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  • Porträt der Woche: Klaus Evertz (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 27 - 09.11.1973

    Um es gleich vorwegzunehmen: Klaus Evertz (CDU) braucht für die Beantwortung der sattsam gestellten Frage nach der Freizeitbeschäftigung Zeit. Stockend und ein wenig verwundert "übersetzt" der mit 29 Jahren jüngste Abgeordnete im Düsseldorfer Landtag die Frage erst einmal selbst: "Meinen Sie den vorpolitischen Raum?" Angesichts dessen ist die Antwort des Landesvorsitzenden der Jungen Union Rheinland — Schwimmen und Tennisspielen — zweitrangig für eine einigermaßen genaue Persönlichkeitsskizze. Vielmehr scheint die Art der Sprache, deren sich Klaus Evertz vor allem auf den Sitzungen der Jungen Union befleißigt, zu beweisen, daß mit dem 1,91 Meter großen Krefelder so etwas wie ein "politisierter Nachwuchspolitiker" in den vorderen Reihen der rheininischen CDU Platz gefunden hat. Die Sprache der Wissenschaft und des Apparats, durch den rheinischen Tonfall gefärbt, geht dem Oberleutnant der Reserve - "ich war drei Jahre bei der Bundeswehr" — ebenso flüssig von der Zunge wie den Jusos oder Judos. Zu ihnen hegt er jedoch keine Sympathien: "Wir von der JU stimmen im Gegensatz zu denen mit den gesellschaftspolitischen Grundprinzipien unserer Partei überein."
    Dieses kurz nach seiner "Nichtwahl" als stellvertretender rheininischer CDU-Landesvorsitzender in Frimmersdorf ausgesprochene Treuebekenntnis scheint angesichts eines von Klaus Evertz propagierten "Konfliktkurses" mit der Partei auf den ersten Blick einigermaßen verwunderlich zu sein. Doch liegt in der Begründung, die der Rechtsreferendar — zur Zeit bei der Staatsanwaltschaft Moers - für sein "Durchfallen" anführt, vielleicht ein Schlüssel zu seiner Persönlichkeitsstruktur:
    "Wir hatten von der Jungen Union unseren Anspruch nach Jahren des Ausgesperrtseins vom Landesvorstand zu hoch angesetzt gehabt." Dabei hatte die JU ihren "Anspruch" — und das spricht für die Fähigkeit von Klaus Evertz, auf der Tastatur des Apparats jetzt schon vorzüglich spielen zu können — sorgfältig vorbereitet. Ein auf dem rheinischen Landesparteitag offen ausgesprochenes Geheimnis besagte, daß die CDU-Nachwuchsorganisation die Kandidatur ihres Vorsitzenden präzise mit den Sozialausschüssen und der Mittelstandsvereinigung "getimed" hatte und nur das Fehlen der Frauenvereinigung auf dem JU- Wahlticket Klaus Evertz um den Erfolg brachte. Am Anfang der "Polit-Karriere" des Parlament-"Benjamins", die bei vielen Nachwuchspolitikern der anderen Parteien gleich oder zumindest ähnlich verläuft, stand die Analyse: "Die notwendigen politischen Änderungen in der CDU wurden, als ich 1962 in die Partei eintrat, zu langsam verwirklicht." Dieser Erkenntnis ließ Evertz ein strategisches Konzept folgen, das in Krefeld der CDU die absolute Mehrheit im Rat und der JU das Übergewicht bei den Parteimandaten sicherte. Das strategische Konzept, bekennt der in Frimmersdorf immerhin mit hoher Stimmenzahl als Beisitzer in den Landesvorstand gewählte Jung-Politiker mit Stolz, brachte ihn innerhalb der CDU "ins Gespräch" und wird mittlerweile von zahlreichen Gliederungen der Partei nachgeahmt.
    Den Taten in der Seidenstadt folgen schon bald Daten, die den steilen Aufstieg von Evertz markieren: 1966, vier Jahre nach dem Partei- Eintritt, bereits Mitglied des CDU- Kreisvorstandes und JU-Kreisvorsitzender; dann im Abstand von jeweils zwei Jahren Mitglied des JU- Landesvorstandes, stellvertretender JU-Landesvorsitzender und schließlich 1972 JU-Landesvorsitzender und Kreisvorsitzender der CDU. Dazwischen liegen noch der Eintritt in die Landespolitik als Abgeordneter und zudem die Mitgliedschaft in der Landschaftsversammlung sowie im Krefelder Stadtrat, dem er jedoch mittlerweile entsagte. Wenn man, was zum Schluß erlaubt sei, das Wort Senecas "Das glückselige Leben beruht auf einer unerschütterlichen inneren Ruhe und einer festbegründeten Zuversicht" zitiert, dann darf man sicher sein, daß Klaus Evertz beide Eigenschaften helfen, auch in Zukunft die Erfolgsleiter weiter nach oben zu klettern.
    Martin-O. Schmuck

    ID: LI732703

  • Porträt der Woche: Elsbeth Rickers (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 25 - 26.10.1973

    Elsbeth Rickers weiß und sagt es selbst: "Das ist beinah zu viel"; CDU-Abgeordnete im Düsseldorfer Landtag und im Kreistag Olpe, wo sie den Jugendwohlfahrts- und den Sozialausschuß leitet, stellvertretende Landesvorsitzende der CDU- Frauenvereinigung von Westfalen- Lippe, stellvertretende Vorsitzende des Caritasverbandes in der Diözese Paderborn, Vorsitzende des Gefängnisbeiräts der Justizvollzugsanstalt Attendorn, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes im VdK-Kreisverband Siegen-Olpe- Wittgenstein. Guter Wille allein genüge nicht, erklärt die Abgeordnete aus dem sauerländischen Wenden bei Olpe, kommt die Rede auf die beträchtliche Zahl ihrer mit hohem sozialem Engagement verbundenen ehrenamtlichen Aufgaben.
    Schon der Krieg, in dem ihr Mann vermißt blieb, und die Nachkriegswirren sahen Elsbeth Rickers auf der Seite derer, denen es noch dreckiger ging, die Hilfe brauchten. Kaum war die Operationsschwester aus dem zerbombten Leipzig ins heimatliche Wenden zurückgekehrt, ging sie daran, den Vertriebenen zu helfen, arbeitete in Großlagern und baute Kindergärten auf.
    Nach dem Eintritt in die CDU schon 1947 ließ der Einstieg in die parlamentarische Politik noch Jahre auf sich warten. Auf einer Reise durch die USA lernte Frau Rickers, "was man erreichen kann, wenn man sich politisch engagiert". Doch im Sauerland war es auch zu der Zeit noch "durchaus unüblich, daß sich Frauen politisch betätigen". So erhielt sie erst 1964 den Wahlkreis Wenden für das Kommunalparlament. Landtagsabgeordnete wurde sie, als sie 1969 für neun Monate nachrückte. Nachgerückt ist sie auch in dieser Legislaturperiode und gehört der CDU- Opposition seit Dezember 1971 an.
    "Es ist dann etwas schwer dazwischenzukommen", sagt sie, ohne sich zu beklagen. Auch im Landesparlament steht sie "voll und ganz" zu und in ihrem seit jeher selbst gewählten Aufgabenbereich. Sie fühlt sich nicht in die "typische Frauenecke 'Soziales' abgedrängt". Als Mitglied des Petitionsausschusses liegen ihr vornehmlich Probleme der Kriegsopfer, der Jugend- und Sozialhilfe am Herzen. Im Justizausschuß geht es ihr besonders um den Strafvollzug. Daß sie im Sozialausschuß wenigstens stellvertretendes Mitglied ist, versteht sich fast von selbst.
    "Es ist schön, wenn man Erfolge sieht, aber auf meinem Gebiet sieht man verhältnismäßig wenig Erfolge", gesteht Frau Rickers ein; ohne Enttäuschung, sie konstatiert nur. Worauf es erst einmal ankomme, sei ein "völliges Umdenken" auf breiter Front, den bisher Zu-kurz-Gekommenen ihren "Selbstwert" zuzuerkennen, ihnen die Chance zum Eigenleben zu geben und sie nicht bloß zu betreuen. Dies wenigstens einzuleiten, sei ein Anliegen der Großen CDU-Anfrage zur Lage der Behinderten, an der sie mitgearbeitet habe. Auf die obligatorische Frage nach den Hobbys antwortet Frau Rickers: Wandern mit den Enkeln und lesen. Das Singen habe sie aus Zeitmangel drangeben müssen. "Dazu komme ich nur noch, wenn ich im Auto durch die Gegend rutsche". Also singt sie doch viel.
    Christoph Lütgert

    ID: LI732502

  • Dr. Bernhard Worms (CDU).
    Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Verwaltungsreform.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 21 - 21.09.1973

    Er spricht nicht gerne über sich selbst. Aber er kann nicht verhindern, daß andere über ihn sprechen. Und zwar anerkennend mit einem Anflug dessen, was man als Hochachtung bezeichnen könnte. Und gesprochen wird seit Beginn der Verwaltungsreform sehr häufig über Dr. Bernhard Worms, der im Ringen um neue Verwaltungsgrenzen keine Auseinandersetzung scheut, um der Mitwirkung und Mitbestimmung des Bürgers an der Gestaltung seiner Gemeinde unmittelbare Auswirkungsmöglichkeiten zu verschaffen. Für diese Forderung ficht er im Landtagsausschuß für Verwaltungsreform, dessen stellvertretender Vorsitzender er seit März diesen Jahres ist, mit sichtbarem Erfolg. Und im Plenum hat seine Stimme Gewicht, wenn er davor warnt, die angestrebte Reform der Gemeinden durch einen Abbau der spürbaren Demokratie zu erkaufen.
    Neue Gemeinden, sagt er, dürfen keine leeren Hüllen werden, kommunales Bewußtsein darf nicht verwischt werden. Demokratisches Verantwortungsbewußtsein hat in der Familie des 1930 in Stommeln geborenen Dr. Worms eine gute Tradition, die sichtbar durch die Großmutter begründet worden ist. Sie wurde bereits 1919 als erste Frau in den Oberhausener Stadtrat gewählt. In Sinnersdorf bei Köln arbeitete bis 1933 sein Vater, Zentrumsmitglied wie die Großmutter, im Gemeinderat und auch Dr. Bernhard Worms, Vater von drei Kindern, wirkt als Fraktionsvorsitzender der CDU im Gemeinde- und Kreistag in Pulheim sowie im Kreis Köln-Land. Als er 1970 in den Landtag einzog, war es für ihn selbstverständlich, Mitglied des Verwaltungsreform-Ausschusses zu werden, sich auch der Landesplanung und der Parlamentsreform zu widmen.
    Seine Mandate betrachtet Dr. Worms, der hauptberuflich als Oberpostdirektor bei der Oberpostdirektion in Köln die Öffentlichkeitsarbeit betreibt und Verantwortung für den inneren Dienst trägt, als Verpflichtung, die ihm der Bürger übertragen hat. Und diesem Bürger gegenüber fühlt er sich auch sichtbar verpflichtet. Etwa mit der Forderung, in den neugeordneten Gemeinden in direkter Wahl Bezirksausschüsse zu installieren und Bezirksbürgermeister zu berufen. Oder mit der Vorstellung, auch den Chef der Verwaltung direkt wählen zu lassen. Sein Demokratie-Verständnis prägt freilich auch seine Arbeit für die CDU, der er seit 1946 angehört und in der er schon früh Führungsaufgaben übernommen hat. Der Landesverband Rheinland wählte den begabten Organisator 1968 in den Landesvorstand, und nicht zufällig fällt sein Name, wenn Überlegungen angestellt werden, die Organisation der Landespartei einem Generalsekretär anzuvertrauen, von dem Dr. Worms selbst sagt, daß er sich dem demokratischen Auslesewettbewerb eines Landesparteitages zu stellen habe. Seine ständige Bereitschaft freilich, Demokratie zu praktizieren, füllt seinen Terminkalender bis zum Bersten. Lediglich am Wochenende gönnt er sich Entspannung und die Rolle des Zuschauers bei den Heimspielen des SC Pulheim.
    Klaus Simson

    ID: LI732102

  • Porträt der Woche: Dr. Theodor Schwefer (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 19 - 07.09.1973

    "Ich lasse mich in kein Klischee pressen", sagt der Abgeordnete Dr. Theodor Schwefer, bevor man ihn überhaupt zur Person befragen darf. Recht hat er. Wer finanziert sich schon sein Studium mit Schwielen an den Händen, um dann doch die Interessen des Arbeitgeberflügels in der CDU zu vertreten, und zwar offen und in keiner Weise unter der Decke schamhafter Verschwiegenheit? Wer sagt schon, daß er eigentlich der F.D.P. habe beitreten wollen, bevor er zur CDU gegangen sei? Wer gibt denn ungefragt zu, daß der Vater Mitglied der NSDAP war, und daß der Sohn als Schüler zur täglichen Darstellung des Frontverlaufs im Osten und Westen bevorzugt an die Wandtafel gerufen wurde?
    Theo Schwefer ist katholischer Westfale. Da ist immer Vorsicht geboten. Er ist Fußballfan, spielt aber lieber Tennis. Er läßt kaum eine Skatrunde aus, zieht aber Doppelkopf vor. Schwefer ist auch ein nachgerade krankhafter Zeitungsleser. Bis zu zwanzig Tages- und Wochenzeitungen gehören zu seiner täglichen Lektüre, von der "Herald Tribüne" bis zur "Zürcher Zeitung". Ein unstillbares Informationsbedürfnis über die Wechselwirkungen von Staat und Gesellschaft, Wirtschafts- und Sozialpolitik kennzeichnet diesen Mann, der erst 1970 in den Düsseldorfer Landtag kam, heute aber schon Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses und Mitglied des Fraktionsvorstandes der CDU ist.
    Schwefer entstammt einer Kaufmannsfamilie mit sechs Kindern in Neheim-Hüsten. Das Jurastudium in Köln unter Nipperdey und Hippel finanzierte er sich mit dem Bau von Stahlfenstern an einer Werkbank. Nach der Promotion im Jahre 1958 als 28jähriger hätte er in den Staatsdienst gehen können. "Der Staat", sagt Schwefer, "kann immer nur ultima ratio sein, wenn die Gesellschaft ihre Probleme nicht mehr selbst löst."
    Also ging Schwefer in die freie Wirtschaft. Heute ist er Geschäftsführer des Arbeitgeberverbandes für das südöstliche Westfalen. Er sitzt in den Führungsgremien des Landesarbeitsamtes und der Landesversicherungsanstalt Rheinland, der westfälischen CDU und der Arnsberger Ortskrankenkasse. Die Frage nach seinem politischen Standort wird mit großer Unbefangenheit beantwortet: "Ich verteidige eine liberale Position im Sinne höchstmöglicher Freiheit des einzelnen. Die Unternehmer müssen ebenso eine tragende Stütze dieser Gesellschaftsordnung bleiben wie die Arbeitnehmer. Freie Arbeitgeber und freie Arbeitnehmer bedingen einander. Entscheidend ist die Sozialpflichtigkeit aller Gruppen und Verbände, die in unserer pluralistischen Gesellschaft Macht und Einfluß verkörpern."
    Schwefer strebte, als er in den Landtag kam, zuerst in den Wirtschaftsausschuß. Der Tod seines Freundes, des CDU-Abgeordneten Helmut Kumpf, hat ihm die Nachfolgerrolle als Vorsitzender des Haushaltsausschusses zugetragen. Man darf es glauben: "Es war der Wunsch des Fraktionsvorsitzenden Köppler, nicht meine Bewerbung." In seiner neuen Position steht Schwefer aber auch vor der Frage, ob er Berufspolitiker wird. "Ich sträube mich dagegen, doch vom Zeitaufwand her bin ich es schon jetzt."
    Immerhin kann der Abgeordnete Schwefer zehn verantwortliche Berufsjahre in der freien Wirtschaft als Erfahrungsschatz für seine künftigen politischen Aufgaben einbringen. Schwefer ist mit seinen inzwischen 43 Jahren kein politischer Frühstarter. Ihn zeichnet eine behäbige Gradlinigkeit, eine leise Nachdrücklichkeit und ein unauffälliges Selbstbewußtsein aus. Die Familie mag das am besten wissen: Frau Riet, eine Holländerin, die Töchter Debbie und Ira sowie der Sohn Patrick. Auch Skatfreunde wissen: Wer Theo Schwefers listige Augen unterschätzt, lebt gefährlich.
    Lothar Bewerunge

    ID: LI731902

  • Porträt der Woche: Dr. Franz-Joachim van Aerssen (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 16 - 01.06.1973

    Daß die Intelligenz links stehe, kann man am Beispiel des CDU-Landtagsabgeordneten Dr. Franz-Joachim van Aerssen gewiß nicht beweisen. Eher schon, daß man bei geschickter Rationalisierung des Leistungsprinzips zu gleicher Zeit in Bonn über die Integrationsprobleme des Comecon in GATT und EWG promovieren, in Geldern einen erfolgreichen Landtagswahlkampf als Direktkandidat mit 71,4 Prozent betreiben und auch noch in Kevelaer auf Brautschau gehen kann.

    "Das war alles ein bißchen viel damals im Jahre 1970", sagt van Aerssen heute, da er sich als Rechtsanwalt in Düsseldorf niedergelassen hat, die Öffentlichkeitsarbeit der Industrie- und Handelskammer betreut und in der Opposition an zahlreichen Initiativen zur Verbesserung der Regierungskontrolle arbeitet. Will man van Aerssen mit britischen Begriffen beschreiben, so gehört er zu jenen High-brow-Politikern, die das permanente Understatement als Waffe benutzen: immer zurückhaltend, ein kritischer Zuhörer, in eigener Sache niemals laut, aber durchaus energisch. Ein Mann, der weiß, was er will, beruflich und politisch.

    Die Familie van Aerssen isf seit Generationen in Kevelaer ansässig. Ein Urahn hat die alte kleine Wallfahrtskirche gebaut. Franz-Joachim van Aerssen, am 15. April 1941 geboren, besuchte das humanistische Gymnasium und studierte in Bonn, Freiburg und Köln zunächst die Jurisprudenz, dann in Köln und Freiburg die Wirtschaftswissenschaften. Die Nationalökonomen der "Freiburger Schule" haben seine politischen Grundanschauungen mitgeprägt: ein uneingeschränktes Engagement für die soziale Marktwirtschaft und das Prinzip eines freiheitlichen Pluralismus, für eine offene Gesellschaft und gegen eine ideologisch vorgeprägte, vom Staatssozialismus dirigierte Gemeinschaft.

    Als Hinterbänkler hat der Neuling van Aerssen 1970 im Landtag garnicht erst angefangen. Seine Tätigkeitsfelder sind mit Haushalt und Justiz, Staats- und Verfassungsrecht, Föderalismusfragen und vor allem — dank eigener Initiative — mit Problemen der Kontrolle der öffentlichen elektronischen Datenspeicherung und der Regierungsplanung zu beschreiben. Die Erfahrungen aus den ersten drei Abgeordnetenjahren bringt er auf zwei kurze Nenner: unzureichende Arbeitsmöglichkeiten einer parlamentarischen Opposition gegenüber einer übermächtigen Regierungsbürokratie und der erfreuliche Eindruck, daß man in dieser CDU unter Köpplers liberaler Führung von vornherein "so uneingeschränkt mittun" durfte.

    Dem Akademiker van Aerssen hätte auch die Hochschullehrerlaufbahn offengestanden. Er empfand sie bei allem Hang zur wissenschaftlichen Analyse politischer Gegebenheiten als zu abstrakt. Sie bringe "zu wenig praktische Gestaltungsmöglichkeiten". Dennoch versteht er sich nicht als Berufspolitiker, schon weil es besser sei, sich mit einem Beruf jenseits der Politik von den Gefährnissen parteilicher Abhängigkeiten freizuhalten.

    Zu dem Politiker van Aerssen, der auch als in vielen Sätteln gerechter Referent geschätzt ist, gehört natürlich notorischer Freizeitmangel. Als Hobbys nennt er Schwimmen und Wandern, mehr als Wunsch auch das Reisen, wenn möglich im Familienverbund mit seiner Frau, Sohn Rick und Tochter Alix. Hinter der Reiselust könnte sich bei einem so jungen Mann auch eines Tages die Sehnsucht nach einem internationalen Parkett offenbaren.

