Erwin Münchow (1888-1973)

Erwin Münchow war 1933 – aufgrund seines sozialdemokratischen Engagements in der Weimarer Republik – in mehreren KZs inhaftiert worden. Dort erlebte er hautnah, „mit welch bestialischer Grausamkeit“1 die Gefangenen von den nationalsozialistischen Aufsehern behandelt wurden.

Otto Paul Erwin Münchow wurde am 19. Juni 1888 in Berlin geboren. Von 1894 bis 1902 besuchte er die Knaben-Mittelschule in Berlin-Schöneberg. Er plante, den Lehrerberuf zu ergreifen und absolvierte zunächst von 1902 bis 1905 die Präparandenanstalt im brandenburgischen Kyritz und im Anschluss das Lehrerseminar. 1908 bestand er die erste und 1911 die zweite Lehrerprüfung in Kyritz. Bereits seit 1908 war er als Lehrer an Volksschulen im Regierungsbezirk Potsdam tätig. Nach Ende des Ersten Weltkriegs trat Münchow der SPD sowie dem Allgemeinen Deutschen Lehrer- und Lehrerinnenverband (ADLLV) bei. Später wurde er Mitglied des brandenburgischen Provinziallandtags und des Kreistags Ruppin. 1928 trat er zudem aus der evangelischen Landeskirche aus, weil er die antidemokratischen Positionen innerhalb der Organisation kritisierte. Ebenfalls 1928 wurde er Rektor an einer Schule in Luckenwalde. Außerdem engagierte er sich für den Erhalt der Republik und gegen die erstarkenden Nationalsozialisten, vor allem als Redner bei Veranstaltungen und Wahlkämpfen, mit dem Verfassen von Artikel in sozialdemokratischen Tageszeitungen und den Mitgliedschaften in der Republikschutzorganisation „Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold“ sowie dem Republikanischen Reichsbund (RRB).2

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurde Münchow nach § 4 des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ entlassen. Zudem wurde er im Juli 1933 im KZ Oranienburg bei Berlin in „Schutzhaft“ genommen, u.a. zusammen mit Friedrich Ebert jr., dem Sohn des früheren Reichspräsidenten, und Ernst Heilmann, dem langjährigen SPD-Fraktionsvorsitzenden im preußischen Landtag, der schließlich im KZ Buchenwald von den Nationalsozialisten ermordet wurde. Mit Heilmann und ca. 20 weiteren Gefangenen wurde Münchow im September 1933 ins KZ Börgermoor im Emsland gebracht.3 „Man nahm beim Transport keine Rücksicht darauf, daß wir ‚Politische’ waren, sondern man behandelte uns wie Kriminelle, besonders im Polizeigefängnis in Münster (Westf.), wo wir mehrere Tage zubrachten, bis der Kurswagen nach Papenburg ging. In P. empfing uns die SS und wir mußten zu Fuß durch die kilometerlange Stadt, damit die Bevölkerung Gelegenheit haben sollte, uns ‚Bonzen’ zu sehen und zu verhöhnen, was einzelne taten.
Vor der Stadt warteten 3 Lieferwagen auf uns, in die wir hineingepfercht wurden. In einem oder zwei Wagen wurde schon während der Fahrt nach dem Lager so von der SS geprügelt, daß einige Häftlinge bluteten, z.B. Heilmann.
Bei der Ankunft in Börgermoor […] wurde unser Gepäck in einer Wachstube geprüft, wobei es Fußtritte […] und Schläge hagelte!“4 Im Oktober wurde Münchow mit weiteren Gefangenen ins KZ Lichtenburg bei Torgau überführt, „wo sich das Lager in einem Zuchthaus befand, das seines gesundheitsschädigenden Zustandes wegen schon seit Jahren für Zuchthäusler nicht mehr benutzt werden durfte.“5 Im Dezember 1933 wurde Münchow schließlich aus der Haft entlassen. Nachdem er 1934 lediglich ein Ruhegehalt bezogen hatte, wurde er 1935 Kassierer und Werber der Volksfürsorge-Versicherung. Von 1938 bis 1943 war er als Reisevertreter tätig und 1943 wurde er bei der Firma stellvertretender Betriebsleiter. Münchow war 1939 lediglich einfaches Mitglied der Deutschen Arbeitsfront (DAF) geworden.6

