Er kann noch "Platt küren", und das ist die sauerländische Art zu sagen, was Sache ist, ohne daß man auf rhetorischen Stelzen einhergeht. Walter Neuhaus errang sein Landtagsmandat 1975, im zweiten Anlauf nach einer ersten Kandidatur 1970, in einem für die CDU immer als schwierig geltenden Lüdenscheider Wahlkreis. So mancher Neuling pflegt dann in Düsseldorf erst einmal auf den Hinterbänken Platz zu nehmen, nicht so der Abgeordnete Neuhaus. In der richtigen Erkenntnis, daß die große Politik in den fleißigen, kleinen Schritten der Alltagsarbeit für den Bürger und Wähler beginnt, schaute Neuhaus sich sofort in den Ausschüssen für Arbeit, Gesundheit, Soziales und für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten um. Das ist, wie jedermann weiß, ein weites Feld, von der Krankenhauspolitik bis zum sauberen Wasser, von der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bis zum Verbraucherschutz.
Er wolle, sagte er damals seinen Wählern, kein Schönredner sein, mit dem Direktmandat nicht persönlichen Glanz anstreben. So ist es auch geschehen: Neuhaus, der seit 1957 der CDU angehört, gelernter Landwirt ist und auch bleiben will, arbeitet mit großer Beharrlichkeit für die Bürger seiner Wahlkreis-Heimat. Das Paket an solider kommunalpolitischer Erfahrung, die er hat, bringt gute Voraussetzungen dafür mit. Das meiste an dieser politischen Arbeit ist Mühsal, wobei man sich auch durch Rückschläge nicht entmutigen lassen darf: Verbesserung der Siedlungsstrukturen, Ergänzung des Nahverkehrsnetzes, Sicherung von Freizeit- und Erholungsgebieten, wirkungsvoller Umweltschutz. Neuhaus kann inzwischen selbst bei seinen politischen Gegnern auf viele Freunde zählen. Das hat mit der persönlichen Lauterkeit dieses Abgeordneten zu tun, mit seinem steten Kontakt zu den Bürgern, seiner Art, auch unangenehmen Themen nicht aus dem Wege zu gehen.
Das Elternhaus, sagt Neuhaus, habe ihn gelehrt, immer aufrichtig zu sein und selbst mit anzupacken, wo Hilfe nottut. Neuhaus zeigt auch, wie man die von allen Parteien so oft beschworene Bürgernähe in der Politik praktiziert: in der Landjugend und im Turnverein, in der Jägerschaft, im Hegering und selbst bei den Geflügelzüchtern. Der Märkische Kreis, der seine Heimat ist, hat eine komplizierte soziologische Struktur zwischen ländlichen Räumen und städtischen Ballungszonen. Da zeigt sich oft, daß eine Politik der kleinen Schritte auch kompromißfähig sein muß. Die große Festrede bewirkt oft wenig, hartnäckige Arbeit auf allen Ebenen der Partei, in der Landtagsfraktion, in den Ausschüssen gemeinsam mit Abgeordneten der Koalition und nicht zuletzt in zähen Verhandlungen mit den Entscheidungsträgern in den Ministerien in Düsseldorf zahlt sich dagegen langfristig besser aus.
In der CDU kann man Neuhaus als einen Mann der Mitte bezeichnen. Das Pragmatische zählt, nicht die reine Lehre der Ideologie. Neuhaus mag gelegentlich als Konservativer wirken, er ist in Wahrheit ein liberaler, mündiger Bürger im modisch noch nicht mißbrauchten Sinne dieses Wortes. "Ich sage", meint er, "ein-klares Ja zu diesem Staat, zur Sozialverpflichtung des Eigentums, auch zur Sozialordnung und zur Marktwirtschaft, aber gegen Bürokratie und Dirigismus, gegen jeden Planungsfetischismus über die Menschen hinweg, denen jede Politik zuvörderst zu dienen hat." Ohne das aktive Verständnis seiner Familie auf dem Bauernhof in Amphop wäre seine politische Arbeit, die auch den größten Teil der Freizeit verschlingt, gar nicht möglich, sagt der Abgeordnete. Walter Neuhaus hat sich - wer wollte solchen Ehrgeiz, der der Leistungsbestätigung dient, nicht verstehen - ein Ziel gesetzt: Er will den 1975 errungenen Wahlkreis bei der Landtagswahl 1980 verteidigen und wiedererobern. Freunde unter den Journalisten in seiner Heimat, die es wissen müssen, meinen, Neuhaus habe sein damaliges Wahlkampfversprechen von Fleiß und Einsatzfreude bei gleichzeitiger Bürgernähe schon jetzt bestens eingelöst.
Es gibt tatsächlich eine viel engere Verflechtung zwischen Kommunalpolitik und Landespolitik, als die Schlagzeilen in den Medien das oft ahnen lassen. Zur politischen Alltagsarbeit eines Abgeordneten gehört, was zumeist übersehen wird, es auch, die abstrakte Sprache von Landesentwicklungsplänen, Rahmenrichtlinien, Runderlassen und Ausführungsverordnungen immer wieder ins Deutsche zurückzuübersetzen. Mittler zwischen Bürgern und Verwaltung zu sein, mit dem Bürger so zu reden, wie er es gelernt hat und versteht, auch das hält Walter Neuhaus für ganz unverzichtbar, wenn nicht eine schon zu erkennende Staats- und Parteienverdrossenheit weiter um sich greifen soll. Dazu gehört, daß auch der gewählte, mit Vertrauensvorschuß der Bürger bedachte Politiker lernfähig bleiben muß. "Den eigenen Standpunkt", sagt Walter Neuhaus, "kann man am besten dadurch sichern, daß man ihn gelegentlich auch selbst einmal überprüft."
Lothar Bewerunge
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