    Lothar Bewerunge

    ID: LI731602

  • Porträt der Woche: Margarete Verstegen (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 14 - 11.05.1973

    Das Gespräch von Mensch zu Mensch — auch mit dem politischen Gegner — gehört für sie zur Politik wie der Sekt zum Kaviar. Sie hat die seltene Gabe, zuhören zu können. Mit Wortmeldungen, ob im Plenum oder in der Fraktion, geht sie sparsam um. Ihre "Stärke" liegt in der Diskussion in den Ausschüssen, in denen die politische Kärrnerarbeit geleistet wird. Bei aller Fraulichkeit ist sie erstaunlich nüchtern. Sie spricht immer knapp und zielstrebig in und zur Sache. Sie sagt straks ihre Meinung. Mit dem Öl der demagogischen Rhetorik ist sie nicht gesalbt.
    Aufgewachsen in einem katholischen Elternhaus in Emmerich stieß die seit 1969 dem Landtag angehörende Margarete Verstegen schon früh zur katholischen Jugendbewegung. Das genügte ihr aber nicht. 1952 schloß sie sich der Jungen Union in Emmerich an. Erst tastend — ohne Mitglied der Partei zu werden. Dann stellte sie jedoch fest: Man kann nur Einfluß auf die Politik gewinnen, wenn man auch Mitglied einer Partei ist und damit zugleich Einfluß gewinnt auf die Wahl der Mandatsträger. So trat sie 1956 der CDU bei. Und noch im gleichen Jahr bestand sie ihre erste "politische Mutprobe". Bei der Vorstandswahl ihres Ortsverbandes scheute sie als "politisches Greenhorn" nicht eine hartnäckige Kampfabstimmung, als es um die Wahl des Schriftführers ging. Erst im zweiten Wahlgang wurde sie mit nur einer Stimme Mehrheit gewählt. Wenn auch in einem nur kleinen politischen Bereich, hatte sie damit frühzeitig den harten Wind der Politik geschnuppert. Heute ist sie Mitglied in zahlreichen Parteigremien "an der Basis" wie auch Mitglied des Landesparteivorstandes der rheinischen und des Vorstandes der CDU- Frauenvereinigung Rheinland. Vor einigen Monaten wurde sie zur stellvertretenden Vorsitzenden der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft Bezirk Niederrhein gewählt.
    Als Sachbearbeiterin im Sozialamt ihrer Heimatstadt Emmerich sitzen ihr vor allem Frauen, sogenannte Sozialhilfeempfangerinnen, gegenüber. Sie kommen nicht nur, wenn sie vom Amt etwas haben wollen. Sie kommen auch zuweilen "nur einmal so" — um ihr Herz auszuschütten, von ihren menschlichen Nöten zu erzählen. Das erleichtert. Sie wissen, daß sie bei Margarete Verstegen mit einfühlsamem Verständnis rechnen können. Die Abgeordnete erfährt aber auch die bittere, materielle Not vieler alter Frauen, deren Männer gestorben sind. Daher fordert sie immer wieder nachdrücklich, die finanzielle Lage dieser Frauen wirksam zu verändern.
    Sehr enttäuscht ist Margarete Verstegen über das erschreckend geringe politische Engagement der Frauen. Sie sollten die Schuld nicht auf die Männer schieben, sondern sich solide informieren, politisch schulen und kräftig mitmischen. "Dabei sollten die Frauen um Himmels willen nicht versuchen, die Männer zu kopieren. Mann und Frau sind zwar gleichberechtigt, aber nicht gleichartig." Margarete Verstegen gesteht ein, daß es manchen Frauen, vor allem in kinderreichen Familien, sehr schwerfällt oder sogar unmöglich ist, sich politisch intensiv zu betätigen. "Aber um eine elementare politische Information sollten auch sie sich nach Möglichkeit bemühen", meinte die Abgeordnete und fügte hinzu: "Es ist zudem nicht einzusehen, daß der Mann regelmäßig zu seinem Kegel- oder Skatabend geht und nicht hin und wieder am Abend auf die Kinder aufpaßt, wenn seine Frau einmal eine politische Veranstaltung besuchen möchte." Und dann unterhielten wir uns zum Abschluß noch über die wachsende politische Radikalisierung. Schlicht und trocken stellte Margarete Verstegen fest: "Bei der Luftverschmutzung beispielsweise spricht man — und mit Recht - von einer Toleranzgrenze. Eine solche Grenze gibt es auch im politischen Leben eines freiheitlich demokratischen Staates, der sich nicht selbst aufgeben will."
    Paul Zugowski

    ID: LI731402

  • Porträt der Woche: Heinz Hardt (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 12 - 06.04.1973

    Die Initialzündung kam im Landtagswahlkampf 1970: Als der Düsseldorfer CDU-Kandidat Heinz Hardt (36) immer wieder auf Verkehrsprobleme angesprochen wurde, entdeckte er seine politische Zukunft zu Wasser, zu Lande und in der Luft. Vom Wahltag an, mit dem frischen Mandat in der Tasche, steuerte Hardt zielstrebig in den Verkehrsausschuß des Landtags, denn die Probleme, denen er eigentlich mehr per Zufall begegnet war, hatten ihn längst fasziniert. Heute gilt er in seiner Fraktion als Fachmann für verkehrspolitische Fragen, obwohl er nach eigener Bekundung an dieses Spezialgebiet gekommen ist, "wie die Heiden an die Hemden".
    Diese Zielstrebigkeit gehört zum Wesen des jungen Abgeordneten, der am 13. August 1961, am Tag des Mauerbaus, beschloß: "Jetzt mußt Du politisch aktiv werden". Sein Weg durch die verschiedenen Gremien der Jungen Union, der CDA und der CDU bis in den Landtag von Nordrhein-Westfalen ist logisch und konsequent.
    Das Wort "machbar" ist aus dem Sprachschatz des Düsseldorfer CDU-Abgeordneten kaum noch wegzudenken. Also ein Technokrat? Eher ein Techniker bis in die Haarwurzeln, denn der Mann, der Teamwork liebt, ist von Haus aus Ingenieur für Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik. Und so wie er in die Entwürfe eines Architekten die idealen Klimaverhältnisse einzubauen versucht, so macht er Politik: Planend, tüftelnd, hartnäckig und eben so lange, bis der Plan "machbar" ist.
    Sein zweites Schlüsselwort ist "Mobilität". Das Verkehrskonzept, das sich in seinem Kopf formte, sieht für den Personennahverkehr zwar auch die entscheidende Zukunft erst kommen, aber daneben immer noch genügend Raum für den Individualverkehr. Wenn sich der "standortbezogene Berufsverkehr" über öffentliche Verkehrsmittel abwickeln lasse, "bekommen wir auch Mobilität in die Städte", hofft Hardt.
    Er braucht die unmittelbare Beziehung zu den Wählern, zu den Bürgern. Er sucht sie in Vereinen und bei Bürgerinitiativen. Doch er liebt zugleich das Schweigen der Berge und geht gern auf hochalpine Touren, "einfach um einsam zu sein". Seine Frau und seine drei Söhne haben auch dann wenig von dem Mann und Vater, der inzwischen leidvoll weiß, daß die Politik ihren Preis fordert.
    Helmut Locher

    ID: LI731202

  • Porträt der Woche: Dr. Bernd Petermann (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 10 - 23.03.1973

    Der 45jährige Wahl-Düsseldorfer stellt in der Politik den Typ des Einzelkämpfers dar, der sich nur schwer in das breite Spektrum einer 97köpfigen Fraktion einfügt und dessen politischer Standort sich oberflächlich nur schwer bestimmen läßt. Man muß schon den Lebensweg des Dr. Bernd Petermann kennen, der für ihn so etwas wie ein politisches Programm darstellt. Der Advokat repräsentiert innerhalb seiner Partei den Citoyen, den seine urbane Umgebung von Kindesbeinen an wesentlich geprägt hat.
    Man merkt es ihm deshalb, wenn man mit ihm politisch oder persönlich konfrontiert ist, kaum an, daß er aus einer kinderreichen Familie stammt und sein Elternhaus über wenig Mittel verfügte, die den Kindern eine Ausbildung garantiert hätten, wie Petermann sie sich durch harte Arbeit erworben hat. Von der Realschule stieg Petermann um auf das Gymnasium und paukte jeweils morgens um 7 Uhr, angeleitet von einem jungen Kaplan, vor dem eigentlichen Unterricht Latein. Als Kind und Jugendlicher wurde er stark von seinem Vater, einem streng katholischen Westfalen, geprägt. Das Katholische ist bei ihm auch heute noch eine wesentliche Komponente seiner politischen Auffassungen, die ausgeprägte christlich-soziale Züge tragen. Im letzten Jahr wurde er zum Vorsitzenden des Diözesanrates der Katholiken des Erzbistums Köln gewählt.
    Den Nazis war Petermann erstmals durch das Verteilen der Hirtenworte des damaligen Bischofs von Münster, Graf von Galen, aufgefallen.
    Mit 15 Jahren wurde Petermann Luftwaffenhelfer und kam später zu einer Fallschirmjägereinheit. Seinen 18. Geburtstag verbrachte er als Kriegsgefangener in Belgien. Er holte nach seiner Entlassung das Abitur nach, um in Köln anschließend Rechtswissenschaften zu studieren. Seine Doktorarbeit behandelte das "Naturrecht der kollektiven Notwehr" (Widerstandsrecht des Volkes gegen Unterdrückung).
    Das politische Engagement des Abgeordneten Petermann gilt einer sozialen Bildungspolitik und der allgemeinen Kulturpolitik. "Wir haben uns im Elternhaus das Geld für Theaterkarten vom Mund abgespart, als ich in Duisburg-Ruhrort aufwuchs."
    "Mein Kopf gehört der Schule und mein Herz der Kultur." Heute läßt Petermann kaum eine Theaterpremiere oder einen Ballettabend aus. Er ist in den Foyers des Düsseldorfer Opernhauses eine bekannte Erscheinung.
    Neben Beruf und Politik bleiben ihm wenig Zeit für seine Frau Lena, seine achtjährige Tochter Agnes und seine Söhne Albert, Thomas und Georg. Er legt jedoch Wert darauf, trotz seiner Belastungen durch seine anwaltliche Tätigkeit — er vertritt beim Oberlandesgericht Düsseldorf zivil- und verwaltungsrechtliche Angelegenheiten — möglichst beim täglichen Mittagessen im Kreise seiner Familie zu sein.
    Allerdings: "Die Wahrnehmung des Armenrechts für einen Kumpel aus dem Ruhrgebiet lasse ich mich oft mehr Zeit kosten als die Vertretung wirtschaftlich interessanterer Sachen." Erholung und Muße findet Petermann beim Orgelspiel in der Adolphus-Kirche, beim morgendlichen Schwimmen und gelegentlich beim Tennis.
    All diese Darlegungen beantworten im Grunde die Frage nicht, wer der Abgeordnete Petermann ist: Vielleicht eine manchmal merkwürdig gegensätzliche Mischung zwischen sozial engagiertem Katholiken und urbanem Musentempler.
    Friedhelm Geraedts

    ID: LI731002

  • Porträt der Woche: Doris Altewischer (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 8 - 02.03.1973

    Eigentlich wollte sie Schauspielerin werden, die Hamburgerin von Geburt, doch in Westfalen aufgewachsen. Zwei Jahrzehnte später stand sie zwar nicht auf den Brettern, die für die Mimen die Welt bedeuten, dafür aber um so sicherer auf dem parlamentarischen Parkett. Nicht ganz ohne innere Genugtuung konnte sie erst in diesen Wochen feststellen — es ergab sich so am Rande einer Ausschußsitzung —, daß auch ein anderes Mitglied des Parlaments vom Schauspiel herkommt, ja, vor Jahren schon mit Erfolg auf der Bühne gestanden hat. Doch nicht der schauspielerische Ehrgeiz, sich in vielen Rollen zu bewähren, etwa auch in der politischen, hat Doris Altewischer in den Landtag verschlagen.
    Die Tochter eines Journalisten, der als Redakteur der Zentrums-Zeitung "Germania" von den Nationalsozialisten mit Berufsverbot bestraft und verfolgt wurde, entdeckte früh ihr soziales Engagement und wollte Menschen helfen, die im Schatten stehen. Sie zog daraus persönliche Konsequenzen. Sie vertauschte den Schauspielunterricht mit dem Lehrerseminar, studierte Montessori- und Heilpädagogik, wurde Lehrerin, später Sonderschullehrerin. Sie unterrichtete Hilfsschüler und Zöglinge von Fürsorge-Erziehungsheimen, kümmerte sich um Lernbehinderte und landete Mitte der sechziger Jahre am Westfälischen Institut für Jugendpsychiatrie und Heilpädagogik in Hamm.
    Längst war ihr klargeworden, daß Hilfe für die Unterprivilegierten — denn nach ihrer Meinung, die sie auch zu vertreten weiß, sind noch immer vor allem Frauen unterprivilegiert — nicht allein im sozialen Bereich geleistet werden kann. Darum ging sie zielstrebig auch den Weg in die Politik. Die Beamtin, schon reichlich mit Posten und Pöstchen in den Berufs- und Frauenverbänden bedacht, stellte sich als Sprecherin der Jungen Arbeitnehmerinnen zur Verfügung; "weil die da gerade keine andere fanden", kommentiert sie das im gespielten Understatement. In Wirklichkeit knüpfte sie dabei vielleicht unbewußt an einen Weg an, den mehr als eine Generation vor ihr eine andere Lehrerin, lange Jahre Prominenteste unter den weiblichen Landtagsabgeordneten, eingeschlagen hatte: Christine Teusch. Von der weiblichen katholischen Arbeiterbewegung und den in den CDU-Sozialausschüssen organisierten Frauen führte der Weg in den Vorstand der westfälisch-lippischen CDU und von da fast zwangsläufig in den Landtag.
    Seit 1966 geht sie hier ihren Weg und nimmt bewußt das Image einer lästigen Mahnerin für die Lebensrechte der geistig Behinderten, psychisch Kranken und Schwachsinnigen in Kauf. Ihre Hartnäckigkeit trug ihr den Namen "Miss Sonderschule" ein. Gutachten, Anfragen, Debatten und immer wieder Denkanstöße gehen auf ihr Konto; aber sie vergräbt sich nicht allein in dieser Position. Sie sieht aus ihrer schulpädagogischen Erfahrung mit Erschrecken, daß 30 Prozent der Hauptschüler keinen normalen Schulabschluß haben, daß vor allem viele jugendliche Ausländer ohne Schulausbildung oder nur mit völlig ungenügendem Bildungsniveau aufwachsen.
    Bei aller Politik vermißt sie den Kontakt zu den Kindern; denn seit 1966 hat sie keinen Unterricht mehr erteilt. Das politische Engagement läßt ihr bestenfalls noch Zeit für Leistungsgutachten über einzelne Kinder. Den Kontakt zu Erwachsenen vermißt sie weniger, und so ist sie auch im Parlament kaum unter den Abgeordneten zu finden, die einmal eine Parlamentspause dazu benutzen, um mit anderen Abgeordneten zu klönen oder mit Parlamentskorrespondenten zu diskutieren. Sie fühlt sich selbst zu sehr als Arbeitsbiene, als daß sie dergleichen Kontakte suchen würde. Das trägt ihr — jedenfalls im Parlament — einen Hauch des Unnahbaren, ja, des Spröden ein. Dabei gewinnt sie im persönlichen Gespräch mit jedem Satz, weiß für ihre Auffassung messerscharf zu argumentieren und die Meinung des Andersdenkenden zu analysieren.
    Daß die Frauen nur statistisch eine Mehrheit, in der Öffentlichkeit dagegen eine Minderheit sind, empfindet sie als empörend. Darum lädt sie Mitbürgerinnen zu Gesprächsrunden mit der provozierenden Frage: "Frauen, wollt ihr ewig schlafen?" ein.
    Max Karl Feiden

    ID: LI730802

  • Porträt der Woche: Gustav Niermann (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 5 - 05.02.1973

    Man muß nicht unbedingt Herr Minister oder Herr Präsident sagen. Freunde dürfen ihn auch Gustav nennen. Und Freunde hat der CDU- Landtagsabgeordnete Gustav Niermann viele, Gegner wenige, Feinde keine. Der Kolumnist lernte ihn als 42jährigen Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten kennen, als Niermann gemeinsam mit seinem damaligen Hannoveraner Kollegen Kübel von der SPD im "nassen Dreieck" der Großen Aue bei Preußisch-Ströhen den ersten Spatenstich zu einer großen Landmelioration gegen Hochwasserschäden an der Grenze zwischen Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen tat. 1961, das ist lange her.
    Fünf Jahre später wurde das fertige Werk auf der Diele von Niermanns väterlichem Hof in Wehdem bei Lübbecke mit Wacholder, Kaffee, Kuchen und markigen westfälischen Worten gebührend gefeiert. Dazwischen lagen harte Arbeitsjahre des Agrarministers Niermann in zwei Kabinetten Meyers im Dienste der Verbraucher und Landwirte, im Bemühen um großräumige Flurbereinigungen und zentrale Vermarktungseinrichtungen. Niermann hatte das Ministeramt von Heinrich Lübke, dem späteren Bundespräsidenten, 1958 übernommen. Er erwarb sich in den schweren Jahren der EWG zwischen Brüssel, Bonn und Düsseldorf bald einen so guten Namen, daß Konrad Adenauer ihn mehrmals ins Bundeskabinett holen wollte.
    Indessen, Gustav Friedrich Niermann, der bei aller von ihm ausstrahlenden Herzlichkeit und Fröhlichkeit auch einen gesunden westfälischen Dickschädel sein eigen nennt, wollte nicht. Er hatte nicht einmal Bauer werden wollen, obwohl er das Handwerk 1947 nach Rückkehr aus französischer Gefangenschaft von der Pike auf lernte. Drei Brüder waren im Krieg gefallen, so zerschlug sich der Wunsch des jungen Offiziers, Arzt zu werden. Der Hof der Eltern, nachweislich seit dem Dreißigjährigen Krieg im Besitz der Familie, hatte Vorrang.
    Niermanns Weg in die Politik begann 1950, als liberaler Protestant mit präzisen ordnungspolitischen Vorstellungen in der sozialen Marktwirtschaft, aber fern jeder Ideologie. Zwei Jahre später saß er im Kreistag, wenig danach wurde er Landrat von Lübbecke. Im Düsseldorfer Landtag, dem er seit 1954 angehört, fing Niermann gar nicht erst als Hinterbänkler an. Seine nüchterne, manchmal karge Diktion, seine direkte Art des Argumentierens, auch seine der falschen Bescheidenheit entbehrende Aufrichtigkeit wurden bald in der westfälischen CDU an der Seite von Josef Hermann Dufhues im CDU-Fraktionsvorstand, im Ernährungsausschuß und im Parlamentspräsidium geschätzt. Es dauerte nicht lange, bis der "fixe" Franz Meyers auf der Talentsuche nach dem damals jüngsten Kabinett Europas auch Gustav Niermann entdeckte.
    Seit dem Regierungswechsel von 1966 ergreift der "Staatsminister a. D." als Abgeordneter in der Fraktion oder im Landtagsplenum nur noch selten das Wort. Über die Gründe ist wenig bekannt. Die Interessen scheinen sich über das rein landespolitische Feld hinweg verlagert zu haben. Niermann ist seit vielen Jahren Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Bauernsiedlung, seit 1968 auch Präsident des Verbandes der Europäischen Landwirtschaft (CEA).
    Wenn andere Ferien machen, findet man Gustav Niermann auf dem Hof in Wehdem, wo seine Frau und die Tochter Gabriele für Gastfreundschaft sorgen. Politischer Disput ist auch hier nicht tabu, sogar empfehlenswert, wenn man Niermanns ausgeprägtes Gefühl für Fairneß kennenlernen will. Polemik ist ihm völlig fremd. Nur beim Skat oder beim Pokern ist Vorsicht geboten wegen eines augenzwinkernden Hanges zur (Hinter-)Listigkeit. "Brockmanns Futterkalk!"
    Lothar Bewerunge

    ID: LI730502

  • Porträt der Woche: Willi Pieper (CDU).
    Mitglied des Präsidiums.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 2 - 19.01.1973

    Er ist kein Teppichhändler. Nein, das ist er nicht. Aber er holt Fraktionskollegen immer wieder auf den Teppich zurück, wenn sie im politischen Blind- oder Höhenflug die Verbindung zur Erdstation verlieren. Dann hebt er, nahezu bedächtig, mit ausgestrecktem Zeigefinger den rechten Unterarm nach oben und meldet sich zu Wort. Er sagt nur wenige Sätze. Und die Erde hat ihn wieder — den Fraktionskollegen.
    Man hört in der Fraktion auf ihn — und nicht nur dort. Er ist nicht an der kurzen Partei-Elle zu messen. Willi Pieper, seit nahezu 20 Jahren Mitglied der CDU-Landtagstraktion, ist kein Volkstribun. Er ist ein politisch gewitzter Pragmatiker mit Selbstvertrauen und handfesten Grundsätzen. Er besitzt Augenmaß für das politisch Machbare. Polemische Schärfe liegt ihm nicht. Von ihm könnte das Wort stammen: An bösen Worten, die man herunterschluckt, hat sich noch niemand den Magen verdorben.
    Pieper ist immer auf Ausgleich aus, ohne die Kontroverse zu scheuen. Konziliant ("Och, das ist doch nicht so schlimm") und gut gelaunt von Natur, hat er viele Freunde — auch unter seinen politischen Gegnern. Als er 1970 sein Amt als Bürgermeister der Stadt Emmerich niederlegte, um sich mehr seiner Familie widmen zu können, bescheinigte ihm der stellvertretende Bürgermeister, der Sozialdemokrat Hans Rieke, daß er, Pieper, die seltene Gabe besitze, immer wieder "Brükken zu schlagen von Mensch zu Mensch". Fuchsteufelswild wird Pieper allerdings, wenn er Unrecht wittert.
    Vor wenigen Tagen, am 16. Januar, vollendete Willi Pieper sein 55. Lebensjahr. Niemand sieht dem vitalen Politiker die Jahre an. "Das Schwimmen hält mich jung", bemerkt er trocken.
    In seiner Heimatstadt Emmerich absolvierte Pieper seine Lehre bei der Bundespost. Am 1. Tag des Krieges zum Wehrdienst eingezogen, geriet er im Februar 1945 in russische Gefangenschaft. Erst Ende 1949 kehrte er in die Heimat zurück. Er resignierte nicht; er legte los. Schon 1950 war er Vorsitzender der Postgewerkschaft Ortsverwaltung Emmerich. Im selben Jahr trat er der CDU bei ("Mein Vater war alter Zentrumsmann"). Ein Jahr später wurde er zum Kreissprecher der Jungen Union gewählt, ein Jahr darauf zum Vorsitzenden seiner Ortspartei. Und nur zwei Jahre später zog er als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Rees in den Düsseldorfer Landtag ein.
    Seit vielen Jahren gehört er dem Präsidium an. Als Mitglied des Ausschusses für Verwaltungsreform hofft er zu einer vernünftigen kommunalen Neugliederung seiner niederrheinischen Heimat beitragen zu können.
    Des Landespolitikers Herz gehört auch der Kommunalpolitik, die ihm vielfältige Impulse für seine landespolitische Arbeit gibt. Seit 1956 ist er Ratsmitglied der Stadt Emmerich. Neun Jahre war er Bürgermeister seiner Heimatstadt. Im Januar 1971 wurde Pieper zum Ersten Vizepräsidenten des nordrhein-westfälischen Städtebundes gewählt.
    An der "Berufskrankheit" aller Politiker leidet auch Willi Pieper: die Zeit für seine Familie, für seine Frau Irene, seinen Sohn Jürgen (19) und seine Tochter Ingrid (16) ist reichlich knapp bemessen.
    Als ich mich vor kurzem mit Pieper im Landtag unterhielt, wurde er zum Schluß nachdenklich, wie ich ihn sonst nicht kannte. "Ich glaube", sagte er, "wir halten uns alle für viel zu wichtig, für unersetzlich. Ich hoffe, daß ich den richtigen Zeitpunkt erkenne, an dem ich von mir aus Schluß mache mit der Übernahme gewichtiger Ämter in der Politik." Dabei schaute er zum Fenster hinaus, als suche er dort draußen irgendwo eine Antwort.
    Paul Zugowski

    ID: LI730202

  • Portät der Woche: Alfons Klein (CDU).
    Stellvertretender Vorsitzender des Parlamentarischen Ausschusses für Grubensicherheit.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 31 - 15.12.1972

