§ 69
Einbringung und Verteilung der Beratungsmaterialien
(1) Gesetzentwürfe, Haushaltsvorlagen, Entwürfe von Staatsverträgen, Anfragen, Anträge, Beschlussempfehlungen und Berichte der Ausschüsse und sonstige Vorlagen sind bei der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landtags schriftlich einzubringen; sie werden unverzüglich an die Mitglieder des Landtags, die Fraktionen, die Gruppen, die Landesregierung und die Präsidentin bzw. den Präsidenten des Landesrechnungshofs verteilt. Von der vorstehenden Regelung sind Anträge zum geschäftsordnungsmäßigen Ablauf der Sitzungen ausgenommen.
(2) Bei Vorliegen der organisatorischen und technischen Voraussetzungen kann der Ältesten-rat abweichend von den Vorschriften dieser Geschäftsordnung bestimmen, dass Parlamentsmaterialien, soweit sie kein Gesetzgebungsverfahren einleiten oder sich auf ein laufendes Gesetzgebungsverfahren beziehen, in elektronischer Form eingebracht werden können.
(3) Die Verteilung der Parlamentsmaterialien und sonstiger Unterlagen erfolgt elektronisch. Anstelle oder neben der elektronischen Verteilung können Dokumente auch in schriftlicher Form zugänglich gemacht werden.
§ 70
Anträge und Gesetzentwürfe aus der Mitte des Landtags
(1) Jedes Mitglied des Landtags, jede Fraktion und jede Gruppe hat das Recht, Anträge zu stellen. Gesetzentwürfe müssen von mindestens sieben Mitgliedern des Landtags unterzeichnet sein.
(2) Für Gesetzentwürfe und Anträge der Fraktion genügt die Unterschrift der Fraktionsvorsitzenden bzw. des Fraktionsvorsitzenden, einer Stellvertreterin bzw. eines Stellvertreters oder der Parlamentarischen Geschäftsführerin bzw. des Parlamentarischen Geschäftsführers. Für Anträge der Gruppen genügt die Unterschrift der Gruppenvorsitzenden bzw. des Gruppen-vorsitzenden.
(3) Muss ein Antrag nach der Landesverfassung, nach einem anderen Gesetz oder nach die-ser Geschäftsordnung von einer bestimmten Zahl von Mitgliedern des Landtags gestellt werden, so bedarf der Antrag der Unterzeichnung durch die entsprechende Zahl von Mitgliedern des Landtags.
(4) Gesetzentwürfe müssen, Anträge können mit einer Begründung versehen werden.
§ 71
Unzulässige Beratungsgegenstände
(1) Beratungsgegenstände der in § 69 bezeichneten Art soll die Präsidentin bzw. der Präsident zurückweisen, wenn sie
1. gegen die parlamentarische Ordnung verstoßen,
2. durch ihren Inhalt den Tatbestand einer strafbaren Handlung erfüllen,
3. Gegenstände behandeln, die nicht zur Zuständigkeit des Landtags gehören,
4. ein Eingreifen in die richterliche Unabhängigkeit bedeuten.
(2) Über die Beschwerde der Antragstellerin bzw. des Antragstellers gegen die Entscheidung der Präsidentin bzw. des Präsidenten entscheidet der Ältestenrat.
§ 72
Beratungsbeginn
Die Beratungen sollen frühestens am zweiten Tag nach Verteilung der Drucksachen beginnen. Wird Einspruch erhoben, weil die Frist nicht eingehalten wurde, so entscheidet auf Antrag einer Fraktion oder von fünf vom Hundert der Mitglieder des Landtags dieser mit der Mehrheit seiner Mitglieder über den Beginn der Beratung.
§ 73
Lesungs- und Beratungsverfahren
(1) Gesetzentwürfe und Entwürfe von Staatsverträgen werden in zwei Lesungen beraten. In den Fällen des § 78 Absatz 1 findet eine dritte Lesung statt. Alle anderen Beratungsgegenstände sollen unbeschadet der nach § 82 möglichen Ausnahmen in einer Beratung erledigt werden.
(2) Die Abstimmung über Haushaltsvorlagen der Landesregierung ist erst zulässig, wenn ihre Beratung im Haushalts- und Finanzausschuss abgeschlossen ist.