Im Dezember 1945 – nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur – erhielt der verheiratete, jedoch kinderlose Münchow abermals eine Anstellung als Rektor an einer Volksschule. Diesmal war seine Schule allerdings nicht in Brandenburg, sondern in Dortmund. Darüber hinaus wurde Münchow Mitglied der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) sowie 1949 Mitglied des Stadtrats der Stadt Dortmund. Bei der zweiten Landtagswahl wurde er zudem direkt in den nordrhein-westfälischen Landtag gewählt. Bis 1954 engagierte er sich im Kultur- sowie im Landesplanungsausschuss. Nach seinem Ausscheiden aus dem Landtag zog er nach Erlangen, Nürnberg und Offenbach. Dort starb er am 2. Oktober 1973.7

Endnoten
1 Münchow, Erwin: Anlage 2 zum Fragebogen, in: Landesarchiv NRW (Abteilung Rheinland). Bestand Entnazifizierungsakten (Sig.: NW 1097-16845).
2 Vgl. ders.: Fragebogen der britischen Militärregierung vom 30.10.1945, in: Landesarchiv NRW (Abteilung Rheinland). Bestand Entnazifizierungsakten (Sig.: NW 1091-Lehrer-2549); ders.: Fragebogen der britischen Militärregierung vom 27.09.1948, in: Landesarchiv NRW (Abteilung Rheinland). Bestand Entnazifizierungsakten (Sig.: NW 1097-16845); ders.: Anlage I zum Fragebogen, in: Landesarchiv NRW (Abteilung Rheinland). Bestand Entnazifizierungsakten (Sig.: NW 1097-16845); ders.: Anlage 3 zum Fragebogen, in: Landesarchiv NRW (Abteilung Rheinland). Bestand Entnazifizierungsakten (Sig.: NW 1097-16845) sowie ders.: Persönliche Angaben für die Personal-Karte o.D., in: Landtagsarchiv NRW. Bestand Biografische Kompendien (Sig.: LT NRW 119 / A0208/0524).
3 Vgl. ders.: Persönliche Angaben für die Personal-Karte o.D.: ders.: Fragebogen der britischen Militärregierung vom 30.10.1945 sowie ders.: Anlage 2 zum Fragebogen.
4 Ders.: Anlage 2 zum Fragebogen.
5 Ebd.
6 Vgl. ebd.; ders.: Fragebogen der britischen Militärregierung vom 30.10.1945; ders.: Fragebogen der britischen Militärregierung vom 27.09.1948 sowie Hammer, Walter: Hohes Haus in Henkers Hand, Frankfurt am Main 1956, S. 69.
7 Vgl. Münchow: Fragebogen der britischen Militärregierung vom 30.10.1945; ders.: Fragebogen der britischen Militärregierung vom 27.09.1948; ders.: Persönliche Angaben für die Personal-Karte o.D.; Brief der Schulaufsicht Dortmund I an den Regierungspräsidenten in Arnsberg vom 23.01.1946, in: Stadtarchiv Dortmund. Bestand Personalakten (Sig.: 140-01 Nr. 526); Brief Oberstadtdirektor in Dortmund an den Regierungspräsidenten in Arnsberg vom 10.03.1954, in: Stadtarchiv Dortmund. Bestand Personalakten (Sig.: 140-01 Nr. 526); Sterberegistereintrag Erwin Münchow vom 03.10.1973, in: Stadtarchiv Offenbach. Bestand Sterberegister (Sig.: 1323-1973) sowie Hammer: Hohes Haus in Henkers Hand, S. 69.

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