    Es ist der 7. Dezember 1972. Die Nacht liegt noch schwarz über dem Kohlenpott. Im Haus Meerkamp 17 in Essen-Katernberg zerreißt das Schrillen des Telefons die trügerische Stille. Noch bevor Alfons Klein zum Hörer greift, weiß er, daß irgendwo zwischen Hamm und Kamp-Lintfort, Recklinghausen und Bochum der Berg gegrollt hat.
    Diesmal, so erfährt der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Ausschusses für Grubensicherheit um vier Uhr morgens, wurde auf der Schachtanlage "Grimberg 3/4" in Weddinghoven bei Dortmund ein Hauer vom Gestein erschlagen, sechs seiner Kumpel erlitten Verletzungen. Für Klein ist die Nacht vorbei. Er ist schon wenig später vor Ort und informiert sich über das Geschehen.
    Ein halbes hundertmal eilte der CDU-Abgeordnete in den fast 900 Tagen, die er nun Mitglied im Düsseldorfer Ständehaus ist, zu Zechen in den Steinkohlenrevieren Aachen, Ibbenbüren und an der Ruhr, um den Unglücksursachen über und unter Tage auf den Grund zu gehen. Als Hauer, der seit 1948 das Revier auch "von unten" kennt, ist der 46jährige für diese Aufgabe geradezu prädestiniert.
    Offen bekennt Alfons Klein, daß er auf "seinem" Pütt, nämlich der vor seiner Haustür liegenden Schachtanlage "Zollverein" nur noch selten einfährt. Die Politik läßt dem Bergmann nur noch wenig Zeit.
    Die Brandgefahr unter Tage, Probleme wettertechnischer Art, die Bekämpfung der bei zunehmender Teufe und Abbaugeschwindigkeit wachsenden Gefahr von Gebirgsschlägen fesseln den einzigen wirklichen Kumpel unter den 200 Landtagsabgeordneten am Schwanenspiegel nicht allein. "Alle sozialen Fragen, von der Obdachlosigkeit über das Krankenhauswesen bis hin zur Sozialhilfe oder Luftverschmutzung, interessieren mich", sagt der vor zwei Jahren über die Landesliste der Christdemokraten in das Landesparlament eingezogene Kohlenpott-Sohn. So gehört das Mitglied der IG Bergbau und Energie dem Betriebsrat seiner Zeche an, ist Mitglied des Landesbeirats für ausländische Arbeitnehmer und mischt im Landesparlament noch in den Ausschüssen für Wirtschaft sowie Arbeit, Soziales, Gesundheit, Flüchtlinge mit.
    Im Revier lernte der nach der Kriegsgefangenschaft zur CDU Gestoßene - sein Vater war Zentrumsmann - die noch heute auf den Nägeln brennenden Probleme frühzeitig kennen. Als Klein 1961 in den Essener Stadtrat einzog ("ich habe mich von der Basis aus hochgearbeitet"), widmete er sein besonderes Augenmerk den Obdachlosen, den von der Gesellschaft Ausgestoßenen in der Ruhrmetropole. Ein Kindergarten und eine Mütterberatungsstelle in den Notunterkünften des Zechenviertels Katernberg — Kokereien sorgen hier noch für einen rußerfüllten Himmel — legen Zeugnis ab von der Initiative des Kommunalpolitikers Klein.
    Aber nicht nur im Essener Rat setzte er Impulse. Als einer, der mehr zum linken Flügel in der CDU zählt, versteht der Hauer die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft in der Union als den "Motor der Partei". Als Vorsitzender dei CDA Essen und als Vorstandsmitglied der Sozialausschüsse im Rheinland ist er mit dabei, den Motor auf volle Touren zu bringen.
    Als Alfons Klein im November als einer der vielen "Zählkandidaten" der Revier-CDU im Essener Norden zum Sprung in den Bundestag ansetzte, wußte er, daß ihm sein SPD-Gegenkandidat, der Kanzlerreferent Peter Reuschenbach, in der CDU-Diaspora das Nachsehen geben werde. Der Sprung ins Leere war aber geplant; denn Klein hatte auf eine Absicherung auf der Landesliste verzichtet. Die Arbeit im Landtag liegt ihm mehr am Herzen.
    Wenn der Vater von drei Söhnen (keiner will Bergmann werden) und einer Tochter Zeit für seine Frau Marlis und die Kinder findet, dann steht ihm der Sinn danach, Klavier zu spielen oder Schubert-Lieder zu hören. So gar nicht scheint dazu zu passen, daß Alfons Klein einen guten Boxkampf als leichte Unterhaltungskost nicht verachtet.

    Rüdiger Knott

    ID: LI723102

  • Porträt der Woche: Edith Langner (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 29 - 01.12.1972

    Sie sitzt mir gegenüber —klein, zierlich — und erzählt die Geschichte ihres Lebens. Lebhaft sprechen Augen und Hände mit. Zuweilen geht eine feine Welle des Charmes über ihr Gesicht.
    Sie beginnt nüchtern, als hätte sie den Lebenslauf für eine Bewerbung zu schreiben: "Ich bin 1913 in Posen geboren." Als ich sie später darauf anspreche, daß man bei einer Frau nicht gerne das Alter erwähne, erwidert sie ohne zu zögern und lächelnd: "Das steht doch im Handbuch, und jeder kann es lesen. Und warum auch nicht?"
    Edith Langner, seit 1966 Abgeordnete der CDU-Landtagsfraktion, liebt Umwege nicht. Wenn sie einmal Schritt gefaßt hat, geht sie schnurstracks auf ihr Ziel los.
    Als sie drei Jahre war, siedelte ihre Familie nach Schlesien über. Erzogen in einem für politische und soziale Fragen offenen Elternhaus, sammelte sie ihre ersten eigenen Erfahrungen als Kindergärtnerin und Hortnerin in einem der ärmsten Viertel in Breslau. Anschließend war sie drei Jahre als Hauslehrerin tätig.
    Kurz vor Ausbruch des Krieges heiratete sie den Pfarrer Erich Langner. Bald schon wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Frau Langner fackelte nicht lange. Fortan betreute sie die Gemeinde ihres Mannes. Sie erteilte Religionsunterricht in der Schule, taufte und hielt Gottesdienst. Daneben fand sie noch Zeit für die Bedrängten ihrer Gemeinde.
    1944 wurde ihr Mann in Rußland als vermißt gemeldet. Er kehrte nie wieder. Anfang 1945 mußte Frau Langner fliehen, ihre zwei 5jährigen Zwillingssöhne Wolf-Dietrich und Hans-Winfried an der Hand. Die große Wanderung mit dem Schrekken im Nacken begann. Sie führte schließlich in eine als Notquartier eingerichtete Kaserne in Siegen.
    Da saß sie nun mit ihren beiden Söhnen, mit Mutter und Schwester inmitten der wenigen Habseligkeiten. Es war ihr bitterwenig geblieben. Geblieben waren aber ihre Zuversicht und Lebenskraft zu einem neuen Anfang.
    Bald schon suchten viele Leidgeprüfte, Einsame und Kranke bei der jungen Pfarrfrau Hilfe und Rat. Sie hatten erkannt, daß Edith Langner energisch zupackte, wenn es galt, schnell zu helfen. Und sie hörte zu, und man konnte manche menschliche Last bei ihr abladen. Trotz der Nöte und Entbehrungen denkt sie gerne an jene Zeit zurück. "Die Menschen rückten einander näher; der Umgang war offen und herzlich. Es war eine gesegnete Zeit." Längst waren ihre Aufgaben und Pflichten über die Grenzen des Lagers hinausgewachsen. 1947 wurde sie Mitglied der CDU und 1952 zog sie als Stadtverordnete in den Rat der Stadt Siegen ein. Zahlreichen Frauenvereinigungen ihrer Partei gehört Frau Langner an, vom Kreisverband (Vorsitzende) bis hin zum Hauptausschuß der CDU-Bundesfrauenvereinigung.
    Ihr politisches Engagement hat sich fast zwangsläufig aus ihrem Einsatz für die Sorgen und Anliegen anderer entwickelt. "Wenn niemand mehr zu mir kommen sollte, um sein Herz auszuschütten, dann habe ich wohl etwas falsch gemacht und meine Aufgabe verfehlt, glaube ich."
    1966 wurde Frau Langner in den nordrhein-westfälischen Landtag gewählt. Sie ist Mitglied des Präsidiums und des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge sowie stellvertretendes Mitglied im Kultur- und Petitionsausschuß. Sie zählt nicht zu den Vielrednern, die noch einmal wiederholen, was andere längst gesagt haben.
    "Was mich persönlich angeht? Ich möchte sehr gern wieder musizieren oder hin und wieder genüßlich ein Buch lesen. Dazu aber fehlt die Zeit. Große Reisen möchte ich machen in andere Länder." Munter hellen sich die Augen von Edith Langner auf, wenn sie von ihren Kindern und Enkeln in Süddeutschland spricht. Besuche dorthin sind in ihren knappen Freizeitplan einkalkuliert. Da scheut sie keine Mühe, die temperamentvolle Großmutter. "Bei meinen Kindern lade ich meine Kraftreserven auf."

    Paul Zugowski

    ID: LI722902

  • Portät der Woche: Helmut Elfring (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 27 - 17.11.1972

    Er wirkt wie ein junger Mann und ist doch schon ein alter Hase. Als 29jähriger kam der Abgeordnete Helmut Elfring 1962 in den Düsseldorfer Landtag, mit dem wahrscheinlich besten Wahlkreis im Rücken, den die CDU in Nordrhein-Westfalen zu vergeben hat. Damals holte Elfring im Kreis Coesfeld im Münsterland 65,6 Prozent der gültigen Stimmen. Seither hat er dieses Ergebnis entgegen anderen Trends im Bund und im Lande stetig verbessern können, von 66,3 Prozent im Jahre 1966 auf 68,1 Prozent bei der letzten Landtagswahl von 1970.
    Das hat natürlich seine Gründe. Elfring gehört auch nach zehn Parlamentsjahren immer noch zu den unermüdlichen Arbeitern. Jugend- und Familienpolitik, politische Bildungsarbeit und Medienpolitik sind seine Spezialgebiete. Die permanenten Themen der Schulreform, der Verwaltungsreform und der regionalen Strukturpolitik zählt er mehr zu den Pflichtaufgaben eines jeden Abgeordneten. Vornehmste Pflicht aber, meint Elfring, sei der stetige Kontakt mit den Wählern. Und so hält er seine Sprechstunden, vor allem für Jungwähler, schon seit Jahren regelmäßig in der Kellerbar seines Hauses in Dülmen auf die ihm und seiner münsterländischen Heimatlandschaft eigene deftig-westfälische Art ab.
    Jeder Versuch, diesen Abgeordneten irgendeinem Flügel in der CDU zuzuordnen, muß scheitern. Elfring ist ein Mann der Mitte und des Ausgleichs. Wahrscheinlich hängt das mit seinem Beruf zusammen, der mehr als jeder andere scharfes Beobachten, analytischen Sinn und abgewogene Argumentation verlangt. Elfring ist Journalist und politischer Redakteur bei einer großen Ruhrgebietszeitung. Da er viel von der These hält, daß man mit einer sicheren beruflichen Basis manchen Versuchungen im politischen Leben am besten widerstehen kann, wird sein Arbeitstag in der Regel zu einem Zwölfstundentag.
    Elfring stammt aus Billerbeck. Er gehört — Jahrgang 1933 — zu der Generation, die den Krieg noch miterlebt hat, von seinen Folgen aber glücklicherweise weitgehend verschont blieb. Wie so viele Politiker und Journalisten fand auch er während des Studiums der politischen Wissenschaften und der Jurisprudenz an der Universität Münster sein erstes demokratisches Engagement in einem Studentenparlament und an einer Studentenzeitung.
    1955, als studentische Selbstverwaltung noch nicht Ideologienstreit und Mitternachtsdemokratie, sondern harte praktische Sozialarbeit zur Linderung der Sorgen und Nöte der Studenten bedeutete, wurde er AStA-Vorsitzender. Im gleichen Jahr trat er der CDU bei.
    Warum? "Das war die Konsequenz aus meinem Wählerverhalten." Eine verblüffende, aber durchaus sinnträchtige Antwort. 1966 wählte ihn die westfälische CDU in ihren Landesvorstand. Seit 1968 gehört Elfring auch dem gemeinsamen Landespräsidium der CDU-Landesverbände Rheinland und Westfalen-Lippe an. Beim Rat der Stadt Dülmen arbeitet er schon seit elf Jahren im Ausschuß für Kultur und Volksbildung mit.
    So, glaubt er, könne man Landes- und Kommunalpolitik in einem überschaubaren Bereich sinnvoll verzahnen. Der Weg in den Bundestag hätte ihm wahrscheinlich schon 1969 offengestanden. Elfring lehnte das Angebot damals ab, weil er kein Berufspolitiker werden wollte. Er weiß aber genau, daß dies nur eine vorläufig aufgeschobene Entscheidung ist, die in den nächsten Jahren so oder anders eben doch getroffen werden muß. Auch die Familie mit den beiden Töchtern Ruth und Christine hat Anspruch darauf. Um Ruth rankt sich übrigens eine kleine "familienpolitische" Geschichte, die hier nicht unterschlagen werden soll: Elfrings 1939 geborene Frau Gisela hätte auf den Namen Ruth getauft werden sollen. "Heil Hitler", sagte damals der Standesbeamte, das sei kein guter deutscher Name. Der Familienrat schwor, in der Hoffnung auf bessere Zeiten, Rache zu nehmen. So beschlossen und getan. Was doch westfälische Dickschädel alles zuwege bringen!
    Lothar Bewerunge

    ID: LI722702

  • Porträt der Woche: Maria Hölters (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 25 - 03.11.1972

    Aus der "Basisarbeit" ist sie in den Landtag gekommen, schon ein wenig bevor der Begriff in aller Munde war. Wenn die CDU-Landtagsabgeordnete Maria Hölters im Ausschuß für Jugend, Familie und Politische Bildung oder in Fragen moderner Erwachsenenbildung ihre Stimme abgibt, dann kann sie sich auf eigene Erfahrungen an vielen Abschnitten der Frontlinie dieser Fachgebiete berufen.
    Die Beharrlichkeit, das eigene Schicksal nicht passiv hinzunehmen, sondern anderen in gleicher Lage zu helfen, gab den Anstoß zu einer ungewöhnlichen "Karriere".
    Maria Hölters würde diesen Begriff nicht für sich beanspruchen; angesichts der weit über ihre Heimatstadt Düsseldorf hinausreichenden Anerkennung für ihre Arbeit erscheint er dennoch angebracht. In der Endphase des Krieges war die Vermißtenmeldung für den Ehemann aus Rumänien gekommen.
    Um vielen anderen die Überwindung des Schicksals "Kriegerwitwe" zu erleichtern, begann Maria Hölters mit Arbeitskreisen junger Frauen, die sich bald zu einer Mütterschule erweiterten. Eine Tätigkeit, die zunächst dem "Nachholbedarf" an Kenntnissen der praktischen Familienführung in der von Krieg betroffenen Generation gegolten hatte, sich aber in "gegenseitiger Anregung" dann bis in die politische Bildungsarbeit fortsetzte.
    Das Düsseldorfer "Bildungsforum" begann unter der Leitung von Frau Hölters mit seinen aufsehenerregenden Disputationen. Wissenschaftler aus dem Kreis katholischer Ordensgeistlicher, Wilhelm Girnus vom SED-Zentralkomitee, evangelische Bischöfe, Pierre Mendes- France und Professor Manes Sperber aus Paris, der Stalingrad-General Walther von Seydlitz, sie alle und viele andere trugen ihren Teil zu Diskussionen des Bildungsforums bei.
    Für die CDU-Landtagsabgeordnete Maria Hölters war und ist das eigentlich nur der Privatberuf neben der parlamentarischen Arbeit. Trotzdem muß er in diesem Zusammenhang erwähnt werden. Dieses Bildungsforum hat oft auch zur Klärung politischer Fragen beigetragen, bei der die Politiker erst später zu einem Kompromiß zusammenfanden.
    So war zum Beispiel die Änderung der nordrhein-westfälischen Schulverfassung mit dem Abbau der Vorrangstellung von Bekenntnisschulen 1966/67 auch im Bildungsforum mit führenden katholischen Wissenschaftlern vordiskutiert worden.
    In den Rat der Stadt Düsseldorf war Maria Hölters schon 1952 gewählt worden. Zehn Jahre lang hat sie sich dort Schulproblemen aus der kommunalen Sicht gewidmet. Bei der Wahl 1958 kam sie in den nordrhein-westfälischen Landtag. Zu ihren Ehrenämtern gehören der stellvertretende Vorsitz der Landesarbeitsgemeinschaft Katholische Erwachsenenbildung und die Vizepräsidentschaft des Familienbundes Deutscher Katholiken. Daß ihre parlamentarischen Interessen für die kommenden Jahre vor allem auf dem Gebiet der geplanten Reformen für die Erwachsenenbildung liegen, kann kaum überraschen.
    "Ich bin keine Politikerin, die Konzeptionen am grünen Tisch entwickelt und dann erst in der Praxis erprobt", sagt Maria Hölters. Sie glaubt daran, daß gerade die nicht an staatliche Einrichtungen oder kommunale Verbände gebundenen Bildungseinrichtungen der sogenannten "freien Träger" durch ihre Flexibilität und integrierende Toleranz auch gegenüber andere Auffassungen vertretenden Gruppen eine wichtige Funktion in der Erwachsenenbildung haben. Einen Beweis für die Leistungsfähigkeit ihrer "Arbeitsgemeinschaft Sozialpädagogik und Gesellschaftsbildung e. V." hat sie mit der Angliederung einer sozialpädagogischen Fachschule erbracht. Ein noch breiteres Angebotdurch ein Baukastensystem der Erwachsenenbildung gehört zu ihren Zielen als Modellvorstellung.
    Peter Weigert

    ID: LI722502

  • Porträt der Woche: Josef Köhler (CDU).
    Stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 23 - 20.10.1972

    Im Handbuch des Landtags findet man nur noch drei Abgeordnete, die bereits im Jahre 1946 als Kommunalpolitiker tätig waren: Richard Fellmann, Gustav Friedrich und Josef Köhler. Alle drei gehören der CDU-Fraktion an und zählen in der Union zu den Parteiveteranen. Der im Juli 1920 geborene Josef Köhler war gerade wählbar geworden, als er Gemeindevertreter in Elsen wurde. Wie lang das zurückliegt, machen zwei Erinnerungen deutlich: Er war ins benachbarte Elsen gezogen, weil seine Heimatstadt Paderborn zerstört war. An den Ratssitzungen nahm damals noch der britische Residenzottizier teil.
    Dennoch kommt dem heute 52jährigen der Weg nicht lang vor. der ihn aus der Gemeindevertretung in Elsen über den Kreistag Paderborn, wo er bald Fraktionsvorsitzender war und seit 1964 zweimal zum Landrat gewählt wurde, im Jahre 1966 in den Landtag führte. In einem Leben, das nicht nur in der politischen, sondern auch — als Geschäftsführer der Ortsverwaltung Paderborn der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands und als Sozialrichter — in der beruflichen Tätigkeit ganz datauf abgestellt ist, "eine einmal für richtig erkannte Entwicklung voranzubringen und für den Mitmenschen zu tun, was man tun kann", kommt keine Langeweile auf, läuft die Zeit sogar schneller als es engagierten Politikern wie Köhler recht sein mag.
    Der Abgeordnete, dessen Wesen von Ernst, Pflichterfüllung und Zuverlässigkeit bestimmt ist, macht kein Hehl daraus: Vor allem seine Kindheit ("Meine Eltern waren mehr als arm, mit zwölf Jahren mußte ich jeden Nachmittag als Laufjunge fünfzig Pfennig verdienen, während andere Kinder spielten.") und seine weitere Jugend haben sein späteres Leben geprägt. Die parteipolitische Bindung suchte der soeben heimgekehrte POW und engagierte Katholik, der in jungen Jahren dienstverpflichtet worden war, weil er sich geweigert hatte, in die HJ einzutreten, bei der CDU und nicht beim Zentrum, für das er schon 1932 Wahlzettel verteilt hatte.
    "Ich glaubte, daß die Union am ehesten das von jeher und vor allem in meiner Vaterstadt gestörte Verhältnis zwischen katholischen und evangelischen Christen in ein Miteinander wandeln könnte." Parallele Überlegungen auf sozialpolitischem Gebiet bestimmten den damaligen Eisenbahner im Reichsbahnausbesserungswerk, in der Einheitsgewerkschaft und nicht in den Richtungsgewerkschaften die bessere Interessenvertretung der Arbeitnehmer zu sehen, für deren Belange er sich heute auch im Landesvorstand der CDU-Sozialausschüsse einsetzt.
    Der Abgeordnete, der sowohl auf der Ebene der Gemeinde als auch der des Kreises die vielfältigen Beziehungen zwischen diesen kommunalen Körperschaften und dem Landesparlament als Praktiker kennenlernte, nennt diese beiden "Zwischenetagen" wichtige Vorbereitungsstufen für die gesetzgeberische Arbeit im Landtag. Sie ist für Josef Köhler "ein Auftrag, den ich im Interesse des Raumes, aus dem ich komme, und den Menschen, die ich als Mandatsträger vertrete, zu erfüllen habe."
    In seiner Heimat weiß man, daß Köhler, den man zu Hause als Landrat schätzt, dies im Düsseldorfer Parlament mit ganzem Einsatz tut, wobei er als stellvertretender Vorsitzender des Verkehrsausschusses ganz besonders die Belange der Verkehrsbediensteten und die Verkehrsinteressen des ostwestfälischen Raumes vertritt. Kein Wunder, daß der Kreis Paderborn seine im Juli erfolgte Wahl als Nachfolger Wilhelm Johnens zum Vorsitzenden des Landkreistages, der Interessenvertretung der 50 Kreise des Landes, mit der Feststellung kommentierte, nun habe man mit Köhler "ein zweites Bein" in Düsseldorf.
    Nach einem Hobby wagt man einen so vielbeschäftigten Politiker, der auch noch stellvertretender Kreis- und Bezirksvorsitzender der CDU ist, überhaupt nicht zu fragen. "Dafür bleibt nicht viel Zeit", gesteht der Vater von zwei erwachsenen Kindern, und er fügt hinzu: "Ich könnte diese Arbeit gar nicht schaffen, wenn ich nicht so viel Verständnis dafür bei meiner Frau fände — und wenn ich nicht überhaupt eine so prächtige Familie hätte."

