In einem zweitägigen Redemarathon hat der Landtag Anfang Dezember dem von der Landesregierung vorgelegten Entwurf für den Haushalt 2008 zugestimmt. Der Etat für das kommende Jahr umfasst ein Volumen von rund 51 Milliarden Euro und damit gut eine Milliarde mehr als 2007. Während die Koalition das Land weiterhin mit Erfolg auf dem eingeschlagenen Konsolidierungskurs sah, warf die Opposition dem schwarz-gelben Regierungslager vor, es spare nicht genug. Und wenn gespart werde, dann vor allem bei den Familien und bei der Jugend. Mit 80 Änderungsanträgen versuchten SPD und Grüne sowie der fraktionslose Abgeordnete Rüdiger Sagel den vorgelegten Haushalt zu verändern. Vergeblich: Alle Anträge wurden von der Koalitionsmehrheit abgelehnt, einer sogar in namentlicher Abstimmung. Mit ihm wollten die Grünen den Verkauf von Staatswald stoppen.
Innen- und Verwaltungsstrukturreform
Dr. Karsten Rudolph (SPD) verstand den Haushaltsentwurf als "Raubbau an der inneren Sicherheit". Die Sicherheitsbehörden in NRW seien "nur noch bedingt einsatzfähig", was die Zahl der unaufgeklärten Kriminaltaten beweise.
Theo Kruse (CDU) erklärte, die Konsolidierung der Landesfinanzen habe höchste Priorität. Dennoch komme es nun zu Mehreinstellungen von Polizeianwärterinnen und Polizeianwärtern zugunsten der Altersstruktur im Polizeidienst.
Horst Engel (FDP) sagte, die Landesregierung stelle die Polizei im Land neu auf, indem der Polizeidienst auf seine Kernaufgaben konzentriert werde. Dies, so Engel, geschehe nach dem Credo: "Mehr fahnden, weniger verwalten."
Monika Düker (GRÜNE) befürchtete, durch die geplanten Mehreinstellungen bei der Polizei sei langfristig allenfalls ein "Plus-Minus-Spiel" im Personalbestand zu erreichen. "Mehr Polizisten gibt es also noch lange nicht auf den Straßen", so Düker.
Innenminister Dr. Ingo Wolf (FDP) gab zu Protokoll: "Die innere Sicherheit ist uns sehr viel wert." Für die Arbeit der Polizei seien im kommenden Jahr trotz weiterhin angespannter Haushaltslage rund 2,4 Milliarden Euro vorgesehen.
Sport
Theo Peschkes (SPD) war sich sicher: "Der Sport führt unter dieser Koalition ein Schattendasein." Es gebe keine Konzepte zur Förderung des Nachwuchssports, des Leistungssports und zur Absicherung des Sports im Alltag.
Holger Müller (CDU) sah es völlig anders: "Dieser Sporthaushalt ist ein gutes Gesamtwerk." Wenn die Wetteinnahmen als Mittel zur Sportförderung zurückgingen, dann sei das nicht Schuld der Landesregierung. Dieses System habe Rot-Grün etabliert.
Christof Rasche (FDP) nahm es sportlich: "Mit diesem Haushalt hat der Sport wieder einen deutlichen Sieg eingefahren." Mit dem Etat würden die beiden Ziele sehr gut vereinbart, den Sport zu fördern und gleichzeitig den Haushalt zu konsolidieren.
Ewald Groth (GRÜNE) kam zu dem Urteil, die Sportpolitik von Sportminister Wolf und Ministerpräsident Rüttgers sei "ohne jede Konzeption und vor allen Dingen ohne jedes zielgerichtete Engagement für den Sport".
Minister Dr. Ingo Wolf (FDP) tröstete sich: Die substanzlosen Vorwürfe der Opposition gingen allesamt ins Leere. Auch angesichts sinkender Lottoerlöse - an denen weide sich geradezu die SPD - : "Wir werden die notwendigen Mittel aufbringen, um zu helfen".
Gemeindefinanzierungsgesetz
Ralf Jäger (SPD) betonte, die kommunale Finanzsituation werde zunehmend dramatischer. Im Mai 2007 hätten 190 Kommunen ein Haushaltssicherungskonzept vorlegen müssen. Die Landesregierung habe ihnen eine Milliarde Euro entzogen.