§ 74
Erste Lesung
(1) Gesetzentwürfe werden in der ersten Lesung begründet und in ihren Grundsätzen beraten.
(2) Am Schluss der ersten Lesung kann die Überweisung des Gesetzentwurfs an einen oder mehrere Ausschüsse beschlossen werden.
(3) Der Gesetzentwurf ist erledigt, wenn die Überweisung an einen Ausschuss und der Ge-setzentwurf selbst abgelehnt werden.
§ 75
Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen
(1) Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen können von jedem Mitglied des Landtags gestellt werden, solange die Beratung des Gegenstandes, auf den sie sich beziehen, noch nicht geschlossen ist. Die Anträge müssen schriftlich abgefasst und unterzeichnet sein.
(2) Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen sind während der ersten Lesung nicht zulässig. Erfolgt keine Ausschussüberweisung, so können Änderungsanträge erst nach Beendigung der ersten Lesung gestellt werden. Änderungsanträge in den Ausschussberatungen nach Überweisung (§ 54 Absatz 6) bleiben unberührt.
(3) Änderungsanträge zu Gesetzentwürfen können verlesen werden, wenn sie noch nicht an die Mitglieder des Landtags verteilt sind. Wird durch einen Änderungsantrag der Gesetzentwurf in seinen wesentlichen Aussagen geändert, so ist dies auf Verlangen der Antragstellerin bzw. des Antragstellers kenntlich zu machen. Eine erneute Überweisung zum Zwecke der Ausschussberatung erfolgt in der Regel nicht.
§ 76
Zweite Lesung
(1) In der zweiten Lesung wird der Gesetzentwurf im Einzelnen beraten. Sind in den Ausschussberatungen vor der zweiten Lesung Änderungen beschlossen worden, so soll die Präsidentin bzw. der Präsident diese dem Gesetzentwurf gegenüberstellen lassen.
(2) Zwischen der ersten Lesung und dem Beginn der zweiten Lesung muss mindestens ein Tag liegen, an dem keine Lesung des Gesetzentwurfs stattfindet. Ist eine Ausschussberatung vorausgegangen, so beginnt die zweite Lesung frühestens zwei Tage nach Verteilung des Ausschussberichts. Diese Fristen können nicht verkürzt oder aufgehoben werden, wenn mindestens fünf der anwesenden Mitglieder des Landtags widersprechen.
(3) Nach Schluss der Beratung wird über Annahme oder Ablehnung des Gesetzentwurfs, bei Vorliegen von Änderungsanträgen zunächst über diese abgestimmt. Der Landtag kann die Schlussabstimmung bis zur Zusammenstellung und Verteilung der in zweiter Lesung gefassten Beschlüsse aussetzen.
§ 77
Einzelberatung und Einzelabstimmung in der zweiten Lesung
(1) Auf Antrag einer Fraktion oder eines Viertels der Mitglieder des Landtags kann die zweite Lesung als Einzelberatung und Einzelabstimmung durchgeführt werden. Hierbei wird der Rei-henfolge nach über jede selbständige Bestimmung, die Abschnittsüberschriften und zuletzt über Einleitung und Überschrift beraten und abgestimmt. Auf Beschluss des Landtags kann die Reihenfolge geändert werden, die Beratung über mehrere Einzelbestimmungen kann verbunden, die Beratung über Teile einer Einzelbestimmung oder über Änderungsanträge zu denselben Gegenständen getrennt werden. Nach Schluss jeder Beratung wird abgestimmt.
(2) Werden alle wesentlichen Teile einer Gesetzesvorlage abgelehnt, so unterbleibt jede wei-tere Beratung und Abstimmung.
(3) Auf Beschluss des Landtags kann der Gesetzentwurf vor der Schlussabstimmung ganz oder teilweise an einen Ausschuss überwiesen oder zurückverwiesen werden. Die Zurückverweisung eines Gesetzentwurfs kann auch an einen anderen Ausschuss als den, dem er zuerst vorgelegen hat, erfolgen. Auch bereits erledigte Teile können überwiesen oder zurückverwiesen werden. § 25 Absatz 2 findet Anwendung.
