Nach seiner Dienstzeit wurde er Dezernent im Wirtschaftsamt der Stadt Guben. Dort erhielt er das Material für seine Doktorarbeit, die er 1919 abschloss. Betreut wurde seine Dissertation von Franz Oppenheimer, bei dem auch Lili Sebald promovierte, die Nölting 1924 heiratete. Lili Sebald galt als hochqualifizierte Akademikerin, bekam aber anders als ihr Mann nicht die Chance, beruflich aufzusteigen.3
Nölting kritisierte das Verhalten der meisten Parteien während der Novemberrevolution. Er hatte auf eine umfassende Revolution gehofft und Erwartungen in die Unabhängigen Sozialdemokraten gesetzt. Dennoch trat er 1921 der SPD bei, da sich die USPD bereits im Auflösungsprozess befand.4
Nölting war rhetorisch begabt und dominierte zahlreiche Diskussionen durch Schlagfertigkeit und die Fähigkeit der logischen Argumentation. Auch war er in der Lage komplexe wirtschaftliche Sachverhalte metaphernreich und allgemeinverständlich zu erklären. Für Nölting war eine Lehrtätigkeit daher durchaus naheliegend. Er begann deshalb, an der Landeshochschule für Staats- und Wirtschaftswissenschaften in Detmold und an der Leibniz-Akademie in Hannover angehende Verwaltungsbeamte zu unterrichten. 1923 berief ihn mit gerade einmal 31 Jahren das preußische Kultusministerium als ordentlichen Professor an die Frankfurter Akademie der Arbeit. An der Akademie, die 1921 von den Gewerkschaften gegründet worden war, unterrichtete er Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik. Zu seinen Studenten gehörte u.a. der spätere Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens Fritz Steinhoff.5 Nölting gab zudem die „Bücher der Arbeiterschule“ heraus, die wirtschaftswissenschaftliche Themen allgemeinverständlich aufbereiteten. Sein politischer Aufstieg begann 1928, als er ein Mandat für den preußischen Landtag erhielt. Dort saß Nölting für die SPD im „Ständigen Ausschuß für das Unterrichtswesen“. Nachdem er 1932 wiedergewählt worden war, engagierte er sich zudem im „Ausschuss für Handel und Gewerbe“. Auch äußerte er sich regelmäßig zu bildungs- und kulturpolitischen Sachverhalten. Allerdings wurde aus Nölting nie ein klassischer Parteipolitiker. Er saß zwar in verschiedenen Gremien in SPD und ADGB und darüber hinaus auch im Kulturbeirat des Südwestdeutschen Rundfunks, jedoch achtete er penibel darauf, seine wissenschaftliche Unabhängigkeit zu bewahren.6
Die nationalsozialistische Propaganda kritisierte er innerhalb und außerhalb des Parlaments scharf. Beispielsweise verstand es Nölting, den nationalsozialistischen Wirtschaftsexperten Gottfried Feder in zwei Rededuellen im Radio öffentlich bloßzustellen.7 Allerdings hatte Nöltings Vertrauen in den demokratisch verfassten Staat gegen Anfang der 1930er Jahre selbst nachgelassen. So führte er auf einer Massenkundgebung in Dortmund folgendes aus: „Vier Diktaturmöglichkeiten bestehen, die faschistische, die auf der Sowjetgrundlage, die von den Schwerindustriellen mit Hilfe von ehemaligen Reichswehrgeneralen gemachte und die, die wir selbst machen könnten. Wir möchten dem schwergeprüften Land das Experiment der Diktatur ersparen, aber soll es gemacht werden, dann haben wir, die größte Partei, in erster Linie das Recht dazu“.8
1933 wurde Nölting aufgrund des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums aus seinen Ämtern entlassen sowie kurzzeitig verhaftet. Darüber hinaus erhielt er Aufenthaltsverbot in Frankfurt am Main und Bielefeld. Um einer erneuten Verhaftung zu entgehen, versteckte er sich monatelang in einem ausgedienten LKW, der in der Nähe von Medebach im Sauerland stand. Anfang 1934 zog er dann zu seiner Familie nach Berlin, aber im Jahr darauf ereilte ihn ein schwerer Schicksalsschlag, als seine Frau bei einem Unfall ums Leben kam. Auch materiell befand sich Nölting in einer Krise. Von Seiten des Staates wurde ihm schließlich eine monatliche Rente von 167 RM zuerkannt. Allerdings gelang es ihm, unter dem falschen Namen „Wilhelm Nölting“ Mitglied der Reichsschrifttumskammer zu werden. Die Wirtschaftsartikel, die er daraufhin verfasste, ließen keine oppositionelle Haltung entdecken. Entweder wurde das nationalsozialistische Wirtschaftsmodell gelobt oder es wurden konstruktive Verbesserungsvorschläge unterbreitet. Nach Ausbruch des Krieges schrieb er vor allem Presseberichte über Ausstellungen und Tagungen sowie Drehbücher für die Ufa. 1941 heiratete er seine zweite Frau Maria Craan und lebte mit ihr bis zum Ende des „Dritten Reichs“ unbehelligt in Medebach.9
Nach dem Krieg bot ihm Oberpräsident Rudolf Amelunxen an, das Generalreferat Wirtschaft in der westfälischen Provinzialregierung zu übernehmen. Nölting nahm das Angebot an, auch wenn das Generalreferat kaum über Personal verfügte und aufgrund der Besatzung nur unzureichenden Handlungsspielraum besaß. Nölting blieb allerdings nur kurz in dieser Position. Am 24. Juli 1946 wurde Amelunxen zum ersten Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen berufen. In dessen Kabinett wurde Nölting Wirtschaftsminister. Dabei gestand Nölting sich ein, dass er zwar ein versierter Wirtschaftstheoretiker sei, aber kein Verwaltungsfachmann. Er verstand es jedoch diesen Nachteil auszugleichen, indem er die verantwortlichen Stellen mit den entsprechenden Verwaltungsexperten besetzte.10
Nölting war in seinem Amt, das er seit 1947 im Kabinett Arnold fortführte, mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Industrie und Bergbau erreichten gerade einmal ein Drittel des Produktionsniveaus von 1936. Durch den Krieg waren nicht nur zentrale Industrieanlagen zerstört, auch das Verkehrsnetz war sanierungsbedürftig. Zudem litt die Bevölkerung an Unterernährung. Von Vorteil gereichte ihm, dass er gute Kontakte zur britischen Militärregierung pflegte. So konnte er beispielsweise den Briten das Zugeständnis abringen, dass auch Privathaushalte mit einem Minimum an Kohle versorgt werden sollten. Ein weiteres dringendes Ziel auf Nöltings Agenda war der Stopp der britischen Demontagebestimmung.11 Seinen Anspruch als Wirtschaftsminister legte er 1948 im Landtag dar: „[I]ch möchte nicht der Wirtschaftsminister sein, der später beim Rückblick auf diese Zeit gestehen muß, daß er nur die Demontage durchgeführt habe, sondern ich möchte der sein, der die Sozialisierung gestaltet“.12