Rainer Lux (CDU) erklärte, die Landesregierung halte ihre Finanzierungszusagen an die Kommunen ein. Im nächsten Jahr würden diese 840 Millionen Euro mehr erhalten als zuvor. Dies sei ein Beitrag, um die Haushalte konsolidieren zu können.
Horst Engel (FDP) nannte die Gemeindefinanzierung 2008 "Balsam für finanzschwache Kommunen". Ende 2006 habe es 113 Kommunen mit Nothaushalt gegeben, im Oktober 2007 noch 104. Das beweise "die Richtigkeit der Finanzpolitik."
Horst Becker (GRÜNE) warf dem Finanzminister einen "Raubzug durch kommunale Kassen" vor. Die Landesregierung habe den Kommunen schrittweise Finanzmittel entzogen und ihnen zugleich neue Lasten von 245 Millionen Euro zugeschoben.
Minister Dr. Ingo Wolf (FDP) zeigte sich erfreut, dass die Zahl der Kommunen mit Haushaltssicherung und Nothaushalten seit dem Jahr 2000 erstmals zurückgehe. Nun müsse man diesen Kommunen mehr Handlungsfreiheit ermöglichen.
Allgemeine Finanzverwaltung und Haushaltsgesetz
Theo Peschkes (SPD) meinte, die Beschäftigten der Finanzverwaltung würden sich im Stich gelassen fühlen. Die personelle Lage in der Verwaltung verschärfe sich zusehends: "Es wird am falschen Ende gespart."
Volkmar Klein (CDU) erläuterte, dass der Haushaltsentwurf die richtige Balance zwischen Einsparungen und Investitionen finde. Der Abbau der Neuverschuldung sei "der wichtigste Beitrag, den wir für unsere Kinder leisten können".
Angela Freimuth (FDP) lobte die "historisch niedrige Nettokreditaufnahme" für das kommende Jahr. Zugleich fordert sie ein "transparenteres und einfacheres Steuersystem", das auch der Finanzverwaltung spürbar zugute komme.
Ewald Groth (GRÜNE) kritisierte den "Haushalt der Sünden". CDU und FDP hätten den Schuldenberg auf 118 Milliarden Euro erhöht, obwohl die Steuereinnahmen mit 41,5 Milliarden Euro auf dem höchsten Niveau aller Zeiten lägen.
Finanzminister Dr. Helmut Linssen (CDU) erklärte, die Finanzverwaltung erbringe den schon von Rot-Grün geforderten Beitrag zum Personalabbau. Der Stellenbestand in der Verwaltung sinke deshalb ab Januar 2008 um 1,3 Prozent.
Generationen und Familie, Kinder und Jugend
Wolfgang Jörg (SPD) bemängelte, der vorgelegte Haushalt werde den Problemen in der Kinder- und Familienpolitik nicht gerecht. So spare die Landesregierung im kommenden Jahr weitere 20 Millionen Euro in der offenen Jugendarbeit ein.
Marie-Theres Kastner (CDU) hob die haushaltpolitischen Prioritäten für Kinder und Jugendliche hervor. Die Landesregierung stelle 969 Millionen Euro für frühkindliche Bildung zur Verfügung und fördere die Familienhilfe auf anhaltend hohem Niveau.
Christian Lindner (FDP) wies auf Förderprogramme zur Vernetzung von Akteuren der Familienhilfe hin. So könnten in den Kommunen soziale Frühwarnsysteme mit "deutlich erhöhten Mitteln von 1,5 Millionen Euro implementiert werden."
Andrea Asch (GRÜNE) erklärte, trotz Rekordeinnahmen schreibe die Landesregierung die finanziellen Kürzungen bei Kindern, Jugendlichen und Familien fort. Sie befürchte unter anderem eine Unterfinanzierung von Familienzentren.
Minister Armin Laschet (CDU) unterstrich "erhebliche Steigerungen" in der finanziellen Förderung von Kindern und Jugendlichen. Insgesamt stelle die Landesregierung über eine Milliarde Euro für Kinder in Nordrhein-Westfalen bereit.
Frauen
Gerda Kieninger (SPD) konnte in den Haushaltsberatungen "Gleichstellungspolitik kaum noch erkennen", da die Landesregierung "drastische Einschnitte" besonders bei dringend notwendigen Beratungsangeboten für Frauen vornehme.