(4) Die Schlussabstimmung erfolgt nach § 76 Absatz 3. Dies gilt nicht in den Fällen des § 78.
§ 78
Dritte Lesung
(1) Eine dritte Lesung erfolgt bei Gesetzentwürfen zur Änderung der Verfassung (Artikel 69 Landesverfassung), zum Haushaltsgesetz, zum Gemeindefinanzierungsgesetz sowie zu Nachträgen hierzu. Im Übrigen findet eine dritte Lesung auf Antrag einer Fraktion oder eines Viertels der Mitglieder des Landtags statt. Dieser Antrag muss vor Schluss der Beratung der zweiten Lesung schriftlich bei der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landtags eingereicht werden.
(2) Zur Vorbereitung der dritten Lesung kann der Landtag die Überweisung des Gesetzentwurfs an einen oder mehrere Ausschüsse beschließen. Die dritte Lesung kann auch unmittel-bar nach Schluss der zweiten Lesung erfolgen, wenn nicht eine Fraktion oder ein Viertel der Mitglieder des Landtags widerspricht; in diesem Fall findet die dritte Lesung frühestens am nächsten Sitzungstag statt. Änderungsanträge müssen von mindestens drei Mitgliedern des Landtags unterzeichnet werden.
(3) Am Schluss der dritten Lesung wird über die Annahme oder Ablehnung des Gesetzentwurfs abgestimmt. Bei Vorliegen von Änderungsanträgen findet § 76 Absatz 3 entsprechende Anwendung. In den Fällen des Absatzes 1 trifft die Präsidentin bzw. der Präsident die nach § 46 Absatz 3 erforderlichen Feststellungen.
§ 79
Verhältnismäßigkeitsprüfung
(1) Enthält ein Gesetzentwurf oder ein Änderungsantrag zu einem Gesetzentwurf berufsreglementierende Regelungen im Sinne der Richtlinie (EU) 2018/958 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Juni 2018 soll diesem bei der Einbringung bzw. der Antragstellung eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 3 des Verhältnismäßigkeitsprüfungsgesetzes beigefügt werden. Ist keine Verhältnismäßigkeitsprüfung beigefügt, so ist die Prüfung bis zum Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens nachzureichen.
(2) Verantwortlich für die Nachreichung sind die jeweiligen Initianten. Bei Gesetzentwürfen, die der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landtags im Rahmen eines Antrags auf Behandlung einer Volksinitiative nach Artikel 67 der Landesverfassung übermittelt oder dem Landtag auf Grundlage eines Volksbegehrens nach Artikel 68 der Landesverfassung unterbreitet werden, obliegt die Nachreichung den Initiatoren der Volksinitiative oder des Volksbegehrens.
§ 80
Entwürfe von Staatsverträgen
Bei Entwürfen von Staatsverträgen kann die Abstimmung nur über den ganzen Vertrag erfolgen.
§ 81
Anträge auf Entschließungen
(1) Anträge auf Entschließungen enthalten Meinungen, Anregungen, Empfehlungen oder Er-suchen, die mit einem Beratungsgegenstand im Zusammenhang stehen. Jedes Mitglied des Landtags, jede Fraktion und jede Gruppe hat das Recht, Anträge auf Entschließungen zu stellen, solange die Beratung des Gegenstandes, auf den sie sich beziehen, noch nicht geschlossen ist. Sie müssen schriftlich abgefasst sein und können verlesen werden, wenn sie noch nicht verteilt sind. Die Abstimmung erfolgt bei Entschließungsanträgen zu Gesetzentwürfen nach deren Schlussabstimmung, in den übrigen Fällen nach der Abstimmung oder der Beratung. Anträge auf Entschließungen können nicht an einen Ausschuss überwiesen werden, es sei denn, der Beratungsgegenstand wird im Ausschuss abschließend behandelt.
(2) Änderungsanträge zu Entschließungsanträgen sind nur mit Zustimmung der Antragstellerin bzw. des Antragstellers zulässig.
§ 82
Behandlung von Anträgen, die keinen Gesetzentwurf enthalten
(1) Anträge, die keinen Gesetzentwurf enthalten, sollen grundsätzlich nur einmal in einer Plenarsitzung des Landtags (Plenum) beraten werden. Der Ältestenrat kann Ausnahmen beschließen.
