Thema“ und eine „große Herausforderung“. Daher sei gründliche Arbeit notwendig. Schwarz-Grün arbeite professionell an Lösungen, und dies sei kein Skandal. Der Koalition liege der Rechtsanspruch am Herzen. Er sei kein „nettes Sahnehäubchen“, sondern eine Grundlage für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und ein weiterer Schlüssel für gute Bildung und Chancengerechtigkeit. Der FDP warf Brems eine „Empörungsspirale“ vor, die beendet werden müsse. 

Dr. Christian Blex (AfD) betonte, der Rechtsanspruch werde der Landesregierung 2026 auf die Füße fallen. Es sei nicht einmal die Frage nach der Unterbringung der Kinder geklärt. Zugleich redeten die beiden zuständigen Ministerinnen für Familie und Schule „um den heißen Brei herum“. Der AfD-Politiker warf der Landesregierung vor, beim Thema OGS-Rechtsanspruch zu versagen. Schwarz-Grün sei nicht an ernsthaften Lösungen interessiert. Allen sei bewusst, dass es kein Ausführungsgesetz geben werde. Den Antrag der FDP kritisierte er zugleich als „reine Show“. 

Familienministerin Josefine Paul (Grüne) nannte die Umsetzung des Rechtsanspruchs einen „Kraftakt“. Die Landesregierung wolle den Kommunen die notwendige Planungssicherheit geben. Sie erarbeite die erforderlichen Regelungen zur Umsetzung und lege dabei zunächst den Schwerpunkt auf die quantitative Vorsorge, damit jedes Kind einen Platz erhalten könne. Es werde auch geprüft, welches Instrument an welcher Stelle zum Einsatz komme. Dies sei „übliches Regierungshandeln“. Nach Abschluss des internen Arbeits- und Willensbildungsprozesses werde das Parlament über die Pläne informiert. Es werde aber keine „Wasserstandsmeldungen“ geben. 

Text: tob, wib

Die Fraktionen im Landtag NRW