    Max Karl Feiden

    ID: LI722302

  • Porträt der Woche: Dr. Josef Hofmann (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 19 - 22.06.1972

    Es ist schon viele Jahre her. Es war an einem Abend in der "Kachelstube" im "Zweibrücker Hof" in Düssetdorf. In einem kleinen Kreis geladener Journalisten sprach Dr. Josef Hofmann über seine schul- und hochschulpolitischen Vorstellungen. Die Fragen und Antworten gingen lebhaft hin und her. "Mensch", sagte nachher auf dem Heimweg ein Kollege zu mir, "ich hätte gar nicht gedacht, daß der Hofmann so aufgeschlossen ist. Ich habe ihn immer für stockkonservativ gehalten." Der Kollege kannte den ehemaligen CDU-Landtagsabgeordneten erst seit kurzer Zeit.
    "Konservativ" hält Hof mann im übrigen gewiß nicht für ein Schimpfwort. Für ihn bedeutet konservativ nur, nicht alles, was sich hochfahrend für "neu", "modern" oder "progressiv" ausgibt, ungeprüft und unkritisch auch für wirklich fortschrittlich zu halten — zum Wohl und wahren Fortschritt des Menschen.
    Dr. Hofmann vollendete vor kurzem sein 75. Lebensjahr. Am 2. Oktober 1946 zog er als damals noch ernannter Abgeordneter in den Landtag ein, dem er ununterbrochen bis 1970 angehörte. Nahezu 20 Jahre war er Vorsitzender des Kulturausschusses. Von "Beruf und Leidenschaft Journalist", wie er selbst von sich sagt, war er vor dem letzten Kriege Redakteur bei der "Osnabrücker Zeitung", der "Kölnischen Volkszeitung" und nach deren Verbot durch die Nazis bei der "Kölnischen Zeitung".
    1946 gründete er mit Freunden, darunter der verstorbene ehemalige Landesminister Johannes Ernst, die "Aachener Volkszeitung", deren Mitherausgeber und Geschäftsführer er heute ist. 1945 gehörte er zu den Mitbegründern der CDU. An dem Entwurf der "Kölner Leitsätze", dem ersten Programm der Union, war er maßgeblich beteiligt. Alle Ämter und Ehrungen von Dr. Hof mann aufzuführen, dazu würden die wenigen zur Verfügung stehenden Spalten kaum ausreichen.
    Ein großer Rhetoriker war Hofmann nie. Aber wenn er sprach, hatte er immer etwas zu "sagen", kenntnisreich und sachbezogen. Dabei konnte er gelegentlich auch ein wenig "giftig" werden, ohne jedoch jemals jemanden persönlich zu verletzen. Er fand immer wieder zu seiner besonnenen und ausgleichenden Art zurück. Hof mann hatte auch die hohe Gabe des Zuhörens. Ihn zeichnet zudem ein Sinn für den feinen Humor aus. Die Kellner im Landtag bezeichnen ihn als einen bescheidenen und gern gesehenen Gast. Noch heute kreuzt Dr. Hofmann gelegentlich im Landtag auf, um seine Memoiren im Archiv zu ergänzen.
    Durch die unparteiische Führung seines Amts als Vorsitzender des Kulturausschusses und auch später als kulturpolitischer Sprecher der CDU-Opposition hat sich Hofmann bei den Parlamentariern aller Fraktionen Achtung erworben. Kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Landtag dankte SPD-Abgeordneter Simelka für die sachlich gute Zusammenarbeit. Wörtlich sagte Simelka: "Sie waren vor allem uns jungen Abgeordneten immer ein Vorbild im Hinblick auf sachliche und loyale Mitarbeit, auch In der Rolle eines Oppositionssprechers.
    Hofmann hat sich immer — zu seiner Zeit selten — dagegen gewehrt, den Begriff Kultur zu eng als Schul- oder Hochschulpolitik zu begreifen. Zur Kultur gehörten für ihn auch Erwachsenen- und Berufsausbildung, Theater, Museen und Bibliotheken. Er war auch der erste, der sich bereits vor vielen Jahren dafür aussprach, die Errichtung von Hochschulbauten durch vorfabrizierte Bauteile schnell und billig voranzutreiben. Heute ist dies eine Selbstverständlichkeit.
    Wer über den Menschen und Politiker Dr. Josef Hofmann schreibt, darf dies nicht verschweigen: seine dynamischen Impulse für sein menschliches, journalistisches und politisches Engagement empfängt er zuerst und letztlich aus seinem weltoffenen, tiefverwurzelten Glauben. Christ sein ist für ihn kein Zustand, sondern eine dauernd zu erfüllende Aufgabe und Verpflichtung. Paul Zugowski

    ID: LI721902

  • Porträt der Woche: Walter Kühlthau (CDU).
    Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Innere Verwaltung.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 17 - 08.06.1972

    Der Freidemokrat Bundesinnenminister Genscher war es, der von dem Christdemokraten Walter Kühlthau (65) vor einiger Zeit sagte: "Er hat sich im Parlament selbst ein Denkmal gesetzt." Gemeint war damit nicht der Abgeordnete, der von 1950 bis 1954 dem Landtag angehört hat und seit 1966 wiederum dessen Mitglied ist. Genschers Lob bezog sich auf den Bundestagsabgeordneten Kühlthau, der — 1953 in Essen direkt gewählt —auch acht Jahre in Bonn parlamentarisch wirkte. Mit dem "Denkmal" aber meinte er jene 1961 verwirklichte Gesetzesinitiative, die eine grundlegende Neuordnung des allgemeinen Beamtenrechts, des Besoldungs- und Versorgungsrechts beinhaltet und auch heute noch als "Kühlthau-Beamtenrechts-Novelle" immer wieder in Urteilen von Verwaltungsgerichten zitiert wird. Kühlthau hatte sie 1959 im Bundestag "ohne Fraktionssegen" unter eigenem Namen eingebracht. In einer anderen, ebenfalls wahren Anekdote wird erzählt, wie Konrad Adenauer auf die ihm eigene Art bestätigte, daß auch für ihn der Abgeordnete Kühlthau nicht irgendwer unter den Bonner Parlamentariern war. Als der Altbundeskanzler ihm zum 60. Geburtstag sein Bild mit Widmung schickte, erinnerte er sich: "Ach, dat is für den Kühlthau, der immer wat für die Beamten wollte."
    Als der große Experte auf dem Gebiet der Inneren, Verwaltung und des Besoldungsrechts, aber auch als Sachkundiger in Haushaltsfragen wird Kühlthau von seinen Mitabgeordneten jeder Couleur im Düsseldorfer Parlament hoch geschätzt. Im Bundestag hat der seinerzeit — hier wie dort stellvertretender Vorsitzender des Innenausschusses — nach eigenen Worten "nur die Arbeit aus dem Landtag fortgesetzt, um sie dann 1966 in Düsseldorf wieder aufzunehmen." Er gehört zu den Abgeordneten, denen bei ihrer parlamentarischen Tätigkeit eine hohe berufliche Qualifikation zugute kommt — aber auch ein unermüdlicher Arbeitswille und eine erstaunliche Leistungskraft.
    Der Werdegang bestätigt diese Eigenschaften: Realschulabschluß, da der frühe Tod seiner Vaters einen weiteren Schulbesuch nicht ermöglichte, Verwaltungslehre, Akademiezeugnis und Diplom der Verwaltungsakademie Essen, Begabtenprüfung und (damit ohne Reifezeugnis) volkswirtschaftliches Studium an der Universität Münster. 1955 sprach ihm die Landesregierung die nur selten zuerkannte Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst aus. Auf einer ähnlichen Erfolgsleiter stieg er vom Geschäftsführer der IHK-Zweigstelle Oberhausen auf zum Stadtkämmerer (1955) in Wuppertal und schließlich zum Vorstand der dortigen Stadtwerke. Bereits ab 1948 hatte er sich als Stadtverordneter und Bürgermeister in Oberhausen der Kommunalpolitik gewidmet und hier wie bei der IHK jene Kenntnisse und Erfahrungen gesammelt, die er heute als Dozent der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Wuppertal jungen Leuten vermittelt.
    "Längst ist Parlamentsarbeit für viele Abgeordnete eine Vollbeschäftigung geworden", sagt Kühlthau, der einmal drei Monate lang die Stunden aufgeschtieben hat, die ihn der Landtag in Anspruch nahm. Er kam auf 55 bis 60 Stunden in der Woche. Seine Frau weiß, daß er früher bis tief in die Nacht arbeitete. Das wird, weil bei ihm kein Brief länger als 48 Stunden unbeantwortet bleiben darf, auch nach der Pensionierung nicht anders werden, zumal man ihn in dieser Woche auch noch zum Vorsitzenden des Wuppertaler Verkehrsvereins gewählt hat. "Das andere ist keine Arbeit sondern ein Hobby", sagt Kühlthau und meint damit den Vorsitz, den er als ehemaliger aktiver Fußballspieler und Schiedsrichter in Essen seit 1961 beim Wuppertaler Sportverein innehat. SPD-Oberbürgermeister Gurland meinte an Kühlthaus 65. Geburtstag, an dem ihm auch das Große Bundesverdienstkreuz verliehen wurde: "Sie sollten Ihr erfolgreiches Leben dadurch krönen, daß Sie den WSV noch in die Bundesliga bringen." — Es sieht ganz danach aus.
    Max Karl Feiden

    ID: LI721702

  • Porträt der Woche: Wilhelm Johnen (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 15 - 18.05.1972

    Es war einmal ein "Herzog von Jülich". Der war klein von Gestalt, aber groß im Rat der Großen. Mit Adenauer pflegte er Umgang, Globke war sein CV-Bundesbruder, und als Gustav Heinemann kürzlich die Männer der ersten Stunde ins Bonner Präsidenten-Palais bat, da war Wilhelm Johnen dabei. Die erste Stunde — er spricht gern und anschaulich davon: vom zerstörten Jülich, vom englischen General Barraclough und wie er pfiffig mit ihm fertig geworden ist.
    "Damals in der Not waren die Menschen und die Parteien mehr zur Zusammenarbeit bereit. Heute sitzen die Fraktionen sogar im Erfrischungsraum getrennt."
    Wer ihn lange nicht gesehen hat, denkt: hat sich eigentlich kaum verändert; schaut gut aus, Mutterwitz wie eh und je in den Augen, die Antwort parat, noch bevor die Frage beendet. Die Rede halblaut, rheinisch singend, aber eindringlich. So hat er fast neun Jahre lang die CDU-Fraktion des Landtags geführt, die er alsbald nach Adenauer übernahm, ebenso wie er den Vorsitz des Rheinischen Landesverbandes "erbte", als der "Alte" zu bundesweiten Würden aufstieg. Johnen war Adenauers rheinischer Hausmeier.
    Als Nachfolger des tödlich verunglückten Josef Gockeln wurde Wilhelm Johnen am 13. Januar 1959 Präsident des Landtags von Nordrhein-Westfalen. Er blieb es bis 1966. In diese Zeit fällt die Errichtung einer Hilfskasse für Abgeordnete, ferner eine Absicherung gegen Verdienstausfall.
    Gar viele Ämter, Titel und Siegel führte der "Herzog" damals in seinem Wappen. Nur eines war er nie: Minister. Er wollte nicht, sagt er. Warum wollte er nicht? Dafür hat er mehrere Erklärungen. Sie treffen sich in einem Punkt: Minister zu machen lag dem Wilhelm Johnen stets mehr, als Minister zu sein. Und er hat gemacht! Für ihn war es eine Lust.
    Was immer auch geschah: Wilhelm Johnen war im Grunde nicht zu treffen. Dazu ruhte er viel zu sehr in sich selbst, in seinem christlichen Glauben und in seinem Jülicher Land. Hier tauchen die Johnens bereits 1714 auf, als ein Wilhelm Johnen den Schrickenhof pachtete. Hier in Kirchberg war der Urgroßvater 50 Jahre lang Bürgermeister, und seine Söhne folgten ihm in diesem Amt. Die Franzosen hatten diesen Urgroßvater 1805 zum maire ernannt, so wie die Engländer genau 140 Jahre später den anderen Wilhelm Johnen zum Landrat von Jülich machten.
    Hier im Kreis Jülich liegen die Wurzeln dieses Mannes, der ein gutes Stück Landesgeschichte erlebt un6 gestaltet hat. Landrat von Jülich war ihm stets mehr wert als der schönste Ordensstern. Seit Ende letzten Jahres aber gibt es kein "Herzogtum Jülich" mehr. Es wurde mit Düren verschmolzen. Doch bis zuletzt sorgte der "Herzog" — ohne Groll — dafür, daß sich der Übergang geordnet vollziehe.
    Noch immer kommt morgens um einhalb acht die Sekretärin zum Notar Johnen zum Diktat. Und abends sitzt er und beschreibt die Geschichte des Jülicher Landes und seiner Familien — und natürlich auch die der Familie Johnen, deren Chef am 19. Mai, umgeben von einer lebensklugen Frau, von sechs Kindern, den Schützenvereinen, Karnevalisten, Rotary-Freunden, Bergwerkskapellen und gesegnet mit einer guten Gesundheit fröhlich seinen 70. Geburtstag feiert. Wolfram Köhler

    ID: LI721502

  • Porträt der Woche: Peter Giesen (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 13 - 04.05.1972

    Seinen Freunden in der Fraktion imponiert die rheinische Frohnatur, mit der er selbst Stimmungsmuffel noch zu einem ungezwungenen Lachen bringen kann. Seinen politischen Gegnern und manchen anderen Zeitgenossen dagegen geht er ausgesprochen auf die Nerven. Peter Giesen, CDU-Landtagsabgeordneter im Landkreis Grevenbroich II, direkt in den Landtag gewählt, möchte weder den einen imponieren noch den anderen auf die Nerven gehen. Er sieht sich selbst anders, als Freund und Feind ihn abstempeln möchten.
    Für ihn ist die Politik ebenso ein Stück praktiziertes sozialpädagogisches Verantwortungsbewußtsein wie die Schulmeisterei auch. Er hält vom Bierernst ebenso wenig wie vom Leisetreten, und so ist er wie er ist: scharmant und unbequem zugleich. Dabei träumt er trotz seiner fünfzig Jahre und ein paar Monate von dem unerfüllten Traum de sgroßen Jungen, der in jedem Mann steckt, von dem Traumberuf, der zu schön wäre, um wahr zu sein. Hätte er sich bei den Musen seinen Beruf wünschen können, wäre er vielleicht Conferencier geworden, Stimmungsmacher aus Leidenschaft, immer bereit, echte, menschliche Töne mitschwingen zu lassen, zu brillieren und zu verwirren, aber nie zu düpieren, nie andere bloßzustellen oder zu verletzen.
    Das Leben wollte es, wie so oft, anders. Sein Jahrgang 1921 gehörte als erster zu jener Generation, der die schulische Reifeprüfung erlassen wurde, weil man sie dringend zum Kriegshandwerk brauchte. Als Kradmelder jagte man den Abiturienten ohne Abitur gegen den Osten, als Leutnant einer Panzergrenadier-Division kehrte er 1944 zurück. Blessiert für ein Leben lang, wie viele andere auch. Doch im Gegensatz zu vielen seiner Schicksalsgefährten, die erlittene schwere Verwundungen auch beruflich aus der Bahn warfen, haderte er nicht mit seinem Schicksal, sondern griff zu. Der Granatsplitter, der ihn 1944 im Kessel von Demjansk am Kopf erwischt hatte, war kein Ende, ließ ihn nicht resignieren.
    Er, der gegen Kriegsende noch geheiratet hatte und Student der Volkswirtschaft in Marburg war, verschmähte nicht eine stupide Zwischenbeschäftigung bei den Viersener Stadtwerken, um auf den Augenblick zu warten, in dem er an der Pädagogischen Akademie in Aachen sein Lehrerstudium aufnehmen konnte. Als Pendler fuhr er mit dem Fahrrad von Rheydt, dem Wohnort seiner Frau, nach Viersen.
    Seine erste Lehrerstelle suchte er sich bewußt auf dem Lande, in Breyell bei Kempen. Sein Engagement ließ ihn bald über den Schulmeister hinauswachsen. Das Laienspiel genügte ihm als Zusatzbeschäftigung nicht, er engagierte sich bewußt bei der "Jungen Union". Als er dann zwei Jahre später nach Garzweiler ging um eine Schulleiterstelle anzunehmen, folgte ihm bereits eine innerparteiliche Empfehlung: die CDU-Ortspartei solle den engagierten Pauker nicht aus den Augen verlieren. Nun, Peter Giesen, inzwischen selbst Vater von drei Kindern, hat nicht nur gepaukt, sondern sich auch beruflich und politisch durchgepaukt. Heute ist sein politischer Sachverstand begehrt. Im Grunde genommen — er würde es öffentlich nie beklagen — wundert er sich selbst wohl darüber, daß derselbe Kopf und derselbe Hosenboden auf drei verschiedenen parlamentarischen Ebenen dreimal unterschiedlich honoriert wird. In der Gemeinde Garzweiler als Bürgermeister, als Kreistagsmitglied in Grevenbroich und als Landtagsabgeordneter in Düsseldorf.
    Der Panzergrenadier, der auch ein Draufgänger sein konnte, hat in der Politik inzwischen das Florettfechten gelernt. Auch wenn es ihm manchmal schwerfällt. Die Landtagsprotokolle weisen ihn als ebenso unbequemen Zwischenträger wie Zwischenrufer aus.
    Sein kulturpolitisches Engagement hat sich inzwischen auch auf den Westdeutschen Rundfunk ausgedehnt. Als Rundfunkrat bleibt er, wie wenige seiner Kollegen, "am Mann". Was ihn dabei ehrt, ist, daß er nicht nur mit seinem ganzen Engagement anderen "einschenkt", sondern sich auch selbst etwas sagen läßt, wenn man ihn nur mit Vernunft fordert. Karl Fischer

    ID: LI721302

  • Porträt der Woche: Heinrich Lübke (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 10 - 13.04.1972

    Es war am 19. Mai 1947. Im Saal der Henkel-Werke in Düsseldorf- Holthausen trat der erste frei gewählte Landtag von Nordrhein- Westfalen zu seiner ersten Sitzung zusammen. Die erste Rede in diesem neuen Landesparlament hielt der jetzt verstorbene Altbundespräsident Heinrich Lübke, der einige Monate zuvor Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten geworden war. Die damals alles überschattende Nahrungsnot bildete das Generalthema jeder politischen Erörterung, weshalb Lübke in jener Sitzung auch über die Ernährungslage sprach. Der sonst mehr nüchternen als leidenschaftlichen Darlegungen zugeneigte Minister zeichnete ein düsteres Bild und rief den Abgeordneten die dramatischen Worte zu: "Der Hunger durchbricht alle Dämme."
    Das ist heute beinahe vergessen. Im Archiv des Landtages existiert jedoch noch ein Foto, das diese historische Szene festhält, allerdings auch zeigt, auf welch unbequemen Stühlen die Abgeordneten sitzen müßten. Aber seinerzeit war alles unbequem, insbesondere auch die Tätigkeit der Abgeordneten, von denen viele ihren Weg nach Düsseldorf aus den entlegenen Teilen des Landes oft nur unter größten Schwierigkelten zurücklegen konnten und in den Sitzungspausen ihren Hunger allenfalls mit einer mageren Suppe aus der Gemeinschaftsküche zu stillen vermochten. Heinrich Lübke hat in der darauffolgenden Zelt noch häufiger im Landtag über die Notlage sprechen müssen, und es war für ihn ein gewisser Trost, daß er bei allen Fraktionen in der Regel Zustimmung fand, wie überhaupt seine redliche Art und sein charaktervolles Verhalten durchweg anerkannt wurden.
    In jenen Jahren hat Lübke durch seine unermüdlichen Bemühungen und eine erstaunliche Zähigkeit hervorragende Leistungen vollbracht. Seine Position im Kabinett blieb unbestritten stark, weil er dort wie auch im Ernährungsausschuß und im Plenum keine Anstrengungen scheute, um immer wieder durch den Vortrag sachlicher Argumente seine Zuhörer zu überzeugen. "Er läßt uns durch den glühenden Reifen springen, bis wir ihm recht geben müssen", sagte Dr. Carl Spieker, der ständige Bevollmächtigte beim Länderrat für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet.
    Mit der britischen Militärregierung gab es indessen häufig Ärger. Weihnachten 1947 wollte Lübke der darbenden Bevölkerung eine Sonderzuteilung Zucker verschaffen. Obwohl der Zucker vorhanden war, verbot die Besatzungsmacht die Zuteilung, weshalb der Minister sein Rücktrittsgesuch einreichte. Darüber aufgebracht, drohten die Briten mit Verhaftung, die sie jedoch klugerweise nicht durchführten. Der starrköpfige Sauerländer setzte sich durch.
    Mit Beharrlichkeit kämpfte Lübke nicht nur gegen den Hunger; als ein Verfechter der Bodenreform und der Genossenschaftsidee setzte er sich für fortschrittliche Regelungen ein, die ihm freilich manche Kritik und auch die Bezeichnung "roter" Lübke einbrachte, wenngleich damit eigentlich seine ehemals rötliche Haarfarbe gemeint war. Auch der Agrarpolitik vermittelte er neue Impulse, und vieles von dem, was später als "Grüner Plan" bekanntgeworden ist, war bereits von ihm zuvor in Nordrhein-Westfalen praktiziert worden.
    Am 31. Dezember 1952 schied Lübke freiwillig aus dem Ministeramt. Aber acht Jahre später trat er noch einmal an das Rednerpult des Landtages in Düsseldorf. Das geschah aus Anlaß des Staatsbesuches des Bundespräsidenten Heinrich Lübke in dem Land, um das er sich in den Notjahren sehr verdient gemacht hat. Werner Scheerer

    Bildunterschrift:
    Heinrich Lübke Beim Staatsbesuch In Düsseldorf am 15. Dezember 1960 vor dem Plenum des Landtags Nordrhein-Westfalen.

