06.12.2021
- Vor 60 Jahren wurde das deutsch-türkische Anwerbeabkommen unterzeichnet. Es regelte 1961 die Entsendung von Arbeitskräften aus der Türkei nach Deutschland. Zum Jubiläum zeigte der Landtag zwei Ausstellungen, die sich mit dem Leben türkischer Migrantinnen und Migranten und ihrer Familien in Deutschland befassen. Zur Eröffnung konnte die Vizepräsidentin des Landtags, Carina Gödecke, u. a. den türkischen Botschafter in Deutschland, Ahmet Başar Şen, und Landesintegrationsminister Dr. Joachim Stamp begrüßen.
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Ausstellungen „60 Jahre deutsch-türkisches Anwerbeabkommen“
Off-Stimme:
Vor 60 Jahren wurde das deutsch-türkische Anwerbeabkommen unterzeichnet. Es regelte 1961 die Entsendung von Arbeitskräften aus der Türkei nach Deutschland.
Zum Jubiläum zeigte der Landtag zwei Ausstellungen, die sich mit dem Leben türkischer Migrantinnen und Migranten und ihrer Familien in Deutschland befassen.
In der Ausstellung „Drei Generationen“ zeigte der Fotograf Guenay Ulutuncok lebensgroße Porträts von 17 Familien mit türkischen Wurzeln – Großeltern, Eltern und Kinder mit ihren individuellen Werdegängen.
Die Ausstellung „Viel erlebt, viel geschafft … viel zu tun!“ – Geschichten aus der Migrationsgesellschaft“ beleuchtet 60 Jahre Migrationsgeschichte.
Zur Eröffnung konnte die Vizepräsidentin des Landtags, Carina Gödecke, den türkischen Botschafter in Deutschland, Ahmet Başar Şen, Landesintegrationsminister Dr. Joachim Stamp sowie den Geschäftsführer des Dokumentationszentrums und Museums über die Migration in Deutschland, Dr. Robert Fuchs, begrüßen.
Die Vizepräsidentin eröffnete beide Ausstellungen. Sie sagte:
Carina Gödecke, Vizepräsidentin des Landtags:
Bis zum Stopp des Anwerbeabkommens im Jahr 1973 reisten nach und nach mehr als 850.000 Menschen aus der Türkei nach Westdeutschland ein, vor allem ins Ruhrgebiet, um dort in den Zechen, an den Förderbändern, in den Fabrikenhallen und an anderer Stelle mitanzupacken. Fest steht für uns heute: Der Wiederaufbau und der Aufschwung Deutschlands, unser heutiger Wohlstand und unsere heutige wirtschaftliche Stabilität hätte es ohne die Männer und Frauen aus der Türkei so nicht gegeben. Und für diese große Leistung, die unser Land nach den zerstörerischen Jahren des Krieges und der Diktatur wirtschaftlich wieder auf die Beine gestellt hat, sind wir diesen Menschen für immer dankbar. Und wir sind ihnen auch verpflichtet, diese Dankbarkeit deutlich zu machen. Und viele von ihnen, die gekommen sind, sind dann auch wieder zurückgekehrt, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Aber viele sind auch geblieben. Und die haben ihre Familien nachgeholt oder haben Familien gegründet. Und so wurden dann aus den Gastarbeitern Schritt für Schritt erst Kumpel und Kollegen, dann – wenn es gut gelaufen ist – neue Nachbarn. Und – wenn es ganz besonders gut gelaufen ist – dann wurden daraus auch Freunde. Und heute lebt in unserem Bundesland Nordrhein-Westfalen fast eine Millionen Menschen mit türkischen Wurzeln.
Off-Stimme:
Der Botschafter betonte:
Ahmet Başar Şen, türkischen Botschafter in Deutschland:
Seit 60 Jahren ist Deutschland die Heimat vieler türkeistämmiger Menschen und der meisten türkeistämmigen Menschen. Wir haben mindestens die Hälfte unserer Diaspora aus der Türkei in Deutschland. Sie haben insgesamt einen großen Beitrag geleistet für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands. Sie sind in einer Zeit des Aufschwungs gekommen, weil sie gebraucht wurden. Aber der Aufschwung wurde größer und besser. Und Deutschland hat wieder eine führende Rolle in Europa und in der Welt. Und die damaligen Gastarbeiter haben dazu beigetragen.
Off-Stimme:
Integrationsminister Dr. Stamp würdigte 60 Jahre Migrationsgeschichte. Er sagte:
Dr. Joachim Stamp, Integrationsminister Nordrhein-Westfalens:
„Dankeschön“ – das ist das Wort, das wir heute in den Mittelpunkt stellen müssen. Dankeschön an die erste Generation, die zu uns gekommen ist. Und wir verdanken den Männern und Frauen dieser ersten Generation sehr viel. Und ich verneige mich vor den großen Lebensleistungen dieser Menschen. Sie verdienen die Anerkennung und den Respekt unserer gesamten Gesellschaft. Und auch den Kindern, den Enkeln und Urenkeln dieser ersten Generation schulden wir etwas. Die Hürden, die sie noch zu oft wegen ihrer Herkunft im Alltag überwinden müssen, die müssen wir endlich wegräumen. Es darf nicht sein, dass ich aufgrund meines Nachnamens oder aufgrund meines Wohnorts Schwierigkeiten haben bei der Arbeitsplatzsuche, bei der Wohnungssuche. Dass es immer noch zu dieser Form der Alltagsdiskriminierung kommt.
Off-Stimme:
Und Dr. Fuchs hob hervor:
Dr. Robert Fuchs, Geschäftsführer des Dokumentationszentrums und Museums über die Migration in Deutschland:
Wir leben längst in einer Einwanderungsgesellschaft. Doch nur, und da bin ich auch bei Teilhabe, nur wer Anknüpfungspunkte zur Geschichte einer Gesellschaft hat, kann sich dieser auch zugehörig fühlen. Die Erfahrungen der Menschen, die nach Deutschland kamen, und ihrer Nachfahren sollten sich in Schulbüchern, in Medien und auch verstärkt in Ausstellungen wiederspiegeln. Migration muss als zentraler Bestandteil der deutschen Geschichte verstanden werden.