Maria Westerhorstmann (CDU) sah die Landesregierung in der Frauenpolitik "gut aufgestellt". Durch den weiteren Ausbau der Kinderbetreuungs- angebote unterstütze man die für Frauen elementar wichtige Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
Ingrid Pieper-von Heiden (FDP) begrüßte, "dass mit dem Haushaltsentwurf 2008 im Bereich der Frauenpolitik Kontinuität gewahrt wird und neue Akzente gesetzt werden." Politischer Schwerpunkt bleibe die berufliche Gleichstellung von Frauen.
Barbara Steffens (GRÜNE) entgegnete, die Frauenpolitik bleibe im Haushaltsentwurf "auf der Strecke". Kritisch beurteile sie die Streichung der zweiten Fachkraftstelle in den Frauenhäusern. "Die Auswirkungen sind massiv."
Minister Armin Laschet (CDU) erklärte, Frauenpolitik sei "alles andere als Politik für Randgruppen oder eine Klientelpolitik." Zum zweiten Mal erfahre deshalb der Etat in Höhe von 14,8 Millionen Euro trotz schwieriger Haushaltslage keinerlei Kürzungen.
Integration und Eine-Welt
Angela Tillmann (SPD) merkte kritisch an, dass der Einzelplan für 2008 ohne positive Änderungen aus 2007 übernommen worden sei. "Es nutzt nichts, wenn Sie von der Vielfalt sprechen, die Migranten mitbringen, diese Vielfalt aber nicht fördern."
Michael Solf (CDU) sagte, in der Integrationspolitik entscheide sich die "Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft." Der Einzelplan sei vor diesem Hintergrund eine "solide und seriös gerechnete Vorlage" für weitere Integrationsprojekte.
Christian Lindner (FDP) formulierte den Anspruch: "Wir wollen keine Parallelstrukturen für Einheimische und Zugewanderte." Deshalb würden bewährte Förderstrukturen nun so ausgerichtet, dass sie alle Menschen in NRW ansprechen.
Andrea Asch (GRÜNE) beklagte, dass die Eine-Welt-Politik im Haushalt nicht ausreichend berücksichtigt werde. Darunter litten Anstrengungen zu fairem Handel, zur Armutsbekämpfung und zur Bildung in den betroffenen Ländern.
Minister Laschet (CDU) beschrieb die Eine-Welt-Politik als neuen Handlungsschwerpunkt im Jahr 2008. Nordrhein-Westfalen sei ein "internationales Land" mit vielen Außenwirtschaftsbeziehungen und daher ein wichtiger politischer "Zielgeber".
Arbeit und berufliche Weiterbildung
Rainer Schmeltzer (SPD) warf der Landesregierung vor, Steuermehreinnahmen nicht zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit einzusetzen. Man habe keine Programme unabhängig von Mitteln aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) initiiert.
Norbert Post (CDU) betonte, der Haushalt enthalte Neubewilligungen in Höhe von 135 Millionen Euro und konzentriere sich auf klare Programmstrukturen für den Arbeitsmarkt. "Förderung geht nicht mehr mit der Gießkanne."
Dr. Stefan Romberg (FDP) führte die Ausbildungsförderung von Jugendlichen als politischen Schwerpunkt an. Der Landesregierung sei es gelungen, ihre Programme vor dem Hintergrund sinkender europäischer Förderzuschüsse neu zu strukturieren.
Barbara Steffens (GRÜNE) zeigte sich enttäuscht, dass Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte künftig nicht mehr durch Mittel aus dem ESF unterstützt würden. Sie sprach sich für den Erhalt der Arbeitslosenzentren aus.
Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) erklärte, sich besonders stark für die Ausbildungschancen junger Menschen einzusetzen. Der Haushalt stelle 118 Millionen Euro bereit, um erfolgreiche Förderprogramme fortzuführen.
Gesundheit und Soziales
Heike Gebhard (SPD) empfand den Haushaltsentwurf als "gesundheitspolitisch völlig unzureichend." Der Gesundheitsminister sende "ein falsches Signal ins Land", wenn er beispielsweise den Krebsberatungsstellen keine Förderung zuspreche.
Oskar Burkert (CDU) erklärte, die Landesregierung sichere die verlässliche Finanzierung der Krankenhäuser und fördere die Gesundheitswirtschaft im Land. Bis zum Jahr 2015 könnten 2.000 neue Arbeitsplätze in diesem Bereich entstehen.
Dr. Stefan Romberg (FDP) verdeutlichte, wie wichtig die Prävention im Gesundheitssektor sei. Zu den geförderten Projekten gehörten beispielsweise Aufklärungskampagnen zu den Folgeschäden von Drogenmissbrauch.
