Der Rechtsanwalt Heinz Paus hat vor knapp zwei Jahren, als die CDU ihn auf Platz 40 ihrer Landesliste nominierte, "nicht ernsthaft" damit gerechnet, für die laufende fünfjährige Legislaturperiode in den Düsseldorfer Landtag einzuziehen. Zu aussichtslos erschien ihm dieser Warteplatz. Aber die Wahlarithmetik, die sich aus dem Ausscheiden der F.D.P. ergab, begünstigte ihn und auch einige andere CDU-Bewerber. Gleichwohl, meint Paus, hat ihn das vor Illusionen geschützt. Er kam damals "ohne große Erwartungshaltung" von Detmold nach Düsseldorf und dies, sagt er, erspare ihm heute, wo er nahezu arbeitstäglich anreisen muß, die Enttäuschung mancher seiner Kollegen.
Heinz Paus ist soeben 34 Jahre alt geworden. Er gehört zu den jüngsten unter den 201 Abgeordneten. Zur CDU stieß er 1972, über die Junge Union. "Das war nach der verlorenen Barzel-Wahl in Bonn", als beim konstruktiven Mißtrauensvotum im Bundestag Korruptionsverdacht aufkam. "Da habe ich mich entschieden, jetzt muß man sich engagieren. "Paus führte erst sein Studium der Rechtswissenschaften in Münster und Tübingen zu Ende, ließ sich zusätzlich an der Verwaltungshochschule in Speyer ausbilden. Nach beiden Staatsprüfungen ließ er sich 1976 als Anwalt in Detmold nieder. Ein früh verknöcherter Jurist, ein blutarmer Advokat?
Keineswegs. Da müßte man über das Elternhaus sprechen, das bei Ahaus im Münsterland steht. Ein kleiner Landwirtschaftsbetrieb, wo von der Großmutter bis zum Enkel, jeder im Stall und auf dem Felde anpacken mußte. Im Nebenerwerb die Dorf kneipe, wo nach getaner Arbeit hinter dem Tresen ein gutes Pils gezapft wurde. Als Junge lernte er dort, wie man offen und vernünftig miteinander spricht, nicht in den oft schablonenhaft erstarrten Sprachformeln der Berufspolitiker. Nimmt es wunder, daß Paus auch in der Düsseldorfer CDU- Landtagsfraktion eine Art von Stammtischrunde eingeführt hat? "Wir sollten viel mehr miteinander reden, denken, uns austauschen", meint er, bevor man mit großer Attitüde vor die Wähler und Bürger trete.
Lehrer gehen in die Schulausschüsse, Juristen in die Justizausschüsse. So ist das überall in den Parlamenten. Paus lobt die Freiheit der politischen Arbeit, die sein Vorsitzender Kollege Klose ihm im Justizausschuß gewähre. Doch man hat nicht den Eindruck, dieser junge Abgeordnete habe damit schon sein endgültiges Arbeitsfeld gefunden. Er tut sich auch in anderen Bereichen um: die Ausländerproblematik beschäftigt ihn, auch kirchenrechtliche Fragen. Was wird aus der Förderung der Landestheater? Wie geht es mit der allgemeinen Wirtschaftsförderung weiter? Erhalten mittelständische Unternehmen die Chance, ihr Eigenkapital so zu verstärken, daß sie widrigen Winden der Konjunktur besser widerstehen können? Paus sorgt sich um die Möbelindustrie in Ostwestfalen, die noch stark handwerklich orientiert ist.
Er formuliert Einsichten, die sympathisch wirken, weil sie ehrlich sind: Man könne als Abgeordneter nicht die großen Dinge bewegen, schon gar nicht in der Opposition. Man habe sich dem Detail zu widmen, der täglichen Kleinarbeit, wenn man etwas verbessern wolle. Und auch dann müsse man sich das meiste mühsam selbst erarbeiten. Die Ausstattung der Abgeordneten sei unzulänglich bei der Aufbereitung von Themen, bei der Zuarbeit von Problemlösungen. Recht hat er, denn nur Berufspolitiker genießen alle Vorteile des Systems. Paus widmet zwei Wochentage seiner Anwaltskanzlei, drei weitere gehören der Landtagsarbeit. Dann muß man, wenn andere Bürger ihre 40-Stunden- Woche abhaken, noch an die Rückkoppelung zur Parteibasis denken, die heimische Wählerschaft betreuen. "Was da oft läuft an ununterbrochenem latentem Wahlkampfeinsatz, ist eine fürchterliche Ressourcenvergeudung", sagt er, "vor allem bei den Spitzenpolitikern." Auch der einfache Landtagsabgeordnete habe nach spätestens zwei Parlamentsjahren gelernt, daß Freizeit nur noch ganz kleingeschrieben wird. Paus zieht sich dann die Jogger-Schuhe an, läuft in die Wälder hinaus, oder er spielt Squash, oder auch ein wenig Fußball. Und dennoch bleiben Skrupel, denn da liegen zugleich Stapel von Büchern, Schriften, Akten auf dem Schreibtisch, die auch noch gelesen werden müßten. Vielleicht haben Juristen da einen Vorteil: Man erkenne das Wesentliche und beschränke sich dann auch darauf.
Lothar Bewerunge
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