    ID: LI721002

  • Porträt der Woche: Dr. Hans-Ulrich Klose (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 8 - 09.03.1972

    Dr. Hans-Ulrich Klose selber will es nicht wahrhaben, aber seinem Gesprächspartner drängt sich der Eindruck auf: preußisch-brandenburgisch ist nicht nur das breite, gedehnte "berlinerische" Idiom seiner Sprache, preußisch-brandenburgisch sind auch seine politischen Leitvorstellungen. Der Aufbau des Staates und der einzelnen gesellschaftlichen Gruppen soll klar gegliedert sein. Es muß deutlich voneinander unterscheidbare Verantwortungsbereiche geben. Nur dann ist eine wirksame Kontrolle der Macht — von unten und von oben — möglich. Die klare Ordnung ist iür Klose in der bundesrepublikanischen Realität zu schwach entwikkelt und deshalb auch das Instrumentarium für eine wirksame Machtkontrolle nicht genügend ausgebildet. Man sollte eine solche an Ordnungsvorstellungen orientierte Position nicht durch den Hinweis auf "law and order" diskreditieren, sie hat es mit Überschaubarkeit und Sauberkeit auf allen Ebenen zu tun. "Preußisch" vielleicht auch die Feststellung Dr. Kloses, daß es zu den bösen Nachwirkungen der NS-Zeit gehöre, daß der Wille zur Gemeinschaftsarbeit und das normale Nationalgefühl zerbrochen seien. Dadurch erhalte die Bundesrepublik zwangsläufig ein instabiles Moment.
    Der 1935 in Rüdersdorf bei Berlin geborene Klose allerdings fühlt sich nicht als Preuße im Rheinland, für ihn ist "Preußen" eine abgeschlossene historische Phase. Noch vor dem Abitur wurde der 17jährige Mitglied der Ost-CDU. Während des Jura-Studiums an der Freien Universität Berlin hatte er selbstverständlich Kontakte mit der dortigen CDU West-Berlins. Damals war noch möglich, was heute kaum vorstellbar: man konnte in der DDR wohnen und in West-Berlin studieren. Aber: 1956 verhaftete ihn der Staatssicherheitsdienst, er wurde wegen West-Kontakten zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt. Kein anderer und kein geringerer als der "linke" hessische Kirchenpräsident Martin Niemöller setzte sich für Kloses Begnadigung ein.
    Als er nach 10monatiger Haft am 22. Dezember im Zuchthaus Brandenburg von seiner Mutter abgeholt wurde, gingen die beiden gar nicht mehr nach Hause, sondern gleich nach West-Berlin. Konsequenz der Zuchthaus-Erfahrungen: der Politiker Klose wehrt sich gegen jede Erscheinungsform politischen Terrors, gegen jeden Extremismus von rechts oder links. Nebenergebnis der Zuchthauszeit: der Student Klose konnte in den Semesterferien als Dreher arbeiten, das hatte er nämlich im Zuchthaus gelernt.
    Die weiteren Stationen: Juraexamen, Promotion über Kirche und Staat im Lande Hessen, RCDS-Vorsitzender in NRW, Gemeinderatsmitglied in Korschenbroich, Kreistagsmitglied in Grevenbroich, Landtagsabgeordneter seit 1966, Vorsitzender des Evgl. Arbeitskreises der CDU Rheinland. In der Landespolitik beschäftigt sich Klose in erster Linie mit Rechtspolitik, in der Kommunalpolitik in erster Linie mit Sozialpolitik. Denn beides, so sagt er, gehöre für ihn zusammen: die Landes- und die Kommunalpolitik wie auch die Rechts- und die Sozialpolitik.
    Es sind nicht Ideologien, die Klose reizen. Er freut sich, daß sich das Image der CDU als katholische Partei abgeschliffen hat. Er wünscht sich die CDU als liberale Partei, gerade gegenüber einer sich seiner Meinung nach immer mehr ideologisierenden SPD. Es sind auch nicht die großen politischen Ziele, die Klose reizen. Mängel und Fehler in der Gesellschaft zu beseitigen, kleine alltägliche Dinge durch Einflußnahme zu ändern, darin sieht er eine wesentliche Aufgabe des Politikers.
    Zu bescheiden? Vielleicht. Der Politiker Dr. Hans-Ulrich Klose fasziniert nicht, aber er überzeugt durch gediegene Ehrlichkeit.

    ID: LI720802

  • Poträt der Woche: Hermann Josef Neuhaus (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 6 - 24.02.1972

    Der Münsteraner Hermann Josef Neuhaus ist ein Christlich-Sozialer; nicht, daß er Mitglied der CSU wäre. Im Gegenteil: Er bekennt sich ausdrücklich zur "dynamischen Entwicklung der Gesellschaft".
    Ein Christlich-Sozialer — gemeint ist ein militanter Vertreter der christlichen Soziallehre. Selbst wenn man hier feiner differenziert zwischen evangelischer Sozialethik und katholischer Soziallehre, so stellt man fest, daß beide das Koordinatensystem für seine politischen Aktivitäten bestimmen.
    Als Angehöriger der katholischen Jugendorganisation "Neu-Deutschland", von der Gestapo jahrelang observiert, gehörte er 1945 zu den Mitbegründern der CDU und der Jungen Union in Hamburg, wo er sich nach Kriegsende als ehemaliger Luttwaffenangehöriger aufhielt.
    Dann Parteikarriere im heimischen Münster, über den Stadtrat in den Landtag, wo er seit 1958 emsig wirkt.
    In einer schwierigen Zeit war er Vorsitzender des städtischen Wohnungsausschusses, später im Landtag im wichtigten Ausschuß für Arbeit, Soziales und Gesundheit, und heute ist er maßgeblich tätig im Ausschuß für Jugend, Familie und politische Bildung.
    Der fast 52jährige, Vater von acht Kindern, hat dazu noch das Amt des Präsidenten im Deutschen Familienverband gerne übernommen, weil auch dies vielfältige Möglichkeiten eröffnet, Anstöße zu gesellschaftspolitischen Reformen zu geben und im ständigen Dialog neue Modelle familiengerechter Politik zu entwickeln.
    In dieser Position führt sein Weg stracks nach Europa, nach Brüssel, wo er am Sitz der EWG-Kommission seines Amtes als Vizepräsident des Europäischen Familienverbandes waltet.
    "Das Soziale steckt im Blut" (Neuhaus über Neuhaus). Es gibt kein sozial-politisch relevantes Gesetz, das im Landtag beraten und verabschiedet wurde, bei dem Neuhaus nicht entscheidend mitgewirkt hätte, im stillen, beharrlich, mitunter "pingelig", ohne großes Aufheben.
    Es ist ein umfangreicher Katalog: Krankenhausplan, Kindergartengesetz, Familienerholung, Lernmittelfreiheit, Sozialhilte, um nur einige Positionen zu nennen.
    Gradlinig und konsequent wie seine Parteikarriere, verlaufen auch sein beruflicher Werdegang und die damit verbundenen berufspolitischen Aktivitäten.
    Nach dem Gymnasium die Lehre in einer privaten Sachversicherung, Prüfung für den gehobenen Dienst in der Arbeiterrentenversicherung, Beamter der LVA Westfalen, Personalratsvorsitzender, Vorsitzender der Fachgruppe LVA Westfalen im Deutschen Beamtenbund und Vorstandsmitglied der Bundesfachgruppe "Rentenversicherung" in seiner Standesorganisation.
    Das sind die Stationen, die seinen beruflichen Aktionsradius umreißen und ihn gleichzeitig als einen sozialpolitischen Menschen charakterisieren, dem eine sinnvolle Symbiose geglückt ist von beruf« liehen Neigungen und politischen Ambitionen.
    Vorsitzender der Sozialausschüsse der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft in Münster, das ist sein Standort in der Partei. Damit gehört er zu denjenigen, die nicht mit "systemüberwindenden" revolutionären Schüben die Gesellschaft umkrempeln wollen, sondern den evolutionären Weg wählen, wohlwissend, daß nicht der Klassenkampf zum "Paradies auf Erden" führt, sondern nur die Entspannung der Klassengegensätze menschenwürdige Verhältnisse schafft.
    Viel Zeit hat der Familienverbands- Präsident Neuhaus für seine eigene Familie die Woche über nicht. Damit teilt er das Los mit jenen Politikern, die nicht nur einspurig als Parlamentarier fahren. In seiner kargen Freizeit betätigt er sich als Hobbygärtner und Amateurfilmer, und überdies liebt er — Chanties. Lambert Dalbert

    ID: LI720602

  • Porträt der Woche: Richard Fellmann (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 3 - 27.01.1972

    Der Onkel und die Cousine, der Vater und natürlich auch der Sohn, wo man hinschaut: Apotheker. Dabei wollte Richard Fellmann eigentlich Jurist werden. Doch nach dem Abitur 1929 in Glatz, nach einer Lehrzeit in Köln und nach dem Studium an der Universität Bonn fand er sich im Familienberuf wieder: Apotheker. Mehr noch, der CDU-Abgeordnete hat aus dem Familienberuf Standespolitik gemacht. Seit 1951 ist er Präsident der Apothekerkammer Nordrhein, seit 1969 auch Präsident der Bundesapothekerkammer.
    Fellmann ist der dienstälteste Abgeordnete dieses Parlaments. Seit 1950 gehört er dem Landtag ununterbrochen an, immer als Vertreter eines Direktmandates des Wahlkreises Euskirchen. Er hat in diesem Parlament mehr Minister kommen und gehen gesehen, als man an beiden Händen abzählen kann. Sein Anekdotenschatz von Christine Teusch über Wilhelm Johnen und Walter Möller bis zu Alfred Dobbert ist unerschöpflich und — bei seinem Humor — nie ermüdend. Aber bei der Landtagswahl 1975 will Richard Fellmann endgültig Schluß mit der aktiven Politik machen. Er wird dann 67 Jahre alt sein.
    Wie kam dieser Mann zur Politik? Er ist katholisch. Das Zentrum, sagt er, war ihm zu eng. Konfessionspolitik ist nicht seine Sache, die Entscheidung für die CDU lag nahe, und zwar sofort als Gründungsmitglied 1945. An der NSDAP ist er mit "Taschenspielertricks" vorbeigekommen. "Der Ton war mir von Anfang an zu rüde", lange bevor aus dieser Partei ein unseliges Gewaltregime wurde. Vor dem Kriegsdienst habe er sich "gedrückt", erzählt Fellmann. Doch beim Wiederaufbau war er unverzüglich zur Stelle, zuerst als Amtsvertreter und Ratsherr, dann als Bürgermeister in Lechenich, spater als Kreistagsmitglied in Euskirchen.
    Im Landtag ist dieser Abgeordnete in den vielen Mandatsiahren in fast allen Sätteln gerecht geworden, im Verkehrsausschuß und im Gesundheitsausschuß, im Wasserwirtschaftsausschuß, im Landesplanungsausschuß, im Kulturausschuß und jetzt wieder im Verkehrs- und Sozialausschuß. Er meint, daß Politik im wesentlichen Ordnungspolitik und soziales Engagement sei, was man aber wiederum nicht mit Sozialismus verwechseln dürfe. Der berufliche Erfolg als Unternehmer hat ihn schon sehr früh in jeder Hinsicht unabhängig gemacht, eine wesentliche Voraussetzung, um Politik frei von Pressionen guter und falscher Freunde betreiben zu können.
    Interessenkollisiorien zwischen Beruf und Politik sieht Fellmann nicht. Im Gegenteil, er argumentiert, daß Sachverstand im eigenen Bereich politische Entscheidungen erleichtere. Einmal in all den Jahren hat er mit dem Gedanken gespielt, als Bundestagsabgeordneter nach Bonn zu gehen. Die Entscheidung fiel aber dann doch wieder für das alte Ständehaus in Düsseldorf, das ihm ans Herz gewachsen ist.
    Schon auf der "humanistischen Penne" entstand eine Liebe zu griechischen und römischen Münzen. Daraus ist ein Hobby geworden und ein Fachmann der Numismatik entstanden. Der Rest, der an der wenigen Freizeit noch verbleibt, wird fürs Lesen verwandt. Den Wallenstein von Golo Mann hat er gerade hinter sich, einen Solschenyzin vor sich. Doch Richard Fellmann kann auch herrlich viel Zeit aufs Plaudern verwenden, Stunden um Stunden. Und dann bleibt es nicht bei einem Gläschen Wein.
    Lothar Bewerunge

    ID: LI720302

  • Porträt: Prof. Dr. Wolfgang Brüggemann (CDU) Stellvertretender Vorsitzender des Kulturausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 34 - 16.12.1971

    Als der Krieg zu Ende ging, war er gerade neunzehn Jahre alt. Als Soldat ging er für ein Jahr in Gefangenschaft. Den meisten seiner Altersgenossen mochte die deutsche Kapitulation zugleich den Zusammenbruch ihrer bisherigen Glaubensinhalte bedeutet haben; für Wolf gang Brüggemann war sie, umgekehrt, deren Bestätigung. Herkunft und eigenes Nachdenken hatten ihn davor bewahrt, der Anziehungskraft des Nationalsozialismus zu erliegen. Von der auf Hitler eingeschworenen Staatsjugend hatte er sich fernhalten können; in der illegalen "Kathofischen Jugend" fand er eine andere, oppositionelle Solidarität.
    Frühe Erfahrungen. Aber sie wirken fort und leisten bereits einen Beitrag zum politischen Credo des jetzigen CDU-Parlamentariers: Hier Konfliktbereitschaft — Brüggemann zitiert gern Dahrendorfs Wort "Konflikt ist Freiheit" —, dort ein verbindliches, grundlegendes Wertsystem, das des Christentums.
    Und es wirken fort: die langen Jahre eines, nach heutigen Begriffen, keineswegs auf direkte "Effektivität" ausgerichteten Studiums, das Brüggemann in einer existenziell dialektischen Situation absolviert. Hier, in Münster, die Aneignung theoretischen Wissens; dort, in der Vaterstadt Bochum, als Werkstudent im Pütt und im Bochumer Verein, der direkte Kontakt zu den sozialen Wirklichkeiten. Solidaritäts- und Konflikterfahrungen doppelter Natur in ihrer zweiten Phase.
    Die Studieninteressen sind breit angelegt. Was bewegt die Welt und was hält sie zusammen, die Frage steht hinter ihnen. Geschichte und Philosophie, Germanistik und — nun nicht, wie Faust: leider, sondern mit innerer Logik — auch Theologie. Zieht man, etwas verwegen, eine imaginäre Quersumme aus dem, wofür die Namen seiner akademischen Lehrer stehen, so läßt sich behaupten, der Student Brüggemann habe seinerzeit im Studium geistiger Prozesse der Vergangenheit hauptsächlich nach deren Anwendbarkeit auf die Gegenwart gesucht. Dem jetzigen Bischof von Mainz, Hermann Volk, der damals systematische Theologie in Münster lehrte, über "Politik als Aufgabe" schrieb und von dem aus sich Verbindungslinien zu Karl Barth ziehen lassen, weiß Brüggemann sich ebenso verbunden, wie seinem Doktorvater Herbert Grundmann, dem nachmaligen, kürzlich verstorbenen Präsidenten der Monumenta Germaniae historica. Weitere Lehrer: Der Sozial- und Wirtschaftsgeschichtler Werner Conze, die Historiker Hans Stier und Kurt von Raumer, der Germanist Benno von Wiese. Nicht zu vergessen der schwedische Theologe Nügren, damals Professor, jetzt Bischof in Lund.
    Theorie und Praxis. Das zerstörte Deutschland im Kopf und vor Augen, vollzog Brüggemann schon 1946 seinen Beitritt zur CDU. Es war die Partei, die sich auf das 1947 verkündete Ahlener Programm hinbewegte. Praxis und Theorie: Man muß Erlerntes und Erfahrenes weitergeben und miteinander verbinden. So wird Brüggemann zum Pädagogen. Lehrer, Fachleiter, endlich Professor an der Pädagogischen Hochschule Ruhr in Dortmund mit dem Lehrauftrag politische Bildung und Didaktik der Geschichte. Gleichzeitig aber auch Stadtverordneter in Bochum, dann Fraktionsvorsitzender im Stadtrat, endlich Bürgermeister von Bochum: Der Jugendtraum, es darin dem Großvater gleich zu tun, hat sich erfüllt.
    Seit 1966 gehört der ehemalige Bundesvorsitzende des RCDS dem Landtag an. Er ist der hochschulpolitische Sprecher seiner Partei. Er ist Parlamentarier aus dem Gefühl einer Verpflichtung, und wie er stets und überall in der komplementären Dialektik von Wissen und Handeln, von "Unterscheidung und Harmonie" den Ansatz für realistische Perspektiven erblickt hat, so faßt er seine Aufgabe im Landtag auf: Solidarisch mit der Fraktion, verpflichtet aber dem Ganzen. Es ist seine dritte Phase eigenster und generationsgebundener Erfahrungen. Sie haben ihn im historischen Rückblick skeptisch werden lassen. Ob es gelingt, das Wohl des sozialen Ganzen in der — legitimerweise — von Interessen und Konflikten bestimmten Gesellschaft der modernen Demokratie zu sichern, ist seine Sorge.
    Hans Schwab-Felisch

    ID: LI713403

  • Porträt: Dr. Egbert Möcklinghoff (CDU) Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Verwaltungsreform.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 32 - 02.12.1971

    Wenn es richtig ist, daß Menschen durch den Ort, in dem sie aufwachsen und in dem sie längere Zeit beruflich tätig sind, geprägt werden, dann sind Egbert Möcklinghoff und Münster ein Beispiel dafür. Hier wurde Möcklinghoff 1929 geboren, hier wuchs er auf, und hier war er nach Jurastudium und ersten Berufsetappen als Beigeordneter tätig. Obgleich Möcklinghoff CDU-Politiker und katholisch ist, gilt diese Prägung nicht im parteipolitischen oder konfessionellen Sinne. Münster ist für Möcklinghoff "eine schöne Stadt". Warum schön? Weil die Stadt "homogen, überschaubar und geistig aufgeschlossen" ist. So wie Möcklinghoff seine Geburtsstadt Münster sieht, so sehe ich ihn: homogen, überschaubar und geistig aufgeschlossen. Beginnen wir beim letzten Attribut: "geistig aufgeschlossen": Nicht Polemik, sondern Argumente machen für ihn Debatten interessant. Er ist bereit, die Position des anderen zumindest gedanklich nachzuvollziehen, ja er ist bereit, bei besseren Argumenten sich geschlagen zu geben. Daß diese Bereitschaft in parlamentarischen Auseinandersetzungen oft fehlt — auf allen Seiten — bekümmert den MdL Möcklinghoff. Weil für ihn das Reflektieren zwangsläufiger Ansatzpunkt politischer Betätigung ist, hat er eine "widernatürliche Begabung zur Polemik" (von Möcklinghoff akzeptiertes Diktum Kühns über Möcklinghoff). Anders als für Adenauer sind Wahlkämpfe für Möcklinghoff deshalb auch kaum erträglich. Mit diesem Naturell konnte und wollte der Jurist kein Anwalt werden, sondern ging in die Verwaltung.
    Das zweite Attribut: "überschaubar": Möcklinghoff ging in die kleine Welt der Kommunalverwaltung, heute Oberkreisdirektor in Lüdinghausen. Die Probleme sind hier konkret, und ebenso konkret sind die Lösungsmöglichkeiten. Für Möcklinghoff ist deshalb die Kommunalpolitik der schönste Beruf. Im Landtag fühlt er sich als "politischer Kommunalpolitiker", und sollte er einmal nicht mehr im Landtag sein, dann: "Ausschließlich Kommunalpolitik."
    Ein solcher Politiker muß die Kommunalpolitik als immer wichtiger werdendes Betätigungsfeld des Landtags sehen. "Wenn erst einmal die Schulfrage gelöst worden ist, was bleibt denn dann außer Landesplanung,Infrastruktur usw.?" Überschaubarkeit ist auch der Impetus für den Verwaltungsreformexperten Möcklinghoff, deren eigentlichen Sinn er darin sieht, die öffentlichen Aufgaben für die Bürger weniger anonym zu gestalten. Im Zeichen der Überschaubarkeit auch fordert er, das Neben- und Gegeneinander der verschiedenen Haushalte abzulösen dadurch, daß alle Aufgaben auf eine Ebene transponiert werden, um dann Prioritäten festzusetzen.
    Das erste Attribut: "homogen": Möcklinghoff treibt Politik als Versuch, aus dem Bewahren des Gegebenen heraus die kritische Frage nach möglichen Veränderungen zu stellen. In diesem Sinne sollte die NRW-CDU seiner Meinung nach in der Bundespartei sehr viel aktiver werden, nicht als konservative Kraft, sondern im Sinne Arnolds afs "soziales Gewissen". Alles, was der Homogenität widerstrebt, hält Möcklinghoff für "lebensgefährlich". So z. B. die Polarisation in der öffentlichen Auseinandersetzung, die die gerade im Parlamentarismus nötige Fluktuation unmöglich mache. Möcklinghoff wünscht sich die leider viel zu seltenen Sachfraktionen, die sich ad hoc jenseits der starren Fraktionsbarrieren bilden (Homogenität also nicht als politischer Eintopf). Wer aber die Grenzen des homogenisierenden Bereiches überschreitet — die radikale NPD und DKP ist für Möcklinghoff weder im Parlamentarismus noch im öffentlichen Leben erträglich.
    Münster ist für Möcklinghoff "homogen, überschaubar und geistig aufgeschlossen". Die Politik ist es für ihn noch nicht, aber so wünscht er sie sich. Cornelius Bormann

    ID: LI713202

  • Porträt: Heinrich Ostrop (CDU) Vorsitzender des Ausschusses für Ernährung, Land-, Forst- und Wasserwirtschaft.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 30 - 18.11.1971