Barbara Steffens (GRÜNE) sprach sich gegen finanzielle Einsparungen im Bereich der Patientenselbsthilfe aus: "Jeder weiß, dass man die Vernetzung und Koordinierung der Selbsthilfestrukturen nicht mit Ehrenamtlichen leisten kann."
Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) versprach im Plenum, die gesundheitliche Prävention weiter zu entwickeln und zu stärken. Für Präventionsmaßnahmen seien im Haushaltsentwurf insgesamt 280.000 Euro an Landesmitteln vorgesehen.
Staatskanzlei und Europaangelegenheiten
Wolfram Kuschke (SPD) bezeichnete es als "Unding", das Land Nordrhein-Westfalen am neuen Benelux-Staatsvertrag beteiligen zu wollen. Die Proteste aus den Nachbarländern hätten deutlich gemacht, "dass dies kein realistischer Weg ist."
Ilka von Boeselager (CDU) begründete die finanziellen Erhöhungen im Repräsentationstitel für den Ministerpräsidenten: "Wir wollen, dass unser Ministerpräsident mit Auslandsreisen das Land NRW nach außen repräsentiert."
Dietmar Brockes (FDP) meinte, Nordrhein-Westfalen habe "alle Gründe, sich in Europa selbstbewusst zu positionieren." Die Mittel für Europa und internationale Angelegenheiten würden deshalb um 850.000 Euro aufgestockt. Den Kontakt mit Benelux wünsche sich NRW "je enger, desto besser". Diese Botschaft sei bei den Partnern angekommen.
Sylvia Löhrmann, GRÜNE-Fraktionsvorsitzende, sah die Europapolitik bei der Landesregierung "nur eine sehr untergeordnete Rolle" spielen. Die Staatskanzlei habe Chancen verpasst, sich auf europäischer Ebene beispielweise an Initiativen zum Klimaschutz zu beteiligen.
Europaminister Andreas Krautscheid (CDU) warf einen Blick auf Pläne des kommenden Jahres, die Partnerschaft zu Frankreich auszuweiten. "Mit großem Aufwand werden wir versuchen, Kultur, Kunst und Menschen aus NRW in Frankreich zu präsentieren."
Kultur
Claudia Nell-Paul (SPD) freute sich "auf den ersten Blick" über einen Zuwachs von 22 Millionen Euro im Einzelplan. Allerdings sehe man im Detail, dass ein Großteil des Geldes allein für den Ausbau der Kunstsammlung K20 bestimmt sei.
Professor Dr. Thomas Sternberg (CDU) hob eine Steigerung des Kulturförderetats um 15,3 Millionen Euro auf insgesamt 154 Millionen Euro hervor. Sein Fazit zum Entwurf: "In Nordrhein-Westfalen ist Kulturpolitik wieder ein wichtiges Feld."
Angela Freimuth (FDP) erklärte, die Kulturausgaben flössen schwerpunktmäßig in Projekte zur kulturellen Bildung von Kindern und Jugendlichen. Mit dieser Bildung könne man die soziale Kompetenz der jungen Menschen fördern und stärken.
Oliver Keymis (GRÜNE) entdeckte im Entwurf einige "Wermutstropfen": Bei aller Freude über die Zahlen habe man die "Baustelle, dass die Kulturpolitik den Aufwachs sehr insular erlebt, während wir im kommunalen Bereich vor Problemen stehen."
Minister Andreas Krautscheid (CDU) erneuerte das Wahlversprechen, "die Kulturpolitik zu einem Markenzeichen dieser Landesregierung zu machen." Mit einer Verdoppelung des Kulturetats setze man dieses Versprechen weiterhin um.
Medien
Marc Jan Eumann (SPD) prangerte "kräftige Kürzungen" im Medienetat des Landes an. Zum Beispiel fehlten Impulse der Landesregierung zur Förderung der Filmstiftung NRW und der Lokalradios in Nordrhein-Westfalen.
Dr. Michael Brinkmeier (CDU) rief die Abgeordneten zur einer parteiübergreifenden Medienpolitik auf: "Medienpolitik muss nach Grundsätzen leben, die auch etwaige Regierungswechsel überdauern." Diese Kontinuität gelte es weiterhin zu pflegen.
Ralf Witzel (FDP) sah zahlreiche medienpolitische Fragen auf die Landespolitik zukommen. Dazu gehöre die Frage nach der Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Insbesondere die Online-Expansion gelte es zu diskutieren.