(2) Anträge sind in einem der folgenden Verfahren zu behandeln:
a) Der Antrag wird im Plenum beraten und abschließend abgestimmt.
b) Der Antrag wird ohne Debatte im Plenum an einen oder mehrere Ausschüsse überwiesen und erst nach Vorlage der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses im Plenum beraten und abgestimmt
c) Der Antrag wird im Plenum beraten, an einen oder mehrere Ausschüsse überwiesen und abschließend in öffentlicher Sitzung im federführenden Ausschuss abgestimmt
d) Mit Zustimmung der Antragstellerin bzw. des Antragsstellers wird der Antrag ohne Debatte an einen oder mehrere Ausschüsse überwiesen und in öffentlicher Sitzung im federführenden Ausschuss durch Abstimmung abschließend erledigt.
Wird zur Antragsberatung das Verfahren c) oder d) gewählt, ist dem Plenum mindestens vierteljährlich eine Übersicht über den Beratungsverlauf und die Abstimmungsergebnisse in den Ausschüssen zur Bestätigung vorzulegen. Gibt ein Mitglied des Landtags hierzu eine schriftli-che Stellungnahme gegenüber der Präsidentin bzw. dem Präsidenten ab, wird diese zusammen mit der Übersicht dem Plenum vorgelegt.
(3) Die Antragstellerin bzw. der Antragsteller beantragt im Ältestenrat die Art des Beratungsverfahrens. Erfolgt im Ältestenrat keine Empfehlung zum Beratungsverfahren, entscheidet das Plenum bei Aufruf des Tagesordnungspunktes mit einfacher Mehrheit.
(4) Jedes Mitglied des Landtags, jede Fraktion und jede Gruppe hat das Recht, Änderungsanträge zu Anträgen zu stellen. Gegenstand einer Ausschussüberweisung und der Beschlussempfehlung des Ausschusses sind neben dem Antrag auch die gestellten Änderungsanträge.
(5) Änderungsanträge zu Anträgen sind zulässig, sofern sie den Gegenstand des ursprünglichen Entwurfs nicht auswechseln und solange die Beratung des Gegenstandes, auf den sie sich beziehen, noch nicht abgeschlossen ist. Sie müssen schriftlich abgefasst sein und können verlesen werden, wenn sie noch nicht verteilt sind. Wird der Antrag durch Annahme eines Änderungsantrags geändert, ist er als Antrag der Fraktion oder Gruppe kenntlich zu machen, die die geänderte Fassung beantragt und ihr zugestimmt hat. Anschließend wird auf Verlan-gen der Antragstellerin bzw. des Antragstellers auch über den Ursprungsantrag abgestimmt. Zu einem gemäß Satz 3 geänderten und beschlossenen Antrag wird eine Beschlussdrucksache erstellt.
(6) Die Antragstellerin oder der Antragsteller kann einen Antrag für erledigt erklären, wenn das Antragsbegehren erfüllt worden oder der Antrag wegen Änderung der dem Antrag zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände überholt ist.
§ 83
Eilantrag
(1) Anträge mit besonderer Dringlichkeit können auf Antrag einer Fraktion als Eilanträge in die Tagesordnung einer Plenarsitzung aufgenommen werden, wenn eine Behandlung des Themas wegen Fristablaufs ansonsten nicht mehr möglich ist. Die Dringlichkeit muss besonders begründet werden.
(2) Ein Eilantrag ist bis spätestens 12.00 Uhr am Montag der Plenarwoche bei der Präsidentin bzw. bei dem Präsidenten einzureichen. Die Entscheidung über die Zulassung des Antrags als Eilantrag trifft die Präsidentin bzw. der Präsident im Einvernehmen mit der Mehrheit der Vizepräsidentinnen bzw. Vizepräsidenten.
(3) Für einen Plenarsitzungstag soll grundsätzlich nur ein Eilantrag zugelassen werden.
(4) Eilanträge sollen nach Aussprache direkt abgestimmt werden.
§ 84
Rücknahme von Gesetzentwürfen und Anträgen
Gesetzentwürfe und Anträge können von den Antragstellerinnen bzw. Antragstellern zurückgenommen werden.