    Ein politisches Mädchen für alles verliert sehr schnell seine Unschuld, auch im Düsseldorfer Landtag. Wer am Schwanenspieget mithalten will, muß sich daher auf eine Aufgabe beschränken, muß sich mühen, Fachmann zu sein ohne Fachidiot zu werden. Heinrich Ostrop, Vorsitzender des Ernährungsausschusses, handelt danach. Er will glaubhafter Anwalt für den ländlichen Raum und seine Bewohner und damit für die Landwirtschaft sein.
    Der Christdemokrat, seit fünf Jahren Mitglied des Hohen Hauses, ist zwar ein Landwirtschaftsvertreter, aber einer ohne Ar und Halm. Er gehört nicht zu den drei Landwirten, die heute noch den Bauernstand im Parlament repräsentieren. Das war nicht immer so. Kaum 20 geworden und aus Gefangenschaft zurückgekehrt, hatte Ostrop im westfälischen Olfen bei Lüdinghausen, ohne nach seinen Plänen gefragt zu werden, den elterlichen Hof übernehmen müssen. Zehn Jahre lang bewirtschaftete er 40 ha, dann übergab er den Hof an den jüngeren Bruder, um Diözesanreferent der Landjugend im Bistum Münster und ein Jahr später Schriftleiter der Jugendzeitschrift "der Sämann" zu werden. Heute zieht er als Leiter des Referats für Jugend- und Erwachsenenbildung, aufgeschlossen für gesellschaftspolitische und soziale Fragen, über die Dörfer, von Veranstaltung zu Veranstaltung. Zehn Autos "verbrauchte" Heinrich Ostrop bisher bei seinen "Bildungsreisen". Bei einem Unfall verunglückte er so schwer, daß er zwei Jahre lang auf Krücken laufen mußte.
    Sein Vater, der noch kurz vor seinem Tod den Gründungsaufruf für die CDU unterschrieb, hatte Ostrop den Weg zum Politiker gewiesen. Aber erst 1952, sieben Jahre später, trat er der CDU bei, wurde noch im selben Jahr Gemeindevertreter in Olfen-Kirchspiel, 1964 in seiner neuen Heimat Nienberge bei Münster. 1966 glückte der Sprung nach Düsseldorf.
    Gesundes Bauerntum und gesicherte Ernährung aus eigener Scholle, das waren einmal einzige Ziele einer klassischen Agrarpolitik. Der Agrarpolitiker Heinrich Ostrop fordert mehr: Die in der Landwirtschaft tätigen Menschen sollten in vollem Umfang am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Fortschritt beteiligt werden. Und dafür kämpft Ostrop im Ernährungsausschuß, in dem Sachkunde die erste Geige spielt, politische Kontroversen fast gänzlich fehlen. Diese kollegiale Zusammenarbeit über alle Fraktionshürden hinweg wurde dem Ausschuß nicht erst einmal übel vermerkt. Ostrop, und das wird auch von politischen Gegnern anerkannt, besitzt eine besondere Fähigkeit zum Ausgleich, er ist geradezu peinlich darauf bedacht, keinem weh zu tun.
    Ein Hinterbänkler war der heute 46jährige nie. Energisch ficht der Westfale in seiner Fraktion für "sein" Münsterland. Er war es auch, der die zwölf CDU-Abgeordneten dieser Region im Düsseldorfer Landtag unter einen Hut brachte. Seit der letzten Legislaturperiode tagt der "schwarze Block", die Münsterland-Konferenz, regelmäßig. Auf die Wahl in Parteiämter verzichtet Ostrop dagegen, "denn Doppelarbeit tut dem Mandat weh". Dennoch fordert die Parteiarbeit ihren Tribut. Bis zum Christfest ist im Terminkalender kein Abend mehr frei.
    Den vollen Terminkalender bekommen auch seine Frau Brunhilde sowie die vier Kinder Maria, Markus, Agnes und Teresa zu spüren. Für gemeinsame Unternehmungen bleiben nur wenige Stunden. Zeit für Hobbies hat Ostrop, der sich selbst als außerordentlichen "Fernsehmuffel" bezeichnet, schon gar nicht. Dennoch entwickelt er ab und zu einen kaum zu bremsenden "km- Ehrgeiz" beim Radfahren oder Wandern. Diesem Ehrgeiz frönte Ostrop auch in den letzten Parlamentsferien mit Erfolg: 27 "abgetrimmte" Pfunde waren der Lohn. Rüdiger Knott

    ID: LI713002

  • Paul Schmitz (CDU).
    Vorsitzender des Ausschusses für Wohnungs- und Städtebau.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 28 - 28.10.1971

    Als der Ex-Flugzeugführer Paul Schmitz 1946 nach Krieg und Gefangenschaft Bilanz zog, war das Resultat recht unerfreulich: das Elternhaus im münsterländischen Dorf Südlohn völlig zerstört, ein Bruder in den Bombenangriffen umgekommen, ein Schwager in Dachau umgebracht. "Ich hatte die Nase gestrichen voll", erinnert sich Schmitz auch nach 25 Jahren noch genau.
    Doch die gleichzeitige Erkenntnis, "daß so etwas nicht mehr passieren darf", schickte den jungen Textilarbeiter auf den Weg, der ihn 1965 mit 70 Prozent aller Wählerstimmen in den Landtag führte. Er gründete die Werkmannschaft der KAB, die junge Union im Kreise Ahaus, wurde in den Gemeinderat gewählt, avancierte zum hauptamtlichen KAB-Bezirkssekretär und gab 1961 sein Debüt Im Kreistag.
    Der Landtagsabgeordnete Paul Schmitz spiegelt diese Entwicklung heute im selbstgesteckten Ziel seiner politischen Arbeit wider: "Mehr Freiheit durch mehr Bildung, mehr Eigentum und mehr Mitbestimmung." Ganz in der christlich-sozialen Arbeit verwurzelt, bleibt Schmitz dabei der kühl denkende und nur das Mögliche anstrebende Westfale: An die Forderung nach Mitbestimmung knüpft er gleich die Mitverantwortung, mehr Bildung beginnt bei ihm schlicht in der Erhöhung der Chancengleichheit bereits in der Grund- und Hauptschule — "Die Gesamtschule könnte uns da als Angebotsschule einen großen Schritt nach vorne bringen". Und hinter das Wort vom Eigentum für alle stellt sich Schmitz nur dort, uneingeschänkt, wo es sich ohne irreparablen Schaden für die Gesamtwirtschaft verwirklichen läßt.
    Mit beneidenswerter Gesundheit und einem strapazierfähigen Nervenkostüm ausgestattet, setzt Schmitz Beständigkeit und Fleiß an erste Stelle der Eigenschaften, die einen Politiker erfolgreich sein lassen. Seine Gabe, anderen zuzuhören, das Gehörte zu analysieren und daraus praktikable Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten, führten ihn letztlich auch in den Landtag und in den Ausschuß für Wohnungs- und Städtebau, in dem sich ein wesentlicher Bestandteil christlicher Sozialarbeit, die Eigentumsbildung, zumindest im Bereich des Wohnungsbaus auch auf Landesebene verwirklichen läßt.
    So entspricht dem politischen Werdegang Paul Schmitz', der nie Protektion erfahren hat und dennoch mit einem der besten Wahlergebnisse Nordrhein-Westfalens in den Landtag gelangt ist (1965: 70 Prozent, 1970: 72,6 Prozent), daß er sich in erster Linie als Abgeordneter seines Wahlkreises versteht, immer jedoch in voller Solidarität zur Partei und Fraktion arbeitend. Um diesem Anliegen gerecht zu werden, fährt Paul Schmitz nach jedem "Düsseldorfer Tag" abends nach Hause, wo er von sechs bis halbacht für jeden zu sprechen ist — eine Einrichtung, die im Wahlkreis Ahaus oft ganz ungeniert bis Mitternacht ausgedehnt wird. Zwischen acht und zehn Uhr abends allerdings ist der Abgeordnete auch für Frau, Tochter und vier Söhne kaum einmal zu erreichen: In politischen Versammlungen oder KAB-Veranstaltungen sammelt er Ansichten, Erfahrungen und Reaktionen auf die Arbeit in Düsseldorf. Denn Demokratie bedeutet für den Abgeordneten Paul Schmitz die ständige Auseinandersetzung mit dem Willen des Volkes und den Auftrag, diesem Willen im Parlament Geltung zu verschaffen.
    Walter Pfeifer

    ID: LI712802

  • Porträt: Helmut Kumpf (CDU) Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 26 - 14.10.1971

    "Kumpf ist Trumpf" steht auf den Skatkarten, mit denen der 43jährige Diplom-Volkswirt Heimut Kumpf im Sommer 1970 seine Gegner zum Wahlkampf reizte. Und er spielte sie im Wahlkreis Olpe sogar Schneider: Der einzige ernsthafte Gegenkandidat, der Sozialdemokrat Klaus Liepelt vom Godesberger Infas-Institut, sank auf 27,4 Prozent der Stimmen ab; Kumpf kassierte für die CDU 69,5 Prozent. Freilich kein allzu schweres Spiel in einer christlich-demokratischen Hochburg an der Grenze zwischen Sauer- und Siegerland, in einer westfälischen, vormals kurkölnischen Landschaft, die von einem fleißigen und aufstrebenden katholischen Bürgertum beherrscht wird.
    Helmut Kumpf liebt dieses Spiel ä tout, ihn reizt das kalkulierte Risiko, der immer neue Versuch, die Grenzen des Berechenbaren zu erkunden. Was mancher in der Politik für Mut halten mag, ist bei ihm kritisches Selbstbewußtsein. Es hat den Parlamentsneuling gar nicht erschrocken, als ihm schon nach wenigen Monaten der durch den Tod von Josef Hermann Dufhues vakant gewordene Vorsitz des Haushalts- und Finanzausschusses angetragen wurde. Die große Rede ist nicht sein Geschäft, aber die hellwachen, auch listigen Augen verraten den schnellen Blick für's Wesentliche, für die großen Zusammenhänge in der erdrückenden Fülle der finanzpolitischen Details eines Zweiundzwanzig-Milliarden- Haushalts. Kumpf hat Respekt vor dem Können, dem politischen Talent des sozialdemokratischen Finanzministers Hans Wertz, doch er setzt gerade diesen Respekt in eigenen Lern- und Leistungsanreiz um.
    Ist dieser Mann ehrgeizig? "Ja, ich will Einfluß haben, gestalten können." Er wollte Journalist werden und wurde Dozent. Das Studium der Geschichte und der Wirtschaftswissenschaften in Marburg hat er sich buchstäblich erarbeitet, in einem Hüttenwerk und einer Papierfabrik. Im Elternhaus in Herrntrop bei Kirchhundem — neun Geschwister, der Vater Bremser bei der Reichsbahn — gab's keinen roten Teppich. Luftwaffenhelfer wider Willen, Kriegsverwundung, Katholische Arbeiterbewegung, das waren die ersten Stationen.
    Kumpf kann sich einen Berufspolitiker namens Kumpf nicht vorstellen. Er behauptet, "extrem gut faulenzen" zu können, weil er gelernt habe, konzentriert zu arbeiten. Er liest zwei Tages- und drei Wochenzeitungen und — zur Zeit — die Neuausgabe von Zuckmayers Novellen. Die Wochenenden gehören der Familie, den Kindern und — Schalke 04. Zur CDU stieß er schon 1948. Soziale Marktwirtschaft, Ordnungspolitik, neoliberale Schule. Da habe es für ihn parteipolitisch niemals eine Alternative gegeben, sagt er. Aber berufliche Abhängigkeit von einer Partei, Ämterhäufung, der Tanz auf allen Hochzeiten sind ihm "ein Greuel". Das Amt des Landrats im Kreis Olpe gab er auf, als er Landtagsabgeordneter wurde. Die Leitung des Seminars für Staatsbürgerkunde (Haus Wildenstein) will er beibehalten. Das ist sein Beruf, seine Freiheit, seine Leistungskontrolle.
    Wenn es in der Politik Ziehväter gibt, dann hat der 1968 allzu früh gestorbene Abgeordnete Josef Hennemann diese Rolle für Helmut Kumpf gespielt. Hennemann engagierte Kumpf vor nunmehr fünfzehn Jahren für das weite Feld der Arbeiterbildung und für die politische Verantwortung, die sich daraus ergibt. Kumpf hat seither versucht, beides miteinander zu verbinden. Wahrscheinlich wird aber auch er sich bald zwischen Beruf und Politik entscheiden müssen. Denn als Hinterbänkler hat Helmut Kumpf in diesem Landtag bezeichnenderweise gar nicht erst angefangen. Lothar Bewerunge

    ID: LI712602

  • Portät: Karl Frey (CDU) Vorsitzender des Petitionsausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 23 - 23.09.1971

    Der Düsseldorfer Journalist, der das schöne Wochenende in der Eifel verbracht hatte und nun über Nebenstraßen der Landeshauptstadt zustrebte, wurde — wieder im Flachland - durch Polizei aufgehalten. Auf einer im flirrenden Sonnenlicht liegenden Dorfstraße zog ein bunt getupfter Lindwurm dahin: ein Dorf-Schützenverein, der mit einem Dutzend befreundeter Nachbarvereine und mit Trommeln und mit Pfeifen einen Umzug veranstaltete. Inmitten dieser von der Hitze total erschöpften Schar waren drei Schwarzgekleidete. Einer von diesen wurde als der Landtagsabgeordnete Karl Frey aus Hambach über Jülich ausgemacht. Auch an diesem Sonntagnachmittag war der 41jährige im Dienst. Er machte — wie dies jeder Abgeordnete in seinem Wahlkreis tun muß - in Kontakt- und Brauchtumspflege.
    Im Landtag erlebt der Beobachter einen anderen Frey. Der Jurist, der von 1964 bis 1968 Rechtsrat und 1. Beigeordneter der Stadt Jülich war und dann ins Bundesministerium für Verteidigung überwechselte, wo er jetzt als Regierungsdirektor tätig ist, hat seit 1970 den undankbaren, strapaziösen und oft so wenig anerkannten Vorsitz im Petitionsausschuß inne.
    In diesem Amt wird er an seinem Vorgänger Schulze-Stapen gemessen. Als Landtagsabgeordneter (seit 1966) hat der Bürgermeister der Stadt Hambach die Dimensionen vor sich, die sein Vorgänger im Wahlkreis, der "Herzog von Jülich" und ehemalige Landtagspräsident Johnen, setzte.
    Frey, der inzwischen von Johnen das Amt des CDU-Kreisvorsitzenden übernahm, steht zwischen beiden in der Mitte, ohne Mittelmaß zu sein.
    Der Bauernsohn Frey ist kein Beamtentyp, vom Beamtentum aber wird er schwerlich Abschied nehmen, wenn das Gesetz der Unvereinbarkeit von Amt und Mandat Wirklichkeit werden sollte. Weder verliert er die Herrschaft über sich, weil er die Leidenschaft steigert, noch arbeitet er schattenlos, engherzig und kleinlich. Das Urteil seiner Mitarbeiter: Ein Jurist, der poltern kann und niemals nur stummer Zuschauer ist; ein engagierter Fachmann in Verwaltungsfragen, der ohne langes Erwägen zur Entscheidung kommt; ein Verwaltungsjurist, der im Gegensatz zu den durchweg ruhigen und betulichen, ja ängstlichen Leuten, die das Bild dieses Standes prägen, über Erwarten schnell und vor allem "politisch" reagiert. Im Amt des Vorsitzenden des Petitionsausschusses zeigt er Fleiß und Unbestechlichkeit, dazu den notwendigen Wahrheitsdrang, offene Augen und auch ein offenes Herz. Die Frage, ob sich diese Kärnerarbeit auszahle, will er nicht beantworten. An jedem Wochenende nimmt er wie seine Ausschußkollegen dicke Bündel von Eingaben mit nach Hause. Hobbies kennt er nicht: "Ich bin absolut unabhängig und habe mir meine Selbständigkeit erhalten. Im waldreichen Voreifelgebiet habe ich aus gutem Grund bisher an keiner Jagd teilgenommen ..." Dr. Gerhard Malbeck

    ID: LI712302

  • Porträt: Gerd Lemmer (CDU) Vorsitzender des Ausschusses für Landesplanung.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 21 - 09.09.1971

    Er begann als der unbekannte Neffe (des CDU-Politikers Ernst Lemmer), brachte es zum Minister und schließlich zum "Kronprinzen" (des Ministerpräsidenten Franz Meyers). Lange Zeit schien sein politischer Aufstieg vorgezeichnet und nicht aufzuhalten: nach dem "fixen Franz" der nicht minder fixe Gerd Lemmer. 1958 mit 33 als Abgeordneter seiner Heimatstadt Remscheid zum erstenmal in den Landtag gewählt, profilierte sich Lemmer als energischer, vornehmlich wirtschaftspolitischer Debatter; als Minister für Bundesangelegenheiten (1962-1966) spann er geschickt die Fäden zwischen Düsseldorf und Bonn. "Berechtigt zu den schönsten Hoffnungen", hätte Meyers ihm sicher unbesehen ins Zeugnis geschrieben.
    Die politischen Zeitläufte wollten es anders; später auch die CDU, bei deren Gerangel um die Führungsposition im Lande Lemmer bereits in Bonn "abseits" stand; und schließlich auch Gerd Lemmer selbst. Mit dem kühlen Verstand des Juristen (Studium in Göttingen, Große Staatsprüfung 1954 in Düsseldorf) erkannte er schon früh, "daß ich ja nicht von Beruf Landtagsabgeordneter bin", dies also kein Full-time-Job sei. Lemmer heute wie damals: "Mein Beruf aber geht vor" — eine Aufassung, die ihm mancherlei Ärger mit Parteifreunden eintrug, jedenfalls solange sein Beruf, eng mit der Bonner Politik verknüpft, ihn häufig von Düsseldorf fernhielt.
    Lemmer hatte beruflich als Referent beim NRW-Landkreistag und beim Landschaftsverband Rheinland begonnen und war dann zur Bonner Berlin-Vertretung gegangen. Als Beamter unter Willy Brandt verhandelte er in den schwierigen Jahren nach dem Berlin-Ultimatum der Sowjets für Berlin auf der Genfer Außenministerkonferenz, den Nato-Konferenzen und bei der UNO.
    Nach vier Jahren Minister-Tätigkeit warf der Sturz der Regierung Meyers Ende 1966 für Lemmer wieder die Berufsfrage auf. Nach einer Zwischenstation in der Krupp-Konzernleitung wurde er Staatssekretär in Bonn: im Vertriebenen-, dann im Postministerium. Seit dem Ende der Großen Koalition arbeitet Lemmer, agil wie eh und je, an seinem beruflichen Meisterstück: Als kaufmännisches Vorstandsmitglied einer 4000-Mann-Maschinenfabrik versucht er, die exportabhängige Firma aus den "roten Zahlen" zu schaffen. "In Neuss, vor der Haustür des Landtags, muß ich das mit meinem Mandat verbinden können", meint er selbstsicher.
    In rationeller Einteilung von Arbeitskraft und Zeit konzentriert er sich im Landtag auf den Vorsitz im Landesplanungsausschuß — ein sprödes, auf den ersten Blick politisch wenig attraktives Gebiet. "Aber eine Aufgabe, die nach vorn gerichtet ist, bei der über Strukturen von morgen entschieden wird, und die — auf die Gefahr von Kompetenzstreitigkeiten mit anderen Ausschüssen hin — immer größer und wichtiger wird", so Lemmer. Er meint, daß man gerade bei der Landesplanung den Mut aufbringen müsse, aus dem 19. Jahrhundert stammende Strukturen zu ändern. Hier bricht der "alte" Lemmer durch, der am kommenden Montag (13.9.) 46 wird und bereit ist, "jede Aufgabe zu machen, die ich übernehme", auch in der Politik.
    Wenngleich Lemmer (nach wie vor auch stellvertretender Vorsitzender der CDU-Rheinland) heute politisch kürzer tritt, ist sein Engagement für die Politik ungebrochen: "Wer einmal drin war, will immer wieder zurück." Helmut Müller-Reinig

    ID: LI712102

  • Porträt: Franz Riehemann (CDU), Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschuases.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 19 - 01.07.1971

    Als der greise westfälische Oberpräsident Johannes Gronowski in dem ersten Nachkriegsjahr durch das Münsterland zog und die heimgekehrten Soldaten mit brüchiger Stimme aufforderte, sich trotz aller Enttäuschungen noch einmal für die Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen, da fühlte er sich angesprochen. Er, das war der damals 24jährige ehemalige Fallschirmjägeroffizier, Franz Riehemann. Ohne viel Aufhebens von sich zu machen, wollte er mittragen helfen beim Wiederaufbau, so wie er einst am Monte Cassino seinen verwundeten Kriegskameraden Conrad Ahlers, ohne auf eigene Gefahr zu achten, aus der Feuerzone getragen hatte.
    Ein Vierteljahrhundert später sitzen sie manchmal in Bonn für einige Stunden zusammen, die beiden früheren Fallschirmjäger. Ahlers, heute Staatssekretär und Bonner Regierungssprecher, und Riehemann, Vorsitzender des parlamentarischen Rechnungsprüfungsausschusses in Düsseldorf. Nach Kriegsende sind sie verschiedene Wege gegangen, der Journalist und der Hotelier, der Sozialdemokrat und der Christliche Demokrat. Das mag auch an ihren unterschiedlichen Temperamenten liegen. Aber sie fühlen sich beide der gleichen Staatsform verpflichtet, von der sie aus eigener Erfahrung wissen, daß sie zu den schwierigsten gehört.
    Riehemann hat sich nicht nach dem Landtag gedrängt. Die Sorge um seine Familie, um den Hotelbetrieb, der zunächst von der Besatzungsmacht beschlagnahmt war, um das Gaststätten- und Hotelgewerbe, um den Nachwuchs an Köchen und Kellnern und um den Heimatverein Borghorst, füllten ihn aus. Aber er hat sich auch nicht geziert, als man ihn, den damals politischen Außenseiter, dazu drängte, sich für die Landtagswahl als Direktkandidat aufstellen zu lassen. Mit einer Rükkendeckung von weit über 60 Prozent der Wahlkreisstimmen, die er 1966 auf sich vereinigen und 1970 noch einmal steigern konnte, hat er auch im Landtag sein Licht nicht unter den Scheffel gestellt. Er gehört zwar zu den Stillen im Parlament, aber nicht zu den Stummen und schon gar nicht zu den Hinterbänklern. Der einzige Hotelier unter den fast tausend Abgeordneten der sieben Wahlperioden, interessierte sich von Anfang an für den sonst nicht sonderlich begehrten RechnungsprüfungsausschuB des Parlaments.
    Heute ist er Vorsitzender dieses Ausschusses, ein bedachtsamer, aber auch energischer Vorsitzender. Die Ministerialbürokratie hat es gerade in den letzten Wochen zu spüren bekommen. Riehemann, und darin ist er sich mit den übrigen Ausschußmitgliedern aller drei Fraktionen einig, versucht das parlamentarische Kontrollrecht stärker als bisher sichtbar werden zu lassen. "Nur den Zeigefinger erheben, langt nicht", kommentiert er diese Bemühungen. Wer ihn kennt, weiß, daß er es ernst damit meint.
    Indes ein Freiberufler wie er hat es nicht leicht, Politiker zu bleiben. Für ihn ist das Landtagsmandat kein finanzieller Anreiz. Er muß die Kräfte aus eigener Tasche bezahlen, die seine Arbeit übernehmen, wenn er in Düsseldorf den Abgeordnetenpflichten nachgeht. "Hätte ich nicht eine tüchtige Frau und einen Oberkellner, der seit 32 Jahren im Betrieb ist, dann müßte ich aus beruflichen Gründen mein Mandat zurückgeben." Das klingt aus seinem Munde ehrlich und überzeugend, ebenso wie sein Bemühen, Angehörige seines Berufes und anderer Freiberufe davon zu überzeugen, daß auch sie sich für politische Verantwortung zur Verfügung stellen sollten. Karl Fischer