Oliver Keymis (GRÜNE) beklagte: "In Nordrhein-Westfalen gibt es kaum noch Medienpolitik." So kürze die Landesregierung weitere Mittel bei der Filmstiftung, "obwohl es leicht wäre, an dieser Stelle etwas großzügiger zu agieren."
Minister Andreas Krautscheid (CDU) wehrte sich gegen Vorwürfe, der Medienetat werde zusammengestrichen. Vielmehr habe die Landesregierung ihre Förderstrategie neu ausgerichtet und erstmals ein Mediencluster entworfen.
Justizministerium
Frank Sichau (SPD) vermisste finanzwirtschaftliche Begründungen für die Zusammenlegung von Amtsgerichten. Es würden Strukturen zerschlagen, "die gut und richtig sind." Das sei eine Konsolidierung "der negativen Art".
Harald Giebels (CDU) stimmte den Plänen der Landesregierung zu, bis 2010 weitere 740 Haftplätze im Jugendstrafvollzug schaffen zu wollen. "Dies ist ein wichtiger Bestandteil zur wirksamen Bekämpfung der Jugendkriminalität."
Dr. Robert Orth (FDP) verwies auf die Städte Düsseldorf und Köln, die jeweils nur ein Amtsgericht hätten. "Was dort klappt, muss auch in Duisburg oder Essen klappen." Es gebe keine Argumente gegen die Zusammenlegung von Gerichten.
Monika Düker (GRÜNE) bezweifelte, dass der Haushalt die Funktionsfähigkeit der Justiz stärke. Das Grundrecht der Bürgerinnen und Bürger auf ein zügiges Gerichtsverfahren sei durch finanzielle Sparmaßnahmen in Gefahr.
Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) betonte, der Haushalt schaffe den "Spagat zwischen Konsolidierung und Gewährleistung einer leistungsfähigen Justiz." Auch die Fortentwicklung des Strafvollzuges bleibe garantiert.
Städtebau und Wohnen
Monika Ruff-Händelkes (SPD) hielt die Wohnungsbaupolitik der Landesregierung für verantwortungslos. Sie reduziere den sozialen Wohnungsbau und gebe keine Antwort auf die Probleme des demographischen Wandels.
Heinz Sahnen (CDU) stelle fest, der Kurs der Koalition in der Wohnungs- und Städtebaupolitik der letzten zwei Jahre sei richtig gewesen. Beide, die Städtebau- und die Wohnungspolitik, müssten seiner Meinung nach stärker vernetzt werden.
Christof Rasche (FDP) fand die Politik in diesem Bereich nach dem Neuanfang ebenfalls "auf einem guten Weg". Das Wohnungsbauförderungsvolumen von 840 Millionen Euro sei im bundesweiten Vergleich "extrem hoch".
Horst Becker (GRÜNE) meinte, das Konsolidierungsopfer, das Minister Wittke überproportional im Städtebau und im Wohnungsbau erbringe, müssten letzten Endes die Bürgerinnen und Bürger bezahlen.
Städtebauminister Oliver Wittke (CDU) meinte, es liege im Interesse der Mieter, dass im sozialen Wohnungsbau verstärkt Energie gespart werde. Darum werde es im kommenden Jahr eine "Qualitätsoffensive hin zu verstärktem Klimaschutz im Wohnungsneubau und -bestand" geben.
Verkehr
Bodo Wißen (SPD) bezifferte den Verlust der Mittel für den Bereich Bauen und Verkehr auf 100 Millionen Euro. Den privaten Bahnen werde der Hahn zugedreht. "Herr Wittke, Sie sind der einzige Minister, dem der Haushalt gekürzt wird."
Bernd Schulte (CDU) rechnete vor, dass die Mittel für den Landesstraßenbau trotz der Sparzwänge gesteigert worden seien. In der Mitte der Legislaturperiode habe man schon viel erreicht und sei dabei, die Weichen für die Zukunft der Verkehrsträger in NRW erfolgreich zu stellen.
Christof Rasche (FDP) sah ebenfalls diese Wende in der Verkehrspolitik. Schwarz -Gelb stelle wieder den von Rot-Grün jahrelang geleugneten Zusammenhang her zwischen Arbeitsplätzen, Wirtschaft und Wohlstand auf der einen sowie Verkehr, Logistik und Infrastruktur auf der anderen Seite.