§ 85
Entwürfe von Rechtsverordnungen, Gemeinschaftsaufgaben, EU-Vorhaben und sonstige Vorlagen
(1) Entwürfe von Rechtsverordnungen, die der Mitwirkung eines Ausschusses bedürfen, werden von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten dem fachlich zuständigen Ausschuss zugeleitet.
(2) Rechtsverordnungen der Landesregierung, die der Mitwirkung des Landtags bedürfen, überweist die Präsidentin bzw. der Präsident unmittelbar an die zuständigen Ausschüsse. Dabei hat die Präsidentin bzw. der Präsident eine Frist zu bestimmen, innerhalb der der federführende Ausschuss dem Landtag einen Bericht vorzulegen hat. Der Bericht des Ausschusses ist auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Landtags zu setzen. Legt der Ausschuss diesen Bericht nicht rechtzeitig vor, ist die Vorlage auch ohne Ausschussbericht zur Beschlussfassung auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Landtags zu setzen.
(3) Vorlagen nach Artikel 91a und 91b des Grundgesetzes überweist die Präsidentin bzw. der Präsident unverzüglich dem Haushalts- und Finanzausschuss unter Beteiligung der fachlich zuständigen Fachausschüsse. Die Präsidentin bzw. der Präsident teilt das Ergebnis den Mitgliedern des Landtags sowie der Landesregierung mit. Auf Antrag einer Fraktion oder eines Viertels der Mitglieder des Landtags findet eine Beratung im Landtag statt.
(4) Sonstige Vorlagen, bei denen nach der Landeshaushaltsordnung oder Artikel 85 Landesverfassung die Zustimmung des Landtags erforderlich ist, werden dem Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen. Der Haushalts- und Finanzausschuss entscheidet, ob die Beteiligung weiterer Fachausschüsse erforderlich ist.
(5) Soweit die Landesregierung den Landtag über Entwürfe von Staatsverträgen und Verwaltungsabkommen, in Bundesratsangelegenheiten, über Ministerpräsidenten- und Fachministerkonferenzen sowie über EU-Vorhaben schriftlich unterrichtet, werden die Vorlagen von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten den fachlich zuständigen Ausschüssen zugeleitet; die Präsidentin bzw. der Präsident bestimmt den federführenden Ausschuss.
(6) Der für Europaangelegenheiten zuständige Ausschuss ist in Angelegenheiten der Europäischen Union im Rahmen des Subsidiaritätsfrühwarnsystems federführend zuständiger Ausschuss. Frühwarndokumente gelten gemäß § 51 Absatz 1 als durch die Präsidentin bzw. den Präsidenten an den für Europaangelegenheiten zuständigen Ausschuss überwiesen. Eine weitere Überweisung an andere Fachausschüsse zur Mitberatung bleibt unberührt. § 51 Absatz 4 findet Anwendung; Angelegenheiten der Europäischen Union im Rahmen des Subsidiaritätsfrühwarnsystems gelten als dringende Fälle.
(7) Beschlüsse mit einem Europabezug übermittelt die Präsidentin bzw. der Präsident unmittelbar an die Europäische Kommission, soweit sie hierzu im Beschlusstext ermächtigt wird (Direktzuleitung).
(8) In Angelegenheiten der Europäischen Union, die im Schwerpunkt Gesetzgebungsrechte des Landes betreffen, kann der Landtag eine Stellungnahme nach Artikel 40 Absatz 2 der Landesverfassung abgeben. Verweist der Landtag in seiner Beschlussfassung auf Artikel 40 Absatz 2 der Landesverfassung, so leitet die Präsidentin bzw. der Präsident die Stellungnah-me unmittelbar der Landesregierung zu.
(9) Auf Vorlagen, die nach den Bestimmungen der Landeshaushaltsordnung durch den Lan-desrechnungshof dem Landtag zur Unterrichtung vorgelegt werden, findet § 82 Absatz 1 ent-sprechende Anwendung, ebenso auf den Tätigkeitsbericht der bzw. des Landesbeauftragten für den Datenschutz.