    ID: LI711902

  • Porträt: Konrad Grundmann (CDU) Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 16 - 11.06.1971

    Fragt man ihn nach seinem Weg in die Politik, so antwortet er: "Mein Vater war ein alter christlicher Gewerkschaftler; weil er das Verbrecherische des Nazi-Regimes erkannte, mußte er viele Schikanen und Benachteiligungen hinnehmen".
    Konrad Grundmann ist der Tradition des Elternhauses treu geblieben: sein ganzes Engagement gilt der Sozialpolitik. Schon als junger Mann stieß er zum DGB und zur Jungen Union. Heute ist er Vorsitzender eines wichtigen Landtagsausschusses, des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge.
    Mit 46 Jahren zählt der gebürtige Krefelder noch zu den Männern der jüngeren Generation und doch ist er bereits durch alle Höhen und Tiefen des politischen Lebens gegangen.
    29jährig wurde er im Juli 1954 CDU-Landtagsabgeordneter. Heute gilt er im Düsseldorfer Ständehaus als "alter Fuhrmann". Mit 33 Jahren wurde er Vorsitzender des Sozialausschusses; ein Jahr später berief ihn der damalige Ministerpräsident Dr. Meyers als Arbeits- und Sozialminister in sein Kabinett. Mit 34 Jahren stand Konrad Grundmann im Rampenlicht: er war der jüngste Minister in Westeuropa.
    Trotz dieses steilen Aufstiegs sprach niemand von einem "Senkrechtstarter". Das lag wohl an der unprätentiösen Art, in der Grundmann seine Fähigkeiten und auch seine Grenzen einzuschätzen weiß.
    Er hält sich nicht für einen brillanten Redner, aber er weiß seine Sache hart zu verteten. Dem politischen Gegner versagt er dabei nie seinen persönlichen Respekt. "Ich identifiziere mich mit meiner Aufgabe, nicht mit meinem Amt", sagt Grundmann. Deshalb traf ihn der Verlust der Ministerwürde Ende 1966 weniger hart: "Der Abkühlungsprozeß war für mich nicht erheblich".
    Auch in seiner Partei ist Grundmann schnell zur Spitze vorgestoßen. 1963 wurde er Vorsitzender der CDU Rheinland — nach Konrad Adenauer und nach Wilhelm Johnen.
    Allerdings blieb er im Spannungsfeld dieser flügelreichen Partei ein unbequemer, ein kantiger Mann: "Jeder muß wissen, woher er kommt". Konsequent bekannte er sich zu seiner Herkunft, zum Arbeitnehmerflügel der CDU. "Persönliche Assimilierung" hält er nicht für "einen politischen Integrations- Prozeß". Im Herbst 1969 mußte er die Führung der rheinischen CDU an Heinrich Köppler abtreten.
    Grundmann tat es ohne Bitterkeit, denn "für mich ist das Amt nur eine Möglichkeit, politisch tätig zu sein". Das Erstaunliche an Konrad Grundmann ist, daß man ihm niemals Resignation ansieht. Er weiß, daß "auch die schönsten Blumen einmal welken müssen".
    Als Vorsitzender des Landtagsausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge ist er ein kritischer Partner seines sozialdemokratischen Nachfolgers im Ministeramt.
    Schnörkellos bekennt er, daß die Sozialpolitik eine besondere, nämlich eine sachliche Färbung habe. Für Demagogie ist da kein Platz. Deshalb hält er den Ausschuß-Vorsitz auch nicht für eine Institution, die der Selbstdarstellung dienen könne.
    Am 1. August will Grundmann seine Erfahrungen in eine neue Tätigkeit einbringen. Er wird Arbeitsdirektor bei den Rheinischen Braunkohlewerken in Köln, einem Betrieb mit 16 000 Beschäftigten, "aber mein politisches Engagement gebe ich nicht auf."
    Marcel Gärtner

    ID: LI711602

  • Porträt: Dr. Heinz Günther Hüsch (CDU).
    Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 14 - 21.05.1971

    In seinen Studienjahren hat er Büstenhalter sortiert, Straßenbahnen kutschiert und Rennprogramme verkauft. Dem Vorsitzenden im Wirtschaftsausschuß des Düsseldorfer Landtags und der Abgeordneten-Versorgungskasse, Dr. Heinz Günther Hüsch, sieht heute niemand mehr an, daß er sich seine Karriere als Jurist und Parlamentarier sauer verdienen mußte.
    Seine Neusser Anwaltskanzlei lenkt der 41jährige von unterwegs per Telefon und Fernschreiber. Er gehört zu den Arrivierten. Auf einem der holländischen Gewässer schaukelt sein Kajütsegler "Quirinus". In der Neusser "Schützenlust" avancierte er zum Stabsobergefreiten, und er wird gar nicht verlegen, wenn ihn jemand ohne Umschweife fragt: "Sind Sie eigentlich ehrgeizig?" Er ist es. Der Landtagsabgeordnete Hüsch, der eigentlich viel lieber im Bundestag säße, weil ihm die Landespolitik immer schmalbrüstiger erscheint und weil in Bonn die eigentlich wichtigen Entscheidungen fallen, greift gern und weit über die Grenzen seines Wahlkreises, des Landtags und seiner Kanzlei hinaus. Fast unauffällig webt der Vater von fünf Kindern an einem internationalen Netz humanitärer Hilfe, über das er nur ungern spricht, weil jedes vorschnelle Wort die feinen diplomatischen Fäden verwirren könnte.
    Dieser Heinz Günther Hüsch, der vom militanten Teil der katholischen Jugendbewegung wesentlich geprägt wurde, zog schon mit 19 Jahren als Referent der katholischen Arbeiterbewegung mit politischen Themen über die Dörfer. Er hat neben seiner beruflichen und politischen Tätigkeit immer die aktive Mitarbeit in den verschiedensten Gremien des katholischen Bereichs sorgsam gepflegt.
    Er war Vorstandsmitglied im Katholikenausschuß der Stadt Neuss, er saß im Kirchenvorstand von St. Quirin, dem Taufpaten seiner Segeljacht, doch als er In den Seelsorgerat seiner Diözese einrückte, mußte selbst sein Bischof sehr schnell feststellen, daß die scheinbar blasse Oberfläche dieses Mannes täuscht.
    Hüsch, der die neue Aufgabe mit viel Vorfreude auf ein fruchtbares Wechselgespräch zwischen Laien und Priestern angenommen hatte, fand stattdessen farblose Verwaltungsarbeit. Dafür war ihm seine Zeit zu schade, und er gab Sitz und Stimme kurzerhand wieder auf.
    Hüsch über Hüsch: "Ich bin ein gläubiger, aber kein guter Katholik." Der Mann Hüsch ist unaufdringlich unerschrocken - so wie an jenem Morgen, als er allein und unbewaffnet einen Mann überredete, sich der Polizei zu stellen, der sich mit seinen Kindern und einem Schnellfeuergewehr in seiner Wohnung verbarrikadiert hatte und um sich schoß.
    Er kann zwar die Freude am Streit nicht verleugnen, aber er ist ein Feind jeder Gewalt. Seit er in der Kristallnacht bei jüdischen Nachbarn ein Klavier durch das Fenster fliegen sah, gehört der Schutz der Schwachen zu seinen Prinzipien. Vielleicht, sagt er heute, sei er deshalb Rechtsanwalt geworden. Staatsanwalt könne er jedenfalls nie sein.
    Helmut Locher



    ID: LI711402

  • Porträt: Friedrich Heinen (CDU).
    Vorsitzender des Kommunalpolitischen Ausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 12 - 06.05.1971

    Keiner nennt ihn Friedrich. Für alle heißt er nur Friedl. Das klingt ein wenig bayerisch. Dabei ist er ein waschechter "Ruhrpötter". Vor 50 Jahren wurde er in Duisburg geboren. Heute ist Friedl Heinen Bürgermeister seiner Heimatstadt.
    Nach einer abenteuerlichen Flucht aus Ungarn kehrte Heinen 1946 nach Duisburg zurück. Er fackelte nicht lange. Er packte zu. Bereits im Jahr der Rückkehr wirkte er als Bürgerschaftsmitglied im Rat seiner Stadt mit. Mit Schwung betrieb er beruflich den Wiederaufbau der evangelischen Jugendarbeit. 1948 wurde er als Referent ins Hauptbüro des Hilfswerks der evangelischen Kirche im Rheinland berufen.
    Seit 1963 ist er Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit im Diakonischen Werk und des Film-, Funk- und Fernsehzentrums der rheinischen evangelischen Kirche. 1955 und 1957 organisierte er Landeskirchentage und fünf Jahre später managte er mit neuen Ideen erfolgreich den Dortmunder Kirchentag. Beim Kölner Kirchentag setzte er 1962 als stellvertretender Vorsitzender des vorbereitenden Ausschusses mit Elan seine organisatorischen Erfahrungen ein.
    Politik ist für Heinen Verpflichtung. Er betreibt sie nach außen mit der Leichtigkeit eines Hobbys. Dabei schont er sich nicht, weil er ständig mit Herz und Verstand dabei ist. 1948 trat er der CDU bei. Schon drei Jahre später war er stellvertretender Vorsitzender seiner Kreispartei und zweiter Landessprecher der Jungen Union Rheinland. Seit 1964 ist er Vorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU in Nordrhein-Westfalen.
    Im Rat der Stadt Duisburg, dem Heinen seit 1952 angehört, wählte ihn seine Fraktion sehr bald zu ihrem Vorsitzenden. Mit 38 Jahren zog Heinen in den Landtag ein. 1966 übernahm er den Vorsitz im kommunalpolitischen Ausschuß. Damit hatte der leidenschaftliche Kommunalpolitiker auch landespolitisch Anerkennung gefunden.
    Heinen ist kein Freund langer Reden. Weitausholende Vielsprecher sind ihm ein Greuel. "Das ist doch Gequassel", sagt er dann zuweilen zu seinem Nachbarn. In seiner Fraktion zählt er nicht zu den "Rednern vom Dienst". Wenn er sich mit rauchiger Stimme zu Wort meldet, folgt fast immer nur ein kurzer Schlagabtausch — immer "hart an der Sache". Selbst einen noch so trockenen Stoff weiß Heinen immer wieder durch Witz und Schlagfertigkeit schmackhaft anzureichern.
    Tierischer Ernst liegt ihm nicht. Er ist kein Muffel. Geselligkeit wird bei Heinen groß geschrieben. Er liebt ein gutes Bier oder auch zwei mit einem Körnchen dazu. Es ist schwer, mit Heinen Streit zu bekommen.
    Fuchswild wird er allerdings, wenn er Unrecht wittert. Soweit seine Freizeit und das Wetter es zulassen, segelt Heinen mit Frau Ruth und seinen beiden neun- und 13jährigen Söhnen Uwe und Wilfried. Auf die Frage, welches Hobby er habe, sagt Friedl Heinen als erstes: "Meine Familie".

    Paul Zugowski



    ID: LI711202

  • Porträt: Josef Hermann Dufhues (CDU).
    Staatsminister a. D., ehemaliger Landtagspräsident, Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 10 - 22.04.1971

    Am 11. April wäre er dreiundsechzig Jahre alt geworden: Josef Hermann Dufhues, viele Jahre einer der führenden Politiker der CDU in Nordrhein-Westfalen. Seit mehr als drei Jahren haderte er mit seinen persönlichen Erfahrungen um die Zusammenhänge von Macht und Medizin, zog er sich Schritt für Schritt und mit bewundernswerter Selbstbeherrschung aus der Politik zurück.
    Nur im Landtag, dem er über zwei Jahrzehnte als Parlamentarier, als Minister und als Landtagspräsident angehört hatte, harrte er obwohl schon vom Schicksal gezeichnet — unbeirrt aus; zuletzt noch als Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses.
    Noch in den sechziger Jahren hatte er Konrad Adenauers Angebot, Bundesfinanzminister zu werden, mit der Bemerkung in den Wind geschlagen, ein Ministeramt in Bonn sei nicht das letzte Ziel, das ein Mensch erstreben könne. In den siebziger Jahren verschrieb er sich dann in Düsseldorf doch noch der Finanzpolitik, wenn auch als Parlamentarier.
    Als begeisterter Reiter hatte sich Dufhues in vielen Sätteln zurecht gefunden, bald auch in denen der Politik. Als Reiter war sich Dufhues allerdings auch immer im klaren darüber, wie schnell man sich gerade politisch vergaloppieren kann. Sein Vorpreschen mit westlichen "Weltjugendfestspielen" an der Ruhr, seine Chrustschow-Attacken gegen den damaligen Regierenden Bürgermeister von Berlin, Willy Brandt, und sein vergeblicher Dressurritt gegen die Schriftsteller der "Gruppe 47" zeugen dafür.
    Als Bergsteiger strebte Dufhues stets nach dem Gipfel und düpierte daheim Freunde und Gegner mit der Behauptung, über 2000 Meter gäbe es nur noch anständige Kerle. Vielleicht mag es an den zu niedrigen Hügeln und Bergen in und um Bonn gelegen haben, daß Dufhues in der Bundespolitik nicht nach dem Gipfel gegriffen hat, obwohl dieser für ihn schon greifbar nahe lag.
    So forsch Dufhues auch aufzutreten vermochte, als Rechtsanwalt, als Parlamentarier und Wahlkämpfer seiner Partei, so metallisch die Stimme des Offiziers, des Innenministers und des Politikers auch klingen konnte, Dufhues war im Grunde seines Wesens und im besten Sinne des Wortes ein "Cunctator". Ein Zauderer also, der aus Verantwortungsbewußtsein wichtige Entscheidungen reiflich überlegte und dabei auch in Kauf nahm, seine eigene Chance zu verfehlen. Er war es als politischer Kronprinz in Bonn und im Ringen um den Landesvater in Düsseldorf.
    Dufhues selbst sah sich anders. Er sprach von einem "Ehrgeiz nach Maß". Dufhues hat sich weder als Innenminister mit dem Staat identifiziert, noch als westfälischer Landesvorsitzender oder Geschäftsführender CDU-Bundesvorsitzender mit seiner Partei. Als er 1956 auf dem Stuttgarter Parteitag Konrad Adenauer mit einer Kühnheit attackierte, die weit über den Parteikonvent hinaus Aufsehen erregte, ging es ihm nicht um seine eigene Profilierung, sondern um seinen Parteifreund Karl Arnold.
    Sein Engagement galt seiner Partei, die er reformieren wollte, aber auch dem Neuaufbau des Landes, besonders aber dem Revier, aus dem er stammte. Er hat nicht nur in der CDU seine Spuren hinterlassen, nicht nur im Innenministerium und im Parlament, auch die Entwicklung des Westdeutschen Rundfunks, dem er bis zuletzt als Verwaltungsratsvorsitzender diente, zeigt deutlich seine Handschrift. Über die Erinnerung hinaus wird Josef Hermann Dufhues in einer Fortbildungsstätte der Westfälischen CDU weiterleben, die seinen Namen tragen soll.
    Karl Fischer



    ID: LI711002

  • Porträt: Dr. Ottmar Pohl, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Fraktion.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 7 - 11.03.1971

    Der Begriff des "Hinterbänklers" ist im Düsseldorfer Landtag nicht opportun. Die Sitzordnung der Abgeordneten im Plenarsaal regelt hier grundsätzlich das Alphabet. Nur die "Mannschaft" um den Vorsitzenden bildet bei allen Fraktionen die Ausnahme. Ihr gehören die vorderen Reihen.
    Bei der CDU-Opposition sitzt hier neuerdings auch der Abgeordnete Dr. Ottmar Pohl (37). Die Fraktion wählte ihn zu ihrem Parlamentarischen Geschäftsführer. Mit Zweidrittelmehrheit! Dieses Ergebnis spricht für den Kölner. Seine Kollegen trauen ihm die Bewältigung dieses Amtes zu, das in Düsseldorf bisher nur die SPD-Fraktion besetzt hatte.
    Obzwar er erst seit dem vergangenen Juni Abgeordneter ist, wählte die Fraktion mit Pohl einen alten "Parlamentshasen". Der Regierungsrat (seit der Mandatsübernahme a. D.), der vor der zweiten juristischen Staatsprüfung (1961) auch an der Hochschule für Staats- und Verwaltungswissenschaften in Speyer studierte und sich als Regierungsassessor in der Innenverwaltung des Landes Einblicke in die Exekutive verschaffen konnte, wechselte 1963 zur Legislative über, um siebeneinhalb Jahre lang als Wissenschaftlicher Mitarbeiter für die CDU-Fraktion zu arbeiten.
    Pohl hat damals praktisch die Tätigkeit dieser fachkundigen Helfer der Abgeordneten (als deren "Dienstältester" er sich auch heute noch gern bezeichnet) im Landtag eröffnet. Dabei konnte er auf dem Weg vom Mitarbeiter zum Parlamentarischen Geschäftsführer der CDU Erfahrungen bei einer Fraktion sowohl in der Regierungsverantwortung als auch in der Opposition sammeln. Bald trug manche Kleine oder Große Anfrage, offenbarte mancher Gesetzentwurf auch seine Handschrift. Schon nach einem Jahr betrachteten die Abgeordneten den Nicht-Mandatsträger als Kollegen. "Ich hatte zwar kein Stimmrecht im Parlament, wurde aber in den eigenen Gremien mit Sitz und Stimme geachtet", sagt Pohl von dieser Zeit. Heute verfügt er über beides auch im Plenum — "mit eigenem Auftreten".
    Nach siebzehnjähriger CDU-Zugehörigkeit in Köln, wo die spätere enge Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Fraktionschef Dr. Wilhelm Lenz begründet wurde, und nach der berühmten "Ochsentour" in der dortigen Partei als Delegierter, Mitglied und Stellvertreter im Kreisvorstand, Ratsherr und zweimaliger Wahlkreis-Gegenkandidat sowohl des SPD-Oppositionsführers als auch des Ministerpräsidenten Heinz Kühn zog er bei der letzten Landtagswahl über die Reserveliste (Platz 29) ins Parlament ein. Dem Wahlkämpfer Pohl, der mit Kühn in vielbeachteten Streitgesprächen focht, bescheinigte der Partei, was später die Fraktion ihrem Wissenschaftlichen Mitarbeiter bestätigte: unermüdliches politisches Engagement gepaart mit einer exzellenten fachlichen Qualifikation.
    Bessere Voraussetzungen könnte Pohl für seine neue Aufgabe nicht mitbringen. Er sieht sie als "Dienst an der Fraktion", die er "nicht einpeitschen, sondern koordinieren" möchte, wobei er für den Fraktionsvorsitzenden und seine Stellvertreter "der engste Mitarbeiter" sein will. Vor allem aber möchte er mit Hilfe seiner ehemaligen Kollegen, den Wissenschaftlichen Mitarbeitern der Fraktion, mit dafür sorgen, daß die Legislative nicht durch den geballten Sachverstand der Exekutive mit ihrem riesigen Beamtenheer "totgebügelt" wird.
    Obwohl man ihn jetzt taglich im Landtagsgebäude antreffen dürfte, bleibt Ottmar Pohl mit Frau Irmgard und den Kindern Stephan (8) und Uta (7) in Köln-Brück wohnen — in einer Siedlung und in einer Straße, die nach zwei berühmten Christdemokraten benannt worden sind, nach Adenauer und De Gasperi. Max Karl Feiden

    ID: LI710702

  • Porträt: Dr. Horst Waffenschmidt (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 5 - 18.02.1971

    Er hat immer eine Badehose im Wagen, gleichgültig, ob er dienstlich oder privat unterwegs ist, weil er jede Gelegenheit zum Schwimmen ausnutzt. Das kommt allerdings nur noch selten vor. Meistens war er der Jüngste. Mit 27 Jahren wurde er 1961 jüngstes Mitglied des Kreistages im Oberbergischen Kreis, 1962 wurde er der jüngste rheinische CDU-Abgeordnete im Landtag und 1964 jüngster Gemeindedirektor in Nordrhein-Westfalen.
    Dr. Horst Waffenschmidt, verheiratet, 4 Kinder, ist ein Mann der jungen Generation. Er ist sich gleichzeitig allerdings darüber im klaren, daß das noch kein Qualitätsausweis ist.
    Der begabte Debattenredner Horst Waffenschmidt ist in zweifacher Hinsicht eine glückliche Symbiose. In jungen Jahren war er der Arbeit in der evangelischen Kirche eng verbunden, die er auch heute noch in verschiedenen Gremien fortsetzt.
    Doch selbst als Mitbegründer und Senior des Dietrich-Bonhoeffer- Hauses in Bonn engagierte er sich gleichzeitig auch politisch und war während seines rechts- und staatswissenschaftlichen Studiums als RCDS-Repräsentant Vizepräsident des "Politischen Forums Bonner Studenten".
    Im politischen Bereich verbindet er seine Arbeit als Gemeindedirektor der neuen Großgemeinde Wiehl mit seinen Aufgaben als Landtagsabgeordneter und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU- Landtagsfraktion. Darüber hinaus ist er seit 1966 stellvertretender Landesvorsitzender der CDU Rheinland.
    Seine politische Arbeit ist besonders auf Probleme der regionalen Entwicklung, der Strukturverbesserung und der Landesentwicklung gerichtet. Als Vorsitzender des Landesplanungsausschusses in der letzten Legislaturperiode forderte er, die Planung für die Zukunft Nordrhein-Westfalens nicht einigen Planungstechnokraten zu überlassen und setzte durch, daß künftig alle Landesentwicklungspläne im Parlament beraten werden.
    Waffenschmidt ist zweifellos angesichts der Fülle seiner Funktionen eher praxis- als theorieorientiert. Dennoch bevorzugt er die Delegation von Aufgaben und schätzt bei seinen 230 Mitarbeitern in seiner Gemeindeverwaltung besonders die Eigeninitiative. Es ist ihm unter anderem gelungen, durch die glückliche Verbindung seiner gemeindlichen Aufgaben, mit denen auf der Landesebene, ein fortschrittliches Kindergartenprogramm und eine moderne Schulorganisation zu verwirklichen.
    In seiner Gemeinde liegt die Anzahl der Kindergartenplätze zum Beispiel weit über dem Landesdurchschnitt. Horst Waffenschmidt arbeitet auch in seiner neuen Funktion als stellvertretender Fraktionsvorsitzender weiterhin vornehmlich in seinem Sachbereich als Experte für Strukturpolitik.
    Als solcher war er auch von Heinrich Köppler in dessen Mannschaft berufen worden, da ursprünglich die Absicht bestand, ein Ministerium für Strukturpolitik einzurichten. Daß es dazu nicht kam, hat Waffenschmidt in seinen Aktivitäten nicht eingeschränkt. Seine auch räumlich enge Verbindung mit dem Oberbergischen Kreis — er hat sich dort ein Eigenheim gebaut — möchte er so lange wie möglich aufrechterhalten. So bleibt ihm auch weiterhin die Zeit, sonntags nach dem Kirchgang Sprechstunden für seine Bürger abzuhalten und gelegentlich seine theologischen Literaturkenntnisse durch entsprechende Lektüre auf den neuesten Stand zu bringen.