Horst Becker (GRÜNE) diagnostizierte das Gegenteil: Wittke sei ein "verkehrspolitischer Geisterfahrer". Er stoppe den Ausbau der Schiene und sei nicht bereit, wegfallende Bundesmittel durch das Land zu kompensieren. Auch der demographische Wandel sei noch nicht in der Verkehrspolitik angekommen.
Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) erwartete mit der Neuordnung der Förderung im ÖPNV für die Aufgabenträger mehr Gestaltungsspielraum und mehr Effizienz. Trotz Konsolidierung bleibe die Modernisierung des Landes im Blick.
Schule und Weiterbildung
Ute Schäfer (SPD) erkannte im Etat der Schulministerin eine weitere "Lehrerstellenlüge": Die versprochenen 4.000 zusätzlichen Stellen seien mittlerweile halbiert worden. Das müsse zurückgenommen, Kinder aus sozial schwachen Familien unterstützt werden.
Bernhard Recker (CDU) kündigte an, nach Abschluss der Haushaltsberatungen werde es 5.084 zusätzliche Lehrerstellen im System geben. Wenn man die 4.180 trotz zurückgehender Schülerzahlen belassenen Stellen dazurechne, komme man sogar auf 9.264 Lehrerstellen.
Ingrid Pieper-von Heiden (FDP) betonte ebenfalls, der demographische Wandel werde nicht als "Spardose" genutzt. Es werde für die Bürger weiterhin ein Grundangebot gesellschaftlich wichtiger Weiterbildung in gesicherter Qualität geben.
Sigrid Beer (GRÜNE) geißelte das starre Festhalten am gegliederten Schulsystem im Land: Darum komme man auch bei PISA nicht voran. Und sozial benachteiligte Schüler blieben weiter abgehängt.
Schulministerin Barbara Sommer (CDU) sagte das Gegenteil: "Unsere Schulen im Land werden besser. Darauf können wir alle stolz sein." Mit jeweils 88 Millionen Euro habe die Weiterbildung im kommenden und den folgenden beiden Jahren eine verlässliche Planungsgrundlage.
Innovation, Wissenschaft Forschung und Technologie
Karl Schultheis (SPD) qualifizierte den Etat als einen "Haushalt des Etikettenschwindels". Zum ersten Mal steige er wieder, erreiche aber trotzdem nur das Niveau, das er 2005 unter Rot-Grün schon hatte. Statt Schwerpunkte zu setzen, würden die Mittel so flexibilisiert, "dass sie für alles und jedes genutzt werden können".
Bodo Löttgen (CDU) freute sich über den Zuwachs von 3,8 Prozent bei den Innovationsförderungsmitteln. Das sei der Beweis, dass sich die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen dem hohen Tempo der "Hochgeschwindigkeitsglobalisierung" angepasst hätten.
Christian Lindner (FDP) widersprach den Reden von sinkendem Haushaltsmitteln. Der Etat reihe sich ein in die Maßnahmen, "NRW bis zum Jahr 2015 zum Innovationsland Nummer eins zu machen". Die SPD dagegen zeichne "Horrorszenarien".
Dr. Ruth Seidl (GRÜNE) übte Kritik an den Studiengebühren: Sie versickerten im System, sie seien "Betrug an den Studierenden" und schreckten Studienwillige ab, hielt sie dem Innovationsminister vor. Der Innovationsminister betreibe eine Politik "ohne Schwerpunkte und ohne Profil".
Innovationsminister Professor Dr. Andreas Pinkwart (FDP) legte sich fest: Die Landesregierung erfülle die Garantien des Zukunftspakts mit den Hochschulen "ohne Wenn und Aber". Die Hochschulen würden 2008 über mehr Mittel verfügen als im Vorjahr und - übrigens - auch mehr als bei Regierungsübernahme. Die Studierenden sollten die Hochschulen drängen, dass ihre Beiträge zweckgebunden und wirksam verwendet würden.
Dr. Ruth Seidl (GRÜNE) umschrieb die Realität der Hochschulpolitik nach zweieinhalb Jahren so: Rückzug aus der staatlichen Verantwortung, Studiengebühren mit mehr als zweifelhafter Verwendung, viel zu wenig Studierende und wachsender Akademiker- und Fachkräftemangel.