§ 86
Immunitätsangelegenheiten
(1) Das Immunitätsrecht bezweckt vornehmlich, die Arbeits- und Funktionsfähigkeit des Landtags sicherzustellen; das betroffene Mitglied des Landtags hat einen Anspruch auf eine von sachfremden, willkürlichen Motiven freie Entscheidung. Die Entscheidung über Aufhebung, Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der Immunität trifft der Landtag in eigener Verantwortung unter Abwägung der Belange des Landtags und der anderen hoheitlichen Gewalten unter Berücksichtigung der Belange des betroffenen Mitglieds des Landtags. In eine Beweiswürdigung hinsichtlich des Vorliegens des behaupteten Unrechtstatbestandes darf nicht eingetreten werden. Da die Immunität ein Recht des Landtags als Gesamtorgan ist, kann darauf von dem betroffenen Mitglied des Landtags nicht verzichtet werden.
(2) Die Landtagspräsidentin bzw. der Landtagspräsident leitet die bei ihr bzw. ihm eingegan-genen Ersuchen zur Aufhebung der Immunität von Mitgliedern des Landtags unter Beifügung einer Kopie des Aktenvorgangs unmittelbar an die Vorsitzende bzw. den Vorsitzenden des zuständigen Ausschusses mit der Bitte um Beratung und Vorlage einer Beschlussempfehlung für das Plenum weiter.
(3) Zur Sicherstellung der Vertraulichkeit kann die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende des zu-ständigen Ausschusses den von den Fraktionen im Ausschuss und den im Ausschuss vertretenen Gruppen zu benennenden Immunitätsbeauftragten Kopien der Ersuchen mit der Bitte zuleiten, zur Vorbereitung der Ausschussempfehlung mitzuteilen, ob der Aufhebung der Im-munität zugestimmt werden soll oder nicht. Auf der Grundlage der angezeigten Entscheidun-gen der Immunitätsbeauftragten berät und entscheidet der zuständige Ausschuss in nichtöffentlicher Sitzung über die dem Plenum vorzulegende Beschlussempfehlung. Die Beschlüsse und Beschlussempfehlungen sollen neben dem Namen des Mitglieds des Landtags und dem entsprechenden Aktenzeichen keine weiteren Hinweise auf die zugrunde liegenden konkreten Gründe bzw. die zur Last gelegten Taten enthalten, derentwegen die Aufhebung der Immunität erfolgt.
(4) § 27 Absatz 3 bleibt auch in der Ausschussberatung unberührt.
(5) Der Landtag kann durch Beschluss weitere Richtlinien zur Aufhebung der Immunität festlegen.
§ 87
Angelegenheiten der Verfassungsgerichtsbarkeit
(1) Gibt das Bundesverfassungsgericht oder der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen dem Landtag in verfassungsgerichtlichen Verfahren Gelegenheit zur Äuße-rung, so überweist die Präsidentin bzw. der Präsident derartige Vorlagen unmittelbar an den Rechtsausschuss und an die fachlich zuständigen Fachausschüsse. Bei Angelegenheiten, die den Landtag unmittelbar betreffen und die von grundsätzlicher Bedeutung sind, soll eine Stellungnahme erfolgen. Auch die von der Landesregierung zur Unterrichtung des Landtags zugeleiteten Übersichten über die beim Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren über-weist die Präsidentin bzw. der Präsident unmittelbar an den Rechtsausschuss.
(2) In Eilverfahren sowie in sonstigen Fällen, in denen der Landtag nicht rechtzeitig beschließen kann, entscheidet die Präsidentin bzw. der Präsident. Sie bzw. er unterrichtet den Rechtsausschuss und die fachlich zuständigen Fachausschüsse.
§ 88
Dringlichkeitsanträge
Dringlichkeitsanträge sind bevorzugt auf die Tagesordnung der nächsten Plenarsitzung des Landtags zu setzen. Als dringlich gelten:
1. Anträge, die der Ministerpräsidentin bzw. dem Ministerpräsidenten das Misstrauen aussprechen,
2. Anträge im Falle des Artikels 73 der Landesverfassung,
3. Anträge auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen,
4. Anträge auf Aufhebung der Immunität,
5. Anträge und Anfragen, die der Ältestenrat für dringlich erklärt.