    Friedhelm Geraedts

    Bildunterschrift:
    Dr. Horst Waffenschmidt, einer der stell- vertretenden Vorsitzenden der CDU-Fraktion

    ID: LI710502

  • Porträt: Eberhard Ullrich (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 3 - 04.02.1971

    Ein überzeugter Mann des Reviers ist der gebürtige Oberhausener (Stadtbeschreibung: "Wiege der Ruhrindustrie"), und heutige Gladbecker, Eberhard Ullrich (36), einer der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Fraktion im nordrheinwestfälischen Landtag. Seine Frau Birgit, Sohn Thomas und Tochter Andrea, sehen den Familienfan heute nur noch selten. Zehn bis zwölf Parteiveranstaltungen wickelt er monatlich neben seinen beruflichen Verpflichtungen als Angestellter einer gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft und der Wahrnehmung seiner Funktionen im Landtag ab.
    Zum frühest möglichen Zeitpunkt, mit 16 dahren, trat er der düngen Union bei. Mit 21 dahren wurde er Kreisvorsitzender der düngen Union in Gladback. Gerade 26 dahre alt, zog er in den Rat seiner Stadt ein, wurde sofort Vorsitzender des Jugendwohlfahrtsausschusses und in der folgenden Legislaturperiode Fraktionsvorsitzender. Als einer der ersten führte er Sprechstunden für die Gladbecker Bürger ein, die er auch heute noch regelmäßig abhält. Der gelernte Versicherungskaufmann war in der letzten Landtagsperiode als Angehöriger der Ruhrgebietslobby Vorsitzender des Ausschusses für Wohnungs- und Städtebau. Die Probleme der modernen Stadtentwicklung sind ihm nicht nur literarisch bekannt. Er glaubt an die Zukunft des Reviers und setzt sich aktiv für die Verbesserung der Struktur an der Ruhr ein.
    Ullrich ist besonders den Arbeitnehmerinteressen verbunden. Er ist Mitglied der IGBE und im Landesvorstand der Sozialausschüsse. Im Wohnungsbau, seinem beruflichen und privaten Anliegen, tritt er für die "Wohnung nach Maß" ein, was für ihn bedeutet, die Bürger mit Wohnungen zu versorgen, die nicht staatlich zugeschnitten werden, sondern den Bedürfnissen des einzelnen und seiner Familie entsprechen. Der ehemalige aktive Handballer ist noch immer Anhänger von Rot-Weiß Oberhausen, obwohl er heute stellvertretender Vorsitzender eines Fußballvereins in Gladback ist. Für ihn sind Bundesligaspiele die einzige Entspannung, die er sich heute neben dem Zusammensein mit seiner Familie gönnt.
    Seinen Urlaub verbringt Eberhard Ullrich mit seiner Familie regelmäßig auf einem Bauernhof an der Nordseeküste. Dies gibt ihm Gelegenheit, über die Probleme des Umweltschutzes gerade für die Ruhrbevölkerung nachzudenken. Trotz seines starken landespolitischen Engagements möchte Ullrich gern gleichzeitig in der Kommunalpolitik bleiben. Ob ihm dies möglich sein wird, wenn Köppler in Nordrhein-Westfalen die Regierung bildet, muß einstweilen noch offen bleiben.
    Friedhelm Geraedts

    Bildunterschrift:
    Eberhard Ullrich, einer der stellvertretenden Vorsitzenden der CDU-Fraktion

    ID: LI710302

  • Christoph Schulze-Stapen (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 10 - 17.12.1970

    Wenn der Landtag Fleißkarten zu vergeben hätte, müßte die erste Schulze-Stapen erhalten. "Das gibt es doch nicht", sagte im Oktober 1967 ein Abgeordneter, als er erfuhr, daß Schulze-Stapen die von ihm energisch vorangetragenen Reformpläne für den Petitionsausschuß just an seinem 50. Geburtstag der CDU-Fraktion vortrug.
    Bei Schulze-Stapen gibt es das. "Die Arbeit geht vor", kommentierte er bündig. Sich selbst gegenüber ist er von einer nahezu preußischen Strenge. Anderen gegenüber ist er großzügiger. "Na ja, der hat gestern Geburtstag gefeiert", bemerkte er einmal beschwichtigend, als ein Abgeordneter zwei Stunden nach Beginn einer wichtigen Ausschußsitzung noch nicht erschienen war — und das Fraktionsbüro nervös wurde in dem Bemühen, schnell einen Stellvertreter herbeizuschaffen.
    Für Schulze-Stapen sind Politiker anderer Couleur keine politischen Feinde. Er diskutiert hart in der Sache, aber Immer fair und mit Respekt vor dem Andersdenkenden. Er ist kein bequemer Mann; aber auch seine politischen Gegner bescheinigen ihm Geradlinigkeit und menschliche Anständigkeit.
    Als ich Schulze-Stapen fragte, was ihn denn bewogen habe, sich politisch zu engagieren, antwortete er zögernd, als wolle er für die Schlichtheit seiner Antwort um Verständnis werben: "Daß den Schwachen nach Gesetz und Recht geholfen wird, das erscheint mir wert zu sein, sich dafür mit ganzer Kraft einzusetzen." Wenn Schulze-Stapen Unrecht wittert, wird er ungemütlich temperamentvoll. Seinem Wesen gemäß hat er sich daher als langjähriger Vorsitzender des Petitionsausschusses konsequent und leidenschaftlich für eine erheblich verstärkte Kontrolle der Verwaltung durch das Parlament eingesetzt. Das Parlament stimmte den Reformvorschlägen Anfang 1969 zu. Das war ein großer Tag für Schulze-Stapen.
    Der heute 53jährige Abgeordnete wurde in Ratibor geboren. Auf dem seit 1411 im Familienbesitz seines Vaters befindlichen Bauernhof in Stapen im Kreis Salzwedel wuchs er auf. Nach dem Abitur war es für ihn als dem einzigen Sohn und Hoferben selbstverständlich, daß er den landwirtschaftlichen Beruf erlernte. Im Elternhaus gab es häufig politisch heiße Diskussionen. Sein Vater war seit 1913 Mitglied im preußischen Abgeordnetenhaus und seit 1930 deutschnationaler Reichstagsabgeordneter.
    Als Soldat wurde Christoph Schulze-Stapen mit manchen Tapferkeitsmedaillen ausgezeichnet, aber nicht Offizier, da er für die Machthaber des dutzendjährigen Reiches politisch nicht zuverlässig war. Als Kriegsgefangener arbeitete er als Knecht auf nordfranzösischen Bauernhöfen. Trotz des schweren Loses eines Kriegsgefangenen denkt er noch heute "in Dankbarkelt an die französischen Nachbarn".
    Nach der Entlassung übernahm Schulze-Stapen 1948 den elterlichen Hof. Mit knapp 400 Morgen entging er der Enteignung. Politisch hellwach, trat Schulze-Stapen der Ost-CDU bei. Der aufrechte Demokrat war schon bald den Macht habern in der "DDR" ein Dorn im Auge. Um der drohenden Einkerkerung zu entgehen, floh er 1952 mit Frau und Kind nach West-Berlin.
    Im gleichen Jahr siedelte er nach Gütersloh über. Beruflich ist er im Ausgleichsamt Wiedenbrück tätig. Mit großer Mehrheit wurde er in den Landesvorstand der CDU Westfalen-Lippe gewählt. Am 6. Juli 1958 wurde Schulze-Stapen in den Landtag gewählt. Durch harte Arbeit hatte seine Stimme In der CDU-Landtagsfraktion schon bald Gewicht. Heute ist er seit Jahren ihr stellvertretender Vorsitzender.
    Schulze-Stapen ist im besten Sinne ein "freiheitlicher" Mann. Seine Frau Gertraud und seinen 22jährigen Sohn Dietmar ermuntert er zur Kritik. Im Hause Schulze-Stapen werden Gedanken- und Redefreiheit großgeschrieben.
    Soweit es seine Zeit zuläßt, liest Schulze-Stapen — auch Gedichte. Und das Wort eines Lyrikers, des österreichischen Dichters Josef Weinheber, fällt mir ein, wenn ich an Schulze-Stapen denke: "Meins hieß immer der Mensch."
    Paul Zugowski

    ID: LI701005

  • Porträt: Albert Pürsten, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 7 - 26.11.1970

    CDU-Landtagsabgeordneten Albert Pürsten kennenlernen will, darf sich nicht aufs unverbindliche Plaudern beschränken. Gewiß kann der 1923 im thüringischen Meuselwitz geborene, in Annaberg im Erzgebirge aufgewachsene Politiker ein geistvoller, auch witziger Gesprächspartner sein. Doch Pürsten wird erst Pürsten, wenn man ihn im harten politischen Disput erlebt, über lange Abende hinweg, heftig und deftig, und so vorbehaltlos offen, daß aus der Achtung des Gegners Respekt, am Ende für manchen gar Freundschaft erwachsen muß.
    Pürsten entstammt jener dezimierten Kriegsgeneration, die buchstäblich mit der eigenen Hände Arbeit erst einmal Berge von Trümmern beseitigen mußte, um sich den Weg für die eigene Existenz zu bahnen.
    Das hat Charakterzüge geschärft, die mit Nüchternheit und Skepsis, kritischer Distanz gegenüber wortreicher Salbaderei, aber auch mit Willensenergie, Opferbereitschaft und einem guten Schuß Selbstvertrauen in den notwendigen Erfolg des eigenen Tuns zu beschreiben sind.
    Das Abitur im Kriegsjahr 1941 hatte für Pürsten wenig Wert. Er wurde Soldat, Luftwaffenoffizier und fand sich nach Entlassung aus französischer Gefangenschaft im rheinischen Neuss wieder, immerhin in Freiheit und nicht wie zwei seiner Brüder in einem russischen Uranbergwerk.
    Pädagogen überredeten den Pädagogen Pürsten zum Lehrerstudium. Es begann in Wuppertal nach einem damals selbstverständlichen Leistungsprinzip: Lernen und Oberbarmen entrümpeln, wieder lernen und als Studentensprecher nach Unterkünften für die nachfolgenden Kommilitonen suchen. Dieses Zupacken im sozialpädagogischen Einsatz hat Pürstens Lebensweg bestimmt.
    1949 findet man ihn mit einer Freundesgruppe in der Flüchtlingssiedlung Espelkamp. Er zimmert aus alten Munitionshallen Lehrlings- und Jugendheime, wird in der evangelischen Jugendarbeit tätig, geht schließlich mit monatlich 179,30 Mark als Junglehrer in den Schuldienst.
    Espelkamp, diese Stadt, in der sich Pommern und Schlesier, Sachsen und Balten, sogar nach Sibirien und Sinkiang verschleppte Wolgadeutsche ein neues Zuhause schufen, wurde auch Pürstens neue Heimat. Hier engagiert er sich im Gemeinderat für die Christlich-Demokratische Union. Über die Junge Union Westfalens führt der Weg weiter bis zum 1958 errungenen Direktmandat im Düsseldorfer Landtag.
    Einen Hinterbänkler Pürsten hat es in diesem Parlament nie gegeben. Er ist seit vielen Jahren stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender. Mit der beliebten Rechts- Links-Schablone ist sein Standort nicht auszumachen. Ihn prägt eine aus bürgerschaftlichem Engagement und Denken kommende liberale Grundhaltung mit starker sozialer Bindung. Das Parlament schätzt seine sachkundigen Beiträge in der Bildungs- und Sportpolitik. Doch Pürsten ist darauf, wie seine Etatreden zeigen, nicht einzuengen.
    Natürlich hat dieser Albert Pürsten Ehrgeiz, natürlich gehört er zur engeren Führungsmannschaft des Oppositionsführers Köppler und gilt seit langem als ministrabel. Seit seiner Wahl im Oktober zum ersten stellvertretenden CDU-Vorsitzenden in Westfalen mit einer Schlüsselfunktion im CDU-Landespräsidium muß er sich auch als Berufspolitiker betrachten, obwohl er immer noch als Lehrer — und dies bislang unter Verzicht auf jede Beförderung — an seiner Schule unterrichtet. Die Parteiarbeit fordert immer mehr ihren Tribut.
    Das nötigt seiner Frau Marie-Luise und seinen vier Kindern im liebevoll gehegten Espelkamper Heim manchen Verzicht ab. In seine Bibliothek, die neben dem Politiker den Liebhaber der russischen Romantik verrät, findet Pürsten nur noch selten. Dennoch — die Familie erzwingt sich ihr Recht, im Winter beim Skilauf im Sauerland, im Sommer beim Wassersport auf dem Lago Maggiore, es sei denn, der Vater krault allen davon und setzt, wie in diesem Jahr geschehen, nach viereinhalb Kilometern allein den Fuß aufs andere Ufer.
    Lothar Bewerunge

    ID: LI700705

  • Porträt: CDU-Fraktionsvorsitzender Heinrich Köppler.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 4 - 29.10.1970

    Heinrich Köppler, 44 Jahre alt, paßt nicht in die Klischees, in die man ihn gern einordnen möchte. Von seinen politischen Gegnern als "tiefschwarz" gemalt, verfocht er dennoch im Bundestag die Liberalisierung des Strafrechts. Obwohl erst fünf Jahre Parlamentarier, betreibt er dieses Geschäft heute wie ein "alter Hase".
    Köppler ist ein Mann jener Generation, die durch den Krieg stark dezimiert wurde. Er hat als Angehöriger dieser Altersgruppe den Nationalsozialismus als junger Mann erlebt, ist jedoch besonders stark geprägt von dem Aufbauwillen der Nachkriegszeit. Darin liegt vielleicht auch das Geheimnis des politischen Erfolgs, der nicht auf das Verkünden von Parolen zurückgeführt werden kann, sondern auf das Bemühen um sachgerechte Lösungen. Insofern ist Köppler ohne Zweifel ein Pragmatiker. Allerdings basiert dieser Pragmatismus auf unanfechtbaren Grundüberzeugungen.
    Köppler, leidenschaftlicher Weintrinker, mag ebenso gern Bier. Er ist das, was man Im Ruhrgebiet als Fußballfanatiker bezeichnet, gleichzeitig liebt er jedoch Tennis. Er galt als der Industrie nahestehend, sprach sich dann für die Mitbestimmung aus, was wieder eine Imagekorrektur bei denen, die über ihn schrieben, erforderlich machte.
    Köppler ist verheiratet. Er wandert gern mit seiner Frau. Von daher ist er exotischen Urlaubszielen eher abgeneigt, weil er dieses Vergnügen im Sauerland ausgiebig haben kann. Der gebürtige Hattenheimer (Rheingau), besticht durch sein oft jungenhaftes, immer unbekümmert wirkendes Lachen. Ihn selbst ärgert das manchmal, weil er vermutet, man vermisse bei ihm den nötigen Ernst. Im politischen Tagesgeschäft ist davon jedoch kaum etwas zu merken. Er arbeitet hart.
    Sein politischer Widerpart in Düsseldorf sähe ihn lieber wieder in Bonn. Köppler ist jedoch dabei, sich in Düsseldorf voll zu etablieren. Dabei ist es ihm gleichgültig, ob er hier seine Aufgabe als Oppositionsführer oder als Ministerpräsident wahrzunehmen hat. Er weiß um die Notwendigkeit einer starken und intakten Opposition.
    Köppler ist ein Mann ohne Ecken und Kanten. Man muß schon sehr nahe an ihn "herantreten", um sie dennoch zu entdecken. Obwohl er ein geduldiger Zuhörer ist, macht ihn politische Einsichtslosigkeit bei Partnern oder das "falsche Händchen" manchmal sehr ärgerlich. Das merkt jedoch nur der Kenner. Ausgelassene Fröhlichkeit ist ihm nicht fremd, eine ruhigere Gangart jedoch lieber.
    Die Persönlichkeitsstruktur des Menschen Köppler ist, oberflächlich betrachtet, relativ unkompliziert. Er ist ein Mann der offenen Tür, der Konventionen verabscheut. Sein Optimismus ist nicht leicht zu übertreffen. Auch wenn ihm jemand "auf die Krawatte latscht", bleibt er ruhig. Nur beim Skatspielen verliert er nicht gern.
    Hat er politischen Ehrgeiz? Seine bisherige politische Laufbahn deutet darauf hin. Dennoch wird dieser Ehrgeiz nur selten sichtbar. Köppler sieht zunächst die Aufgabe, wenn diese ihn reizt, greift er zu. Wahlniederlagen hat er bisher ebenfalls hin und wieder einstecken müssen. Sie scheinen an ihm spurlos vorübergegangen zu sein.
    Köppler könnte ein Techniker der Macht sein. Daß er dies nicht ist, liegt an den Grundüberzeugungen, die ihn geprägt haben. Sie lassen ihn handeln, ohne daß jeweils die vorgelagerten Positionen in Frage gestellt werden müßten. Kritische Reflexion tritt bei ihm zugunsten des Experiments und der Aktion zurück. Er ist ein Mann seiner Generation, nicht der "Junge" der Älteren, aber auch nicht für die zurechtgetrimmt, die einmal seine Nachfolger sein werden. Bis dahin ist sicher noch viel Zeit.
    Friedhelm Geraedts

    ID: LI700405

  • Porträt: Landtagspräsident Dr. Wilhelm Lenz (CDU).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 1 - 08.10.1970

    Über Dr. Wilhelm Lenz, den CDU-Politiker, einstigen Fraktionsvorsitzenden, Oppositionsführer und Ministerpräsidenten-Kandidaten seiner Partei ein Porträt zu schreiben, würde nicht schwerfallen. Den Landtagspräsidenten gleichen Namens würdigen zu wollen, ist kaum ein Vierteljahr nach seiner Wahl in dieses hohe Amt unmöglich.
    Die siebente Wahlperiode, für die Dr. Lenz am 27. Juli dieses Jahres als Nachfolger von Ernst Gnoss, Robert Lehr, Josef Gockeln, Wilhelm Johnen, Josef Hermann Dufhues und John van Nes Ziegler berufen wurde, ist erst "vier Plenarsitzungen alt". Allerdings: Es kündigen sich Veränderungen sowohl innerhalb der parteipolitischen Landschaft als auch auf parlamentarischer Ebene an. Da man in naher Zukunft wahrscheinlich mit noch knapperen Mehrheitsverhältnissen im Landtag als bisher wird rechnen müssen, dürfte bereits mit den nächsten Sitzungen die erste "heiße Phase" für den Präsidenten beginnen.
    Sie wird von ihm jene Art der Amtsführung erfordern, die Wilhelm Lenz unmittelbar nach seiner Wahl für sich, für die neuen Vizepräsidenten, aber auch für die Fraktionen so umschrieb: "Diese Arbeit sollten wir trotz aller politischen Gegensätze, die sein müssen, in jener sachlichen Atmosphäre vollziehen, die dieses Parlament seit seinem Bestehen ausgezeichnet hat."
    Diesen Landtag kennt sein neuer Präsident seit mehr als zwölf Jahren. Als der damals 37jährige Kölner im Juli 1958 als Abgeordneter ins Haus am Kaiserteich zog, war noch sein wenige Monate später tödlich verunglückter Parteifreund Josef Gockeln Landtagspräsident, stellte die SPD mit Alfred Dobbert zum vierten Male den Vizepräsidenten, saß die heutige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages noch in den Reihen der FDP-Landtagsfraktion.
    Diese beinahe schon historischen Fakten findet man im Handbuch, das über Lenz selbst nur fünf Zeilen enthält. Sie umschreiben seinen nichtpolitischen Werdegang sogar in nur zwei dürren Zeilen: Geboren am 2. Juli 1921 in Köln; verheiratet, fünf Kinder, Abitur, Dr. phil., Geschäftsführer. Schon bei der letzten Angabe wäre zu ergänzen "... des Deutschen Beamtenbundes". Es ist ebenso erwähnenswert, daß der junge Philologe eine sprachwissenschaftliche Doktorarbeit über Georg Büchner schrieb, an einer privaten Abendschule Deutsch, Englisch und Geschichte lehrte und einmal davon geträumt haben soll, Publizist zu werden, was der Parlamentsjournalist um so lieber vermerkt, als sich ihm damit die Gelegenheit bietet, die Pressefreundlichkeit des Parteipolitikers Lenz zu loben und die gleiche Tugendübung vom Landtagspräsidenten Lenz zu erwarten.
    In einem Portrait über den Landtagspräsidenten Lenz darf man Anmerkungen über den Politiker Lenz ungestraft vernachlässigen, da die Elle am Parteimann anzulegen wäre, von dem hier nicht die Rede ist. Als man noch über "diesen" Lenz schrieb, gab es Attribute in Hülle und Fülle. Sie reichten von "unauffällig im Auftreten" und "ohne Neigung zu politischen Höhenflügen" bis "immens fleißig, zielstrebig und ehrgeizig". Man bescheinigte ihm "politisches Profil" sowie "überzeugende Haltung" und vermißte gleichzeitig "charismatische Züge" und eine "große Ausstrahlung". Auf der Wertungs-Waagschale lag hüben ein "klar denkender wie scharf analysierender Kopf" eines "mit allen kölnischen Wassern gewaschenen Taktikers" und häufte man drüben Lenz'sche "pragmatisch-politische Fähigkeiten" und seine "Begabung, ein Team zu leiten".
    Nun wohl: Ein Landtagspräsident zieht mit dem neuen Amt das Gewand des Politikers nicht aus. Parteiliche Überzeugung im besten Sinne dürfte parteiisches Handeln sogar ausschließen. Man darf daher dem Präsidenten des Hohen Hauses sogar wünschen, daß er diese ihm zugeschriebenen Eigenschaften in das neue neutrale Amt mitnehmen möge. Sie sind der handwerkliche Nachweis eines, wie Wilhelm Lenz sich selbst schlicht nennt, "praktizierenden Demokraten".
    Max Karl Feiden

    ID: LI700105

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Die Fraktionen im Landtag NRW