Ralf Witzel (FDP) wertete die Neuprofilierung des Politikfelds Innovation in NRW als "beispiellos". Mit einem Weniger an Bürokratie werde in die Zukunft des Landes, in neue Arbeitsplätze und in den Strukturwandel investiert. Die Ausrichtung auf Innovation mit einer Vielzahl an Programmen, vernetzt mit anderen Ressorts und vorangetrieben mit privaten Partnern, sei wichtig für ein Land im Umbruch.
Karl Schultheis (SPD) warf der Regierung vor, sie betreibe eine Bildungspolitik, die das Ziel, dass mehr junge Leute studieren, ins Gegenteil verkehre. Und die angeblich neuen Instrumente in der Innovationspolitik gebe es schon seit vielen Jahren in NRW.
Sigrid Beer (GRÜNE) forderte den Minister auf, zu seinem Vorschlag einer Regionalschule zu stehen. Das gegliederte Schulsystem bringe frühe Selektion und führe zu einem "Sozial-Abgehängtwerden".
Bodo Löttgen (CDU) hielt der Opposition vor, sie habe wenig Vorstellungen darüber, "was positive Faktoren für ein Innovationsklima sind". Zahlen würden einfach nicht anerkannt, weil sie den Aufwärtstrend in diesem Feld dokumentierten.
Umwelt und Naturschutz, Verbraucherschutz und Landwirtschaft
Svenja Schulze (SPD) urteilte, die Regierung senke die Standards im Verbraucherschutz und in der Umweltpolitik. Antworten auf Zukunftsfragen würden nicht gegeben. Das Ehrenamt im Naturschutz werde "mit Füßen getreten".
Marie-Luise Fasse (CDU) machte auf die Schwerpunkte aufmerksam, die man gesetzt und mit denen man Verbesserungen erreicht habe. Im Umweltschutz gelte das Motto: "Qualität vor Quantität und Stärken stärken". Man sei verlässlicher Partner des ehrenamtlichen Naturschutzes.
Holger Ellerbrock (FDP) meinte, ähnlich wie beim Naturschutz solle es auch für den Verbraucherschutz im Land eine verlässliche Kalkulationsgrundlage geben. Darum werde es eine Vereinbarung zwischen Regierung und Verbraucherzentrale geben.
Johannes Remmel (GRÜNE) sah für Verbraucher- und Naturschutz nichts Positives darin, auf geradezu niedrigstem Niveau einen Standard abzusichern". Das sei so, als werde einem, dem das Wasser bis zum Hals stünde, gesagt: "Diesen Zustand halten wir noch bis zum Ende der Legislaturperiode".
Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) war stolz auf seinen Beitrag zur erfolgreichen Haushaltskonsolidierung. Trotzdem könnten 2008 alle notwendigen Maßnahmen finanziert werden. Das sei "mehr als erfreulich". Aktive Umweltpolitik, nachhaltige Verbraucherschutzpolitik, gute Agrarpolitik und ein guter Ansatz beim Hochwasserschutz - dafür sei der Etat eine gute Grundlage.
Annette Watermann-Krass (SPD) warf der Regierung vor, sie habe die Forstreform durchgesetzt, obwohl nach dem Orkan Kyrill im Forst jede helfende Hand auf Jahre noch gebraucht werde. Sie sei auch nicht bereit, ihre Landwirtschaftspolitik der Zukunft anzupassen.
Friedhelm Ortgies (CDU) verwies darauf, immer mehr Menschen sähen ein, wie wichtig eine funktionierende Landwirtschaft für das Land sei. Die Preise hätten sich positiv entwickelt, der unsinnige Zwang zur Flächenstilllegung sei abgeschafft. "Wir brauchen die Landwirtschaft zum Leben", stellte er fest.
Holger Ellerbrock (FDP) hatte kein Verständnis für die Klage der SPD über die Situation beim Landesbetrieb Wald und Holz. Den habe Rot-Grün gegründet und diesen "Trümmerhaufen" habe Schwarz-Gelb übernehmen müssen, um daraus etwas Vernünftiges zu machen.
Johannes Remmel (GRÜNE) kündigte an, seine Fraktion bestehe auf einer namentlichen Abstimmung über ihren Antrag zum Verkauf von Staatswald, um dadurch 30 Millionen Euro zu erlösen.
Gisela Walsken (SPD) bezeichnete es als unseriös, Wald zu verkaufen, um das Geld zur Haushaltskonsolidierung zu verwenden.
Wirtschaft und Mittelstand
Thomas Eiskirch (SPD) meinte, die Wirtschaftsministerin habe "Glück": Angesichts der guten Konjunktur fielen ihre Versäumnisse nicht so stark auf. Insgesamt hätten das Land und die Menschen die "mutlose, ideenlose und perspektivlose" Wirtschaftspolitik nicht verdient.
Lutz Lienenkämper (CDU) konterte: Diese Kritik sei "haltlos, strategielos und maßlos". Das Wirtschaftswachstum sei inzwischen größer als unter Rot-Grün, Schwarz-Gelb habe dafür die Rahmenbedingungen geschaffen.
Dietmar Brockes (FDP) sagte, dass NRW wieder zu einem Land mit neuen Stärken und Chancen geworden sei, habe damit zu tun, dass die Koalition der Wirtschaft die Freiheiten zurückgegeben habe, die ihr Rot-Grün zuvor genommen hatte.
Reiner Priggen (GRÜNE) befürchtete, aus der "Koalition der Erneuerung" werde allmählich eine "Koalition des Weihrauchs". Der Aufschwung geschehe bundesweit; zu sagen, Schwarz-Gelb in NRW habe das durch seine Rahmenbedingungen geschafft, sei "ein bisschen übertrieben".
Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) erwähnte, 50 Prozent ihres Haushalts machten immer noch die Steinkohlenbeihilfen aus. "Stolz sind wir allerdings auf die Mittelstandspakete und auf nachweisbare Schritte zum Bürokratieabbau". Man habe Zuständigkeiten auf die Selbstverwaltung zurückübertragen.
Energie
Uwe Leuchtenberg (SPD) vermisste eine zukunftsgerichtete Energiepolitik bei der Koalition. Massive Kürzungen bei der erneuerbaren Energie und trotz der Einsparungen bei der Kohle sei es nicht sichtbar, wie die Mittel für die versprochene nachhaltige Umgestaltung der Energieversorgung eingesetzt werden.
Christian Weisbrich (CDU) erläuterte, das Geld sei weg, das Land wegen der hohen Steinkohlensubventionierung "ausgeblutet". Darum seien auch zur Förderung regenerativer Energie einfach nicht mehr Mittel aufzuwenden.
Dietmar Brockes (FDP) nannte "Preisgünstigkeit, Versorgungssicherheit und Umweltverträglichkeit" als gleichrangige Ziele liberaler Energiepolitik. Die deutsche Vorreiterrolle beim Klimaschutz dürfe nicht zum "industriellen Exodus" führen.
Reiner Priggen (GRÜNE) vermisste bei den Koalitionsfraktionen "positive Akzente" in Sachen Klimaschutz. Die Entwicklung gehe klar in den Bereich der erneuerbaren Energien. Aber NRW nutze nicht die Chancen seiner Vorreiterrolle.
Energieministerin Christa Thoben (CDU) fand nicht, dass hier "gepennt" werde. Die Energiewende könne man nicht einfach verordnen. Um etwa ein 800-KW-Braunkohlekraftwerk durch nachwachsende Rohstoffe zu ersetzen, müsste ein Zehntel der Landesfläche mit Mais bepflanzt werden.
Landesplanung
Professor Dr. Gerd Bollermann (SPD) fand, für die Landesplanung sei auch 2008 nichts zu erwarten: Bei einer sachgerechten und modernen Landesplanung für das hoch industrialisierte und dicht besiedelte Land herrsche "Fehlanzeige".
Josef Hovenjürgen (CDU) sah dagegen ein "schlüssiges und rundes Konzept". In der Landesplanung sei schon einiges auf den Weg gebracht worden. Doppelregelungen seien abgeschafft und die Planung neu ausgerichtet worden.
Holger Ellerbrock (FDP) regte an, für wichtige Infrastrukturmaßnahmen ein neues Instrumentarium von der Flächensicherung bis zur Inbetriebnahme zu schaffen. Diese Projekte stünden nicht im Belieben eines Gemeinderats oder einer Bürgerinitiative.
Reiner Priggen (GRÜNE) wandte sich gegen den unverändert zu hohen Freiflächenverbrauch. Er forderte von der Landesregierung Instrumente, um diesem "Wildwuchs" wirkungsvoll zu begegnen.
Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) teilte mit, für die Landesplanung stehe eine Million Euro im Landeshaushalt, hauptsächlich für externe Gutachten. Die Ministerin kündigte im Sinne von "Deregulierung und Bürokratieabbau" die Novellierung des Landesplanungsgesetzes an.
ID: LIN04112